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Ich bin eine temporale Paradoxie

von Anke

Tag 2

„So nun also auf zur Raubtour", Miral rieb sich die Hände. Nach dem missglückten gestrigen Tag, an dem sie in der Vergangenheit gestrandet waren, war das ein Tag nach ihrem Geschmack. Zuerst die „Raubtour" auf der Voyager, wo sie sich in bester klingonischer Tradition fühlen konnte und dann ein Shuttle zusammenbauen. Schade nur, dass sie die kleine Erweiterung der Holomatrix des Doktors Leon Barcley überlassen musste. Aber wie schon gesagt, der war ein brillanter Theoretiker, und daher wesentlich besser auf dem Shuttle aufgehoben.

„Ihr solltet aber auf jeden Fall vorsichtig sein", mahnte Leon. „Denk daran, die Ganzkörpertarnschilde verhindern nur Scannererfassung und dass ihr gesehen werdet. Man kann euch trotzdem hören oder über euch stolpern. Außerdem kann ich euch nicht jederzeit rausbeamen, die Schildkonfiguration der Voyager ermöglicht es mir nur alle 33,47 Sekunden euch zu erfassen."

„Wir werden vorsichtig sein", versprach Julia. „Da fällt mir ein, Leon du solltest dich in Hauptcomputer der Voyager hacken, und die Logbücher auf auffällige Einträge überprüfen. So sind wir frühzeitig gewarnt, falls doch jemandem auf der Voyager was auffällt."

„Gute Idee", stimmte Miral zu, „mach das Leon. Und jetzt: Energie!"

=/\=

Julia und Miral materialisierten in Frachtraum I.

„Ein Glück, dass wir die Ganzkörpertarnschilde haben", stellte Julia fest. „Sonst sähen wir ganz schön alt aus."

„Wir müssen nur aufpassen, Seven of Nine nicht zu begegnen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie uns in ihrem jetzigen Stadium der Entborgung nicht doch wahrnehmen könnte."

„Das meiste werden wir hier holen können", Julia warf einen Blick auf ihre Liste.

Eine Stunde später hatten sie das meiste auf ihrer Liste gefunden und auf das Shuttle beamen lassen.

„Das war der einfache Teil. Der Schwierige kommt jetzt: Die wertvollen Teile und das Spezialwerkzeug", stellte Julia fest.

„Das Spezialwerkzeug holen wir am besten aus dem Quartier meiner Mutter", sagte Miral.

„Deine Mutter hatte ihr Werkzeug in eurem Quartier?"

„Nur ihre Lieblingsgeräte."

„Aber fällt ihr dann nicht auf, wenn wir ausgerechnet die holen?"

„Vermutlich nicht, schließlich sind es ja Spezialwerkzeuge, die braucht sie ja normalerweise nicht. Aber selbst wenn, wird sie zunächst einmal Dad die Schuld geben, mal wieder ihre Sachen verschlampt zu haben" Miral grinste. „Dads Fähigkeit um sich herum Chaos zu verbreiten, ist unglaublich."

„Aber wird sie dann nicht wütend werden?"

„Och, so einen kleinen klingonischen Wutanfall kann er schon ab", wiegelte Miral ab. „Das hält die Liebe frisch."

Das „Wusch" der Türen bereitet der Diskussion ein jähes Ende. Julia und Miral drückten sich dicht an eine Wand.

Ein Junge und ein Mädchen betraten den Frachtraum. Das Mädchen klärte den Jungen gerade mit großen Worten über seine Pläne auf, ihn einmal heiraten zu wollen und zwar auf Betazed nach traditionellem Ritus. Der Junge hielt sie höflich auf Abstand, was sie aber nicht zu stören schien. Julia und Miral wagten kaum zu atmen.

Die beiden steuerten zielsicher auf einen Container zu, an dem sich Julia und Miral gerade bedient hatten und suchten scheinbar erfolglos nach etwas.

„Wir müssen wohl Lieutenant Paris noch einmal fragen, wo er die Bettinium-Supraleiter gelagert hat", stellte der Junge fest.

„Ich könnte schwören, dass sie letzte Woche noch da waren, Itecheb", versicherte das Mädchen.

„Als wir erfolglos nach den Fluxkompensator gesucht haben?", fragte Icheb und zog eine Augenbraue hoch.

„Wir haben ihn ja doch noch gefunden, woher hätte ich wissen sollen, dass Neelix ihn umgeräumt hatte, weil er meinte, das sei der beste Platz für seinen neuen Vorrat an getrockneten Leola-Wurzeln", verteidigte sich das Mädchen als die beiden den Frachtraum verließen.

„Das waren Captain Wildman und der große Professor Itechb, wie süß", kicherte Julia.

„Und ob man Captain Wildman heute noch sagen darf, dass Icheb bei Ihrem Antrag nicht gerade glücklich gewirkt hat?", grinste Miral.

„Ich glaube kaum. Ich hätte aber auch nicht bei einer traditionellen Betazed-Hochzeit dabei sein wollen. Aber ich werde ihr sagen, dass ihr die Zöpfe sehr gut standen."

„Da freut sie sich bestimmt", sagte Miral trocken. „Trotzdem, wir müssen etwas besser aufpassen. Ich werde meinen Tricorder so einstellen, dass er uns warnt, wenn sich jemand anschickt, den Raum zu betreten, in dem wir uns gerade befinden."

Julia stellte fest: „Es ist schon seltsam, sich verstecken zu müssen, die Voyager fühlt sich einfach so stark nach ‚zu Hause' an."

=/\=

Nach einer kurzen Diskussion hatten sich die beiden dagegen entschieden, direkt in das Quartier von B'Elanna Torres und Tom Paris zu beamen. Allein die Aufrechterhaltung des Tarnschirms ihrer kleinen USS Quasimodo verlangte große Energiereserven, da wollten sie jeden anderen Verbrauch bei einem absoluten Minimum halten.

„Ist jemand drin?", fragte Julia als sie vor der Tür standen.

Miral scannte den Raum hinter der Tür. „Ja, Mom und ähm – ich. Aber es ist gleich Sichtwechsel, sie kommen bestimmt gleich raus."

Das „gleich" erwies sich als eine Viertelstunde später, als eine sichtbar verärgerte Klingonin mit einem Säugling auf dem Arm in Richtung Turbolift marschierte.

„Das der Captain so was zulässt", grinste Julia als sie in das Quartier geschlüpft waren. „Ich muss schon sagen, eine Schluderei herrscht hier auf diesem Schiff."

„Sagte die Meisterin der Pünktlichkeit", neckte Miral. „Wer kommt immer in allerletzter Sekunde zu den Briefings? Aber war ich nicht ein süßes Baby?"

„Ja, und so ruhig. Fast könnte man nicht glauben, dass auch wirklich Klingone drin steckt", sagte Julia todernst.

„Da steckt Klingone drin, darauf kannst du dich verlassen!"

„Wenn du das sagst. Wo ist denn nun das Werkzeug?"

„Die müssten – hier sein." Miral zog einen Kasten hervor. „Da sind sie – Moms geheiligte Lieblingswerkzeuge. Schauen wir mal, ob sie wirklich so toll sind. Ich durfte sie bisher nämlich nicht verwenden." Andächtig betrachtete Miral die silbrig glänzenden Werkzeuge. „Dann brauchen wir nur noch den Plasma-Schweißer. Den finden wir... oh, Mist", unterbrach sie sich, als der Tricorder piepste. „Da kommt jemand, ab ins Schlafzimmer!"

Gerade noch rechtzeitig kauerten sich die beiden in eine Ecke, als zwei Männer den Raum betraten.

„Und du willst mir etwas von den Freuden des Ehelebens erzählen?", hörten die beiden Harry Kim lästern. „Der Zusammenstoß mit B'Elanna eben war nicht ohne."

„Der war vollkommen harmlos", bestritt Tom. „zu unserem Glück wollte sie Miral nicht aufwecken. Zu blöd aber auch, dass Naomi und Icheb die Bettinium-Supraleiter nicht finden können, ich war mir so sicher, dass wir die in Frachtraum I eingelagert hatten – und dass ich deswegen zu spät zum Babysitten gekommen bin – ich will nicht, das B'Elanna glaubt, ich würde mich vor meinen Vater-Pflichten drücken." Julia und Miral hörten das Knarren der antiken Wiege, die Tom damals für Miral geschaffen hatte. Scheinbar hatten die beiden das Baby Miral wieder mitgebracht.

„Aber wenn du dich nicht beeilst, wird es sowieso nichts mehr mit den Freuden des Ehelebens", fuhr Tom fort.

„Ich weiß nicht, was du meinst", wehrte Harry ab.

„Och komm schon, Harry. Du stehst auf Seven seit du sie das erste Mal mit Haaren gesehen hast. Aber du hast dich nie an sie rangetraut und nun ..."

„Noch ein Grund ...", wehrte Harry ab.

„... dich zu beeilen", unterbrach Tom. „Wenn ich richtig informiert bin – und davon kannst du ausgehen – ist die Geschichte zwischen Seven und Chakotay noch nicht so weit fortgeschritten, dass man sie als wirklich ernsthaft bezeichnen könnte. Wenn du also jetzt deinen Hintern hochbekommst, kannst du das Ruder noch rumreißen. Glaub mir, damit würdest du uns allen einen Gefallen tun."

„Tatsächlich?"

„Komm schon Harry, tu nicht so naiv. Das ganze Schiff weiß, dass Chakotay und der Captain für einander bestimmt sind. Du tust also ein gutes Werk, wenn du Seven von ihm fernhältst. Es geht ihr nicht gut, glaube ich."

„Seven?"

„Dem Captain", sagte Tom mit bemüht geduldigem Unterton. „Sie hat doch bestimmt als erstes gemerkt, dass da was läuft und nimmt sich nun mit aller Kraft zusammen. Momentan geht das noch gut, aber auf die Dauer..."

„Das hört sich fast so an, als ob es dir mit deinen großartigen Ratschlägen gar nicht um Seven und mich ginge", sagte Harry beleidigt.

„Hab dich nicht so, um euch geht es mir natürlich auch. Ich will damit nur sagen, dass es nicht ehrenrührig ist, wenn du dich in dieser Situation um Seven bemühst, sondern eben im Gegenteil, genau das richtige!"

„Ich werde darüber nachdenken", grummelte Harry.

„Tu das – aber nicht zu lange. Und wenn du ein paar gute Tipps brauchst...", bot Tom freundlich an. „Du könntest sie zum Beispiel zur Strandparty einladen, die Neelix und ich übermorgen geben. Authentisches 20. Jahrhundert-Feeling, gute Musik, Sonnenuntergang über dem Meer, Gratisgetränke – genau das richtige für ein verliebtes Paar!"

„Danke, Tom", erwiderte Harry sarkastisch. „Ich gehe dann mal."

„Immer wieder gerne, Harry!", hörten die beiden Lauscherinnen Tom hinter seinem Freund herrufen, während sich die Quartiertüren mit einem „Wusch" schlossen.

„Weißt du was, Miral?", wandte sich Tom seiner zwei Monate alten Tochter zu, die scheinbar aufgewacht war, „manchmal habe ich das Gefühl, deine Mom und ich sind die einzigen vernünftigen Menschen auf diesem Schiff. Alle anderen tun ihr bestes um ja nicht glücklich zu werden, allen voran der Captain. Wenn sie nicht so verdammt stur am Sternenflottenprotokoll kleben würde..." Tom seufzte. „Aber da lässt sich wohl nichts machen. Was ist, kommst du mit aufs Holodeck?" Das Baby gluckste. „Ich bin gerade dabei ein tolles neues Programm zu entwickeln, das wird dir bestimmt gefallen – in ein paar Jahren..."

=/\=

„Was ist denn das für eine Geschichte?", wunderte sich Miral, als die beiden wieder allein waren. „Wenn ich richtig gerechnet habe, ist dein Geburtstag in..."

„... genau zehn Monaten und drei Tagen." Julia war schneeweiß. „Und sie sind noch nicht mal zusammen."

„Das ist unheimlich."

„Lass uns für heute zurück aufs Shuttle beamen", bat Julia. „Ich glaube, das muss ich erst mal verdauen."

Miral nickte. „Paris an Barcley. Zwei zum Beamen."

Leon Barcley sah erstaunt von den Kontrollen hoch, als seine beiden Freundinnen im Shuttle materialisierten. „Was ist den mit euch los? Geht es dir gut Julia? Hast du dich verletzt?"

„Es geht mir gut", sagte Julia tonlos und ließ sich auf ihren Sitz fallen. „Ich habe nur gerade erfahren, dass ich vermutlich nie existieren werde."

Leon warf Miral einen fragen Blick zu.

„Wir haben gerade ein Gespräch zwischen meinem Vater und Onkel Harry mitbekommen, aus dem hervorgeht, dass Julias Eltern scheinbar noch nicht zusammen sind. Im Gegenteil, anscheinend macht Chakotay gerade Seven of Nine den Hof."

„Aber wie ist da möglich?", wunderte sich Leon. „Schließlich sind es nur noch..."

„... zehn Monate und drei Tage", schnappte Julia. „Wir wissen das."

"Leon, Kaffee", befahl Miral knapp während Sie ihrer Freundin tröstend den Arm um die Schultern legte. „Komm, beruhig dich Jules. Dass du hier sitzt und heulst, ist doch der beste Beweis dafür, dass schließlich doch noch alles gut gehen wird."

„Ich heule nicht." Julia bedachte ihre Freundin mit dem original Janeway-Todesblick. „Aber du hast gut reden. Du bist ja schon geboren. Aber was ist, wenn wir in unsere Zeit zurückkehren und ich einfach verschwinde?"

„Das ist sehr unwahrscheinlich", erklärte Leon während er mit einer dampfenden Tasse Kaffee vom Replikator zurückkehrte. „Die Ereignisse, die zu deiner Existenz führten, haben sich schließlich schon ereignet, sonst würdest du ja nicht existieren. Wenn wir den Dingen einfach ihren Lauf lassen, werden sie sich wieder zutragen."

„Und wenn das Gegenteil der Fall ist?", fragte Julia. Dankbar nahm sie die Tasse entgegen und sog gierig den Duft auf. „Wenn die Dinge nur ihren Lauf nehmen, weil wir sie anstoßen?"

„Der klassische Konflikt zwischen Selbstbestimmung und Prädestination in der temporalen Mechanik", nickte Leon. „Es ist durchaus möglich, dass unsere Anwesenheit in diesem Raum-Zeit-Fenster zu minimalen Verschiebungen führt, die schließlich..."

„Und was ist, wenn die Verschiebungen mehr als minimal sein müssen?"

„Du meinst aktives Eingreifen?", fragte Leon entsetzt. „Davon kann ich nur abraten. Die oberste temporale Direktive wurde nicht umsonst geschaffen und die temporale Ermittlung..."

„...stört mich herzlich wenig, wenn ich nie existiert habe", sagte Julia düster. Aber die Panik war verfolgen und der erste Schluck schwarzen heißen Kaffees hatte ihre Lebensgeister wieder geweckt. Vermutlich hatten ihre Freunde Recht, die Dinge mussten einfach ihren Lauf nehmen. Außerdem, was sollte sie schon tun?

Miral und Leon sahen Julia irritiert an, als diese auf einmal hemmungslos zu kichern begann.

„Ich habe mir gerade vorgestellt, wie ich bei meiner Mutter nachts im Quartier erscheine und ihr den Kopf zurecht rücke. So nach dem Motto: ‚Schau mich an, ich bin deine wunderschöne, wirklich tolle Tochter, die du nie haben wirst, wenn du nicht sofort das blöde Sternenflottenprotokoll in den Wind schießt und ...' nun ja, da würde es jetzt unflätig werden."

„Sehr verlockender Gedanke", stimmte Miral trocken zu. „Das würde deine Mutter bestimmt überzeugen – wenn sie nicht einen schiffsweiten Alarm auslöst und uns Tuvok und die gesamte Sicherheit auf den Hals hetzt. Aber ich verspreche dir, wenn wir zurückkommen und du verschwindest, kehre ich zurück und sorge persönlich dafür, dass alles in Ordnung kommt – im Notfall durch eine künstliche Befruchtung!

Außerdem dürfen wir eines nicht vergessen: Wir haben nur die Aussage meines Vaters, dass da nichts läuft – und so gut informiert, wie er gerade tut, war nicht. Jedenfalls ist es immer noch eine seiner Lieblingsgeschichten, wie es war, als Captain Janeway am Ende eines stinknormalen Briefings der Führungsoffiziere so ganz nebenbei mitteilte, dass sie mit dir schwanger ist. Bis dahin hatte keiner was geahnt. Und mein Vater hat für zwei Monate Replikatorrationen verloren." Miral stellte fest, dass die Geschichte ihren Zweck erfüllte. Julias Gesicht hellte sich merklich auf. Energisch fuhr sie fort: „Jetzt lass uns erst mal zusehen, dass wir dieses Shuttle soweit wie möglich repariert bekommen, morgen gehen wir dann noch mal rüber und holen uns den Plasma-Schweißer."

„Eine weitere Energiequelle wäre auch nicht schlecht", ergänzte Leon. „Ich musste zwischenzeitlich das strukturelle Integritätsfeld verstärken. Wenn wir das und die Tarnung weiter aufrechterhalten, sinkt unser Energieniveau in ca. 26 Stunden auf ein kritisches Niveau."

„So ein Mist." Miral kontrollierte Leons Aussage an ihrer Konsole. „Du hast Recht. Also Janeway, wo finden wir auf der Voyager eine kompatible Energiequelle, die wir unbemerkt entwenden können? Warpkern ausbauen zählt nicht!"
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