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Spielschuld eines Fähnrichs

von Oriane

Kapitel 2

Kapitel 2


Nachdem jeder einen Kommunikator bekommen hatte waren Mikael, Baqh und Maurizio zusammen mit Lieutenant Finney auf dem Weg zu Lieutenant Rileys Büro. Commander Bailey hatte sich zurück auf die Erde beamen lassen und musste laut eigener Aussage „etwas Dringendes besprechen“. Zurückgelassen hatte sie ihren Untergebenen. Er war ein freundlicher und ruhiger Typ, der gerne Auskunft über alles, was die beiden wissen wollte.
„Wissen Sie, wo genau Riley ermordet worden ist? Ist überhaupt sicher, dass es Mord war und kein Unfall?“, fragte Maurizio.
„Zu Ihrer ersten Frage: Wir vermuten in seinem Büro. Dort war er ungestört. So ein Schiff ist kleiner als man denken könnte. Man ist fast nirgends allein. Und warum sollte er einen Unfall im hintersten Winkel von Jeffiresröhre 56 haben? Es hat ihn nach seinem Tod jemand dorthin geschafft um die Leiche zu verstecken, also kann man davon ausgehen, dass es sich um Mord handelt.
„Wer war bei ihm, als er starb?“, meldete sich nun Baqh das erste Mal zu Wort.
„Crewman Peachum hatte einen Termin bei ihm. Wir haben noch nicht mit ihm gesprochen. Aber vielleicht kann Ihnen Rileys Stellvertreterin Fähnrich Nora Wild mehr dazu sagen.“
Sie betraten das Büro, in welchem eine junge Frau am Schreibtisch saß und gedankenverloren auf den Bildschirm starrte. Als sie die drei bemerkte, zog sie die Augenbrauen hoch und stand auf um sie zu begrüßen.
„Sie sind sicher wegen Ethan hier, habe ich Recht?“
„Sie kannten ihn gut?“, war die Gegenfrage von Maurizio.
„Natürlich, ich war seine Stellvertreterin.“
„Erzählen Sie uns ein bisschen von ihm“, bat Mikael.
Fähnrich Wild holte tief Luft und begann ihren Bericht. „Er war Lieutenant Commander der Sternenflotte, das sollte eigentlich schon alles sagen. Als Sicherheitschef kam er seinen Aufgaben sehr genau nach, er sorgte für Ordnung auf dem Schiff, niemand kam ungestraft an ihm vorbei, wenn er etwas Verbotenes vorhatte. Darüber hinaus war er ein guter Freund, vielleicht ein wenig überkorrekt, aber dafür absolut ehrlich. Er kümmerte sich gut um seine Abteilung, obwohl es mit manchen durchaus Probleme gab.“
„Probleme welcher Art?“, hakte Mikael nach.
„Nun, akut hatte sich ein Crewman mit ihm angelegt.“
„Name“, bat er nicht gerade freundlich.
„Crewman Peachum.“ Zögerlich gab Nora ihnen den Namen, als befürchte sie, ihn zu verdächtigen, indem sie es aussprach. Natürlich war in Mikaels Kopf längst eine Notiz dazu entstanden, doch er ließ sich nicht anmerken, dass er wusste, wo Peachum zum Zeitpunkt des Mordes gewesen war.
„Wie definieren Sie „anlegen“?“, fragte Baqh stattdessen.
„Peachum ist…ein durch und durch fauler Kerl. Er machte seine Arbeit schlampig, war unfreundlich und unkooperativ. Er ist recht neu auf dem Schiff und hat sich sofort Ethan als seinen ärgsten Feind ausgesucht. Er sollte versetzt werden, darüber hatte ich mit Ethan bereits gesprochen. Schließlich ergab sich ein Termin bei ihm. Was währenddessen stattfand, weiß ich nicht.“
Mikael nickte. „Gab es sonst jemanden, der nicht ganz grün mit dem Commander war?“
„Nicht, dass ich wüsste. Man respektierte ihn hier“, beteuerte Sie.
„Gut, vielen Dank.“
Ohne ein weiteres Wort drehte Mikael sich auf dem Absatz um und winkte die drei anderen mit sich. Draußen auf dem Gang, als sich die Türen geschlossen hatten, fragte Finney: „Haben Sie schon eine Theorie?“
„Die habe ich, allerdings möchte ich diese mit ihrem Commander besprechen, wenn Sie zurück ist, bevor irgendetwas davon auf dem Schiff laut wird.“
„Es gibt keine Geheimnisse auf einem Raumschiff, zumindest nicht lange“, murmelte Maurizio vor sich hin, aber natürlich hatte Mikael es gehört.
„Wir zwei müssen uns auch noch einmal unterhalten!“
Maurizio presste unter seinem strengen Blick die Lippen aufeinander und sagte gar nichts.
„Baqh, Sie und Finney werden sich diesen Peachum vorknöpfen, Maurizio und ich gehen uns den Fundort der Leiche anschauen.“
Finney nickte schneller als Baqh, der etwas verdattert stehen geblieben war. Es war das erste Mal, dass Mikael ihn irgendwo allein hinschickte. Naja, nicht ganz allein, aber die Tatsache, dass nur ein fremder Agent bei ihm war, ließ sein Herz schneller schlagen und seinen Stolz wachsen, ebenso seine Dankbarkeit. Zum Glück sprach er seine Gedanken nicht aus, sonst hätte Mikael wohl seinen Befehl widerrufen. Der Computer gab ihnen bereitwillig Auskunft wo Peachum sich aufhielt und so machten die beiden sich auf dem Weg zur Messe.

Währenddessen krochen ein ungewöhnlich schweigsamer Maurizio sein Vorgesetzter durch Jeffiresröhre 56. Der Computer hatte sie dorthin geführt und nun liefen die beiden auf Händen und Knien schon eine ganze Weile durch die Tiefen des Schiffs.
„Wann hatten Sie vor, es mir mitzuteilen?“, fragte Mikael schließlich.
Maurizio biss sich auf die Lippe. „Ich hatte gehofft ihm nicht zu begegnen, Sir. Ich wusste nicht, dass er auf der Chicago stationiert ist.“
„Meine Güte, Sie wissen doch wie gefährlich und irreführend es ist, wenn ein Familienmitglied in einen Fall verstrickt ist. Ich hätte sie Zuhause gelassen und stattdessen wäre mit Lynnas Gequengel erspart geblieben, wenn Sie sich nur die Mühe gemacht hätten, nachzufragen!“
„Es tut mir Leid, Mikael, aber meine Beziehung zu meiner Familie ist…naja, nicht mehr die Beste, seit ich aus der Sternenflotte ausgetreten bin.“
„Das weiß ich, Maurizio“, antwortete sein Chef ungewöhnlich sanft. „Aber genau deswegen wäre es besser gewesen, Sie wäre nicht mitgekommen.“
Sie passierten ein Schott und so hatte Maurizio etwas Zeit, sich seine Antwort zu überlegen. Allerdings kam er nicht mehr dazu, denn Mikael sprach schon weiter.
„Ich weiß, wie schwierig es mit einer Familie sein kann, die nicht mit dem einverstanden ist, was man tut, aber Sie müssen entweder lernen mit der Verachtung umzugehen, oder Sie müssen mit ihnen sprechen und ihnen erklären, wie Sie denken und was Sie fühlen. Das ist nicht immer der einfachste Weg, aber auf jeden Fall der beste.“
„Sie wissen nicht, wie mein Bruder ist“, erklärte Maurizio mit plötzlichem Eifer. „Er ist zwei Jahre älter als ich und das Glanzstück der Familie. Seine Karriere in der Sternenflotte ist musterhaft, er hat schon lange eine wundervolle Freundin, er wird sie bald heiraten. Raten Sie, was ihr Job ist! Sie ist Fähnrich in der Sternenflotte. Ich war immer das Sorgenkind und werde es auch immer bleiben!“
„Jetzt hören Sie schon auf sich in Selbstmitleid zu suhlen, das bringt Sie nicht weiter“, antwortete Mikael energisch und der jüngere Mann zog den Kopf ein. Er wusste genau, dass es erbärmlich war.
„Reden Sie mit ihm, haben Sie verstanden?“
Er nickte, dann fiel ihm ein, dass Mikael das nicht sehen konnte. „Ja“, flüsterte er deswegen und sein Chef brummte zufrieden.
„Das müssen wir sowieso, er ist derjenige, der die Leiche hier entdeckt hat. Was für ein gottverlassener Ort“, kommentierte er, als sie das Ende der Jeffriesröhre erreicht hatten. Maurizio nickte wieder. Man hatte das Kraftfeld wieder hergestellt und als er dagegen stieß, konnte er dessen Konturen erkennen, die sich an die innere Seite der Außenhaut des Schiffes schmiegten. Das Kraftfeld wirkte so klein, dass Maurizio sich unwillkürlich vorstellte, wie Rileys Leiche dort lag, zusammengefaltet und gequetscht, damit er hineinpasste und der Energieaufwand so klein wie möglich blieb.
„Was wollte Ihr Bruder nur an diesem Ort?“, fragte Mikael. „Hier ist doch nichts, was sich zu sehen lohnt, geschweige denn befinden sich hier wichtige Systeme des Schiffs. Hier ist nichts!“, stellte er fest, doch der jüngere musste ihm widersprechen.
„Hier war nichts, doch wenn das Kraftfeld hier gewesen ist, muss es Energie abgezogen haben, die jemand bemerkt hat. Jaume hielt es wahrscheinlich für ein Energieleck und wollte nachsehen. Stattdessen fand er die Leiche.“
Mikael nickte. Das klang einleuchtend und er war froh, den fast-Lieutenant dabei zu haben, auch, wenn für diesen die ganze Sache nicht sehr angenehm war. In diesem Moment öffnete sich das Schott hinter ihnen und ein Lieutenant in gelb-schwarzer Unform kroch durch die Jeffiresröhre auf sie zu.
„Was tun Sie hier?“, fragte er in deutlichem Befehlston. Mikael zeigte sich unbeeindruckt, kroch auf ihn zu und kramte aus seiner Jackentasche seine Dienstmarke hervor. Damit wedelte er dem verdutzten Lieutenant vor der Nase herum. „Mikael Hood, Föderationssicherheitsdienst. Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“
Er beantwortete die Frage nicht. „Warum befindet sich eine zivile Behörde an Bord? Dies ist ein Sternenflottenschiff!“
Maurizio verdrehte die Augen, verdeckt von seinem Vorgesetzten. Dann fasste er sich ein Herz und sagte laut: „Jaume, kannst du nicht einmal akzeptieren, dass noch anderes, als die Sternenflotte existiert?“
Erst wirkte der Lieutenant überrascht, dann verdunkelte sich sein Gesicht.
„Maurizio. Ich hätte es mir denken können, als Ex-Fähnrich schleppen sie dich mit aufs Schiff. Als ob du ihnen hier oben irgendwie von Nutzen wärst.“
Jetzt wurde Mikael wütend. „Klären Sie diese Angelegenheit in Ihrer Freizeit, wenn ich bitten darf. Und wenn Sie nun schon mal hier sind, können Sie mir gleich berichten, warum Sie in dieser abgelegenen Ecke des Schiffs herumkriechen und herumgekrochen sind, als Sie die Leiche entdeckten, Lieutenant Casado!“
Bewusst betonte Mikael den Rang des Mannes und es zeigte Wirkung. Stolz richtete dieser sich ein wenig auf, soweit das in der beengten Jeffriesröhre überhaupt möglich war. Dann begann er widerwillig zu berichten. „Im Rahmen eines Systemchecks fielen mir hier ungewöhnliche Werte auf. Es schien ein Energieleck zu sein, also sah ich nach. Dass ich dabei auf eine Leiche stoßen würde und noch dazu auf die des vermissten Commanders, konnte natürlich niemand ahnen.“
„Was taten Sie?“
„Ich rührte nichts an, wenn Sie das meinen. Zuerst benachrichtige ich den Captain, der daraufhin Commander Bailey hier her schickte. Ich wartete, bis sie eingetroffen war und gab ihr Auskunft. Dann verließ ich die Jeffriesröhre wieder und begab mich zurück an meinen Arbeitsplatz im Maschinenraum.“
„Danke, Lieutenant.“ Mikael betonte jedes Wort. Fast hätte Maurizio erwartet, dass er noch ein „Wegtreten!“ hinzufügte, doch er tat es nicht. Nichts desto trotz schwang es hörbar in seiner Stimme mit und Jaume war lange genug Sternenflotte um es zu verstehen. Mit einem Gesichtsausdruck als hätte er in eine Zitrone gebissen drehte er sich schwerfällig um und verschwand wieder wo er hergekommen war. Maurizio atmete erleichtert aus, Mikael ignorierte es. Er würde Bailey als erstes nach Aufzeichungen vom Tatort fragen, wenn Sie zurück war. Bis dahin konnten sie sich mit dem anderen Verdächtigen beschäftigen – Crewman Peachum.

Crewman Peachum saß in der Messe und aß klingonisches Gagh zu Mittag. Perplex standen Baqh und Finney am Rande des Raumes und beobachteten, wie er das wohl widerlichste Zeug dieser Galaxie genüsslich in sich hineinstopfte. Baqh, der gutes Essen liebte, schüttelte sich ein ums andere Mal, aber auch die Sternenflottenkollegen von Peachum beobachteten ihn argwöhnisch. Den Mann schien das nicht zu stören. Vermutlich war er an die Blicke bereits gewöhnt. Die junge Bajoranerin, die den beiden Agenten gezeigt hatte, wer Peachum war, hatte ihnen auch bereitwillig Auskunft über ihn gegeben. Er war ungesellig und unfreundlich, machte seinen Job schlecht und hatte ständig Ärger. „Wie er die Akademie bestanden hat, ist mir ein Rätsel“, schloss die Frau und entschuldigte sich dann, da ihre Schicht gleich begann.
Nun standen Baqh und Finney jedenfalls vor der unangenehmen Aufgabe, diesen Mann beim Essen zu stören.
„Das stinkt bestimmt gewaltig“, raunte der Lieutenant seinem blauen Begleiter zu. Dieser konnte nur nicken.
„Warten wir, bis er aufgegessen hat?“
Wieder ein nicken. Finney grinste, ob des entsetzten Gesicht des Bolianers. „Na, kommen Sie, halten Sie sich die Nase zu und versuchen Sie ihn nicht anzustarren. Sie sind noch recht neu im Geschäft, oder?“
„Das bin ich“, bestätigte Baqh. „Seit zwei Monaten erst bin ich im aktiven Dienst und sozuagen noch Azubi, allerdings habe ich schon vorher beim Föderationsicherheitsdienst in der juristischen Abteilung gearbeitet.“
„Gefiel es Ihnen dort nicht mehr?“
„Es gefiel mir schon, eine Weile jedenfalls. Ich beschäftige mich gerne mit dem Gesetzt und dessen Theorien und Verwicklungen, aber es ist nicht dasselbe das Gesetzt zu studieren und es auszuführen. Exekutive, das reizte mich und so bat ich um meine Versetzung.“
„Sie halten sich sehr gut“, meinte Finney und grinste wieder. „Sie wollen nicht wissen, was ich während meines ersten Jahres alles verbockt habe. Nach nur zwei Monaten hätte Bailey mich niemals allein, nur von einem fremden Agenten begleitet eine Befragung durchführen lassen. Hood muss viel Vertrauen in Sie haben.“
Der Bolianer lächelte geschmeichelt. „Mr. Hood ist ein guter Mann. Ehrlich, aufrichtig und der beste Agent, den ich kenne.“
„Genau dasselbe würde ich von Commander Bailey sagen“, entgegnete Finney. „Obwohl sie oft überreagiert.“
„Ja“ Baqh nickte heftig. „Ich weiß, was Sie meinen, bei Mr. Hood ist es genauso.“
„Kommen Sie, er ist fertig mit Essen und geht seinen Teller recyceln. Knöpfen wir ihn uns vor.“
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