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Die Welt stirbt mit dir

von Meiko

Die Welt stirbt mit dir

Klasse M Planet Nibiru
An Bord der Enterprise
Orbit

Nyota hielt den Atem an. Als die vertraute Gestalt des Vulkaniers im Transporterstrahl materialisierte, spürte sie das Gewicht ganzer Welten von ihren Schultern gleiten.
Die letzten Minuten, als die Rettung des Planeten Nibiru auf Messers Schneide gestanden hatte, hatten sich wie ein nicht enden wollender Alptraum immer weiter gedehnt, bis aus den Minuten Stunden geworden waren. Stunden, Tage, Wochen... Ihr Kopf dröhnte, als die Zeit wie ein Gummiband zurück schnellte und sie in wieder in die Wirklichkeit warf.
Ein dicker Kloß saß in ihren Hals, und für einen kurzen Augenblick ließ sie es zu, dass eine Welle der Erleichterung wie die Brandung eines tosenden Meeres über sie hereinbrach.
Dann war dieser Moment vorüber, vielleicht für immer.
Und etwas, das sie bisher tief in sich verschlossen gehalten hatte, bekam einen Riss und zersplitterte.

***

Der Schlaf wollte nicht kommen. Seit Stunden wälzte sie sich ruhelos in ihrem Bett hin und her, doch es war vergebens. Die Erinnerung an das was vorgefallen war, ließ ihr keine Ruhe und vertrieb auch die kleinsten Reste von Müdigkeit aus ihrem Körper. Sie konnte genau so gut aufstehen und...
Ihr Blick fiel auf das PADD auf ihrem Schreibtisch. Es war seltsam, wie leer sich das Quartier immer dann anfühlte, wenn sie seine Präsenz nicht neben sich spürte, die Berührung seiner Haut, sein gleichmäßiges Atmen.
Die Dinge lagen plötzlich ganz klar vor ihr. Sie wusste, was sie zu tun hatte.

"Spock,

ich schreibe diese Zeilen ohne zu wissen, ob sie jemals von dir gelesen werden, ob sie jemals die Schranken deiner Logik passieren und zu dir dringen werden. In dein Inneres, in dein Herz, ohne zuvor von deiner unbezwingbaren Logik analysiert, zergliedert und zerlegt zu werden. Ich bin mir nicht sicher, ob du das Problem erkennen würdest, selbst wenn ich es dir auf einem Tablett präsentieren würde. Wie viel würde übrig bleiben von meinen Einwänden, von meinen Sorgen und Ängsten, weggewaschen von kühler Logik und Arroganz?

Würdest du auch nur ansatzweise verstehen, um was es mir geht?

Ich sehe deine Einwände bereits vor mir, ich kann sie förmlich hören. Du hattest getan, was getan werden musste. Das Logische. Doch was ist mit mir? Hast du nur ein einziges Mal daran gedacht, wie es mir dabei gehen könnte? Ist dir jemals in den Sinn gekommen, was in mir vorgehen würde wenn ich miterleben müsste, wie du auf dem Boden dieses Vulkans stirbst? Ich vermute, für dich zählen diese Einwände nicht, denn du hast mir mehr als einmal gesagt, dass du dein Leben jederzeit für einen höheren Zweck opfern würdest. Das Wohl der Vielen wiegt schließlich mehr als das Wohl des Einzelnen.

Wie edel, wie tapfer. Wie logisch.

Wie schrecklich.

Ich schreibe diese Zeilen, weil ich noch nicht weiß ob ich den Mut finden werde, diese Diskussion tatsächlich mit dir zu führen. Tief in meinem Inneren weiß ich, dass deine Gründe logisch sind. Und wenn sie logisch sind, müssen sie wohl zwangsläufig richtig sein. Ach Spock, manchmal wünschte ich mir auch, mit vulkanischen Genen ausgestattet zu sein, die es mir leichter machen, solche Entscheidungen über den eigenen Tod mit ruhiger Gelassenheit zu fällen.

Aber ich bin keine Vulkanierin. Und so leid es mir tut, du hast unrecht. Das Leid des Einzelnen kann niemals das Glück der Vielen aufwiegen. Auch wenn wir es uns noch so sehr einzureden versuchen, wir stehen nicht allein im Universum. Denn die Entscheidung über dein eigenes Leben und deinen Tod hätte unabwendbar auch das Leben der Gefährten um dich herum beeinflusst. Es hätte mein Leben beeinflusst. Zählt das nicht?

Du hast mich nicht nach meiner Meinung gefragt, doch du kannst nicht verhindern, dass ich mir meine eigenen Gedanken mache. Wie werden wir mit deiner Entscheidung leben können? Gibt es eine Zukunft für unser Glück?

Ich habe es dir niemals so deutlich gesagt, doch wenn du gehst, dann stirbt etwas mit dir. Und ob es deine Logik nun begreifen kann oder nicht...

Es ist meine Welt, die mit dir stirbt!"

***

Uhura schloss die Augen und strich sich mit den Fingern über die Schläfen. Der Tag war lang gewesen, viel länger als die Sternenflotte normalerweise für Situationen wie diese vorgesehen hatte.

Ein weiteres Problem, das die Verantwortlichen hinter ihren bequemen Schreibtischen nur aus Berichten und Protokollen kennenlernen würden. Steril, unpersönlich und niemals selbst erlebt.
Hinter welchem Schreibtisch würde sich entscheiden, ob die Aktionen dieses Tages angemessen gewesen waren, oder ob einmal mehr gegen die allgegenwärtigen Vorschriften verstoßen worden wäre?

Sie runzelte die Stirn und schloss die Augen.

All das zählte nicht. Nicht heute, und nicht für sie. Um ein Haar hätte sie die Person verloren, die ihr unter all den Individuen auf diesem Schiff die wichtigste war. Und die einzige, mit deren Verlust sie nicht hätte leben können.

Sie drückte eine Taste auf ihrem PADD und der Bildschirm erlosch.

Vor ihrem Kabinenfenster zogen die Sterne in flirrenden Streifen vorüber.

Wenn du gehst, zählt all das nicht mehr, dachte sie. Wie schade, dass du es niemals erfahren wirst. Nicht von mir, denn eher werde ich dieses Schiff verlassen, als meine Gefühle von deiner kalten Logik sezieren zu lassen.

Die Welt stirbt mit dir.

Komm zurück.

***

An Bord der Enterprise
Warptransfer

Jim Kirk biss sich auf die Unterlippe und tigerte ruhelos durch seinen Bereitschaftsraum. Er hätte es kommen sehen müssen, er hätte es verhindern müssen. Ausgerechnet er, ein schönes Vorbild.
Verdammt, die schienen auf der Akademie ganz genau gewusst zu haben, weshalb sie vor Beziehungen im Führungspersonal eines Raumschiffs warnten. Das gab Probleme, und zwar genau die Art von Problemen, mit denen er sich momentan nicht herumschlagen wollte.
Es war nur ein dummer Zufall gewesen, der ihm die persönlichen Aufzeichnungen seines Kommunikationsoffiziers in die Hände gespielt hatte, und er war sicher, dass Uhura vor Scham im Erdboden versunken wäre, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass sie ihre Datei versehentlich im Speicherbereich des Captains abgelegt hatte.
Aber da war sie nun einmal.

Sollte er nicht versuchen, die Sache zu seinen Gunsten zu beeinflussen? Gerade das konnte er jetzt unmöglich gebrauchen: Beziehungsprobleme zwischen seinen wichtigsten Mannschaftsmitgliedern.
Es widerstrebte ihm zutiefst, sich in die intimen Angelegenheiten seiner Leute einzumischen, doch andererseits...
Wenn er die Sache jetzt nicht im Keim erstickte, dann würde sich ein Strohfeuer an Bord ausbreiten, und wer konnte schon voraussagen, welche Folgen das für sie alle hatte? Er würde sie verlieren, erst Uhura, dann Spock... Und so würde es weitergehen.

Kurz entschlossen setzte sich Kirk an sein Terminal und rief Uhuras Logbucheintrag auf. Wenn sie herausbekommen würden, wer die Nachricht weitergeleitet hatte, würden sie ihm mächtig in seinen Arsch treten, und das hatte er auch verdient. Aber er wusste: Irgendwann würden sie ihm verzeihen.

Ein spitzbübisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er den Namen des Empfängers tippte.

***

Im Quartier des Commanders erwachte das Terminaldisplay zu funkelndem Leben. Während Mr. Spock den Logbucheintrag las, wanderten seine Augenbrauen langsam in die Höhe...


Ende.
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