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Moments of Glory

von Aurea

Kapitel 1

Vier

„... und auf dass wir das nächste Jahr zu Hause beginnen können!“

Ich habe diesen Satz jedes Jahr, welches wir neu im Delta-Quadranten begingen, genau um Mitternacht gesagt.
Ihn jedes Jahr an meine Crew gerichtet, um sie aufzumuntern, sie in unserem Ziel zu bestärken.
Ihn jedes Jahr mit viel Euphorie in der Stimme aushallen lassen.
Ihn jedes Jahr ernst gemeint.

Ich habe immer versucht ihn wirklich in Erfüllung gehen zu lassen.
Habe mein Bestes getan.
Für meine Crew.
Ihre Familien.
Letztendlich wohl auch für mich.

Sämtliche Offiziere haben diesen Wunsch immer wieder mit Jubel und klirrenden Gläsern begrüßt. Schallender Beifall erklang und gut gemeinte Wünsche für das kommende Jahr wurden ausgesprochen.

Das war die Tradition des Schiffes. Seiner Besatzung. Der Crew. Jahr für Jahr.

Unsere Tradition ist hingegen etwas anderes geworden. Etwas, was nur uns beide betraf und noch immer betrifft.

Nach diesem vielversprechenden und hoffnungsvollen Satz haben sich unsere Augen in der vollen Offiziersmesse meistens von alleine gefunden.
Und sie haben gezwinkert.
Geblinzelt.
Vor Freude gefunkelt.

Ich kann mich noch an das erste Jahr im Deltaquadranten erinnern. Du hast meine Augen gesucht und geheimnisvoll gezwinkert. Danach hast du in Richtung Ausgang gedeutet, hast die Party unbemerkt verlassen und ich bin dir kurz darauf in dein Quartier gefolgt.

Mit zwei gefüllten Rotweingläsern in der Hand hast du auf mich gewartet.

„Um der Crew ein bisschen Freiheit zu gönnen und damit auch der Captain mal seine Rangabzeichen abnehmen kann.“ Es war zwar wohl mehr symbolisch gemeint, aber dies sind deine Worte gewesen. Ich habe sie gerne aufgenommen und meine Pins neben der Türe abgelegt.
Einen um den anderen.
Eine um die andere Bürde einfach liegen gelassen.

Wir haben geredet, gelacht, getrunken und waren in Gedanken versunken. Die ganze Nacht. Bis ich auf deinem Sofa einschlief.

Es war alles ohne Hintergedanken. Kollegen, die über das vergangene Jahr sinnierten; die einmal im Jahr ihren Sorgen, Ängsten und Hoffnungen Ausdruck verliehen und ihnen erlaubten Gestalt anzunehmen. Bloßes Vertrauen. Reine Freundschaft. Wenige Momente lang.

Wir haben dieses Ritual, unser Ritual jedes Jahr wiederholt. Du hast mit deinen Augen gezwinkert, bist verschwunden und ich bin dir gefolgt.

Dezent. Unauffällig. Heimlich.

Jedes Mal das gleiche Spiel.
Jedes Mal haben wir die gleichen Geister heraufbeschworen.
Jedes Mal bin ich wieder auf deiner Couch eingeschlafen und habe mich dann am nächsten Morgen unbemerkt aus deinem Quartier gestohlen.
Nachdem ich vorher meine Rangabzeichen wieder angelegt hatte.

Dieses Jahr, unser viertes immerhin, verlief extrem gut. Wir hatten achtzehn Erstkontakte mit friedlichen Spezies, genug Daten des Astrometrischen Labors, um das ganze Hauptquartier der Sternenflotte damit zu tapezieren und – was besonders B`Elanna erfreute – ausreichend Dilithium für die nächsten acht Monate. Mindestens.

Sie alle konnten sich wirklich nicht beklagen.
Ich auch nicht.

Während der Trinkspruch verhallte und mit lautem Gejohle aufgenommen wurde, senkte ich mein Sektglas und trank einen Schluck des Perlweins.

Ausschweifende Freude durchströmte mich und ein kaum zu übersehendes Lächeln legte sich um meine Lippen.

Dieses Jahr können wir es schaffen
Es schaffen nach Hause zu kommen.
Unsere Lieben wiederzusehen.

Mit der Technologie der Ont´haharis wird es uns mit Sicherheit gelingen.

Die Verhandlungen liefen gut.

In ein paar Wochen werden die entscheidenden Gespräche vorüber sein.

Mein Blick glitt nun über die anwesenden Offiziere. Meine Crew.

Ich hatte diesen Satz, diesen Wunsch nun jedes Jahr um Mitternacht erschallen lassen, aber noch nie war er mit so viel Euphorie wie an diesem Abend aufgenommen worden.

Auch mich hatte er in eine Hochstimmung gebracht.

Aber noch etwas anderes ließ diesen Abend für mich komplett erscheinen.
Etwas, worauf ich nun schon geschlagene siebeneinhalb Sekunden gewartet hatte. Nein, mich eigentlich schon den ganzen Abend danach verzehrte.

Ein Zwinkern, ein Blinzeln. Ein leichtes Nicken mit deinem Kopf zur Seite. Ein unverschämtes Lächeln.

Ein kaum wahrnehmbares Nicken meinerseits.

Ich drehte mich langsam zur Seite, unterhielt mich noch einige Minuten mit B`Elanna und Tom, kostete eines von Neelix Häppchen und beglückwünschte Fähnrich Kim zu seinem gelungenen Klarinettensolo beim letzten Talentabend.

Doch dann hielt ich es nicht mehr aus. Wollte hier verschwinden. Die Menge hinter mir lassen. Der Masse entrinnen. Mich einmal im Jahr gehen lassen und doch nicht alleine sein.

Ich stellte mein Sektglas direkt neben der Kasinotüre auf einem kleinen Tisch ab und zog mich diskret durch die zischenden Türflügel zurück.

Du wartetest – wie jedes Jahr seit Beginn unserer Tradition – vor dem Turbolift. Angelehnt an die Wand und lässig grinsend. Wie immer.

„Die gleiche Prozedur wie letztes Jahr, Captain?“

„Die gleiche Prozedur wie jedes Jahr, Commander!”

Mit einem lauten Lachen, das aus dem innersten meiner Seele zu dringen schien, umschlang ich mit dem meinem deinen dargebotenen Arm und zusammen betraten wir den Turbolift.

Ich hatte schon jetzt eindeutig zu viel getrunken. Benommen von dem wohligen Gefühl, das sich in meinem Bauch ausbreitete, schritt ich an deiner Seite nach kurzem Schweigen und unterdrücktem Gelächter auch schon wieder aus dem Lift.

Auch du schienst nicht mehr ganz nüchtern zu sein. Dein Körper strahlte eine ungewöhnliche Hitze aus und deine Grübchen flackerten mehr als sonst.

Ich hatte mich auf diesen Abend mehr als gewöhnlich gefreut. Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen. Die Verhandlungen hatten mich Kraft gekostet. Doch nicht nur mich. Du warst ständig bei mir, hast mir geholfen, wo du nur konntest.

Viele gemeinsame abendliche Stunden der Arbeit haben unsere Freundschaft nur noch verstärkt. Sie gefestigt. Sie unzerstörbar werden lassen.

Das wohlig warme Gefühl des Alkohols stieg nun langsam auch in meinen Kopf. Ließ mich benommen werden. Förderte meinen Leichtsinn, als ich so unbeschwert neben dir herging.

Ich merkte, wie auch du zunehmend gelöster wurdest. Spürte ohne ein Wort von dir oder ohne selbst etwas zu sagen, wie viel dir meine Gesellschaft bedeutete.

Das unbeschreibliche Glücksgefühl in Verbindung mit dem Alkohol gab mir den Rest. Ließ mich alles vergessen. Ließ mich die Kraft über meine Sinne, meine Taten und Handlungen verlieren.

Du hattest kaum deinen Türcode eingegeben, wir hatten kaum dein Quartier betreten, als du mich am Handgelenk ergriffst und mich gegen die nächste Wand drücktest.

Ich ließ es geschehen.
Ließ deine Hände über meinen Körper gleiten.
Ließ deine Lippen die meinen treffen.
Ließ meinen Körper dem deinen antworten.
Ließ meine Rangabzeichen fallen.
Eines nach dem anderen.
Neben der Türe.
Und ließ mich vergessen...
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