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Wenn der schlafende Tiger erwacht ...

von Arielen

Kapitel 1: Fenster zur Vergangenheit

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Hauptquartier der Sternenflotte, San Francisco
Knapp 300 Jahre später
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Admiral Alexander Marcus lächelte sein Gegenüber freundlich an und lehnte sich ein Stück in seinem Sessel zurück, aber er blieb skeptisch. Mit einem Auge behielt er den Bildschirm im Blick, seine Aufmerksamkeit war aber ganz auf die junge rothaarige Frau vor ihm gerichtet, um sie genau zu studieren.

„Miss McGivers, ich habe mir nur auf Bitten meiner Tochter Carol ihre Diplomarbeit angesehen, aber ich verstehe nicht, inwieweit Sie das für den Dienst auf einem Raumschiff der Sternenflotte qualifizieren sollte“, sagte er dann. „Könnten Sie mir die Begründung dafür liefern, warum ich Sie bei der Sternenflottenakademie empfehlen soll?“

„Nun Sir“, die junge Frau holte tief Luft und strich mit einer nervösen Geste ihr lockiges Haar zurück. Es war ein weiteres Zeichen für die eigenwillige Persönlichkeit, die hinter dem hübschen Gesicht steckte. Anders als Carol hatte sie nicht zielstrebig an ihrer Ausbildung gearbeitet, sondern sich auch den angenehmen Vergnügungen des Lebens hingegeben, was nicht gerade von der Leistungsfähigkeit und der Einsatzbereitschaft zeugte, die für Sternenflottenpersonal angemessen war.
„Die Vergangenheit kann uns vieles lehren, und sie ermöglicht und auch Vergleiche zu anderen Zivilisationen und Kulturen zu führen. Außerdem könnte es auch sein, dass wir Relikte aus unserer eigenen Vergangenheit dort draußen wiederfinden. Schließlich blickt die Menschheit auf gut dreihundert Jahre Raumfahrtgeschichte...“

Damit konnte sie ihn nicht ködern – solche Worte hörte er fast jeden Tag von Politikern und Diplomaten, die etwas von ihm wollten. Nein, da musste sie schon mehr Überzeugungsarbeit leisten...
„Gerade die Zeit zwischen Ende des zwanzigsten und der Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts im Dunkel der Vergangenheit liegt, könnte es wichtig werden, die Augen offen zu halten. Wir wissen doch...

Ein Signal erklang.

Marla McGivers verstummte irritiert, während der Admiral auf seinen Bildschirm blickte und die Nachricht bemerkte, die dort erschienen war. Ein Ruf mit Priorität 2, nicht absolut dringend, aber auch nicht lange aufschiebbar..

Er blickte die junge Frau an und überlegte. Machte es Sinn, sie weiter anzuhören? Eigentlich nicht? Eigentlich benötigte die Sternenflotte im Moment keinen weiteren Historiker. Also war das die beste Gelegenheit, um sie fortzuschicken, und so eine weitere Freundin seiner Tochter loszuwerden, die nur durch diese Beziehung hoffte, einen Platz auf einem der Schiffe der Flotte zu ergattern, egal ob sie dazu befähigt war oder nicht.

„Entschuldigen Sie, Miss, McGivers, dass ich Sie schon jetzt und hier unterbreche, aber ich erhalte gerade eine dringende Nachricht“, erklärte er höflich, um sein Benehmen zu entschuldigen. „Ich werde über ihre Bewerbung nachdenken und mich wieder bei Ihnen melden.“

„Ja, Sir! Ich werde gespannt auf ihre Antwort warten. Vielen Dank, dass Sie mir ein paar Minuten ihrer Zeit gewährt haben!“ So ganz konnte Marla McGivers ihre Enttäuschung nicht verbergen, sie spiegelte sich in ihren Augen und in der Mundpartie wieder. Bei der Verabschiedung merkte der Admiral durchaus, wie wenig begeistert sie darüber war, dass er sie so schnell abwimmelte.

Als sie den Raum verlassen hatte, seufzte Marcus und schüttelte den Kopf, war noch einmal einen Blick auf die Arbeit, die sie mit ihrer Bewerbung eingereicht hatte.

Nun, die junge Dame mochte gut recherchiert und gearbeitet haben, aber qualifizierte sie das schon für den Dienst in der Sternenflotte? Zumal sie, wenn er sich ihr psychologisches Profil genauer betrachtete, nicht nur einen Hang zu einer lässigen Lebensführung hatte, sondern auch zur Bewunderung von Machtmenschen hatte und so leicht deren Charme verfallen könnte.

Das war keine Eigenschaft, die einen zukünftigen Sternenflottenoffizier auszeichnen sollte, selbst wenn er nicht zum Führungsstab gehörte. Er oder sie hatte rational zu denken und nicht schwärmerisch aus dem Bauch heraus zu entscheiden., sonst konnten daraus Situationen erwachsen, die für eine ganze Crew fatal enden konnten.

Ein weiterer Signalton erinnerte ihn an die immer noch wartende Nachricht. So kehrte er an seinen Platz zurück und tippte auf den Bildschirm. Nun, es gab wichtigeres zu tun, als sich mit den Freundinnen seiner Tochter zu beschäftigen.

Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht von Captain Terrell von der „U.S.S. Reliant“, einem der Raumschiffe, dass er an den Rand des bekannten Raums geschickt hatte, um dort einige Sonnensysteme zu erforschen am Rand der neutralen Zone zum klingonischen Reich zu erkunden..

Seit der Zerstörung des Planeten Vulkan durch den Romulaner Nero und den Angriff auf die Erde, forcierten er und einige andere Admiräle die Erkundung der Grenzgebiete – denn diese Vorfälle hatten gezeigt, wie verwundbar und wenig sicher die Förderation und die Erde eigentlich waren – So war es Zeit die Pufferzone zwischen sich und den beiden anderen Machtblöcken in unmittelbarer Umgebung zu erweitern.

„Ja, Captain? Was gibt es neues zu berichten?“ Admiral Marcus lehnte sich erwartungsvoll zurück. Er wusste, dass Terrell sich nur dann meldete, weil er etwas von Bedeutung gefunden hatte und nicht wegen jeder Kleinigkeit.

„Sir, wie Sie wissen, bewegen wir uns am Rande des Mutara-Nebels entlang. Im Ceti-Alpha-System haben wir einen Planeten der Klasse M entdeckt. Es gibt dort keine nennenswert intelligenten Lebensformen, was die fünfte Welt ideal für eine Besiedlung machen würde.“ Er hielt kurz inne. „Aber das ist nicht das einzige, was wir dort gefunden haben. Beim Durchfliegen des Systems entdeckten unsere Sensoren ein Schiff mit unbekannter Kennung.“

Marcus zog eine Augenbraue hoch. „Und weiter?“

„Wir orteten zunächst keine Lebenszeichen. Das Schiff reagierte auch nicht auf unsere Funksignale. Aus diesem Grund ließ ich, nachdem wir es noch einmal gescannt haben, ein Außenteam hinüber beamen ...“
Neben dem Kopf des Captains erschienen langsam wechselnde Bilder, die ein von langer Reise und Meteoriteneinschlägen gezeichnetes Schiff – vielleicht so groß wie ein Frachtshuttle der Klasse C- zeigte.

„Das Schiff war nicht so verlassen, wie wir zunächst vermutet hatte. Neben dem Antrieb und dem Cockpit gab es nur einen anderen Raum in diesem Schiff. Und dieser war wohl eigens für seinen Zweck ausgebaut worden. Wir fanden in ihm vierundachtzig kryogenische Kapseln.
Dreiundsiebzig davon sind noch aktiv, ihre Insassen am Leben, Elf erlitten Fehlfunktionen. Allerdings fehlen Aufzeichnungen über den Kurs des Schiffes, seine Erbauer, und auch ein Logbuch ist nicht vorhanden. Dennoch ist das Schiff unübersehbar irdischer Bauart.“

Admiral Marcus stieß zischend die Luft aus, die irgendwann angehalten hatte, weil er gerade ein Deja-Vu erlebt. Immer wieder war sein Blick beim Bericht des Captains von dessen Gesicht auf die Datei mit der Abhandlung von Marla McGivers gefallen, die er noch nicht geschlossen hatte.

„Trug das Schiff wenigstens einen noch erkennbaren Namen?“, fragte er, seine Erregung nur mühsam verbergend.

„Ja Sir, schwer zu erkennen, aber dennoch lesbar. Wir entzifferten die Aufschrift, „Botany Bay“. Allerdings gibt es in den historischen Datenbanken, auf die wir Zugriff haben kein Raumschiff mit diesem Namen, so dass wir annehmen, dass es in den dunklen Zeiten vor Mitte des 21. Jahrhunderts gestartet ist.“

„Das klingt wirklich interessant“, erwiderte Marcus. Sein Nacken kribbelte und begann sich stärker zu verspannen.

„Aus diesem Grund habe ich Sie auch umgehend nach Abschluss der ersten Untersuchungen kontaktiert. Haben Sie weitergehende Befehle an mich?“, fragte Terrell sah den Admiral aufmerksam an. „Sollen wir das Schiff und seine Besatzung weiterhin seinem Schicksal überlassen? Oder die kryogenen Kapseln an Bord nehmen. Eventuell ist es auch möglich, das ganze Schiff an die „Reliant“ anzudocken oder in den Shuttlehangar zu bringen, wenn wir ein wenig Platz schaffen..“

„Warten Sie noch“, antwortete Alexander Marcus ruhig. „Nehmen sie das Schiff in Schlepptau und überwachen Sie es weiterhin, aber unternehmen sie jetzt erst einmal nichts. Ich melde mich in spätestens einer Stunde wieder bei ihnen.“

Er unterbrach die Verbindung noch ehe der Captain ihm antworten konnte und verkleinerte das Nachrichtenfenster, holte sich dann den Bericht wieder in den Vordergrund um ihn noch einmal zu überfliegen.

„Zu den schillerndsten Persönlichkeiten dieser Zeit gehört wohl Khan Noonien Singh, dem es zum Höhepunkt seiner Macht gelang, ein Viertel der Erde zu beherrschen.
Wie kein anderer seiner, künstlich in Laboren herangezüchteten und zum perfekten Soldaten gedrillten, Art war er vollkommen, sowohl im Geist, wie auch im Körper.
Hochintelligent und skrupellos wie seine Erschaffer, charismatisch und manipulativ gelang es ihm eine ganze Weile die Weltöffentlichkeit zu narren und sich als Retter einer von Kriegen und Aufständen gebeutelten Region aufzuspielen...“


Marcus übersprang die weiteren Aufzeichnungen über die Herrschaft dieses Tyrannen und kam schließlich zu den letzten Zeilen.

„... schließlich, in ihre letzte Zuflucht zurückgedrängt, blieben Khan und den Übermenschen, die an seiner Seite kämpften nur noch zwei Möglichkeiten – im Kampf unterzugehen oder zu fliehen.
Es heißt, während sich fünfzig Kämpfer opferten gelang etwa sieben oder acht Dutzend genetisch veränderter Männer und Frauen die Flucht zu den Sternen. Leider gibt es keine verifizierbaren Aufzeichnungen darüber, nur vage Aussagen einiger Zeugen.
Bei Khans Arche handelte es sich um ein Monate zuvor bei einem Handstreich erbeutete letzte Raumschiff der Europäischen Union., die „Botany Bay“, benannt nach der berühmt-berüchtigten britischen Strafkolonie in Australien.“


Der Admiral lehnte sich wieder zurück und rieb sich die Stirn.

Captain Terrell hatte da etwas gefunden, das man entweder seinem Schicksal überließ oder besser noch mit Photonentorpedos in seine Einzelteile zerlegte, ehe die Insassen erwachen konnten.

Er holte tief Luft. Andererseits...

... war genau das die Antwort auf seine Gebete. Seit Monaten hoffte er mehr endlich auf neue Impulse, um seine Ideen und Pläne für den Schutz der Förderation zu verwirklichen. Bei den anderen Führungsoffizieren, traf er auf taube Ohren, wenn es darum ging, die Sternenflotte zu militarisieren, um äußeren und inneren Feinden mehr als die paar Phaserbänke und Photonentorpedos entgegen zu setzen, die den Schiffen der Flotte vertraglich als Bewaffnung erlaubt war.

Zwar ließ er durchaus neue Waffen in seinen Geheimlaboren entwickeln, aber mit den Ergebnissen war er bisher nicht zufrieden. Denn die wirklich brillanten Wissenschaftler widmeten sich viel lieber friedlichen Forschungsaufgaben zum Wohle der Menschheit, um ihre humanistische Einstellung zu pflegen, als an Dingen zum Schutz der Erde und anderer Planeten zu arbeiten, die durchaus auch Unschuldigen den Tod bringen konnten.

Sektion 31 krankte immer noch an einem Mangel an Personal, das mehr als das Mindestmaß an Wissen hatte und über herausragende Fähigkeiten verfügte, an effizienten Mitarbeitern, die auch schon einmal Skrupel und Moral über Bord warfen.

Khan Noonien Singh war genau die Person, die all die gesuchten Qualitäten besaß, und die vielen Offizieren der Sternenflotte und vor allem dem wissenschaftlichen Personal abhanden gekommen waren.
Aber wie alle Augments, alle künstlicher verbesserten Menschen aus dieser Epoche der Menschheitsgeschichte, war er ein gefährlicher Mann voller Arroganz, der sein Maß nicht kannte, wenn es um die Erhaltung von Leben ging – und der über kurz oder lang die Zügel an sich reißen würde, wenn man ihn nur einmal aus den Augen ließ.

Daher barg es mehr als nur ein Risiko Khan Noonien Singh wiederzuerwecken. Es sei denn, Marcus fand die Achillesferse dieses Übermenschen, um ihn seinem Willen zu unterwerfen und so lange zu kontrollieren, bis er seinen Zweck erfüllt hatte...

Der Admiral lächelte. Es schien, als habe Marla McGivers doch Glück eine Empfehlung zu bekommen, wenn auch anders, als sie vielleicht erwartete. Ihre Aufzeichnungen über die dunkle Zeit der Eugenischen Kriege hatten mit einem Male an Bedeutung gewonnen.

Denn genau jetzt brauchte er das Wissen und die Begeisterung dieser jungen Frau, um den Plan umzusetzen, der sich langsam aber sicher in seinem Kopf ausformte. Also würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – ihr eine Chance zu geben, sich besser zu qualifizieren und auf der anderen Seite durch sie noch mehr Informationen über den Mann zu erhalten, der nun im Mittelpunkt seines Interesses stand.
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