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Wünsch dir was

von Barbara

Kapitel 1

Kathryn war gerade aus ihrer Uniform in etwas Bequemeres geschlüpft und hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Sie hatte beschlossen, endlich einmal wieder in Ruhe ein Buch zu lesen: Vom Winde verweht. Zugegeben, nicht das lustigste, aber für ihr romanzenarmes Leben genau das richtige. Neben ihr stand dampfend eine Tasse Tee, denn eine siebte Tasse Kaffee an einem Tag war selbst für sie zuviel.
Noch einmal wanderten ihre Gedanken zur Geburtstagsfeier von Tom auf dem Holodeck. Es war lustig, und es wurde eine Menge getrunken. Sie beschloß, bereits nach einer halben Stunde wieder zu gehen. Ein Captain sorgte nicht gerade für Bombenstimmung, und Tom hatte sich eine ausgelassene Geburtstagsfeier echt verdient. Mit der Begründung, noch arbeiten zu müssen, verabschiedete sie sich von der Party. Daß sie zu arbeiten hatte war eine Lüge, und deshalb begann sie mit dem Buch.
"Scarlett O’Hara war nicht eigentlich schön zu nennen. Wenn aber Männer in ihrem Bann gerieten, wie jetzt die Zwillinge Tarleton, so wurden sie dessen meist nicht gewahr...."
Kathryn blickte vom Buch auf, und seufzte. *Das wird doch noch ein langweiliger Abend, wenn das Buch so weitergeht.*, dachte sie.
Gerade als sie weiterlesen wollte, sah sie ein allzu vertrautes Blitzen und neben ihr saß Q in seiner Captainuniform.
"Hallo Q, was wollen sie?", fragte sie gleich und gab ihm nicht die Chance, als erster zu sprechen.
"Warum so unhöflich? Ich wollte sie nur besuchen, Madame Captain.", antwortete er im charmantesten Tonfall, den er zustande brachte.
"Das glaube ich ihnen nicht, was wollen sie wirklich?", erwiderte sie brüsk. Sie blickte ihn an.
"Okay, einverstanden. Meine Frau liegt mir schon seit Jahrhunderten in den Ohren, ich soll mich bei ihnen revanchieren.", sagte er etwas kleinlaut.
"Dann verschwinden sie wieder und ich bin glücklich." Kathryn hatte sich inzwischen vom Sofa erhoben, das Buch zur Seite gelegt und die Hände in die Hüften gestemmt.
"So leicht geht das nicht, es muß schon ein Gefallen sein."
"Wenn das zu wenig ist, dann bringen sie die Voyager nach Hause.", sagte sie in einem herausfordernden Tonfall.
"Kann ich nicht.", war die kurze Antwort Qs.
"Und warum nicht? Sind sie dazu nicht mächtig genug?" Sarkasmus schwang in ihrer Stimme mit.
"Ich kann schon, das ist ein Kinderspiel, aber ich darf nicht. Es würde ein extremes Ungleichgewicht in der Galaxis entstehen. Fragen sie bitte nicht weiter, es ist zu kompliziert ... für einen Menschen. Und außerdem möchte ich ihnen persönlich einen Gefallen tun, und nicht ihrer Crew." sagte er. "Wünschen sie sich etwas?"
"Und was? Das einzige was ich will, ist nach Hause!", sagte sie bestimmt.
Q versuchte es von einer anderen Seite. "Warum sind sie nicht auf der Feier?"
"Weil ich der Captain bin. Ich möchte Toms Feier nicht stören. Und außerdem kann ich als Captain nicht einfach mitfeiern. Ich muß meine Autorität wahren.", sagte sie.
"Ihre Autorität! Ist das alles, um was es geht?", fragte er mit eindeutigem Mißfallen.
"Nicht nur, aber größtenteils ja. Ich kann nicht heute mitfeiern und mich mit allen verbrüdern, wenn ich sie morgen wieder kommandieren muß!", antwortete Kathryn entschlossen.
"Nun gut, aber was wäre, wenn sich ihre Crew morgen nicht mehr daran erinnern würde. Wenn jeder vergessen würde, was sie diesen Abend gemacht haben?", fragte er. Inzwischen war auch er aufgestanden und schritt langsam um sie herum.
"Was reden sie da. Wenn ich heute mitfeiere und mittrinke, macht Paris garantiert ein rotes Kreuz in den Kalender. Darauf warten doch alle nur."
"Sie haben mich nicht recht verstanden. Ich gebe ihnen die Chance, heute Nacht das zu tun, was sie wollen und morgen wird sich niemand mehr daran erinnern. Es kann sogar noch besser sein: was wäre, wenn ich ihre Crew für heute abend vergessen lasse, daß sie der Captain sind. Sie werden einfach ein Crewman sein. Und sagen wir, morgen um 5 Uhr, ist alles wieder so wie es war."
Kathryn setzte zum sprechen an. "Aber..."
Q unterbrach sie gleich wieder: "Und natürlich, wenn ein Notfall ist, wird alles wieder normal. Aber das wird heute nacht nicht nötig sein, glauben sie mir. Ich verspreche es ihnen." Damit verschwand Q wieder im Lichtblitz. Kathryn glaubte noch ein "Amüsieren sie sich!", zu hören. Aber sie war sich nicht sicher.
Sie konnte es nicht ganz glauben, was Q da gesagt hatte. Sollte er es tatsächlich gemacht haben, wovon er eben sprach. Sie wollte es ihm nicht abnehmen. Aber sie wollte eine solche Chance, die er ihr gerade gab auch nicht sausen lassen. Ein Test würde Sicherheit bringen. Sie schlüpfte in ein Kleid, das sie sonst nur sehr selten trug. Ein Captain war geschlechtslos, und dieses Kleid betonte ihre Figur. Sie überprüfte noch kurz das Make-up und die Haare, verließ ihr Quartier und ging Richtung Casino.
Sie wollte zunächst wissen, wie die Leute reagierten, wenn sie ihnen über den Weg lief. Falls Q sie hereinlegen wollte, konnte sie sich damit herausreden, daß sie Hunger hatte. Einige Crewmitglieder kamen ihr entgegen und nickten ihr freundlich zu. Aber das sagte noch gar nichts. Sie trat in den Turbolift..
Richtung Casino stoppte der Turbolift einmal auf seinem Weg und Fähnrich Megan Delaney stieg zu. Sie lächelte Kathryn an.
"Hallo, Kathryn. Auch auf dem Weg zu Toms Party. Ich habe gehört, es soll schon eine Menge los sein."
*Sie nennt mich Kathryn?!?*, dachte sie. "Ähm, nein, ich wollte zuerst ins Casino.", antwortete sie, bevor ihre Stille zu peinlich wurde.
"Aber du kommst doch später noch vorbei. Und außerdem, der Captain ist schon dort gewesen und das heißt, daß wir nur noch Chakotay loswerden müssen, bevor wir richtig feiern können." Megan grinste sie an.
Kathryn war sprachlos. Entweder war dies ein Scherz, oder Megan meinte tatsächlich, daß sie mit einem einfachen Mitglied der Crew sprach. Kathryn machte das langsam Spaß. "Ich denke, ich werde nachher sicher noch vorbeikommen."
"Ich freue mich schon, und außerdem schulde ich dir sowieso noch ein paar Drinks." Damit stürmte Megan aus dem Turbolift den Korridor hinunter und lies eine verblüffte Kathryn zurück. *Ja, das wird sicher ein schöner Abend. Wenn mir jeder noch ein paar Drinks schuldet, wird das sogar ein hervorragender Abend.*, dachte aus sie. Sie schlenderte langsam Richtung Casino.
Neelix kam schon auf sie zu. "Kathryn, gut daß du kommst, du kannst mir einen Gefallen tun. Könntest du meine neueste Kreation probieren, bevor ich sie dem Captain vorsetze?" Er führte sie an einen Tisch und wenige Sekunden tauchte er mit einem Teller auf. Es sah nicht appetitlich aus. Sie probierte vorsichtig eine Gabel. Es schmeckte gräßlich. Sie wollte gerade wie immer ihre *das-schmeckt-interessant-Miene* aufsetzen, als ihr einfiel, daß sie für ihn nicht der Captain war, und daher seine Moral nicht sehr schädigen konnte. Sie beschloß, die Wahrheit zu sagen.
"Neelix, daß schmeckt gräßlich.", beschwerte sie sich.
Neelix Geschichtsausdruck wurde traurig und er starrte auf den Boden. "Wirklich? Ich habe mir soviel Mühe gegeben."
Er tat Kathryn leid. Sie war wohl etwas zu taktlos gewesen. Sie nahm nochmals eine kleine Gabel und konzentrierte sich auf den Geschmack. "Nehmen ...Nimm weniger Gewürze und lasse die Leola-Wurzeln weg.", schlug Kathryn vor. Beinahe hätte sie ihn gesiezt.
Neelix blickte wieder auf. "Meinst du, dann würde es besser werden?", frage er.
"Ich denke schon, probier es.", ermunterte sie ihn.
Damit verschwand Neelix wieder in der Küche. Kathryn beschloß, auf das Holodeck zu gehen. Jetzt hatte sie soeben einen weiteren Beweis bekommen, daß es Q echt mit ihr meinte.
Die Feier auf dem Holodeck war in vollem Gange. Es herrschte eine sehr heitere Atmosphäre in der Hawaii-Holodecksimulation. Kurz nachdem sie eingetreten war, winkte Megan sie schon zu sich. In der einen Hand hielt sie ein fast leeres Glas.
"Kathryn, da bist du ja. Jetzt laß uns die Bar stürmen, ich sitze schon auf dem Trockenen."
Kathryn hatte keine Chance zu antworten, und wurde von ihr gleich mitgezogen. An der Bar standen innerhalb weniger Sekunden drei volle Gläser vor ihr.
"Was soll das?", fragte sie Megan.
"Du musst aufholen, ich bin dir schon drei Gläser voraus.", sagte sie und zeigte auf die Gläser. Kathryn war zunächst unentschlossen, aber sie wollte diesen Abend nicht der Captain sein und nahm das erste Glas und trank es in einem Zug aus. Ihr stiegen die Tränen in die Augen und sie hustete.
"Was war das?", fragte sie keuchend.
"Der neue Selbstgebrannte aus dem Maschinenraum. Sie haben echt einen super Job gemacht, findest du nicht auch. Jetzt mußt du aber die zwei anderen auch noch trinken, bevor Chakotay wieder von seinem Rundgang zurück ist. Wenn der das erfährt, dann Gnade uns Gott."
Kathryn war verblüfft. Sie hatte überhaupt keine Ahnung davon, daß auf ihrem Schiff Schnaps gebrannt wurde. Sie legte sich in Gedanken schon eine Rede über Schwarzbrennerei zurecht, bis ihr wieder einfiel, daß sie heute nur ein Crewman war. Sie nahm das zweite Glas, und beschloß, sich auch so zu verhalten.
"Megan, laß uns anstoßen,", und drückte ihr das dritte Glas in die Hand, "Auf eine grandiose Feier, und daß uns der Commander nicht erwischt." Der Inhalt des zweiten Glases verschwand genauso schnell, wie der des ersten. Gerade rechtzeitig, denn einen Moment später schwang das Schott des Holodecks auf und Chakotay trat herein. Unmerklich wurde die Atmosphäre etwas steifer.
"Schade, jetzt ist der Spaß fürs erste Mal vorbei.", flüsterte Megan ihr ins Ohr. "Aber er wird sicher auch bald wieder verschwinden. Ich wette in der nächsten halben Stunde, oder so."
"Warum bist du dir da so sicher?", fragte sie zurück.
"Er bleibt doch nie auf einer Feier, nachdem du ihn abblitzen läßt. Wie es eben immer ist. Ist dir das noch nie aufgefallen? Tom hat ja schon Wetten abgeschlossen, wie lange er noch versucht, dich zu kriegen. Ich habe darauf gewettet, daß er es nie schafft, also enttäusch mich nicht, Kathryn.", erzählte sie grinsend.
"Was?", fragt sie entrüstet. Sie konnte es nicht glauben, was Megan erzählte. Chakotay umwarb sie und sie hatte ihn bereits mehrere Male abgewiesen. *Q hat in diesem Wunsch wohl sehr viel berücksichtigt.*, dachte sie.
"Tu nicht so, Kathryn. Du weißt doch, daß wir hier auf alles und jeden Wetten. Was ist denn heute mit dir los. Hast du schon vorgetrunken?", sagte sie etwas verwirrt.
"Entschuldigung, ich steh heute wohl etwas neben mir.", versuchte Kathryn ihre Unwissenheit zu erklären.
"Macht nichts, in ein paar Stunden werde ich auch neben mir stehen... wenn Chakotay endlich verschwinden würde, dann könnten wir die Bar wieder eröffnen."
"Ich denke, ich werde tanzen.", sagte Kathryn.
"Zu der Musik? Darauf kann man nicht tanzen."
"Laß die Musik mein Problem sein, sag mir nur, wer gut tanzen kann.", wies Kathryn sie an.
Megan zeigte auf Harry. "Er ist gut, hab ich mir sagen lassen."
Kathryn fing zu grinsen an. *KleinHarry, ja, das würde Spaß machen.* "Du entschuldigst mich, Megan." Kathryn schritt zielstrebig auf Harry zu.
"Würdest du mit mir tanzen, Harry?", fragte sie ihn lächelnd.
"Sicher, Kathryn. Welche Musik?"
"Computer: Tango.", wies sie den Computer an und zog den armen Harry mit auf die noch menschenleere Tanzfläche. Kathryn war überrascht, wie gut er tanzen konnte, und sie genoß es richtig. Als Captain hatte sie selten die Gelegenheit zum Tanzen, und erst recht nicht Tango. Dieser Tanzstil ziemte sich einfach nicht für einen Captain. Dieser Tanz hieß nicht umsonst *Vertikaler Ausdruck für einen horizontalen Wunsch*. Aber momentan hatte sie nichts zu befürchten und Harry schien es auch zu gefallen. Nach dem zweiten Tanz waren sie nicht mehr alleine auf der Tanzfläche. Einige Lieder später beschlossen sie, eine Pause einzulegen.
Kathryn schnappte sich atemlos ein Glas Bowle und beobachtete die anderen Tänzer. Sie wollte Tanzen, bis sie umfiel. Aber Harry war immer noch geschafft, also mußte sie sich ein neues Opfer suchen. Sie lies den Blick über die umstehenden schweifen, bis ihr Blick an jemandem hängen blieb. Sie konnte es sich nicht verkneifen, teuflisch zu grinsen. Als Captain konnte sie das, was sie jetzt vor hatte nie wagen.
Sie schritt langsam auf den Commander zu. "Commander, würden sie mit mir tanzen?", fragte sie.
"Würde ich gerne, Crewman Janeway, aber ich kann leider keinen Tango.", antwortete er. Sie merkte ihm an, daß es ihm leid tat, ihr Angebot abzulehnen. So leicht wollte sie ihn aber nicht davonkommen lassen.
"Macht doch nichts, dann wird der nächste Tanz eben kein Tango sein. Ich erinnere mich da an einen Tanz von den Akademie-Feiern, sie kennen ihn sicher auch.". Kathryn lächelte ihn an.
Damit zog sie ihn auf die Tanzfläche, ohne daß er eine Gelegenheit hatte zu antworten. Das letzte Lied verklang gerade.
"Computer: Musik Archiv, Erde, 20 Jahrhundert: Lambada.", wies sie den Computer an. Im Hintergrund hörte sie einige Begeisterungsrufe. Es schienen doch mehrere dieses Lied zu kennen.
"W..was?", stotterte Chakotay. Er kannte dieses Lied von seinen Jahren an der Akademie sehr gut. Und er wußte, daß es zwei Arten gab, auf dieses Lied zu tanzen: eine anständige Art... und eine unanständige Art. Und irgendwie erschien es ihm nicht so, als ob Kathryn die anständige bevorzugte. Er kannte sie nicht sehr gut, sie arbeitete im Wissenschaftslabor, und er hatte nur sehr wenig Kontakt dorthin. Aber trotzdem hatte er sich irgendwann in sie verliebt... aber sie sich nicht in ihn, wie er schon mehrere Male erfahren mußte. Nun wollte sie mit ihm Lambada tanzen, und er wußte einfach nicht, was er davon halten sollte.
Kathryn reagierte nicht auf seine Frage, sondern sagte einfach nur: "Ach noch etwas, nennen sie mich Kathryn!" Sie zog ihn zu sich heran, und räumte somit jeden Zweifel aus, wie sie den Lambada tanzen wollte. Und er hatte nicht vor, sich zu wehren.
Die Musik begann und sie tanzten eng. Kathryn mußte zugeben, daß er Lambada tanzen konnte. Das entschuldigte ihn dafür, daß er keinen Tango konnte. Sie hätte es nie gedacht, ihm jemals so nahe zu sein. Und sie genoß es. Einmal nicht Captain zu sein war großartig.
Als die letzten Takte erklangen, war ihr heiß. Sie wußte nicht, ob dies nur vom Tanzen kam. Selbst Chakotay schwitzte ein wenig.
"Ich bin durstig. Ich denke, ich werde mir ein Glas Bowle holen. Möchten sie auch eines?", fragte Chakotay sie.
"Ja, gerne. Ich warte dort drüben am Tisch." Sie deutete auf eine Sitzgruppe am anderen Ende des Holodecks. Er drehte sich um und holte die Getränke, und Janeway schlenderte langsam auf die Stühle zu.
Bevor sie aber dort ankam, wurde sie von Megan aufgehalten. "Bist du verrückt? Jetzt bleibt Chakotay ewig, nachdem du ihn ermutigt hast!", zischte sie ihr leise zu.
"Beruhig dich, Megan. Ihr seid ihn bald los." Grinsend ging Kathryn weiter. Zurück blieb eine verblüffte Megan.
Kurze Zeit später kam Chakotay mit der Bowle. "Bitte sehr, eisgekühlt."
"Danke, Commander."
"Sie haben mir ihren Vornamen angeboten. So ist es nur gerecht, wenn sie mich Chakotay nennen."
"Na gut, Chakotay.", lächelte sie. Sie beobachteten einige Zeit schweigend die Menschen.
"Ich denke, ich werde mich nun zurückziehen.", sagte Chakotay.
"Warum? Es ist doch noch früh?", entgegnete Kathryn. Sie wäre liebend gerne noch eine Weile mit ihm hier sitzengeblieben.
"Damit der Rest der Crew endlich mit dem Feiern beginnen kann. Oder denken sie, daß sie sich jetzt richtig amüsieren?", fragte er zurück.
"Es scheint auf jedenfall so.", antwortete sie.
"Nein, das tun sie nicht. Sie werden erst ihren Spaß haben, wenn ich weg bin. Dann können sie endlich ihren Selbstgebrannten öffentlich trinken, und müssen nicht mehr krampfhaft versuchen, es heimlich zu tun."
"Sie wissen davon?", fragte Kathryn entgeistert. Sie selbst hatte nie etwas davon mitbekommen.
"Sicher. Ich habe genügend eigene Feiern mitgemacht. Und außerdem kann man ihnen nicht alles verbieten." Er stellte sein nun leeres Glas Bowle auf einen nahen Tisch und erhob sich. "Es war ein angenehmer Abend. Gute Nacht und feiern sie schön."
Bevor er sich zur Tür wandte sagte sie mit einem freundlichen Lächeln: "Chakotay, hätten sie noch Lust auf einen kleinen Spaziergang durchs Schiff. Dann wäre der Abend auch nicht so früh für sie zu Ende."
Seine Miene erhellte sich sichtlich. "Es wäre mir eine Ehre.", sagte er und bot ihr einen Arm an. Gemeinsam verließen sie das Holodeck.
Sie wanderten eine Zeit lang ziellos durch die Gänge.
"Was werden sie nachher noch machen?", fragte Kathryn ihn.
"Ich habe noch einige Berichte zu schreiben. Der Captain möchte sie morgen sicher auf ihrem Tisch haben."
"Heute nacht noch? Es scheint ja so, als ob der Captain ein Sklaventreiber ist." Dies war die Gelegenheit herauszufinden, was Chakotay über den Captain dachte. Q hatte es irgendwie so arrangiert, daß sich zwar jeder an den Captain erinnerte, aber niemand ihn mit ihr in Verbindung brachte.
"Nein, ist sie nicht. Sie ist eben nur der Captain, der Spielverderber von Berufs wegen.", sagte er mit einem Lächeln. "Was denken sie über den Captain?"
"Ich?... Nun, ich habe nicht viel mit ihr zu tun. Aber sie scheint ... kompetent zu sein.", antwortete sie. "Ich denke, da hinten ist ihr Quartier." Sie wollte ihn wieder von diesem Thema ablenken.
"Sie haben recht. Ich danke, damit ist der Abend für mich wohl vorbei. Wir sind durch die ganze Voyager gelaufen."
Jetzt oder nie, dachte sich Janeway. Eigentlich war es unfair ihm gegenüber, aber so eine Chance konnte sie sich nicht entgehen lassen: Sündigen, ohne Konsequenzen. "Ähm.. Chakotay?" Sie kamen gerade vor seiner Türe an.
"Ja?"
"Würden sie etwas dagegen haben, wenn ich das machen würde?", fragte sie unschuldig, und eine Sekunde später lagen ihre Hände um seinen Nacken und sie küßte ihn. Er war zu überrascht um sich zu wehren, er erwiderte ihren Kuß einfach.
Sie lies von ihm ab. Er fand seine Fassung wieder. "Wissen sie, was sie da machen? Haben sie zuviel getrunken?", fragte er verblüfft.
"Ich habe zwar etwas getrunken, aber ich bin mir aller meiner Taten bewußt, Chakotay. Ich verführe gerade den ersten Offizier der Voyager." Damit küßte sie ihn ein weiteres mal, aber fordernder. Eine Hand hatte sie um seinen Nacken gelegt, mit der anderen versuchte sie das Türschloß zu öffnen; und sie hatte Erfolg. Sie drückte Chakotay sanft in sein Quartier und folgte ihm.
"Können deine Berichte heute noch warten?", fragte sie in einem unschuldigen Tonfall. Sie blickte ihm tief in die Augen. Sie hatte diesen Ausdruck in seinen Augen schön des öfteren gesehen; Bewunderung und Liebe sah sie darin. Sie war aber von der Intensität überrascht. Sie küßten sich wieder.
Es wurde doch noch ein langer Abend und eine lange Nacht für Chakotay. Irgendwann schliefen beide erschöpft ein.

Kathryn schreckte hoch. Sie blickte auf das Chronometer auf dem Nachtkästchen: 4:55 Uhr. Wenn sie wollte, daß er sich an nichts mehr von dieser Nacht erinnern konnte, dann mußte sie schnell verschwinden. Die Frist, die Q ihr gesetzt hatte, war um 5 Uhr vorbei. Sie schwang sich aus dem Bett, war aber trotzdem so vorsichtig, Chakotay nicht zu wecken. Ihr tat alles weh. Sie war für lange, anstrengende Nächte einfach zu alt... oder zu untrainiert. Eilig, möglichst die Schmerzen ignorierend, zog Kathryn sich an. Mit einem letzten Blick auf Chakotay verschwand sie aus seinem Quartier.
Sie hatte noch 3 Stunden, bevor ihre Schicht begann. Sie beschloß, sich nochmals etwas hinzulegen. Die Nacht war wirklich sehr kurz gewesen. Danach würde sie sich noch ein Bad gönnen, um all ihre schmerzenden Muskeln zu entspannen. In ihrem Quartier entledigte sie sich ihrer Kleidung, stellte den Weckruf und legte sich in ihr Bett.
Der Weckruf ertönte pünktlich um 6:30 Uhr. Sie erwachte langsam. Ihr Körper schmerzte inzwischen weniger. Sie stand auf, und ließ sich Badewasser ein. Bevor sie sich allerdings in die Wanne legte, replizierte sie sich noch eine Tasse Kaffee. Sie genoß eine halbe Stunde in der Wanne. Kurz vor 8 Uhr war sie dienstfertig und machte sich auf den Weg zur Brücke. Sie hatte eine hervorragende Laune, sie hatte sich auch gestern hervorragend amüsiert.
Chakotay und Paris waren noch nicht auf der Brücke, als sie eintraf, aber Harry und Tuvok begrüßten sie mit einem freundlichen "Guten Morgen". Wenige Augenblicke traf auch Tom ein. Ihm waren die Kopfschmerzen in das Gesicht geschrieben. Aber sie hatte kein Mitleid mit ihm; wer trinken kann, der muß auch mit den Folgen leben. Tom schlich sich mehr zu seiner Konsole als daß er ging und versuchte möglichst wenig den Kopf zu bewegen. Es schien tatsächlich so, als ob niemand sich an die Anwesenheit des Captains auf der Party gestern zu erinnern. Sonst hätte sie sicher schon einige Kommentare gehört. Zumindest hätte sie Harry auf den Tanz angesprochen.
Einige Minuten später öffnete sich die Turbolifttüre ein weiteres Mal und heraus trat Chakotay. Er lächelte sie müde an "Guten Morgen, Captain."
Für einen Moment blieb Kathryn das Herz stehen. Er war die Feuertaufe. Wenn er sich nicht erinnerte, dann hatte Q einen guten Job gemacht. Chakotay schritt zu seinem Sessel und ließ sich nieder. Es schien so, als ob er seinem Körper nicht hundertprozentig traute.
"Guten Morgen, Commander. Gut geschlafen?", fragte sie unschuldig.
"Ich denke schon, zumindest bin ich früh ins Bett gegangen. Aber ich bin hundemüde und alle meine Muskeln tun weh. Als ob ich mitten in der Nacht einen Wettkampf bestritten habe.", sagte er langsam. "Ich glaube ich werden nachher noch zur Krankenstation gehen, nur um sicher zu sein, daß ich mir keinen Virus eingefangen habe."
*Er ist in genau der selben Verfassung wie ich.*, dachte sie sich. "Wenn sie das für nötig halten. Sie könne auch gleich gehen.", sagte sie. Sie fühlte sich schuldig, daß er sich nicht wohl fühlte und nicht einmal wußte warum. Sie war auch nicht in der besten Verfassung, aber sie wußte wenigstens warum, und daß es sich gelohnt hatte.
"Nein, ich kann das auch nach meiner Schicht machen. Ich muß noch einige Berichte schreiben, die ich eigentlich schon gestern erledigen wollte." Den letzten Satz sprach er langsam aus. Er schien einen Beschluß gefasst zu haben. "Harry!", befahl er, "gab es gestern nacht in den Sensorenlogbüchern etwas ungewöhnliches?"
"Einen Moment, ich checke das!", antwortete Kim.
Kathryn begann zu schwitzen. Er ahnte etwas. Er wußte genau, daß etwas faul war. Was sollte sie tun.
"Nein, Sir. Nichts.", sagte Kim wenige Sekunden später an Chakotay gewandt.
"Seltsam.", murmelte Chakotay vor sich hin.
"Captain, ich habe das Gefühl, daß hier irgend etwas nicht stimmt.", sagte er zu Kathryn gewandt.
"Was meinen sie damit?", fragte sie unschuldig.
"Kann ich sie schnell unter vier Augen sprechen?"
"Sicher." Kathryn deutete auf ihren Bereitschaftsraum und ging voraus. Chakotay folgte ihr.
Kathryn fühlte sich momentan nicht sehr wohl in ihrer Haut.
"Captain.", begann Chakotay. "Irgend etwas ist gestern passiert. Ich bilde mir ein, daß ich gestern um 10 Uhr ins Bett gegangen bin. Ich habe vorher noch einige Berichte bearbeitet. Aber als ich heute morgen aufgewacht bin, sah ich, daß ich die Berichte noch nicht geschrieben habe. Außerdem sah es in meinem Quartier unordentlich aus. Aber ich weiß, daß ich gestern noch aufgeräumt habe. Dann habe ich noch eine leere Flasche Rotwein gefunden. Diese Flasche habe ich eigentlich für besondere Anlässe aufbewahrt. Ich bin mir aber nicht bewußt, daß ich sie getrunken habe. Ich finde ständig irgendwelche Kleinigkeiten, die nicht zu meiner Erinnerung passen."
Kathryn wußte nicht genau was sie machen sollte. "Chakotay, nehmen sie mir diese Frage nicht übel, aber haben sie gestern zu viel getrunken?"
"Nein.", wehrte er vehement ab. "Und außerdem weiß ich immer, was ich tue, selbst wenn ich zuviel getrunken habe.", setzte er hinzu.
Das war also auch keine Lösung. Was nun? "Chakotay, ich weiß was passiert ist. Ich wollte eigentlich niemanden davon erzählen, aber sie haben wie es scheint, eine Menge Beweise, daß etwas geschehen ist."
"Und?", hakte Chakotay nach.
"Q ist an allem Schuld. Ich bin die einzige die sich daran erinnert. Aber ich möchte, daß sie mir glauben, wenn ich ihnen sage, daß das eine einmalige Sache war und daß etwas derartiges nie wieder vorkommen wird. Es ist somit abgehakt.", sagte sie bestimmt, aber vertraulich.
"Kathryn, gestatten sie mir eine Frage. Bitte.", sagte Chakotay. Kathryn nickte ihm zu.
"Ich habe den Verdacht, und je mehr ich darüber nachdenke bin ich mir darüber sicher, daß ich gestern abend nicht allein war. Es wäre sehr wichtig für mich, da sie wissen was geschehen ist, zu erfahren, mit wem ich die Nacht verbracht habe."
Er versuchte das Ganze in einem neutralen Tonfall zu sagen, aber es gelang ihm nicht. Er war eindeutig bestürzt über sein Verhalten von gestern abend.
*Da hast du es!*, schalt sich Kathryn. *Es mußte ja schief gehen.* Sie verfluchte sich selbst für ihre Dummheit, Q zu vertrauen.
"Chakotay,", setzte sie an. "Ich werde ihnen diese Frage beantworten aber nicht jetzt. Okay.", sagte sie sanft. Sie blickte ihn an. Sie sah, daß er von ihrer Antwort enttäuscht war.
"Okay. Wenn das dann alles ist, bin ich wieder auf der Brücke." Er wandte sich um und schritt durch die Tür.
"Q", sagte Kathryn bedrohlich in die Luft. "Hätten sie die Güte, und würden sie sich zeigen." Mühsam beherrschte sie ihre Stimme. Q gehorchte ihrem Befehl und erschien in ihrem Sessel hinter dem Schreibtisch. "Sie haben gerufen, Madame Captain." Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht.
"Sie haben mich angelogen.", setzte sie ohne Einleitung an.
"Nein, habe ich nicht.", erwiderte er.
"Sie haben mir versprochen, daß sich niemand mehr an gestern abend erinnern kann.", sagte sie wütend.
"Tut ja auch niemand mehr.", sagte er ruhig.
"Und was ist mir Chakotay? Er weiß davon."
"Nein, tut er nicht. Er ahnt nur etwas. Und das liegt allein an ihrer Unvorsichtigkeit."
"An meiner Unvorsichtigkeit?", sagte sei Fassungslos. "Sie sagten doch, daß alles wieder so wird, wie es war."
"Irrtum. Ich sagte, daß sich niemand mehr daran erinnern wird. Aber ich bin nicht dafür verantwortlich, was sie für eine Chaos im Quartier des Commanders anrichten. Ich bin nicht ihre Putzfrau." Damit verschwand er.
Kathryn hätte ihn für das Grinsen in seinem Gesicht schlagen können. Statt dessen ließ sie sich auf ihr Sofa sinken. Sie mußte nachdenken.
Chakotay erwartete eine Antwort von ihr. Sollte sie ihn anlügen? Aber mit wem hat er dann die Nacht verbracht. Sie wußte doch sehr genau, daß er an anderen kein Interesse hatte. Und diese letzte Nacht hatte auch nicht dazu beigetragen, daß sie ihn nun vergessen konnte. Im Gegenteil, eine Beziehung mit ihm erschien ihr nun viel verlockender. Sie blieb die ganze restliche Schicht in ihrem Bereitschaftsraum und grübelte.
Am Abend hatte sie dann eine vernünftige Entscheidung getroffen, so hoffte sie zumindest. Sie wollte ihn nicht länger anlügen. Sie hatte es satt, und irgendwie hatte sie genug von dem Herumgetänzel zwischen ihnen. Sie wollte endlich eine klare Linie. Sie drückte den Türsummer an seinem Quartier und holte ein letztes Mal tief Luft.
Er reagiert sofort darauf und die Tür glitt auf. Er bat sie herein.
"Ich schulde ihnen noch eine Antwort.", sagte sie ihm.
Er nickte nur.
"Sie wollen nur wissen, was geschehen ist, und sie haben ein Recht darauf... Ich zeige es dir." Damit trat sie auf ihn zu und küßte ihn.


Ende
Und? Enttäuscht? Oder hat es euch gefallen? Schreibt mir. Wenn es euch gefallen hat, gibt es mehr. Wenn nicht, dann werde ich mich bessern, und was spannenderes schreiben. Eigentlich wollte ich die Geschichte "Reingelegt" nennen, aber dann wäre das Ende schon bekannt gewesen.

Einem trauen ist genug
Keinem trauen ist nicht klug
Doch ists besser, keinem Trauen
als auf gar zu viele bauen


Moral von der Geschicht: Wenn Q euch ein Angebot macht, traut ihm nicht.
Der Textausschnitt stammt aus: *Vom Winde verweht* von Margaret Mitchell
Das Gedicht ist von Friedrich von Logau und heißt *Trauen*
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