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A Decade of Storm - Prolog

von Markus Brunner

Kapitel 1

„Ein Jahrzehnt Gutes tun ist nicht genug,
einen Tag Böses tun ist schon zu viel.“

chinesisches Sprichwort




PROLOG
2223 n.Chr.




Tief versunken in die alten Texte, die vor ihm auf dem großen, massiven Holztisch ausgebreitet lagen, ignorierte der alte Mann alles um sich herum. Er war alleine im weitläufigen Hauptsaal der großen Bibliothek von HarOs, einer Insel der Stille. Die dicken Wände des antiken Gebäudes schluckten beinahe jeden Lärm, der versuchte von außen einzudringen. Die bunten Bleiglasfenster verwandelten auch das blendenste Licht in schwache Schimmer, die in den Farben des Regenbogens über die kalkweißen Wände und die dunklen Holzregale wanderten. Doch dieses Schauspiel interessierte den alten Mann nicht. Er stand über den Tisch gebeugt und das einzige Licht, das ihn interessierte, war jenes der verzierten Leselampe, das die Bücher und Manuskripte vor ihm erhellte. Er versuchte die Schriften zu entziffern und zu übersetzen, die in einer seit langer Zeit toten Sprache seiner Heimatwelt geschrieben worden waren und auf die er hier auf HarOs, Lichtjahre von zuhause entfernt, gestoßen war.
„Offenbart euch mir“, forderte der alte Mann leise flüsternd die Schriftstücke auf. Er wusste genau wonach er suchte und hoffte, es diesmal endlich zu finden. Von seiner Heimatwelt aus war er der Spur über Jahre hinweg gefolgt. Von einem Planeten zum anderen. Immer wieder fand er neue Hinweise, denen er folgen konnte und hier, auf HarOs, spürte er, dass er sein Ziel endlich erreichen würde.
Er schlug die nächste Seite des Buches vor ihm auf, sein Zeigefinger wanderte von einer Zeile zur nächsten. Er beherrschte die alte Sprache nicht perfekt – das tat wahrscheinlich kein Lebewesen in der Galaxie mehr – aber er würde die Worte, die er suchte, sofort erkennen, wenn er sie sah. Und da waren sie!
„Und die Götter sahen nicht hin, als sich die Tore der Zeit öffneten. Die Tore der Zeit, ein Monument errichtet inmitten der Stätte der Träume, wo niemand es vermutet hätte“, las der alte Mann laut vor sich hin. Seine Stimme übertönte das ganz leise Quietschen einer schmalen Seitentür der Bibliothek und auch die Schritte jener Gestalt, die sich nun der Mitte des Hauptsaals näherte. Der alte Mann ignorierte den leichten Luftzug, der durch die geöffnete Tür gedrungen war. Viel zu aufgeregt war er angesichts seiner Entdeckung, als dass er so etwas Banalem wie einem Luftzug Beachtung schenken wollte. Er hatte den nächsten Absatz übersetzt und las ihn wieder laut vor, um sicher zu gehen, dass ihm keine bedeutende Aussage der Textpassage entging:
„Von der Stätte der Träume aus zog der Siegessturm los und die Götter ließen ihn gewähren. Der Siegessturm zog über die Unterdrücker her und vernichtete sie auf ewig. Der Siegessturm zog darauf über die Unterdrückten her und brachte ihnen den Frieden, den sie sich seit Zeitaltern ersehnt hatten.“
Ein Lichtblitz, heller als alle zuvor, traf von draußen auf die bunten Bleiglasfenster. Hätte der alte Mann kurz seinen Blick gehoben, hätte er auf der Wand gegenüber für einen Moment den Schatten der Gestalt gesehen, die sich von hinten an ihn heranschlich. Vielleicht hätte er dann auch die Reflektion des Aufblitzens in der Klinge des Dolches gesehen, die die Gestalt in ihrer rechten Hand hielt, bereit, sie tief in den Rücken des alten Mannes zu bohren.
Doch all das nahm der alte Mann namens Rurik gar nicht zur Kenntnis. Kein Schatten, kein Luftzug, keine Schritte, kein Quietschen einer Tür, das ihn vorgewarnt hätte.
Rurik stand nur da, über das Buch vor ihm gebeugt. Ein leichtes Ziel. Die Gestalt hinter ihm machte sich bereit und holte mit dem Dolch weit aus. Nur eine Sekunde, dachte sie, dann war der alte Mann tot.
Doch nur den Bruchteil einer Sekunde später, stand die Gestalt da und hatte ihren Kopf verloren. Im wahrsten Sinne des Wortes. Rurik hatte sich unfassbar schnell umgedreht. Bei dieser Bewegung schon sein geschwungenes Schwert aus der Scheide gezogen, schwungvoll ausgeholt und dem Angreifer sauber durch den Hals geschnitten. Der abgetrennte Kopf fiel zu Boden und in jedem der drei Augenpaare des HarOsaners zeigte sich tiefstes Erstaunen darüber, wie schnell Rurik gewesen war. Einen Moment später kippte der Körper um und begrub den starrenden Kopf unter sich.
Rurik lachte verächtlich und spuckte auf den leblosen Torso vor seinen Füßen und sagte zu ihm belehrend, als ob sein Gegner es noch hören könnte:
„Du Narr. Nur weil ich dich ignoriert habe, heißt das nicht, dass ich nicht gewusst hätte, dass du da bist. Kein Klingone lässt zu, dass er hinterrücks ermordet wird.“

*********************************

Rurik eilte schnellen Schrittes den langen Bogengang der HarOs-Bibliothek entlang in Richtung Ausgang. In zwei schweren Ledertaschen, die er sich über die Schultern geworfen hatte, transportierte er die Bücher und Manuskriptmappen, die er zuvor studiert hatte. Auf seinen Rücken geschnallt hatte er ein Wappenschild, das mit roten und gelben Flammensteinen reich verziert war und in seinem Gürtel steckte ein ebenso prächtiges Zepter. Wie auch das Schild war es über eintausend Jahre alt und stammte aus der Sompek-Dynastie. Es war ein beeindruckendes Beispiel früher klingonischer Handwerkskunst, das Rurik nun nach über 900 Jahren wieder nach Hause, auf den klingonischen Heimatplaneten Kronos, bringen würde, nachdem es von dort gestohlen worden war.
Der Gang endete an einer großen, verzierten Holztür, dem Haupteingang der Bibliothek. Rurik schob die schwere Doppeltür schwungvoll auf und von einem Moment auf den anderen hatte er die Insel der Stille verlassen.
Höllischer Lärm erfüllte die von Waffenfeuer aufgeheizte, flirrende Luft, die ihm entgegenschlug. Schallgranaten detonierten überall und legten das Gebiet im Umkreis der Bibliothek in Schutt und Asche. Es gab keine Anzeichen mehr dafür, dass hier vor einer Stunde noch eine recht ansehnliche Stadt, die Hauptstadt von HarOs, gestanden hatte. Alle Gebäude mit Ausnahme der Bibliothek waren dem Erdboden gleichgemacht worden. In den Ruinen waren klingonische Truppen wie auch HarOsaner in Stellung gegangen und beschossen einander mit schweren Geschützen. Rurik war durchaus beeindruckt von der Entschlossenheit, die die Einheimischen bei ihrem aussichtslosen Kampf zeigten. Aber natürlich würden sie keine Chance gegen klingonische Krieger haben. Ein tieffliegender Bird of Prey donnerte über das Kampfgebiet. Das kleine Raumschiff feuerte im Vorbeiflug auf die feindlichen Stellungen. Die HarOsaner, die diesen Angriff überlebten, mussten sich abermals etwas weiter zurückziehen.
Der Wachposten, den Rurik vor dem Eingang der Bibliothek postiert hatte, erstatte ihm Bericht:
„Mein Herr! Der Kampf verläuft sehr gut“, erklärte der junge Soldat, ein einfacher Bekk im Rang. „Dieses Gebäude ist gesichert, es gab keine Zurückeroberungsversuche. Der Feind wird ständig weiter zurückgedrängt.“
Wie um die Wache Lügen zu strafen schlug das Projektil einer harOsanischen Waffe knapp über seinem Kopf in die Mauer der Bibliothek ein. Der Mann verschwendete keine Zeit damit sich zu ducken sondern schoss mit seiner Disruptor-Pistole in die Richtung aus welcher der Schuss gekommen war. Er traf den harOsanischen Heckenschützen mitten auf der Brust – und das auf eine Entfernung von über hundert Metern. Der HarOsaner hatte ein Zielfernrohr benutzt, die klingonische Wache hatte aus der Hüfte geschossen. Rurik war beeindruckt.
„Ein hervorragender Schuss! Wie ist Ihr Name, Bekk?“
„Kor, mein Herr!“
„Gut. Wir sind fertig, Kor. Alles, was klingonisch ist, habe ich sichergestellt. Unsere Aufgabe hier ist erledigt.“
Rurik und Kor machten sich auf den Weg zur Rückseite der Bibliothek, wo sein eigener Bird of Prey gelandet war. Auch wenn zu Ruriks Flottenverband weit größere und schlagkräftigere Kreuzer gehörten, bevorzugte er für sich doch den kleinen, wendigen Raubvogel als Flaggschiff. Ein Bird of Prey konnte im Gegensatz zu den Kreuzern auf Planeten landen und dank seiner weiten Schwingen auch viel besser innerhalb einer Atmosphäre manövrieren. Die neuste Generation der Birds of Prey konnte sogar die Position der Flügel während des Flugs verändern. Sie waren dadurch sogar noch präziser zu steuern und die Disruptor-Kanonen an den Enden der Flügel im Gefecht noch schneller ausrichtbar. Es erfreute Rurik, dass er für seine Flotte den Prototyp dieses neuen Raubvogels, die I.K.S. B’Rel, bekommen hatte.
„Gab es in der Bibliothek irgendwelche Schwierigkeiten, mein Herr?“, fragte Kor hörbar besorgt. Er hatte schon öfter als Leibwache von Rurik gedient und wusste, dass Dahar-Meister Rurik bei dieser Art von Mission auf Alleingänge bestand und seine Wache zurückließ. Kor konnte natürlich nicht wissen, welchen Grund Rurik hatte, jedes Mal alleine außerirdische Bibliotheken, Tempel und Geheimarchive zu betreten.
„Alles lief nach Plan, Kor.“
Rurik verzichtete darauf, den nun kopflosen HarOsaner zu erwähnen. Er war offensichtlich schon im Inneren des Gebäudes gewesen, als Rurik und Kor eingetroffen waren, also traf den jungen Bekk keine Schuld. Und Rurik selbst war darauf gefasst gewesen, mit Widerstand konfrontiert zu werden. Bei all seinen glorreichen Missionen hatte es immer Widerstand gegeben. Ein einzelner Angreifer mit einem Dolch war daher keinesfalls erwähnenswert.
Die beiden Klingonen, der eine alt, mit langem, wehenden grauen Haaren und zu einem kleinen Zopf geflochtenen Kinnbart, der andere jung und muskulös mit kurzgeschnittenen, schwarzen Haaren und einem dünnen Bart über den Lippen, schritten zielstrebig die Rampe hoch, die in den Frachtraum der B’Rel führte. Dort wurden sie bereits von einem Trio erwartet. Flankiert von zwei Lieutenants stand ein Klingone, der noch etwas älter zu sein schien als Rurik. Anders als die Offiziere neben ihm trug er weder eine Standarduniform der Imperialen Flotte noch eine Kampfrüstung. Er trug ein dunkelblaues, silberverziertes Gewand um seinen dürren Leib, das ihm bis zu den Knöcheln herab reichte und ihn als Gelehrten und Wissenschaftler auswies, ein Kunsthistoriker der Hochschule der Ersten Stadt auf Kronos. Kurz gesagt, der alte Mann war ein Zivilist und eine entsprechend schlechte Meinung hatte Rurik von ihm. Ein Klingone, der keine Waffe trug, war in seinen Augen kein Klingone und demnach nicht würdig, über die größten Schätze der klingonischen Kultur zu wachen.
„Das wurde aber auch Zeit“, ätzte der Archivar. Ruriks scharfe Erwiderung ging im Dröhnen eines im Tiefflug vorbeiziehenden Birds of Prey unter. Er reichte dem Archivar die beiden Taschen und den beiden Offizieren neben ihm das Zepter und das Wappenschild.
„So lang wie Sie in der Bibliothek waren, gibt es wohl keinen Zweifel daran, dass Sie sämtliches Eigentum unseres Imperiums zurückgeholt haben, oder?“
„Sie können ja selbst nachsehen gehen, Archivar“, schlug Rurik spöttisch vor. Der Grund, warum sich der Archivar nicht aus dem Schiff herausgewagt hatte, lag auf der Hand. Keine zehn Targs würden ihn dazu bringen, über ein Schlachtfeld während eines andauernden Gefechts zu laufen.
„Hüten Sie Ihre Zunge, Dahar-Meister“, erwiderte der Archivar empört: „Ich bin der offizielle Abgesandte des Hohen Rates bei Ihrer Mission, all das zurückzuholen, was uns vor 900 Jahren gestohlen wurde. Ich erwarte auch Ihren Respekt, Rurik!“
„Den müssen Sie sich erst verdienen.“
Mit diesen Worten schritt Rurik, gefolgt von Kor, am Archivar vorbei und die Treppe hinauf zum Kommandodeck.

*********************************

Ruriks Aufenthalt auf der Kommandobrücke war kurz gewesen. Er war lange genug geblieben, um den Abzugsbefehl an seine Truppen auszugeben. Dann überwachte er noch den Startvorgang und beobachtete, wie die Bibliothek als einziges noch stehende Gebäude von einem Torpedo aus dem vorderen Abschussrohr der B’Rel ausgelöscht wurde. Das rote Glühen der Explosion verblasste schnell und der Bird of Prey schwebte kurz über einer völlig zerklüfteten Landschaft, die sichtbare Narben des Kampfes trug. Dann richtete der Steuermann das Schiff neu aus und ging in den Steigflug über, um sich mit dem Rest des Flottenverbandes im Orbit von HarOs zu treffen.
Lange genug um diesen Zusammenschluss zu beobachten bliebt Rurik jedoch nicht auf der Brücke. Er machte sich stattdessen auf den Weg durch die engen Korridore im Heckbereich des Schiffes zu seinem privaten Quartier. Als Kommandant der B’Rel stand ihm als einzigen ein Quartier für sich alleine zur Verfügung. Zumindest war dies solange der Fall gewesen, bis der Archivar an Bord gekommen war und „im Namen des Hohen Rates“ für sich selbst auch ein eigenes Quartier verlangt hatte.
Er folgte einer Korridorbiegung nach links und erkannte Kor, der vor Ruriks Quartier wachte. Rurik hielt es für absolut unnötig, dass auch an Bord seines eigenen Schiffes fast ständig eine Wache bei ihm war. Abgesehen vom Archivar – der wahrscheinlich nicht mal beim Essen ein Messer in die Hand nehmen konnte ohne zu schwitzen – vertraute Rurik jedem auf der B‘Rel. Er musste hier vor niemandem beschützt werden.
Aber der Titel des Dahar-Meisters sicherte ihm eine besondere Behandlung durch seine Untergebenen zu. Das änderte nichts daran, dass er dieser Behandlung langsam überdrüssig wurde.
„Haben Sie nichts besseres zu tun, Kor?“
„Was könnte es wichtigeres geben, als für die Sicherheit eines Dahar-Meisters zu sorgen?“, fragte Kor.
„Der Titel des Dahar-Meisters sagt aus, dass ich besonders gut kämpfen kann. Warum sollte ich also eine Bewachung durch einen einfachen Soldaten erhalten, der kein Dahar-Meister ist und logischerweise weniger gut kämpfen kann als ich?“
Kor überlegte kurz und musste dann eingestehen, dass er keine Antwort auf diese Frage wusste.
„Es macht tatsächlich wenig Sinn, mein Herr“, gestand er ein.
Rurik nickte zufrieden. Dieses Thema war also geklärt. Er ließ Kor wegtreten. Als der Bekk hinter der nächsten Ecke verschwunden war, erlaubte sich Rurik ein zufriedenes Lächeln. Er mochte den jungen Soldaten irgendwie. Er erstarrte nicht ehrfürchtig, wenn er von einem Dahar-Meister angesprochen wurde und er schien intelligent genug zu sein, über Protokoll und Etikette zu Gunsten sinnvollerer Tätigkeiten hinwegsehen zu können.
Eine Eigenschaft, die man bei einfachen Bekks höchst selten sieht.
Vielleicht war es an der Zeit für Kor, nach höherem zu streben. Und vielleicht sollte es Rurik sein, der ihm diese Möglichkeit geben sollte.
Rurik betrat schließlich sein Quartier und sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, stöhnte er seine Erschöpfung hinaus. Schnell zog er die rüstungsartige Jacke aus und warf sie achtlos auf einen Sessel. Dann schlüpfte er auch aus dem bronzefarbenen Kettenhemd und war froh, endlich etwas weniger Last tragen zu müssen. Er legte auch den Waffengürtel ab und zog sein Krummschwert wieder aus der Scheide. Das rote Blut des HarOsaners klebte noch immer daran. Mit einem Lappen wischte er es schnell fort, nahm sich aber nicht die Zeit für eine gründlichere Reinigung. Er hatte Dringenderes zu erledigen.
„Von der Stätte der Träume aus zog der Siegessturm los und die Götter ließen ihn gewähren. Der Siegessturm zog über die Unterdrücker her und vernichtete sie auf ewig. Der Siegessturm zog darauf über die Unterdrückten her und brachte ihnen den Frieden, den sie sich seit Zeitaltern ersehnt hatten.“
Diese Worte waren der Schlüssel, nach dem er so lange gesucht hatte.
Er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und genoss einen Moment lang die Möglichkeit, sich zurücklehnen und entspannen zu können. Doch der Moment verging. Und er hatte zu viel zu tun, als dass er den Moment anhalten hätte können.
Er beugte sich vor zu seinem Computer-Terminal und griff auf die historischen und mythologischen Datenbanken zu.
„Computer, suche nach dem Begriff „Stätte der Träume“ in allen ausgewählten Datenbanken.“
Es dauerte einige Sekunden, aber schließlich fand der Computer etwas. Ein alter Text, der vom selben Verfasser geschrieben worden war wie jener, den er heute gelesen hatte, erwähnte diese „Stätte der Träume“ tatsächlich.
„Computer, gibt es in dem Text Hinweise auf die Lage oder Position der im Text erwähnten „Stätte der Träume“?“
Ein neuer Textausschnitt erschien. Tatsächlich wurde hier erwähnt, wo die Stätte der Träume in Relation zur Lage anderer Orte lag. Sie alle waren mit ihren alten, mythologischen Namen angegeben. Aber dank seines jahrelangen Studiums der klingonischen Mythologie kannte er von den meisten bereits ihre heutigen Namen. Ruriks Finger zitterten, als er eine Sternenkarte auf den Bildschirm rief. Er konnte kaum glauben, dass es nun tatsächlich soweit war. Gleich würde sich ihm das Geheimnis offenbaren, das er schon so lange versuchte aufzudecken.
Mit dem Zeigefinger suchte er auf der Karte speziell nach dem einen Ort, der direkt auf die „Stätte der Träume“ verwies. Er fand ihn! Er kontrollierte nochmals den Text, den der Computer ausgegeben hatte, aber Rurik hatte natürlich keinen Fehler gemacht.
„In der Stätte der Träume hausten die Erhabenen, beteten die Erleuchteten und herrschten die drei Gebieter über die dritte Himmelswelt.“, wiederholte Rurik den letzten Satz und lehnte sich getroffen von der plötzlichen Erkenntnis in seinen Sessel zurück. Er hatte den Ausgangspunkt des sagenumwobenen „Siegessturms“ gefunden. Dieser Legende über das vielleicht größte Instrument der Macht aller Zeiten war er fünf Jahre lang nachgejagt und jetzt war dieses Instrument zum Greifen nahe. Jetzt musste er nur noch diese Macht zügeln und unter seine Kontrolle bringen. War dies geschehen würde ihn niemand – weder die Föderation noch der Hohe Rat – daran hindern können, das Klingonische Imperium zu nie erhoffter Größe zu führen.
Rurik lehnte sich wieder vor und betätigte eine Taste, die in die Tischfläche eingearbeitet war. Damit öffnete er einen Kommunikationskanal innerhalb seines Schiffes. Seine Durchsage war kurz aber eindeutig:
„Bekk Kor, melden Sie sich umgehend im Quartier des Kommandanten.“
Der Auftrag, den er Kor erteilen würde, war simpel. Er sollte den Archivar dazu überreden, eines der schnellen Kurierschiffe zu nehmen und die bisher geborgenen Artefakte nach Kronos zu überstellen. Bei dem, was Rurik plante, konnte er keinen Abgesandten des Hohen Rates gebrauchen, der ihm ständig über die Schulter blickte.
Ehe Kor noch eingetroffen war, öffnete Rurik einen Kanal zur Brücke:
„Steuermann, berechnen Sie einen Kurs nach Tagus III. Ich möchte, dass die Flotte abflugbereit ist, sobald ich den Befehl gebe.“
Der Steuermann bestätigte und stellte keine Fragen, warum sich das geplante Flugziel geändert hatte. Er befolgte nur seine Befehle des Dahar-Meisters ohne nachzudenken. Er hinterfragte nicht, warum die Flotte zu einem Planeten fliegen würde, der nicht innerhalb der Grenzen des Imperiums lag. Solche Fragen hätte Rurik auch nicht von ihm erwartet. Aber von Kor erwartete er mehr und war sich auch sicher, dass der Bekk ihn nicht enttäuschen würde.
Wie sehr hatte sich Rurik danach gesehnt, jemanden über seine heimliche Suche, seinen Kreuzzug, aufklären zu können. Nun schien die Stunde gekommen.
Die dritten Himmelswelt, Tagus III, erwartete ihn. Er war jedoch erfahrener Krieger genug um zu wissen, dass sie ihn nicht mit offenen Armen erwarten würde.
Er erinnerte sich: Bei all seinen glorreichen Missionen hatte es immer Widerstand gegeben. Lediglich die Art des Widerstands veränderte sich. Rurik war begierig darauf herauszufinden, welche Gestalt der Widerstand auf Tagus III annehmen würde.
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