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Ein (un-) moralisches Angebot

von Mia

Kapitel 1

Sie hatte es satt. Gründlich satt. Seit sechs Jahren war sie nun Captain dieses Raumschiffs, seit sechs Jahren versuchte sie ihre Crew nach Hause zu bringen. Ständig Disziplin, Sternenflottenprotokolle, Ja Ma'am, ständig im Dienst, ohne Privatleben, ständig Entscheidungen treffen, Befehle erteilen, Crewmitglieder maßregeln. Sie hatte keine Lust mehr. Sie wollte nach Hause, zu ihrer Familie, auf die Erde. Sich ein neues Leben aufbauen. Nie hätte sie gedacht, dass es einmal so weit kommen würden, dass sie solche Wünsche hegte. Aber was hätte sie jetzt für die Erfüllung ihrer Wünsche gegeben!
Janeway stand in ihrem Quartier, am Fenster und betrachtete das Universum. Unendliche Weiten. Millionen von Welten. Sie wollte nichts mehr davon wissen. Wollte nur noch ihre eigene, kleine Welt haben.

So in Gedanken versunken merkte sie kaum, dass sich hinter ihr ein Mann materialisierte. "Hallo, Kathy, so traurig heute?" Kathryn drehte sich um, und musste die Augen zusammenkneifen. Ihr überladener Verstand schaffte es nicht sofort zu realisieren, wer ihr da gegenüberstand. Doch nach ein paar Sekunden Bedenkzeit, und aufgrund der Tatsache, dass nur ein Wesen im ganzen Universum es wagte, sie "Kathy" zu nennen, erkannte sie ihn. Q! Dieses allmächtige Wesen aus dem Kontinuum. Diese Nervensäge!

Gereizt wandte sie sich ab. "Was immer Sie hier wollen, ich kann Sie jetzt nicht gebrauchen. Verschwinden Sie!", zischte sie ihn an.

Q tat verletzt, aber so schnell gab er natürlich nicht auf. In seinem liebenswertesten Tonfall sagte er: "Hören Sie mir zuerst zu. Ich bin mir sicher, danach werden Sie mich nicht mehr wegschicken. Ich will mich bei Ihnen revanchieren. Des Öfteren haben Sie mir geholfen - jetzt helfe ich Ihnen."

Ein wenig neugierig geworden drehte Janeway sich doch wieder zu Q um. "Ich wüsste nicht, womit Sie mir helfen wollen. Wollen Sie wieder versuchen sich mit mir zu paaren?", fragte sie ironisch, Qs letzten Aufenthalt auf der Voyager noch gut in Erinnerung.

"Wenn Sie es wünschen", gab Q schlagfertig zurück, ein Zucken umspielte seine Mundwinkel. "Nein, im Ernst", fuhr er fort, "ich weiß, was Sie wollen, und das möchte ich Ihnen erfüllen. Sie wollen weg von hier, zurück auf die Erde, endlich diese Uniform ablegen - was ich übrigens auch begrüßen würde - und ein normales Leben führen. Das ist es, nicht wahr?"

Misstrauisch beäugte Janeway ihn. Geflissentlich ignorierte sie seine Anspielung auf ihre äußere Erscheinung. Konnte es wahr sein, war er tatsächlich hier, um ihr ihren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen? "Und wie wollen Sie das anstellen? Meine Crew glauben machen ich wäre tot?"

"Viel einfacher", antwortete Q, "ich werde einfach Ihre Erinnerungen manipulieren. Ihr Erster Offizier - Chuggles, nicht wahr? - wäre Captain. Alle würden denken, es wäre nie anders gewesen. Keiner würde Sie vermissen. Und Sie könnten endlich das Leben führen, dass Sie sich so sehr wünschen."

"Aber ich versuche meine Crew heimzuführen. Sie braucht mich", entgegnete Kathryn.

"Oh, seien Sie nicht so überheblich!", antwortete Q. "Seit sechs Jahren befehligen Sie dieses Schiff - und? Sie sind immer noch nicht zurück. Sollte es überhaupt einen Weg nach Hause geben, wird Ihre Crew das auch ohne Sie schaffen."

Janeway dachte nach. Natürlich waren seine Worte eine Unverschämtheit. Aber vielleicht hatte er recht. Was hatte sie geschafft bisher? Gut, sie waren einige tausend Lichtjahre näher am Alphaquadranten, sie hatten es geschafft, als einzelnes Schiff in einem fremden Quadranten zu überleben, sie hatten Feinde besiegt und Freunde gewonnen. Aber zu Hause waren sie immer noch nicht. Und es war so verlockend! "Was verlangen Sie als Gegenleistung?", fragte sie Q.

"Nur ein kleines dankbares Lächeln von der schönsten Frau des Universums", antwortete dieser.

Kathryn hatte sich entschieden. "Gut, ich nehme Ihr Angebot an, aber zuvor möchte ich noch ein letztes Mal einen Rundgang durch das Schiff machen."

"Natürlich, ich werde Sie gerne begleiten. Unsichtbar für die anderen natürlich, wir wollen ja niemanden erschrecken."

Kathryn Janeway und Q begaben sich als erstes in das Kasino.

"Captain, Captain", kam Neelix sofort auf sie zu gerannt. "Ich habe eine neue Kreation ausprobiert. Möchten Sie sie versuchen?", fragte er freudestrahlend.

Was er ihr jedoch auf einem Teller entgegenhielt, machte den Anschein, als würde es sie gleich anspringen und mit Haut und Haaren verschlingen. Kathryn schaffte es gerade noch, ihr angewidertes Gesicht in Grenzen zu halten. "Danke, Mr. Neelix, ich habe keinen Hunger. Aber vielleicht sollten Sie diese Kreation lieber zum Doktor bringen, möglicherweise kann er es wiederbeleben."

Neelix wollte gerade zu einem Protest ansetzen, aber da hatte sich der Captain schon abgewandt.
"Dieser untersetzte, behaarte Typ. Er ist ein Narr, ein schlechter Koch und ein Schleimer", flüsterte Q ihr ins Ohr.

Sie drehte sich zu ihm um - schließlich konnte sie ihn sehen, auch wenn er den anderen verborgen blieb - und funkelte ihn böse an. "Nein, Q", flüsterte sie, damit niemand mitbekam, dass sie sich mit einem Unsichtbaren unterhielt, und sie vielleicht noch wegen geistiger Verwirrung auf die Krankenstation gebracht wurde. "Er ist ein guter Moraloffizier, ein prima Botschafter und ein zuverlässiges Crewmitglied. Und ein Freund in der Not", gab sie zurück.

Janeway sah sich im Kasino um. Zirka zwei Dutzend Crewmitglieder hatten sich zum Frühstück eingefunden, sie plauderten vergnügt, ein zwangloses Zusammensein, bevor ihre Schicht begann. Kathryn wusste die Namen von jedem einzelnen von ihnen, auch wenn sie mit den wenigsten in engerem Kontakt stand.

"Ein nichtsnutziger Haufen, undiszipliniert und nachlässig. Und keiner von ihnen weiß es zu schätzen, was Sie für sie tun", flüsterte Q wieder von hinten.

"Ganz und gar nicht. Es ist eine feine Crew. Zusammen haben wir schon so viel überstanden. Sie alle haben es verdient nach Hause zu kommen", entgegnete Kathryn.

Sie wandte sich zur Tür, verließ das Kasino und begab sich mit Q im Schlepptau in den Maschinenraum. Dort versuchten B'Elanna und Seven of Nine gerade die Effizienz des Antriebs durch ein neues Verfahren zu verbessern. Sie stritten sich gerade heftig über die Vorgehensweise, und ihre Worte konnten im ganzen Maschinenraum vernommen werden. Ein paar Techniker drehten sich bereits verwundert zu den beiden um. Kathryn ging dazwischen. "Lt. Torres, Seven of Nine, dürfte ich erfahren, was dieser Wortwechsel zu bedeuten hat?"

Wie ertappt drehten sich die beiden um. "Oh, Captain, guten Morgen, wir... ich... ", fing B'Elanna an, doch Janeway winkte ab.

"Schon gut, machen Sie weiter. Aber bitte informieren Sie nicht das gesamte Schiff über Ihre Diskussion."

"Ja, Captain!", erwiderte B'Elanna leicht beschämt, während Seven wenig berührt schien.

"Eine Halbklingonin, die ihr Temperament kaum unter Kontrolle hat und doch nur Schwierigkeiten macht. Und eine Ex-Borg, die ständig ihre Befehle anzweifelt und noch nicht gelernt hat sich zu fügen." Das war natürlich Q's Stimme.

Janeway wunderte sich schon, warum er ständig versuchte ihre Crew schlecht zu machen. "Nein, Q, eine unersetzliche Chefingenieurin, die gerade wegen ihres Temperaments so wertvoll für die Crew ist, und ein wunderbares Crewmitglied, das schon so viel über Individualität gelernt hat, und uns schon so oft das Leben gerettet hat", erwiderte sie. Oh ja, die beiden waren sich noch nie ganz grün, aber wenn es um schwierige technische Probleme ging, waren sie trotz ihrer unterschiedlichen Meinungen ein unschlagbares Team.

Janeway warf noch einen letzten Blick auf den Warpkern, dessen Anblick sie schon beim ersten Mal so fasziniert hatte, und wandte sich dem Ausgang zu.

Auch dem Doktor wollte sie noch einen Besuch abstatten. Sie betrat die Krankenstation.
"Captain, Sie hier?", fragte das MHN verwundert. "Ist etwas nicht in Ordnung?"

"Nein, Doktor, alles in bester Ordnung. Ich hatte nur das dringende Bedürfnis Sie zu sehen", antwortete Janeway, amüsiert über den verdutzten Ausdruck im Gesicht des Doktors.

"Ein längst überholtes Hologramm, das es fertigbringt, die gesamte Crew mit seinen langweiligen Vorträgen zum Einschlafen zu bringen", lästerte Q.

"Nein, ein kompetenter Mediziner, und mittlerweile auch eine Persönlichkeit. Er ist über die Jahre unersetzlich für die Crew geworden", meinte Kathryn. Sie wollte lieber wieder verschwinden, bevor dem Doktor einfiel, dass ihre halbjährliche Routineuntersuchung schon längst überfällig war.

Sie entschied sich dafür auf die Brücke zu gehen.

Als die Türen des Turbolifts sich öffneten, begrüßte Tuvok sie mit hochgezogenen Augenbrauen. "Captain, Ihre Schicht hat noch nicht begonnen. Gibt es ein Problem?", fragte er.

"Nein, Tuvok, alles in Ordnung", gab sie zurück.

"Dieser schreckliche Vulkanier mit seinen unbeweglichen Gesichtszügen und seiner unschlagbaren, und völlig überflüssigen Logik", warf Q wieder ein.

"Nein, mein Sicherheitschef, der mir schon seit so vielen Jahren treue Dienste leistet. Er ist mehr als ein guter Offizier, er ist auch ein guter Freund", verteidigte Kathryn ihn.

Harry Kim hatte die Nachtschicht gehabt. Er saß auf dem Sessel des Captains, als er sie jedoch sah, erhob er sich sogleich. "Captain..."

"Nehmen Sie ruhig wieder Platz, Harry. Noch gehört der Sessel Ihnen", lächelte sie ihn an.

"Ein unerfahrener Fähnrich, der zu allem Ja und Amen sagt", Q natürlich wieder.

"Ich kann mich zwar noch gut an sein entsetztes Gesicht erinnern, als er die ersten paar Male alleine die Brücke hatte -, er fühlte sich völlig überfordert - aber mittlerweile erledigt er diesen Job, als hätte er seit Jahrzehnten nichts anderes getan. Außerdem kann ich mich immer auf ihn verlassen", sagte Kathryn.

Tom Paris saß auf dem Platz des Piloten. Er hatte seine Schicht schon angetreten. Sie begrüßte ihn.

"Ein unverschämter Flegel, der ständig querschießt und keinen Respekt vor Autoritäten hat." Q begann langsam ihr auf die Nerven zu gehen.

"Er ist der beste Pilot im Alphaquadranten - und wahrscheinlich auch im Deltaquadranten. Und er hat es geschafft, sich den Sternenflottenregeln anzupassen. Er ist witzig und bei der Crew beliebt", entgegnete Kathryn.

Die Türen des Turbolifts öffneten sich erneut, und Commander Chakotay betrat die Brücke. "Guten Morgen, Captain", begrüßte er sie. "So früh schon beim Dienst? Sie können wohl nie genug bekommen?" Er grinste sie an.

"Scheint so, Commander", antwortete sie vergnügt.

"Ein nerviger Typ mit einem übertriebenen Tattoo, der keine eigene Meinung hat. Als Captain würde er endlich einmal lernen, was es heißt wirklich Verantwortung zu tragen", flüsterte Q.

"Nein, er ist…", fing Kathryn an, stockte dann aber. … ein wertvoller Erster Offizier? Ein guter Freund? Ein wichtiger Vertrauter? Ein Berater in allen Lebenslagen? Er war all das und noch mehr. Aber Kathryn fand es überflüssig Q darüber aufzuklären.

Wie könnte sie je dieses Schiff verlassen, mit all den Personen, die ihr über die Jahre so wichtig geworden sind, die ihr vertrauten, und die alle zusammen ein so wundervolles Team abgaben? Mit all diesen Crewmitgliedern, die zu ihrer Familie geworden waren? Wie hatte sie nur je darüber nachdenken können? Sie war der Captain, und das war ihre Crew. Ihre Mission war es zurück zur Erde zu kommen. So einfach war das. Sie drehte sich zu Q um. "Ich danke für Ihr Angebot, aber ich werde es nicht annehmen. Ich gehöre hierher. Nichts anderes."

Q seufzte. Warum mussten diese Menschen nur so launisch sein. "Wie Sie wünschen, Kathy. Falls Sie es sich anders überlegen - Sie finden mich im Kontinuum."

Kathryn gab Kim ein Zeichen, dass er seine Schicht beenden konnte, und nahm ihren Platz ein. Sie ließ sich kurz über die Ereignisse der Nachtschicht informieren, und schaute dann glücklich und zuversichtlich auf den Schirm. Das Universum. Unendliche Weiten. Millionen von Welten. Das war ihr Terrain.

Kurz bevor Q verschwand, konnte er noch eines sehen - ein kleines dankbares Lächeln von der schönsten Frau des Universums.


Ende
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