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Empok Nor 2: Erkenntnisse und Familienangelegenheiten

von Tasare

Kapitel 2

Glinn Daro stellte die kleine Stase-Einheit auf dem Schreibtisch ihres
Wissenschaftslabores ab. Jetzt, wo sich die normalen Abläufe auf der
Station gefestigt hatten, hatte sie endlich die Zeit sich um die Probe zu
kümmern, die sie während der Aufräumarbeiten genommen hatte. Der
Bakterienherd - in einem der Gästequartiere - war natürlich vernichtet
worden. Aber Karlin Daro hatte schon bei der ersten Untersuchung bemerkt,
dass es sich nicht um gewöhnliche Fäulnis-Bakterien gehandelt hatte. Also
hatte sie sich eine Probe aufgehoben, um sie später zu untersuchen.
Gedankenverloren starrte sie auf die Stase-Einheit, in der sich die Probe
befand. An diesem Morgen hatte sie mit ihrem Ehemann auf Cardassia Prime
gesprochen. Nanpart und die beiden Jungs hatten Plätze auf einem der
letzten Transporte zugewiesen bekommen. Nanpart war froh darüber gewesen,
da er noch viel zu organisieren hatte, bevor alles fertig gepackt war. Aber
Karlin selbst konnte es kaum erwarten, ihren Mann und ihre Söhne wieder bei
sich zu haben.
Verärgert über ihre Unkonzentriertheit schüttelte Glinn Daro leichte den
Kopf und setzte sich an ihren Schreibtisch um sich die Probe vorzunehmen.

***

Anan Entek materialisierte auf einem kleinen Platz in der Nähe des
Hauptmarktes von Cardassia Prime. Bis vor kurzem hatte der Hauptmarkt
seinen Sitz noch in Prime City gehabt. Aber da die Stadt seit dem Angriff
des Dominions noch nicht wieder weit genug aufgebaut war, hatte man den
Markt in eine der weitgehend unbeschädigt gebliebenen Provinzstädte verlegt
- was der Stadt einen Aufschwung bescherte, von dem sie sonst nur hätte
träumen können.
Es war voll auf den Straßen, auch auf der, die Anan nun entlang ging, um
zum Marktgelände zu gelangen. Je näher er kam, desto voller wurde es.
Endlich hatte er die ersten Stände erreicht und späte umher, in der
Hoffnung einen Gemüsestand zu finden. Möglicherweise wäre es klüger
gewesen, die restlichen Zutaten für sein Gericht auf Cardassia V zu kaufen
- dort wäre es bei weitem nicht so voll gewesen, wie hier. Anan entschied
sich für eine Richtung und ließ sich mit der Menge treiben. Als er endlich
einen geeigneten Stand entdeckte, verließ er den Personenstrom und stellte
sich an der - ziemlich langen - Schlange an.

Gilora Macet bestätigte den Transportvorgang und die medizinischen
Container von Deep Space Nine dematerialisierten. Einen Moment später
erreichte sie die Meldung, dass der Vorgang ordnungsgemäß vonstatten
gegangen war. Sie wollte gerade die Transporterkonsole verlassen, als ein
leises Signal ihr mitteilte, dass die Lavok kontaktiert wurde. Sie
bestätigte das Signal und aktivierte die Verbindung. Aus der Com-Einheit
kam eine bekannte Stimme.
"Lavok? Ihr müsst mein Com-Signal erfassen und mich hier herausbeamen!"
"Kein Problem, Anan. Aber warum?"
"Es ist unmöglich wieder zu den alten Koordinaten zu kommen - Du hast keine
Vorstellung davon, wie voll es hier ist!"
"In Ordnung, halte Dich bereit!"
Mit einem leichten Kopfschütteln aktivierte Gilora den Transporterstrahl.
Natürlich war es voll. Was hatte Anan denn erwartet? Einen Moment später
materialisierte Anan Entek auf der Lavok. Schmunzelnd stellte Gilora fest,
dass er verschwitzt aussah - und seine Kleidung verrutscht war. Auf dem Arm
trug er einen Beutel, in dem er offenbar seine Einkäufe verstaut hatte.
Mühsam verbiss sie sich das Lachen. Allerdings mit wenig Erfolg.
"Du brauchst gar nicht zu Lachen! Du warst ja nicht da unten! Man könnte
meine, der Markt sei auf Bajor - lauter Wilde!" Kopfschüttelnd verließ er
den Transporterraum. Gilora folgte ihm. "Tut mir leid, aber Du siehst etwas
lächerlich aus, weißt Du?"
"Ich kann es mir denken. Sind wir hier fertig?"
"Ja. Die Ladung ist gelöscht, wir können sofort weiterfliegen."
"Gut!" Anan betrat die Brücke, ließ seine Einkäufe auf einen freien Sitz
und sich selbst auf den des Piloten fallen. Mit einem erleichterten Seufzer
strich er sich die wirren Haare aus dem Gesicht.
"Wenn Du nicht so mit dem Haargel geizen würdest, hättest Du ein Problem
weniger."
Anan sah zu Gilora und erkannte, dass sie ihn nur aufziehen wollte. Also
beschloss er, nicht weiter darauf einzugehen und berechnete stattdessen den
Kurs nach Cardassia V.

***

Edward Jellico, der Botschafter der Föderation auf Empok Nor, verließ den
Konferenzraum. Er schüttelte leicht den Kopf, während er das Gespräch mit
Botschafter Tuspak und dessen Attaché Revue passieren ließ. Er war nicht
sicher, ob er den Cardassianer richtig einschätzte. Zu seiner Überraschung
verhielten sich Zivilisten häufig anders als die Guls, mit denen er bisher
immer verhandelt hatte. Er würde wahrscheinlich seine Theorien über
cardassianisches Verhalten modifizieren müssen.
Er hatte dem Cardassianer unmissverständlich klargemacht, dass die
Föderation auf freien Wahlen bestand. Der Interims-Rat konnte nicht
erwarten, dass die Föderation den Aufbau Cardassias maßgeblich
unterstützte, wenn das nur dazu führte, dass das alte System wieder
etabliert wurde. Glücklicherweise war die Mehrheit der Zivilisten seiner
Meinung. Und er hatte den Eindruck, dass auch Tuspak liberal eingestellt
war... Allerdings hatte er nicht vor, seinen Verhandlungsstandpunkt dadurch
aufzuweichen, dass er Verständnis - und damit Schwäche - zeigte. Tuspak
sollte ruhig wissen, dass es in dieser Frage keine Kompromisse gab.
Jellico betrat den Turbolift. Eine Anfrage beim Computer sagte ihm, dass
noch eine Stunde verblieb, bis er seine Familie an der Luftschleuse abholen
konnte, also beschloss er, vorher noch etwas Essen zu gehen, und ließ den
Lift auf der Ebene des Promenadendecks halten.

***

Anan Entek sah auf, als sich die Tür zum Gemeinschaftsraum öffnete und
Gilora und Rin Hoval eintraten. Er war gerade damit fertig geworden, die
lyserianischen Baumknollen kleinzuhacken. Mit einer einladenden Geste wies
er auf die Alva-Zwiebeln. "Bitte! Es wäre schön, wenn einer von Euch sich
über die hermachen könnte, ich habe noch alle Hände voll zu tun."
Rin Hoval setzte sich mit einem gespielten Seufzen und nahm sich ein
Messer. "Die schlimmsten Arbeiten macht immer der Ingenieur!"
"Wir sind Dir äußerst dankbar, dass Du Dich so für uns aufopferst!" Gilora
sah Rin übertrieben ernst an, als wolle sie ihm einen Orden verleihen.
Setzte sich dann aber lächelnd und nahm sich ebenfalls ein Messer.
Anan schüttete die Baumknollen in einen Topf voll kochendem Wasser, den er
vorbereitet hatte. Dann begann er die Zutaten für frische Yamok Soße zu
mischen. "Ich nehme an, Du hast den Kurs korrigiert und den Autopiloten
eingeschaltet?"
Gilora sah ihn perplex an. "Ich wusste, ich habe etwas vergessen! Aber
wieso den Kurs korrigieren? Du hast ihn doch berechnet?" Mit einem
unschuldigen Augenaufschlag erhob sie sich und tat, als wolle sie zur Tür
gehen. Auf halbem Weg blieb sie jedoch stehen und begann laut zu lachen,
als sie Anans entsetztes Gesicht sah.
"Natürlich habe ich den Autopiloten eingeschaltet und den Kurs überprüft,
Du Idiot. Für wie dämlich hältst Du mich eigentlich? Ich habe einen
Pilotenschein Klasse 3, nur zur Erinnerung!"
Anan grinste mittlerweile ebenfalls. "Tut mir leid, ich weiß, dass Du
fliegen kannst. Ich habe nur das Gefühl, dass ich für den Kurs
verantwortlich bin ..."
Gilora schüttelte leicht den Kopf und setzte sich wieder neben Rin. "Deinen
Perfektionismus in allen Ehren, Anan, aber manchmal gehst Du mir damit ganz
schön auf den Geist."
"Warte ab!" Anan strich sich eine lose Strähne aus dem Gesicht und sah
Gilora schmunzelnd an. "Wenn Du gleich das perfekte Essen isst, dann
änderst Du Deine Meinung wieder."
Mit diesen Worten hob er den Deckel vom Topf und rührte die Baumknollen um.
Ohne Giloras und Rins zweifelnde Mienen zu beachten, die bei dem Geruch,
der aus dem Topf strömte, die Gesichter verzogen hatten, öffnete er einen
seiner Gewürzbeutel und verteilte ein bläuliches Pulver gleichmäßig über
das Gemüse. Dann schüttete er die Alva-Zwiebeln dazu. Augenblicklich
wandelte sich der Duft, so dass Giloras und Rins Gesichtszüge sich wieder
entspannten.

***

Edward Jellico stand vor der Luftschleuse, hinter der die USS Caledonia
angedockt hatte. Er ließ sich seine Nervosität nicht anmerken, obwohl er
sich seit Wochen auf das Wiedersehen mit seiner Frau und seinem Sohn
freute. Endlich sah er sie in den Bereich der Luftschleuse treten.
"Carolyn!" Er winkte seiner Frau zu, die ihm erleichtert zurück winkte.
"Edward!" Sie stellte ihr Handgepäck auf dem Boden ab und umarmte ihren
Mann. "Gut, dass wir endlich da sind. Ich hätte es keine Stunde länger auf
einem Raumschiff ausgehalten."
Er hielt sie ein Stück von sich weg. "War es so schlimm?"
"Mum war fast die ganze Zeit übel." Ein leichter Vorwurf klang in der
Stimme seines Sohnes mit, den Jellico aber ignorierte. "Henry!" Er klopfte
seinem Sohn freundschaftlich auf die Schulter, was dieser mit einem
halbherzigen Lächeln quittierte. Jellico wusste, warum sein Sohn so
zurückhaltend reagierte. Er hatte von Anfang an kein Hehl daraus gemacht,
dass er nicht auf einer cardassianischen Raumstation leben wollte. Aber
Jellico hatte keine Widerspruch geduldet. Wenn Henry alt genug war, von
Zuhause auszuziehen, dann konnte er selber entscheiden wo er leben wollte.
Solange er allerdings noch nicht volljährig war, würde er da wohnen, wo
seinen Eltern wohnten. Er würde das schon akzeptieren - früher oder später.
Jellico nahm die Tasche seiner Frau und wies in Richtung des Turboliftes.
"Ich bringe Euch am besten erstmal in unser Quartier. Wenn Ihr etwas
gegessen habt, zeige ich Euch die Station. Ich habe mir extra den
Nachmittag frei gehalten!"

***

Anan Entek lehnte sich zufrieden in seinem Stuhl zurück, seufzte und strich
sich über den Bauch. Erwartungsvoll sah er in die Runde. "Und? Hat es etwa
irgend jemand nicht geschmeckt?"
"Doch!" Gilora seufzte ebenfalls zufrieden. "Das war ausgezeichnet, Anan,
das solltest Du Dir unbedingt angewöhnen."
Rin Hoval nickte. "So satt war ich lange nicht mehr. Ich glaube, ich lege
mich heute nur noch auf mein Bett und erinnere mich an den Geschmack dieser
Knollen!"
"Und die Yamok Soße!" auf Giloras Gesicht erschien ein seliges Lächeln.
"Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte mal frische Yamok Soße
gegessen habe. Ich glaube, das war auf einem dieser Familientreffen in
Prime City..."
"Freut mich, dass es Euch geschmeckt hat. Und? Was werden wir jetzt
machen?"
"Also was mich betrifft..." Rin Hoval erhob sich und gähnte, "Ich werde ins
Bett gehen. Ich bin so satt, dass ich mich kaum bewegen kann. Es wird das
Beste sein, wenn ich mich schlafen lege!" Damit verließ er den
Gemeinschaftsraum. Anan sah zu Gilora. "Was ist mit Dir? Eine Partie
Kotra?"
"Ich glaube nicht, dass ich noch komplex genug denken kann."
"Ich wüsste da noch etwas, wo Du nicht komplex denken musst!" Er sah sie
mit seinen blassgrünen Augen an und Gilora geriet einen Moment in
Versuchung, doch dann winkte sie ab. "Heute nicht, Anan, ich würde
wahrscheinlich dabei einschlafen!"
"Hervorragend!" Anan sah zu, wie Gilora sich erhob und sich streckte. "Ich
gebe mir die größte Mühe einen gemütlichen Abend zu gestalten, und Ihr geht
einfach nach dem Essen ins Bett!"
"Sei nicht böse!" Gilora trat zu ihm, fuhr ihm mit der Hand durch die Haare
und zog seinen Kopf an ihren Bauch. "Das Essen war wunderbar, aber nächstes
Mal solltest Du weniger kochen." Damit löste sie sich von ihm, murmelte
etwas, das wie ein Gute Nacht Gruß klang und verließ ebenfalls den Raum.
Kopfschüttelnd und etwas gereizt erhob Anan sich. Wenn er sowieso als
einziger wach war, konnte er genauso gut auf die Brücke gehen. Da hatte er
zumindest Ausblick auf die Sterne.
Auf der Brücke angekommen setzte er sich auf den Platz des Piloten und
kontrollierte routinemäßig die Kurseinstellungen des Autopiloten. Sie
hatten noch eineinhalb Tage Zeit, bis sie das Raspak-System erreichten. Ein
direkter Kurs hätte die Flugdauer um einen halben Tag verkürzt, aber ein
Umfliegen der Badlands war unvermeidlich. Wahrscheinlich hätte die Lavok
aufgrund ihrer außergewöhnlichen Ausstattung keine größeren Probleme
gehabt, aber sie konnten es trotzdem nicht riskieren - aus demselben Grund,
aus dem sie nicht mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von Warp 9,9 flogen! Es
sollte nicht jeder darauf aufmerksam werden, dass die Lavok kein
gewöhnlicher Frachter war, und die Crew keine gewöhnliche Crew, sondern
Teil einer Zelle im Stile des Obsidian Order.
Anan streckte sich. Langsam fühlte auch er sich schläfrig vom guten Essen.
Er würde bald zu Bett gehen. Er stützte den Kopf auf die Hände und sah
verträumt auf die Sterne, die auf dem Monitor an ihm vorbeizogen. Er hatte
immer Pilot werden wollen. Schon als kleiner Junge hatte er von kaum etwas
anderem geredet. Sein Vater war nicht glücklich gewesen, bei dem Gedanken,
seinen Sohn an das Militär zu verlieren - und ab einem gewissen Punkt hatte
Anan die Sichtweise seines Vaters geteilt. Pilot war er trotzdem
geworden... Langsam sank Anans Kopf auf die Konsole vor ihm. Eine wohlige
Wärme durchströmte seinen Körper. ‚Ich sollte ins Bett gehen' waren die
letzten Gedanken, die Anan durch den Kopf gingen, bevor seine Augen sich
schlossen.
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