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Das geteilte Haus

von Martina Strobelt

Kapitel 2




Sakura Dukat ließ ihren Blick verächtlich über die Hügelkette gleiten. Sie verabscheute diese barbarische Welt von ganzem Herzen. Es war demütigend, dass Cardassia nach allem, was geschehen war, ausgerechnet hier nach Verbündeten suchen musste. Aber so wie die Dinge lagen, hatten sie wohl keine Wahl. Die gescheiterte Invasion des Gamma-Quadranten hatte Cardassia mehr als nur geschwächt.
So sehr Sakura den Obsidianischen Orden gehasst hatte, er war neben dem Militär der zweite wichtige Wall gewesen, der Cardassia gegen seine Feinde nach außen geschützt hatte. Nun drohte alles zu zerbrechen.
Sakura verfluchte Enabran Tain dafür, dass er durch seine Aktion ihre Heimat in eine Krise gestürzt hatte. Jahrelang war er ihr Mentor gewesen, ohne je zu ahnen, dass die Frau, die er förderte, die berückende Geliebte, heimlich gegen ihn und den Orden gearbeitet hatte.
Ja, Sakura Dukat war froh, dass der Orden zerstört worden war. Doch sie wünschte, es wäre auf andere Weise geschehen. Ohne Cardassia solchen Schaden zuzufügen...
"Der Krieg mit den Klingonen muss ein Ende haben - bevor wir verlieren!"
Die Worte ihres Bruders klangen noch in Sakuras Ohren. Khemor Dukat liebte Cardassia. Er hatte es sogar dann noch geliebt, als er zum Rebellen geworden war. Er hatte gegen die Klingonen gekämpft, als kein anderer dazu bereit gewesen war. Und nun war er der Erste, der begriffen hatte, dass sie am Ende waren, dass sie keine andere Wahl mehr hatten, als den Krieg zu beenden. Khemor hatte immer nur das Beste für ihre gemeinsame Heimat gewollt - genau wie sie ...
"Cardassia kann diesen Krieg nicht gewinnen! Nicht hier und heute! Später vielleicht, aber im Moment brauchen wir Frieden!"
Es war Khemors Idee gewesen, sich die Dankbarkeit und Unterstützung eines klingonischen Hauses zu sichern. Da vermutlich kein Angehöriger einer der alten Kriegerfamilien bereit gewesen wäre, in der derzeitigen Situation auch nur mit einem Cardassianer zu sprechen, hatte ihr Bruder die Gerüchte über Uneinigkeiten innerhalb eines der Häuser zum Anlass genommen, durch sie diskrete Hilfe anzubieten. Waffen, sowie diverse sehr nützliche Informationen, von denen seine Schwester während ihrer Tätigkeit als Agentin des Geheimdienstes Kenntnis erlangt hatte.
Als Gegenleistung war vereinbart und mit Blut besiegelt worden, dass das neue Oberhaupt des betreffenden Hauses seinen dadurch gewonnenen Einfluss zugunsten eines ehrenvollen Friedens mit Cardassia geltend machen sollte.
Natürlich war Khemor nicht so naiv zu glauben, dass die Stimme eines einzigen Hauses, dessen Oberhaupt weder einen alten Namen noch einen Sitz im hohen Rat hatte, genügen würde, um den Krieg, der an Cardassias Kräften zehrte, zu beenden. Doch es wäre ein Anfang. Und in ihrer verzweifelten Lage brauchte ihre Heimat jeden Freund im klingonischen Reich, den sie bekommen konnte. So demütigend diese bittere Wahrheit auch war.
Zwei Gestalten rematerialisierten unweit von Sakura.
"Ruhm und Ehre, Dame Dukat", begrüßte der Klingone sie förmlich.
Die Frau an seiner Seite schwieg. Doch ihrer Miene konnte die Cardassianerin entnehmen, dass der anderen der Gedanke an eine Zusammenarbeit nicht minder zuwider war als ihr selbst. Mit dem Unterschied jedoch, dass die Klingonin nicht annähernd die Fähigkeit einer ehemaligen Agentin des Obsidianischen Ordens besaß, ihre wahren Gefühle vor ihrem Gegenüber zu verbergen.
"Ruhm und Ehre auch Ihnen, Thopok", sagte Sakura lächelnd. "Mein Bruder hat mich gebeten, Ihnen seine Glückwünsche zu übermitteln. Oder", fügte sie nach eine kurzen Pause hinzu, "sollte dies wider Erwarten ein wenig verfrüht sein?"
Thopok tauschte einen Blick mit seiner Begleiterin, der Sakura alles verriet, noch bevor er antwortete: "Diese elende chop'a ist uns entwischt!"
"Ich nehme an, Sie sprechen von der Dame Grilka?", vergewisserte die Cardassianerin sich höflich, ohne ihren wachsenden Widerwillen gegen diesen unzivilisierten Klingonen zu zeigen.
"Meine Schwägerin ist leider entkommen", entgegnete die Klingonin an Thopoks Stelle. "Doch sie steht praktisch allein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir sie haben."
Was für ein Volk, dachte Sakura verächtlich. Auf Cardassia war die Familie heilig. Keinem würde es je in den Sinn kommen, einen Angehörigen zu verraten. Nicht einmal dann, wenn er nicht blutsverwandt, sondern nur angeheiratet war.
Laut sagte sie: "Zweifellos. Es wäre mir eine Freude, Ihnen dabei behilflich zu sein, sofern es mir möglich ist."
Wäre es für Khemor nicht so wichtig gewesen, diesen Klingonen an die Spitze eines Hauses zu bringen, hätte es Sakura ein boshaftes Vergnügen bereitet, Thopoks Stolz durch sorgsam gewählte Worte zu demütigen. Als kleine Rache für ihre eigene Erniedrigung, sich um ein Bündnis mit ihm bemühen zu müssen. So aber hatte sie ihr Angebot, von dem sie sicher war, dass Thopok darauf gehofft hatte, in eine diplomatische Formulierung gekleidet, die es ihm erlaubte, es anzunehmen, ohne seine Ehre zu verlieren.
Wie erwartet griff er begierig zu.
Es stellte sich heraus, dass Grilka keineswegs so allein stand, wie ihre Schwägerin behauptet hatte. Fast ein Drittel ihrer Krieger hatte sich entschieden, ihrer Fahne zu folgen. Thopoks Männer hatten sich im Anwesen des Hauses verschanzt. Doch Grilka dachte gar nicht daran, einen Angriff zu unternehmen. Stattdessen lieferte sie mit nur einem Bird of Prey ihren Gegnern im All ein erbittertes Gefecht nach dem nächsten. Ganz gleich wo Thopok einen Hinterhalt plante, Grilka schien ihm ständig einen Schritt voraus zu sein. Auf diese Weise hatte Grilka die Flotte ihrer Feinde erheblich dezimiert.
Im Verlauf des Berichtes ertappte Sakura sich wiederholt bei dem Gedanken, dass Khemor und sie besser daran getan hätten, sich auf Grilkas Seite zu stellen. Andererseits, ohne die Hilfe ihres Bruders wäre Grilka wohl kaum derart in Bedrängnis geraten, dass sie ihrer Unterstützung bedurft hätte. Damit waren sämtliche Überlegungen in diese Richtung von vornherein müßig.
Im Ergebnis liefen Thopoks Erläuterungen der Situation darauf hinaus, dass er Sakura mehr oder weniger deutlich aufforderte, gemeinsam mit ihrem Bruder und dem von ihm gekapertem Bird of Prey, in den Kampf einzugreifen. Für den Fall einer Weigerung drohte er ihr unverhüllt damit, der Regierung Cardassias Beweise dafür in die Hände zu spielen, dass sie und ihr Bruder heimlich mit einem klingonischen Feind paktierten.
Ihr Hinweis, damit auch sein Ende zu besiegeln, beeindruckte ihn dabei nicht weiter. Vermutlich ging er zutreffend davon aus, von Grilka besiegt und getötet zu werden, wenn seine cardassianischen Verbündeten ihm jetzt ihre Hilfe verweigern sollten.
Mit wachsendem Zorn begriff Sakura, dass Khemor und sie keine andere Wahl hatten, als ihr Leben für diesen offenbar mehr als unfähigen Klingonen in einem Kampf zu riskieren, der nur mäßige Aussichten auf Erfolg hatte. Sie erbat sich Zeit für eine Rücksprache mit ihrem Bruder, obwohl sie seine Antwort bereits kannte.
Genau wie Thopok, was das überlegene Lächeln zeigte, für das Sakura ihn mit Freuden hier und jetzt auf der Stelle umgebracht hätte.


***

Gleißendes Disruptorfeuer durchzuckte das All. Der Klingone, der an der Steuerung des Bird of Prey saß, wandte sich zu Grilka um, die hinter ihm auf der Brücke zwischen herabhängenden Kabeln und ausgefallenen Konsolen stand. "Wie lauten Ihre Befehle, Dame?"
"Antrieb und Schilde deaktivieren!", befahl die Klingonin.
Der Steuermann starrte Sie an. "Bei Kahless, haben Sie etwa vor, sich zu ergeben?!"
Er hatte die letzten Worte noch nicht ausgesprochen, da war Grilka bereits herumgefahren und hatte ihm einen Hieb versetzt, der ihn von seinem Sitz schleuderte.
N'Tok sprang auf und zog sein Schwert.
Grilka gebot ihrem Ersten Offizier mit einer abwehrenden Handbewegung Einhalt, bevor sie ihre Aufmerksamkeit erneut auf den Schirm richtete. "Antrieb und Schilde deaktivieren!", wiederholte sie, während N'Tako und der Steuermann wieder ihre Plätze einnahmen.
"Wir werden gerufen", meldete ein Klingone. "Kein Bild, nur Audio..."
"Machen Sie sich bereit, geentert zu werden!", ertönte es aus dem geöffneten Kanal.
Grilka tauschte einen Blick mit N'Tok. Auf ein knappes Nicken der Klingonin betätigte der Erste Offizier ein paar Schalter.
Mehrere flimmernde Säulen erschienen auf der Brücke.
"Computer!", befahl Grilka. "Programm Gamma 1 starten! - Jetzt!"
Die Säulen verschwanden. Der Bird of Prey zitterte leicht, als der Antrieb sich gemeinsam mit den Schilden aktivierte und das Schiff für den Bruchteil einer Sekunde auf Warp ging. Gerade lang genug, um es aus dem Bereich der Druckwelle zu bringen, als nun einer der beiden gegnerischen Bird of Preys in einem glühenden Feuerball explodierte.
Der Raum um das zweite feindliche Schiff begann zu wabern.
"Bei Kahless!", fluchte der Steuermann. "Sie versuchen zu fliehen, diese ehrlosen Paktar!"
"Computer", begann Grilka, dann brach sie ab.
"Dame?", fragte N'Tok drängend.
Grilka betrachtete den leeren Schirm. Der zweite Bird of Prey hatte sich getarnt und befand sich vermutlich auf dem Rückflug zu dem Ort, von dem er gekommen war, wo immer der auch lag. Die Klingonin war sicher, dass Weyoun und die Gründer diese Frage beantworten könnten. Die Informationen, die sie von dem Vorta erhalten hatte, waren tatsächlich mehr als nützlich gewesen. Thopok und Shikara hatten sie mit diesem unbekannten Verbündeten nicht überraschen können. Sie war von Weyoun gewarnt worden, der ihr zudem Daten zur Verfügung gestellt hatte, mit denen es ihr möglich gewesen war, die Trägerwelle des Transporters für eine Energieüberladung zu nutzen.
Mit den Daten, die Weyoun in ihren Computer gespielt hatte, wäre es ihr ein Leichtes gewesen, auch den zweiten Bird of Prey zu zerstören.
Nur dass es dafür keinen Grund gegeben hatte.
Jedenfalls nicht für sie ...
Sie hätten von mir und meiner Ehre verlangen sollen, Ihren Kampf zu führen als Sie die Gelegenheit dazu hatten, Weyoun, dachte Grilka. Dann wäre mein Sieg auch der Ihre gewesen!
"Tlhingan Hol!", wandte die Klingonin sich an N'Tok. "Kurs setzen! Wir kehren heim!"
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