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Der Captain fällt nicht weit vom Stamm

von uena

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„Verdammt, Jim – komm da runter!“

Doktor McCoy verschränkte die Arme vor der Brust, starrte mit anklagend hochgezogener Augenbraue den Baum hoch, den sein bester Freund, angehender Liebhaber und Captain soeben erklommen hatte, und schüttelte den Kopf. „Jeder, der dich so sieht, könnte meinen, du hättest nicht mehr alle Tassen im Schrank.“

McCoy machte einen Schritt beiseite, so dass eine zu Boden fallende Frucht ihn um Haaresbreite verfehlte, und blickte sich über die Schulter nach den restlichen Mitgliedern des Bodenteams um.

„Warum musste ich noch gleich mitkommen?“ erkundigte er sich genervt, während Jim oben im Baum herumraschelte wie ein wild gewordener Affe, und als Jim plötzlich überkopf vom nächsten Ast baumelte und ihn breit angrinste, unterdrückte der Doktor den brennenden Impuls, ihm eine zu langen.

„Weil Boden-Missionen Spaß machen!“ behauptete Kirk fröhlich, schwang sich wieder in die Höhe und verschwand aus dem Blickfeld.
Bones rollte mit den Augen. „Wie wäre es dann, wenn du dich tatsächlich auf den Boden der Tatsachen zurückbegeben würdest, anstatt da oben so dämlich rumzuklettern! Was machst du da eigentlich?“

Drei Wochen.

Seit drei Wochen waren sie im All, und Jim benahm sich noch immer, als sei der Weltraum sein persönlicher Spielplatz! Möglich, dass er einfach nicht ausgelastet war – ihr Körperkontakt in den letzten Wochen war praktisch gleich Null gewesen, immerhin durfte die Besatzung nicht wissen, was sich zwischen ihnen abspielte, abgesehen davon hatten sie schlicht keine Zeit gehabt, sich einander ein wenig intensiver zu widmen, und der Umstand, dass Kirk seine Sexualität nicht so ausleben konnte wie gewohnt, reduzierte ihn auf einen Fünfjährigen im Zuckerrausch, der keine drei Minuten stillsitzen konnte.
Kein Wunder, dass dem armen Spock nach und nach die Augenbrauen ausfielen und er den Captain bei jeder sich bietenden Gelegenheit von Bord schickte.

„Ich wollte einen besseren Überblick über unsere Situation bekommen“, drang Kirks betont rechtschaffene Stimme zu Bones hinab, und der Doktor konnte ein ungläubiges Schnauben gerade noch so unterdrücken.
Jim war mit den Worten „Von da oben muss man eine wundervolle Aussicht haben“ auf den Baum geklettert. An taktischen Überblick hatte diese Pappnase nicht eine Sekunde gedacht.

„Hey!“ hörte McCoy Kirk dann plötzlich deutlich erfreut hervorstoßen, „die sind lecker!“

Bones schwante Böses. „Was“, fragte er um Ruhe bemüht, „ist lecker? Du willst mir doch jetzt nicht sagen, du hast eine dieser verdammten -“ Diesmal traf ihn die herabfallende, halb gegessene Frucht an der Schulter, und Bones grollte genervt.

„Verdammt, Jim! Du kannst das doch nicht essen, wenn wir keine Ahnung haben, wie dein Organismus darauf rea-“ Bones brach ab, als er Jim fallen sah, zuckte jedes Mal hilflos zusammen, wenn Jims Kopf auf dem Weg nach unten an dem ein oder anderen Ast anschlug – fing ihn jedoch mit wartend ausgestreckten Armen auf, um ihm zumindest den Aufprall auf den harten Erdboden zu ersparen.

Was eine dumme Idee war.

Bones ächzte, als sein Rücken in schmerzhaftem Protest einen verstörend knirschenden Laut von sich gab, die Knie gaben unter ihm nach, und er fiel wie ein gefällter Baum nach hinten um, Jim in seinen Armen. Er würde ihn umbringen.

Aber Jim, so stellte der Doktor jetzt fest, brauchte seine Hilfe nicht, wenn es darum ging, seinem Leben ein Ende zu machen. Kirks Gesicht war blau-grau angelaufen, er röchelte leise, blutete aus mehreren Wunden an Wangen und Stirn, und Bones Sicht verschwamm für einen Moment, bevor er sich daran erinnerte, dass er verdammt noch mal Arzt war, und er diese Situation somit gefälligst unter Kotrolle zu bekommen hatte.

Er zog seinen Kommunikator etwas umständlich aus seiner Hosentasche – er wollte Jim nicht loslassen, um den Vorgang zu beschleunigen – und klappte ihn mit zitternden Fingern auf. „McCoy an Enterprise.“

„Was gibt’s?“ ertönte Scottys gutmütige Stimme, und Bones kniff ein paar Sekunden lang die Augen zu. „Beamen Sie mich und den Captain aufs Schiff und direkt in die Krankenstation. Sofort“, forderte er mit gepresster Stimme.

Er hasste das Beamen, vermied es wie der Teufel des Weihwasser, aber er würde ganz sicher nicht mit dem Shuttle zurück an Bord der Enterprise fliegen. Er musste Jim auf die Krankenstation bringen und das sofort.

Das Gefühl, wie sich seine Moleküle in ihre Bestandteile auflösten, löste leichte Übelkeit in ihm aus, aber die Erleichterung darüber, dass er sich in wenigen Sekunden wieder auf dem Schiff und somit in seinem Element befinden würde, überwog.



Schwester Chapel verriet nicht das leiseste Zeichen von Entsetzen, als der Doktor und der Captain vor ihren Augen rematerialisierten, half ihrem Vorgesetzten mit sicheren, ruhigen Händen dabei, Kirk auf eine der Krankenliegen zu verfrachten, und stellte keine Fragen, als Bones sie knapp anwies, dem Captain den Magen auszupumpen, während er ihm Blut abnahm, um eine toxische Analyse zu erstellen.

„Doktor McCoy“, ertönte mit einem Mal Spocks Stimme betont höflich über das Intercom-System, „darf ich fragen, warum Sie mit dem Captain zurück an Bord gebeamt sind?“

McCoy, der eben feststellte, dass die Luftröhre des Captains sich vorgenommen hatte, nach und nach zuzuschwellen, grollte ungeduldig. „Nicht jetzt!“

„Ich kann also annehmen, dass es sich um einen medizinischen Notfall handelt?“ schlussfolgerte Spock scharfsinnig, und Bones bellte seine Antwort in die vage Richtung des Intercom-Systems. „Da können Sie Ihre verdammten Spitzohren drauf verwetten!“
Spock beendete das Gespräch an diesem Punkt, McCoy konnte damit fortfahren, Jim mit seltsam zittrigen Fingern Blut abzunehmen, während sein Patient zunehmend gequält röchelte. Er konnte Jim nicht helfen, bevor Schwester Chapel nicht damit fertig war, ihm den Magen auszupumpen. Vielleicht hätte er zuerst intubieren sollen, Vergiftung hin oder her, immerhin hatte Jim sogar auf sein Duschgel erstaunlich allergisch reagiert – er hätte das hier vorhersehen müssen.
Bones biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefermuskeln deutlich sichtbar hervor traten, und er legte die Kanüle mit Jims Blut beiseite, um die Pupillen-Reaktion seines Freundes testen zu können.

Schwester Chapel zog sich von Kirk zurück, nachdem sie ihm den Magen ausgepumpt hatte, bereitete mit geschickten, schnellen Handgriffen die notwendige Intubation vor, ohne dass der Doktor ihr den entsprechenden Befehl erteilen musste, und bereits wenige Sekunden später senkte der Brustkorb des Captains sich unter tiefen, gleichmäßigen Atemzügen.
Bones schloss ein paar Sekunden lang dankbar die Augen.

Dann kreischte der Elektrokardiograph auf, laut und durchdringend, und Doktor McCoy fluchte vernehmlich. Schwester Chapel war innerhalb von wenigen Augenblicken mit dem Defibrillator und Nitroglycerin zur Stelle, und sie setzte die Spritze an, während Bones Jims nackte Brust mit dem Gel für den Defibrillator einrieb.

„Ich schwöre, ich bringe dich um, wenn du das hier nicht überstehst“, murmelte er hinter zusammengebissenen Zähnen, und wenn Schwester Chapel die Widersprüchlichkeit dieser Aussage auch durchaus auffiel, so enthielt sie sich doch eines Kommentars und trat einen Schritt von der Krankenliege zurück, als Doktor McCoy die Plattenelektroden auf die Brust des Captains drückte.

Der verabreichte Stromschlag hob Kirks gesamten Oberkörper von der Liege, er fiel mit einem dumpfen Laut zurück, und der Elektrokardiograph versank in friedliches Piepen. Das Herz des Captains schlug zumindest für den Moment in einem annähernd regelmäßigen Takt.



Als Kirk zu sich kam, war das Erste, das sich seinem betäubten Verstand aufdrängte, eine dunkle, schleichende Panik.
Es steckte ein verdammter Schlauch in seinem Hals.

Jim würgte automatisch, versuchte nach dem Fremdkörper zu greifen, konnte sich nicht bewegen und geriet nur noch mehr in Panik.
Wieso war er gefesselt?

„Beruhige dich“, ertönte plötzlich eine bekannte Stimme, und wenn Jim auch unfähig war, seinen Würgreflex zu unterdrücken, so hörte er doch auf, sich gegen seine Fesseln zu wehren.
„Entspann deine Kehle“, murmelte Bones ihm heiser zu, und Kirk schloss die Augen. Er hatte wirklich erwartet, Bones diese Worte zum ersten Mal unter deutlich anderen Umständen zu ihm sagen zu hören.

Bones befreite ihn von dem widerlichen Schlauch, blieb jedoch ungewohnt und geradezu verdächtig still, und Jim schlug die Augen wieder auf, um sich umzusehen.

Er war auf der Krankenstation der Enterprise, soviel war ihm klar, er hatte jedoch nicht die geringste Ahnung, wie er hierher gekommen war. Für gewöhnlich klärte ihn Bones bereits Sekunden nach seinem Erwachen über solche Dinge auf, und es machte ihn ganz grässlich nervös, dass sein Freund so still blieb.

„Was hab ich angestellt?“ fragte er kratzig – der Hals würde ihm wahrscheinlich noch tagelang wehtun – und Bones tauchte wieder an seiner Seite auf. Jim fiel jetzt erst auf, dass er nach wie vor an die Krankenliege fixiert war. Irritierend.

„Du hast dich wie ein Fünfjähriger benommen und dir in den Mund gesteckt, was da nicht rein gehört“, knurrte Bones plötzlich, und Kirk starrte verschreckt zu ihm auf. Bones klang irgendwie anders als sonst. Immer noch wütend – aber anders.

„Eine kiriaganische Limette“, fuhr Bones leise aber mit schneidender Stimme fort, als habe er diese spezielle Frucht sowieso schon immer gehasst. „Die sind hochgradig giftig. Der erste Krampfanfall hat dich aus dem Baum gehauen, in dem du das Ding gepflückt hast. Auf dem Weg nach unten hast du dir eine Gehirnerschütterung und mehrere Schnittwunden an Stirn und Wangen zugezogen. Ich habe uns an Bord beamen lassen und wir mussten dir den Magen auspumpen. Eine allergische Reaktion deines Körpers auf eine eigentlich ungefährliche Komponente der Frucht hat deine Luftröhre zuschwellen lassen. Wir haben intubiert. Dann“, sagte Bones, und er war erschreckend leise, „kam der zweite Krampfanfall, und du hattest einen Herzinfarkt. Wir konnten deinen Zustand stabilisieren. Jetzt solltest du außer Gefahr sein.“

Jim blickte zu ihm auf, fassungslos und auf morbide Art und Weise fasziniert, und Bones wandte ihm den Rücken zu. „Schwester Chapel wird deinen Zustand überwachen. Ich bin in meinem Quartier.“

Damit ging er und ließ ihn allein, und Kirk starrte ihm fassungslos nach. Bones ließ ihn nicht allein, nicht wenn er krank war. Bones hatte ihn noch nie einfach so allein gelassen – selbst dann nicht, als sie kaum so etwas wie Freunde gewesen waren, und Jim wegen jeder Kleinigkeit die Krankenstation der Akademie aufgesucht hatte.

Und McCoy hatte sich immer um ihn gekümmert, hatte ihn nie an andere abgeschoben, selbst wenn es nur ein Kratzer gewesen war – und jetzt ließ er ihn einfach hier liegen? Hätte Kirk sich nicht so elend gefühlt, wäre er vermutlich in Tränen ausgebrochen.

Eine halbe Stunde verging, in der Kirk – nach wie vor an sein Bett fixiert – hilflos in der Gegend herum lag und schmollte. Dann öffnete sich die Tür zur Krankenstation mit einem leisen, zischenden Laut und herein kam Mister Spock – abgesehen davon, dass Jim augenblicklich mit Ausnahme von Bones sowieso niemanden sehen wollte, war das seiner Meinung nach so ziemlich das schlimmstmögliche Szenario.

Der war doch bestimmt nur gekommen, um ihm einen selbstgerechten Vortrag darüber zu halten, dass man nicht einfach unidentifiziertes Obst in sich reinzustopfen hatte, wenn man nicht seinen besten Freund und hoffentlich nach wie vor künftigen Bettgefährten vergrämen wollte.

Oh Gott, hoffentlich würde er den letzten Teil des Vortrages weglassen.

„Es freut mich, Sie bei Bewusstsein anzutreffen, Captain“, sagte Spock jedoch lediglich höchst liebenswürdig, und Kirk schloss die Augen und unterdrückte ein erleichtertes Seufzen. „Darf ich fragen, wo Doktor McCoy sich augenblicklich aufhält?“

„In seinem Quartier“, antwortete Jim in einem Ton, als sei das Spocks Schuld, und der Vulkanier neigte leicht den Kopf. „Eine logische Konsequenz der letzten Tage, nehme ich an. Ich war beeindruckt, dass die Leistungsfähigkeit des Doktors selbst nach achtundvierzig Stunden ohne Schlaf kaum nachzulassen schien.“

Jim blinzelte und starrte zu Spock auf, ohne zu begreifen. Der Vulkanier erwiderte seinen Blick gewohnt ernst, mit dem ebenso vertrauten Hauch von Überlegenheit. Kirk beschloss, es dieses eine Mal zu ignorieren. „Achtundvierzig Stunden?“

„Das entspricht in etwa dem Zeitraum, den Sie bewusstlos hier auf der Krankenstation verbracht haben. Wenn Sie wünschen, kann ich Ihnen die genaue Dauer Ihrer Besinnungslosigkeit nennen.“

Kirk blinzelte ein weiters Mal. „Nicht nötig. Danke. Bones hat mir nicht gesagt, dass es so lange war …“ Die letzten Worte hatte er mehr zu sich selbst gesprochen, aber Spock schien das Konzept des Selbstgesprächs nicht bekannt zu sein.

„Ich nehme an, dass die Erleichterung darüber, Sie bei Bewusstsein zu sehen, diese Information aus seinem Bewusstsein verdrängt hat“, sagte er vernünftig. „Hinzu kommt der Schlafmangel. Der menschliche Körper ist nicht darauf ausgelegt, über einen so langen Zeitraum ohne Ruhephase auszukommen.“

Kirk hörte ihm schon gar nicht mehr zu.
Zwei Tage.
Zwei Tage lang war er bewusstlos gewesen, und Bones hatte kein Wort darüber zu ihm gesagt. Er hatte ihn ja nichtmal richtig ausgeschimpft. Jim biss sich auf die Unterlippe.

„Wären Sie so freundlich, mich loszumachen?“ erkundigte er sich gezwungen höflich bei Spock, und dieser blickte auf die Schlingen um Kirks Handgelenke hinab.

„Ich nehme an, es gibt ein logisches Argument dafür, dass Doktor McCoy diese Sicherheitsmaßnahme ergriffen hat“, sagte er fest. „Es liegt außerhalb meiner Befugnis, Sie zu befreien, Captain.“

Kirk starrte empört zu ihm hoch. „Er hat es einfach nur vergessen!“

„Das bezweifle ich“, gab Spock überzeugt zurück. „Doktor McCoy ist ein sehr pflichtbewusster Arzt. Es gibt gewiss einen Anlass für Ihren anhaltenden … Arrest.“

Kirk hätte ihn treten können, stellte jetzt jedoch fest, dass auch seine Knöchel fixiert waren.

„Was wollen Sie überhaupt hier, abgesehen davon, mir auf die Nerven zu gehen?“ grummelte er gottergeben, und Spock zog die linke Augenbraue in die Höhe.

„Genau genommen wollte ich mich lediglich über Ihren Gesundheitszustand informieren, Captain. Die Crew begann, aufgrund Ihrer anhaltenden Bewusstlosigkeit unangebracht nervös zu werden.“

Unangebracht. Kirk knirschte mit den Zähnen. „Dann können Sie jetzt ja gehen und die frohe Kunde meines Erwachens verbreiten“, schlug er trocken vor, und Spock verschränkte die Arme hinter dem Rücken und nickte. „Ein vernünftiger Gedanke.“
Und damit ging er.

Ohne ihn loszumachen – Jim schwor fürchterliche Rache. Und wo war eigentlich Schwester Chapel? Die würde seinem Befehl doch wohl hoffentlich nachkommen und ihn endlich von dieser blöden Liege losmachen?

„Schwester?“ krächzte er probeweise in den abgedunkelten Raum hinein – wie spät war es eigentlich? – und Schwester Chapel tauchte auch prompt aus einer dunklen Ecke auf und beugte sich geschäftig über ihn. „Ja, Captain?“

„Hätten Sie die Güte, mich loszumachen? Ich würde gern aufstehen.“

„Doktor McCoy hat mir die ausdrückliche Anweisung gegeben, Sie unter gar keinen Umständen zu befreien. Er war sehr deutlich, welche Konsequenzen eine mögliche Insubordination für mich haben würde“, antwortete Schwester Chapel ruhig. „Ich kann Ihrer Bitte also leider nicht nachkommen, Captain.“

Kirk traute seinen Ohren nicht. „Wie bitte? Womit hat er das begründet?!“

Schwester Chapel sah aus, als neige sie sehr dazu, mit den Schultern zu zucken. „Der Doktor hält es selten für nötig, seine Anweisungen zu begründen. Ich habe ihn nicht gefragt. Kann ich sonst irgendetwas für Sie tun, Captain?“

Kirk schüttelte sprachlos den Kopf und sie zog sich wieder zurück. Was zum Teufel stimmte nicht mit seiner Besatzung? Wieso hielt es jeder für völlig normal, wenn Bones es sich in den Kopf setzte, ihn an sein Bett zu fesseln? Und wieso machte Bones sowas nie in ihrer Freizeit?

Aber der Captain war erschöpft und stand unter starkem Medikamenteneinfluss, also konnte er sich nur für kurze Zeit über die frevelhafte Einstellung seiner Besatzung ereifern, dann glitt er in einen tiefen, traumlosen Schlaf – und als er wieder erwachte, saß Doktor McCoy an seiner Seite, ganz wie es sich gehörte.

„Bin ich noch festgebunden?“ fragte Jim, noch bevor er richtig wach war, und er ertappte Bones bei einem seiner seltenen Lächeln. Eine Spannung, derer er sich nicht bewusst gewesen war, löste sich von Kirks Brust, als er dieses Lächeln sah.

„Ich hab dich losgemacht“, antwortete Bones, während seine Mundwinkel wieder ihre gewohnte Ausrichtung annahmen. „Entschuldige, Jim – aber ich brauchte ein paar Stunden Schlaf.“

Kirk blinzelte ihn überfordert an. „Und du kannst nicht schlafen, wenn ich nicht irgendwo festgebunden bin?“

Bones seufzte, schüttelte leicht den Kopf und wischte sich mit der flachen Hand übers Gesicht. „Du, Jim, bist auf einen Baum geklettert und hast eine exotische Frucht gegessen. Und dann hattest du eine schwere Vergiftung, einen Erstickungsanfall und einen Herzstillstand. Nicht zu vergessen die Gehirnerschütterung. Nein, Jim, ich fürchte ich kann nicht schlafen, wenn ich dich nicht sicher in deinem Bett weiß.“

Kirk biss sich wie in der vergangenen Nacht auf die Unterlippe und blickte entschuldigend zu Bones auf.

„Gott, guck mich nicht so an!“ grollte dieser auch prompt. „Da wird ja die Milch sauer!“
„Du bist weggegangen“, sagte Jim leise. „Ich hab gedacht, ich hätte was falsch gemacht …“

„Hast du auch“, erwiderte der Doktor, und sein Ton war schon beinahe sanft. „Du hast mir verdammt noch mal eine Rippe geprellt, als du auf mich drauf gefallen bist.“

Kirk starrte ihn an, als ihm die Wahrheit aufdämmerte. „Du hast mich aufgefangen!“

Bones runzelte die Stirn auf höchst bedrohliche Art und Weise. „Natürlich hab ich dich aufgefangen! Aber merk dir bitte für die Zukunft: Ich bin Arzt und kein Sprungtuch. Wenn ich dich jemals wieder in einem Baum erwische, dann setzt es was!“

Jim schaffte ein schwaches Grinsen. „Nicht auf Bäume klettern. Verstanden. Sonst noch Anweisungen, Herr Dok-“

Kirk hielt inne, als Bones sich über ihn beugte und kurz aber brutal küsste, und beide Männer japsten nach Luft, als der Doktor sich wieder aufrichtete. „Das“, stellte Bones hinter zusammengebissenen Zähnen fest und machte sich sehr, sehr langsam grade, „war eine dumme Idee.“

Der Captain sah das ein wenig anders. „Das war das erste Mal“, überlegte er laut, „seit wir an Bord gegangen sind.“
Bones hüstelte ein wenig verlegen. „Wir können froh sein, dass Chapel gerade Mittagspause hat. Ihr mir völlig unerklärliches Dogma bezüglich der Unantastbarkeit des Captains würde einen schweren Dämpfer erhalten, wenn sie uns so sähe.“

Jim sah ihn plötzlich an wie ein verschrecktes Kind. „Hast du etwa vor, mich nie wieder zu küssen – wegen Schwester Chapel?!“
Bones atmete tief durch, ging leicht in die Knie und beugte sich sehr vorsichtig erneut über den Captain. „Computer“, sagte er sehr leise, „Krankenstation abriegeln.“



Ende
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