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Kontrolle

von Steffi Raatz

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Eigentlich war ich ziemlich verärgert über die überhebliche und arrogante Art unserer Vulkanierin. Ich konnte sie nicht wirklich leiden, aber das aus tiefstem Herzen. An sich bin ich kein Mensch, der anderen Böses wünscht oder der anderen keine Chance gewährt. Aber dieses Mal war ich so in meinem Stolz gekränkt, dass ich gerne eine Ausnahme machen wollte. Um mich verstehen zu können, muss man vielleicht wissen, dass meine guten Ohren und mein sprachliches Talent etwas sind, worauf ich besonders stolz bin. Ich kann Dinge hören, die andere nicht mehr wahrnehmen und eine neue Sprache kann ich in kürzester Zeit lernen. Wenn dann jedoch jemand kommt und mir sagt, dass ich meine Arbeit nicht gut mache, und das war der Streitpunkt zwischen T'Pol und mir, dann werden auch meine Fähigkeiten angezweifelt. Es ist nicht so, dass ich unfehlbar bin. Es ist nicht so, dass auch ich manchmal Schwierigkeiten habe, komplizierte Sprachen zu entziffern. Doch bisher habe ich es immer geschafft. Mal schneller, mal langsamer.

Mittlerweile verstehe ich jedoch einiges besser. T'Pol hat mir geholfen, die Sprache dieses Wesens zu entschlüsseln. Und unterdessen weiß ich, dass sie meine Fähigkeiten anerkennt. Vielleicht ist es die Art von Vulkaniern, diejenigen härter anzufassen, die sie für fähig erachten. Vielleicht war ich aber auch einfach nur von mir selbst enttäuscht, dass ich ihre Reaktion als feindselig betrachtet habe.

Fakt ist, dass auch T'Pol nicht unfehlbar ist. Diese Erkenntnis formte sich ganz langsam und beständig in meinem Kopf. Begonnen hatte es mit diesem Geräusch. Ich konnte es erst nicht deuten, weil ich so in meine Arbeit vertieft war, dass nichts anderes Platz in meinem Kopf hatte. Doch mit der Zeit erkannte ich, dass es T'Pols Brustkorb war, der dieses Geräusch erzeugte. Aufgrund der Stille, nahm ich sehr deutlich wahr, wie ihre Atem schnell und unkontrolliert ging. T'Pol schien angestrengt, gar nervös. Etwas, was ich an unserem Wissenschaftsoffizier nicht vermutet hätte. Sicher war mir immer öfter aufgefallen, dass T'Pol kleine menschliche Gesten übernommen hatte, aber bisweilen waren diese Gesten nicht gefühlsmäßiger Natur.

Als wir endlich den Code entschlüsselt hatten und uns endlich klar wurde, dass wir die Chance hatten, unsere Crewmitglieder zu retten, hörte ich nicht nur das erleichterte Ausatmen der Vulkanierin, ich spürte es auch. Es schien, als sei sie voller Anstrengung darauf bedacht, Gefühle, die in ihrem Inneren zu schlummern schienen, zu unterdrücken. T'Pol wurde immer mehr zu einer faszinierenden Studie für mich und ich schäme mich nicht dafür, dass ich nach den Gründen für diese Verwandlung der Vulkanierin suchte.

Während mein Herz heftig gegen meine Rippen schlug - aufgeregt, ob meine Übersetzung stimmen könnte - da war mein erster Gedanke, dass ich es nicht schaffen würde.

Warum?

Ich weiß es nicht. Ich war so unsicher, so hilflos in diesem Augenblick, obwohl ich den Code entschlüsselt hatte. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass mich T'Pol deshalb in dieser strengen Weise behandelte. Ich konnte mein Handwerk, aber ich war mir zu unsicher, es effektiv anzuwenden. Sie wollte dieses Manko beseitigen, mich anstacheln. Hier war es ihr gelungen. Und es war ihr auch gelungen, dass ich meinen Fehler erkannte.

Die Übersetzung funktionierte einwandfrei. Und das Gefühl, es geschafft zu haben, war überwältigend. Ich hätte Stunden weiter kommunizieren können, wäre da nicht noch ein weiterer lähmender Gedanke gewesen. Unsere Crew, Trip Tucker, Captain Archer, die anderen drei... wie ging es ihnen. Ich weiß nicht genau, warum mich mein Instinkt als erstes zu Tucker führte. Aber als ich auf sah und registrierte, wie T'Pol dem Captain über sein Gesicht strich, langsam und besorgt, da hatte ich plötzlich ein klares Bild vor Augen. Da machte alles einen Sinn. Sie sah mich an und ihr Blick bedeutete *Schweig über das, was du siehst.* Und ich beschloss zu schweigen.

*****

Ich saß anschließend noch lange über meinen Unterlagen, nachdem wir dieses Wesen auf seinen Heimatplaneten zurück gebracht hatten. Immer wieder ging ich T'Pols und meine Unterlagen durch. Versuchte Fehler aufzudecken und neue Worte zu entschlüsseln. Es war die eine Sache, die Sprache zu verstehen, eine andere war es, die Daten so aufzubereiten, dass sie von nachfolgenden Generationen verwendet werden konnten.

Das Surren an der Tür unterbrach meine Arbeit. T'Pol kam herein und setzte sich mir gegenüber an den Tisch. Eine Weile schwieg sie. Ich wusste, dass sie etwas sagen wollte, doch mir war neu, dass Vulkanier genauso Schwierigkeiten hatten, manche Dinge auszusprechen, wie wir Menschen. Und so sah ich sie nur an und wartete.

"Sie haben gute Arbeit geleistet." T'Pol reichte mir das Padd, nach dem ich meine Hand ausgestreckt hatte.

"Deshalb sind Sie nicht hier", erwiderte ich und legte alles beiseite.

"Sie wissen, warum ich hier bin." Die Vulkanierin lehnte sich zurück.

Ich lächelte sie an und lehnte mich ebenfalls in meinem Stuhl zurück. Sicher wusste ich warum sie hier war. "Ich habe es gehört, T'Pol. Ihr schweres Atmen, Ihre Nervosität. Ich konnte alles hören. Ich hätte es nicht mehr sehen müssen."

"Ich habe so etwas vermutet." T'Pol atmete aus.

Ich beugte mich vor und legte meine Hand auf ihre. Sie sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Sie hatte sich wieder mal gut unter Kontrolle. Nichtsdestotrotz konnte es mich nicht über eine gewisse Tatsache hinweg täuschen. T'Pol hatte Empfindungen. Mehr als sie hätte haben dürfen.

"Hören Sie, T'Pol. Egal, was Sie für Captain Archer empfinden sollten. Ob nun nur tiefe Freundschaft oder etwas mehr, ich werde stillschweigen darüber bewahren."

Da war es wieder. Dieses Geräusch. Ich konnte es nicht sehen, aber ich konnte hören, wie die Vulkanierin erleichtert ausatmete.

Mir gegenüber versuchte sie keine Gefühlsregung zu offenbaren und nickte mir nur zu. Sie zog ihre Hand fort und stand auf, um den Raum zu verlassen.

In der Tür blieb sie jedoch stehen, sah mich noch einmal an. "Danke, Hoshi."

Ich war ein wenig überrascht, dass sie mich Hoshi nannte und ebenso, dass sie mir dankte. Ich lächelte sie an und sah sie gehen.

*****

Eigentlich bin ich kein sehr nachtragender Mensch. Nicht mal einer, der anderen Böses wünscht. Ich hasse Streitigkeiten genauso wie Neid oder Verurteilungen. Habe ich schon erwähnt, dass ich gut hören kann? Ich bin die Kommunikationsspezialistin an Bord. Bisher glaubte ich nie meine Arbeit gut genug zu machen, doch seit heute bin ich mir sicher, dass ich mein Bestes gebe. Und mein Bestes ist besser, als es je ein Computer hin bekommen könnte. Heute bin ich stolz auf meine Arbeit. Jetzt habe ich die Kontrolle. Und zu verdanken habe ich es in gewisser Weise T'Pol. Warum ich sie anfangs nicht mochte? Weil ich mich selbst nicht mochte. Vielleicht sind wir keine Freundinnen, aber ich weiß, dass das Potential da ist. Und die Erkenntnis, dass es ihr ähnlich ergeht wie es mir ergangen ist, macht sie mir nur sympathischer.

ENDE
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