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Weihnachtsgefühle

von Trini

Kapitel 1

Captain Janeway trat aus ihrem Quartier und machte sich auf den Weg zur Brücke. An diesem Morgen war sie sichtlich unausgeruht. Kein Wunder, sie hatte sich die ganze Nacht schlaflos in ihrem Bett hin und her gewälzt. Vor Sehnsucht nach ihrem Leben auf der Erde und dem Gefühl der Einsamkeit war sie einfach nicht in der Lage gewesen, auch nur ein Auge zu schließen. Weihnachten, das Fest der Liebe, rückte spürbar näher. Unwillkürlich fühlte sie sich an den bestechenden Geruch von Weihrauch erinnert, der süße Geschmack von gebratenen Äpfeln und die betörende Wirkung von Glühwein, das festliche Beisammensein im Kreise ihrer Familie, die Gesellschaft und Liebe von Mark... All das vermisste sie so sehr. Dieses Jahr würde ihre Familie wieder ohne sie feiern, genau wie die letzten vier Jahre davor.
Ach, wie allein war sie doch hier. Allein nicht im abstrakten Sinne... Die Weihnachtsfeiern auf der Voyager waren die letzten Jahre immer von festlicher Stimmung erfüllt, denn man versuchte besonders zur Weihnachtszeit das Beste aus der Situation im Deltaquadranten zu machen. Die Crew war wie eine große Familie zusammengewachsen. Doch im Vergleich zu Weihnachten auf der Erde, im Kreise der Geliebten, war es nicht annähernd dasselbe...
Als Captain hatte sie immer eine gewisse Distanz zu ihrer Crew bewahrt. Sie hatte ihre eigenen menschlichen Bedürfnisse stets zurückgestellt, um die Besatzung der Voyager möglichst schnell und heil in den Alphaquadranten zurückzubringen. Doch nun wünschte sie sich nichts sehnlicher als eine innige Umarmung, eine Aufmunterung und das Gefühl der Geborgenheit. Nur ein Mann im Deltaquadranten konnte diese geheimen und permanent unterdrückten Wünsche erfüllen - Chakotay.
Nein, es war zwar ihr Traum, aber wahr werden würde er sicherlich nie. Zu viele Brücken zwischen Chakotay und ihr hatte sie durch ihr ablehnendes Verhalten zerstört, zu viele Male hatte sie ihn verletzt. Was hätte sie als Captain denn auch tun sollen, um dem unglaublichen Charme dieses Mannes zu widerstehen? Flucht und die Verletzung seiner Gefühle war ihrer Meinung nach die einzige Möglichkeit gewesen. Schließlich stand ja so viel auf dem Spiel. Allerdings verfluchte sie sich manchmal für diese engstirnige und egoistische Entscheidung, besonders in Zeiten wie diesen.
"Guten Morgen, Captain."
Chakotays sanfte Stimme unterbrach Kathryns trübsinnigen Gedankengang. So gut sie konnte setzte sie ein schwaches Lächeln auf und erwiderte den "Guten Morgen"-Gruß in der Hoffnung, dass sie den unverletzlichen und unnahbaren Sternenflotten-Captain darstellte. Leider konnte sie Chakotay nichts vormachen. Nach fünf Jahren gemeinsamer Zusammenarbeit und enger Freundschaft kannte er sie zu gut. Kathryns traurige Stimmung hatte er schon längst registriert.
"Was ist los mit Ihnen, Kathryn? Sie sehen heute sehr verspannt und depressiv aus. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?"
Da war es schon wieder... Diese besorgten Blicke und die rührenden Worte, welche ihr Herz veranlassten, doppelt so schnell wie gewöhnlich zu klopfen. Sie war so dankbar für seine Fürsorge, für die seelische Unterstützung, und doch würde sie ihre Gefühle nicht zeigen, noch nicht. Sie war einfach nicht soweit, um alle Schranken hinter sich zu lassen und einfach nur Kathryn und nicht der Captain zu sein. Es war schon zur Gewohnheit für sie geworden, der Wahrheit auszuweichen, wie ein reflexartiger Abwehrmechanismus...
"Nein, nein! Es ist alles in Ordnung. Ich habe nur nicht gut geschlafen. Das ist alles."
Chakotay spürte ihr Ausweichen und führte das Gespräch nicht weiter, es hätte sowieso keinen Sinn mehr gehabt. Wortlos schritten beide in den Turbolift. Spannung erfüllte den beengenden Raum und die Stille wurde unerträglich laut. Kathryn fühlte sich so schrecklich, am liebsten hätte sie sich für ihre abweisende Antwort mehrmals entschuldigt, doch sie wagte es nicht... hier konnte sie im Zweifelsfalle nicht vor ihren Gefühlen fliehen, der Bereitschaftsraum, die Brücke und ihr Quartier lagen außer Reichweite. Wie dankbar war Kathryn, als sich die Tür endlich öffnete. Gemeinsam schritten Captain und Erster Offizier aus dem Turbolift, doch ein etwas lautes "Ähämmm" von Tom veranlasste sie zum Stehenbleiben.
"Ist etwas nicht in Ordnung, Lieutenant Paris?", fragte Kathryn leicht erregt. Sie war in ihrer Stimmung nicht zum Scherzen auferlegt.
"Ich wollte Sie nur darauf hinweisen, nach oben zu blicken!"
Verdutzt richteten Kathryn und Chakotay ihre Blicke in Richtung Decke - und was sahen sie? Einen Mistelzweig direkt über der Turbolifttür. Wer hatte ihnen das nur eingebrockt?
"Ich hoffe Sie kennen die Tradition. Sie müssen sich jetzt küssen oder Sie werden für den Rest Ihres Lebens Pech haben."
Kathryn und Chakotay schauten sich unsicher in die Augen...
Kathryn hatte immer die alten Traditionen als einen wichtigen Bestandteil ihrer Erziehung respektiert. Sie müsste ihn ja nur küssen... nur ein Kuss, ein kurzer unbedeutender Kuss, nichts weiter. Aber warum gerade Chakotay? Es würde ihre jetzige Beziehung um einiges erschweren... andererseits war sie auch neugierig. Sie würde einfach versuchen, nichts dabei zu empfinden.
Kathryn nickte bedächtig und verdeutlichte damit ihr Einverständnis. Langsam verringerte sich die Distanz zwischen Captain und Erstem Offizier. Chakotay legte seine Hände auf Kathryns schmale Schultern, senkte langsam seinen Kopf und plötzlich fühlte sie es... Sanft berührten seine Lippen die ihren. Tausende von Gedanken rasten ihr durch den Kopf... Kathryn versuchte verzweifelt, die Realität nicht wahrzunehmen. Es war die ultimative Herausforderung, ihre Gefühle zu verstecken, ihn zu küssen ohne die geringste Emotion... Es wollte ihr einfach nicht gelingen. Dieser Kuss stellte alles dar, wonach sie sich in letzter Zeit gesehnt hatte...
Langsam entfernten sich ihre Gesichter wieder voneinander. Es war nun vorbei. Das Applaudieren der Brückencrew nahmen beide gar nicht mehr wahr, zu sehr waren sie mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Dieser Kuss war keinesfalls unbedeutend gewesen, er hatte lange aufgestaute Emotionen freigelassen. Kathryn schaute in Chakotays Augen und glaubte dort die Bestätigung ihrer Gefühle zu finden. Oh, sie musste mit ihm reden, sich für all die Fehler der vergangenen fünf Jahre entschuldigen. Warum war sie nur so engstirnig gewesen, hatte all die Jahre ihre Gefühle zurückgesteckt und damit nicht nur sich selbst, sondern auch Chakotay leiden lassen? Hoffentlich war sie nun nicht zu spät...
Völlig geistesabwesend und den Blick nicht von Chakotay abwendend sagte sie mit zitternder Stimme: "Tuvok, Sie haben die Brücke. Mister Chakotay, bitte folgen Sie mir in den Bereitschaftsraum. Wir müssen ein paar wichtige Dinge besprechen."
Mit weichen Knien und klopfendem Herzen begab sie sich in ihren Bereitschaftsraum, dicht gefolgt von Chakotay. Sie wartete noch das zischende Schließen der Tür ab, bevor sie sich ihren Gefühlen stellte...

The End?
Vielleicht hat ja jemand Lust, eine Fortsetzung zu schreiben.
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