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Fluch der Romantik

von Anke

Hochzeitsglocken

Fluch der Romantik

Summary: Nach fast acht Jahren im Delta-Quadranten hat die Crew das Recht auf eine ordentliche Hochzeit, oder? Gehört ins selbe Universum wie „Ich bin eine temporale Paradoxie“, „Große Erwartungen“ und „Wettpool Nr. 3“ – diesmal stehen jedoch nicht J/C im Mittelpunkt.

Disclaimer: Star Trek gehört weiterhin den Ferengi, ähmm Paramount.

AN: Zu dieser Geschichte hatte ich an an einigen Stellen bestimmte Lieder / Bilder im Kopf, die ich euch nicht vorenthalten wollte, deshalb ist dies meine erste Geschichte mit Fußnoten. Die entsprechenden Hinweise findet ihr am Ende des letzten Kapitels.


Vielen Dank an Emony, die auch diese Geschichte gebetat hat!



=/\= Hochzeitsglocken =/\=

„Seven of Nine. Wir haben zu reden.”

Erstaunt sah Seven von ihrer Konsole hoch. Abgesehen von Lieutenant Torres hatte es bisher niemand gewagt, sie in einem dermaßen harschen Tonfall anzusprechen. Steif drehte sie sich um. Im astrometrischen Labor hatten sich mehrere Besatzungsmitglieder der Voyager versammelt, deren Körperhaltung und Gesichtsausdruck sie nur als Missbilligung interpretieren konnte. Sogar Naomi Wildman war dabei. Flüchtig stellte Seven of Nine fest, dass was auch immer sie getan haben mochte, hauptsächlich die weibliche Besatzung betraf. Neben Neelix befanden sich unter den hier Versammelten jedenfalls nur Frauen.

„Ja, Crewman?“, wandte sie sich frostig an Jenny Delaney, die scheinbar die Wortführerin war.

„Wir haben gehört, Sie werden heiraten.“

„In der Tat.“ Seven gab sich große Mühe, ihre Antwort von oben herab klingen zu lassen, doch unter ihrer kühlen Fassade war sie verunsichert. Was sollte das bedeuten? Vor über einem Jahr hatte sie Harry während einer Strandparty auf dem Holodeck aufgefordert sie zu heiraten – und Harry hatte zugestimmt. Seitdem hatte sie immer das Gefühl gehabt, dass ihre Beziehung von der Mannschaft akzeptiert – ja sogar unterstützt wurde. Hatte sie sich so geirrt?

„Sie haben den Captain gefragt, ob sie Sie beide in einer kleinen Zeremonie in ihrem Bereitschaftsraum traut“, bemerkte Megan Delaney ebenso feindselig wie ihre Schwester. „Das werden wir nicht zulassen!“

Was sollte das? Wollte Megan Delaney nun doch Harry für sich selbst? Seven wusste natürlich, dass Harry und Tom Paris früher häufiger mit den Delaney-Schwestern ausgegangen waren. Aber das rechtfertigte doch nicht eine solche Attacke. Oder?

„Crewman, ich glaube nicht, dass meine Heirat in irgendeiner Weise für Sie von Belang ist.“

„Nicht von Belang?“ Megans Nasenspitze berührte fast die ihre. „Und ob das von Belang ist. Wir stecken jetzt schon fast acht Jahre im Delta-Quadranten fest. Und mindestens genauso lange war keine von uns mehr auf einer anständigen Hochzeit. Lieutenant Torres und Pairs haben uns schon um unsere Hochzeit betrogen, ob und wann der Captain und der Commander heiraten ist fraglich. Sie können mir glauben, wir sind ausgehungert, verzweifelt. Und wir werden uns nicht noch einmal um eine Hochzeit bringen lassen, hören Sie! Sie werden sich nicht einfach sang- und klanglos in der Mittagspause von Captain Janeway trauen lassen. Sie werden eine ordentliche Feier haben, mit der gesamten Besatzung, weißem Kleid, Brautjungfern, Torte, Blumen und eben allem, was sonst noch zu einer Hochzeit gehört!“

=/\=

„Und dann haben die Damen Ihnen ein Ultimatum gestellt“, fasste der Captain schmunzelnd zusammen, während sie Tee nachgoss. Seven balancierte ihre Tasse vorsichtig zum Mund, während sie Julia Janeway, zwei Monate, Untereinheit von Janeway, Captain Kathryn und Chakotay, Commander, im Arm hielt.

Erstaunlich, wie sich im letzten Jahr ihr Leben auf der Voyager verändert hatte. Nicht nur, dass Harry ihr mitgeteilt hatte, dass er sie liebe und sie beide sich verlobt hatten, vor knapp sieben Monaten hatten Captain und Commander die Crew darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie ein Kind erwarteten. Während die Crew diese Enthüllung enthusiastisch begrüßt hatte, war sich Seven of Nine zunächst nicht sicher gewesen, was sie von dieser Entwicklung halten sollte. Immerhin war Chakotay auch kurzzeitig mit ihr ausgegangen und der Captain war immer ihre besondere Bezugsperson gewesen. Würde sich das nun ändern? Es hatte sich geändert. Gerade in den letzten Monaten waren der Captain und sie sich auf eine ganz neue Weise näher gekommen. So, dass sie jetzt in Kathryns Quartier saß, ihre kleine Tochter im Arm halten durfte, Tee trank und mit ihr über den morgendlichen Überfall im astrometrischen Labor sprach.

„Haben Sie schon mit Harry gesprochen?“, erkundigte sich der Captain.

„Ja. Ich befürchte, zu diesem Thema hat er keine Meinung. Er meinte, er möchte einfach nur mit mir verheiratet sein“, sagte Seven ratlos.

„Dann bleibt also nur noch die Frage: Was möchten Sie?“

„Bisher habe ich über diese Frage nie nachgedacht“, gestand Seven. „Mir war nicht bewusst, dass auch dem Akt der Bindung eine so große Bedeutung beigemessen wird.“

Der Captain schmunzelte. „Ich glaube, das gehört zu den Dingen, die sich durch die meisten Kulturen ziehen. Zu fast allen Zeiten und auf fast allen Planeten werden Hochzeiten mit großem Zeremoniell begangen. Und fast überall träumen die kleinen Mädchen von ihrem eigenen großen Tag.“

„Sie auch, Captain?“, erkundigte sich Seven neugierig.

„Ich?“, Kathryn lachte. „Ich habe von meiner Einführung als Sternenflotten-Captain geträumt. Meine Schwester war die romantische von uns beiden. Phoebe hatte sogar schon ihr Kleid entworfen, da war sie noch keine zehn Jahre alt.“

„Haben Sie und der Commander deshalb noch nicht geheiratet?“

An der Reaktion des Captains merkte Seven, dass sie wieder einmal zu geradeheraus gewesen war. Doch bevor sie sich entschuldigen konnte, hatte sich der Captain wieder gefasst.

„Man könnte sagen, wir sind einfach noch nicht dazu gekommen“, bemerkte sie lachend. „Und jetzt heiraten ja erst mal Sie. Das bringt uns wieder auf die Ausgangsfrage zurück: Was für eine Art Hochzeit wünschen Sie sich? Eher schlicht, wie bei Tom und B’Elanna oder doch eher aufwändig und romantisch, wie es sich scheinbar etliche Ihrer Kameradinnen wünschen?“

„Ersteres wäre effizient“, überlegte Seven. „Letzteres wäre … perfekt“, schloss sie dann, während sie gedankenverloren Julias Köpfchen streichelte.

„Ah, das alte Dilemma zwischen Effizienz und Perfektion. Allerdings sollte Ihre Hochzeit ein einmaliges Erlebnis sein. In einem solchen Fall halte ich Effizienz für zweitrangig. Wichtig ist alleine, dass Sie sich dabei wohl fühlen. Es muss zu Ihnen und Harry passen. Wie kam es überhaupt zu dem Heiratsantrag? Ich habe Ihnen diese Frage nie gestellt.“

Seven nickte. Wenn sie ehrlich war, fragte sie sich selbst manchmal, was genau sich damals eigentlich abgespielt hatte.

„Zu dieser Zeit war ich sehr verwirrt. Sie wissen ja, dass der Doktor mich ermutigt hatte, meine zwischenmenschlichen Aktionen auch um romantische Beziehungen zu erweitern.“

Der Captain nickte.

„Eine Weile habe ich mich mit Commander Chakotay getroffen. Es war … nett.“ Seven wagte es nicht, den Captain anzusehen. Erst im Nachhinein hatte sie verstanden, was ihre mütterliche Freundin wohl angesichts dieses unbedachten Flirts empfunden haben musste. „Aber ich spürte, dass sein Interesse an mir eher höflicher Natur war. Die Intervalle zwischen den einzelnen Treffen wurden immer länger. Wir hatten uns schon eine ganze Weile nicht mehr … gesehen, als Harry mir aus heiterem Himmel seine Liebe gestand.“ Seven lächelte versonnen, als sie an den Nachmittag vor über einem Jahr zurückdachte. „Er hatte all seinen Mut zusammengenommen und gesagt, dass wir perfekt wären. Ich befürchte, ich habe es ihm nicht leicht gemacht. Aber irgendetwas hat es … ausgelöst und ich habe zugestimmt, ihn am nächsten Abend auf Tom Paris Strandparty zu begleiten.

Als ich mich an diesem Abend regenerieren wollte, fand ich das Gesamtwerk von Jane Austen [1] zum direkten Kortikal-Download vor. Ich vermute, Sie sind mit den Werken von Jane Austen vertraut, Captain?“

Kathryn lächelte: „Ich habe sie alle gelesen. Jedes mehr als einmal. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich die Holo-Adaption von ‚Stolz und Vorurteil‘ gespielt habe.“

„Miss Austen hatte ein bemerkenswertes Talent zwischenmenschliche Beziehungen zu beleuchten. Von ihr habe ich viel mehr über die wahre Bedeutung von Liebe, Romantik und Beziehung gelernt, als vom Doktor.“

„Wie außerordentlich überraschend“, brummte der Captain.

„Ich verstand auf einmal den fundamentalen Unterschied zwischen den Höflichkeiten von Commander Chakotay und Harrys ungeschickt artikulierter Zuneigung. Dann wurde auf der Party dieses Lied gespielt ‚God Only Knows‘ [2] – Mr. Paris hat mir verraten, dass es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von einer Band namens ‚The Beach Boys‘ stammt – und irgendwie…“ Seven schienen die Worte zu fehlen. „… bei der Zeile ‚God only knows what I’d be without you‘ haben ich all die Situationen gesehen, die Harry und ich gemeinsam durchlebt haben, wie Harry – abgesehen von Ihnen – der erste hier an Bord war, der einfach freundlich zu mir war, die vielen Stunden im astrometrischen Labor, unsere Außenmissionen und da wusste ich, dass Harry der Mensch ist, der mich vollständig macht.“ Seven lächelte schief. „Ich weiß nicht, warum das so ist. Es ist irrational, einen Menschen vor allen anderen zu bevorzugen – auch wenn dieser Mensch so freundlich, klug und ehrenhaft ist wie Harry. Aber ich tue es.“

„Liebe ist irrational“, sagte Kathryn warm. „Außer man ist Vulkanier. Sie selbst haben die Liebe einmal ‚Eine Reihe biochemischer Reaktionen, die eine emotionale Kaskade auslösen, welche das normale Funktionieren beeinträchtigt.‘ genannt. Nun, das ist nicht weniger wahr, nur weil Sie jetzt selbst verliebt sind.“

Seven lachte mit dem Captain. „Ich glaube, ich habe Harry ganz schön verschreckt, als ich ihm gleich einen Heiratsantrag gemacht habe.“

„Das müssen die Nachwirkungen von Jane Austen gewesen sein“, bemerkte Kathryn. „Im 19. Jahrhundert wäre eine Beziehung ohne Trauschein undenkbar gewesen. Aber Sie haben dann doch noch gewartet.“

„Ja, Harry hat mich überzeugt, dass wir uns erst aneinander gewöhnen sollten, bevor wir so einen großen Schritt tun.“

„Und nun sind Sie bereit?“

„Ja, das sind wir.“

Kathryn rührte gedankenverloren in ihrem Tee, sie freute sich für Seven. Vor knapp einem Jahr wäre so eine Unterhaltung schwer vorstellbar gewesen. Aber seit Seven mit Harry zusammen war, hatte sich ihre zwischenmenschliche Kompetenz erstaunlich verbessert. Sie zeigte eine Weichheit und Sensibilität, von der nicht einmal Kathryn geglaubt hatte, dass sie unter der rauen Borg-Schale steckten. Während des ganzen Gesprächs hatte der Captain beobachtet, wie Seven mit Julia umging. Am Anfang, kurz nach Julias Geburt, war Seven offensichtlich unsicher gewesen, was sie mit dem Säugling anfangen sollte, aber das war wohl bei jedem so, der keine Erfahrung mit so kleinen Kindern hatte. Nun ging sie ganz selbstverständlich mit der Kleinen um, reagierte auf ihre kleinen Signale, interagierte mit dem Kind. Kathryn war ungeheuer stolz auf sie.

Aber nicht nur Seven hatte diese Beziehung gut getan. Kathryns Gedanken wanderten weiter. Auch Harry Kim war in diesem Jahr ruhiger und geerdeter geworden. Natürlich hatte sich Harrys übergroßer Wunsch wieder nach Hause zurückzukehren in den letzten Jahren schon abgeschliffen, aber nun schien die Voyager wirklich sein zu Hause zu sein. „Ensign Eager“ war endgültig erwachsen geworden. Einen Moment dachte Kathryn wehmütig daran, was wohl aus ihrem ewigen Fähnrich geworden wäre, wenn ihn das Schicksal nicht in den Delta-Quadranten verschlagen hätte.
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