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Maggie Janeway küssen

von VGer

Kuss

Dieser Oneshot spielt in meinem Voyagers&Wayfarers/Ex Astris-Kopfcanon. Unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 2401, Captain Harry Kim hat vor Kurzem das Kommando über die USS Kirk übernommen und Fähnrich Maggie Janeway ist Pilotin auf demselben Schiff.
Er hatte immer die höchsten aller Erwartungen an sich selbst gehabt. Er hatte von den Besten der Besten gelernt. Er wusste, was ein guter Captain zu tun hatte. Das Hemd in die Hose stecken, mit dem Schiff untergehen und niemals ein Crewmitglied aufgeben. Und nicht durchdrehen, vor allen Dingen nicht durchdrehen. Er war der Captain, doch sein kühler Kopf war mit dem Shuttle und dem Außenteam auf die Oberfläche des Planeten gekracht, er hatte so unerwartet die Kontrolle verloren wie die Pilotin im Plasmasturm. Er war der Captain, doch für einen viel zu langen Moment nur war ihm die Luft weggeblieben, als wäre er selbst mit dem Shuttle und dem Außenteam im freien Fall durch die Turbulenzen getrudelt. Er war der Captain, und obwohl er seinen weich gepolsterten Stuhl nie verlassen und alles nur aus sicherer Entfernung mitangesehen hatte, hatte er den Schmerz des Aufpralls fast fühlen können und auch, wie alles plötzlich schwarz und dann schwer und neblig vor seinen Augen wurde. Er war der Captain, doch er hatte seine so prinzipientreue Objektivität und sein rationales Urteilsvermögen spätestens dann verloren, als sie den Kontakt zum Shuttle verloren hatten. Er war längst nicht mehr jung und unerfahren, aber er war seit einem halben Jahr erst Captain, und er hatte sich noch nie so hilflos gefühlt wie gerade jetzt, er hatte versagt.

„Sie haben die Brücke, Celona!“

Und kaum hatte er den Turbolift verlassen rannte Harry Kim, denn er konnte nicht anders. Zwei namenlose Crewmen im Korridor drehten sich entgeistert nach ihm um, er musste ein reichlich absurdes Bild abgeben, doch das kümmerte ihn nicht weiter. Als er die Krankenstation erreichte, war er allem militärischen Ausdauertraining zum Trotz beinahe außer Atem.

„Wie geht es ihnen, Doktor?“
„Den Umständen entsprechend.“

Das Außenteam hatte aus drei Personen bestanden, alle drei waren zurückgekehrt, schmerzverzerrt und ächzend, in den verschiedensten Stufen von grün und blau und blutig, was für sich schon ein Wunder war wenn man bedachte, in welchem Zustand sich das Shuttle befand. Einer wurde gerade operiert, informierte der Doktor, der Zweite war vorerst in therapeutische Stasis versetzt worden und deshalb nicht ansprechbar und die Dritte war nur leichtverletzt. Ein Anflug von überraschenderweise schwang in dem Bericht mit, ein Hauch von noch mal Glück gehabt, der Captain verstand wortlos was der Arzt nicht sagte, und er nickte kurz bevor er ihn emsig weitereilen und seinen medizinischen Pflichten, die jetzt eindeutig im Vordergrund stehen mussten, nachgehen ließ.

Er sah sich im fahlblauen Licht der Krankenstation um, es wirkte auf ihn viel zu hell und steril und nüchtern, um solch einem Ort und all seiner Dramatik zu entsprechen. Es war surreal, viel zu surreal. Auf dem hintersten Biobett lag sie, sie schien die mattweißen und aschgrauen Farbtöne ihrer Umgebung angenommen zu haben, die sie im Kontrast zum tiefen Schwarz ihrer Haare und dem brechreizerregenden Grün und Orange der Signallichter der medizinischen Apparaturen pastös und geisterhaft aussehen ließen, als sei sie eigentlich gar nicht mehr hier.

„Die Kiste ist tot, Sir, also, so richtig tot. Scheint ganz so, als hätte ich tatsächlich Chakotays Gene abbekommen. Den konnte man auch nicht in ein Shuttle setzen, wenn man es am Ende des Tages im Ganzen zurück haben wollte, sagte zumindest der Admiral immer.“

Sie redete schwallartig und unzusammenhängend, wie immer wenn sie nervös war. Er nahm ihre Hand und sagte nichts, wie immer wenn er nervös war.

„Du lebst, Maggie. Du lebst und es geht dir gut.“

Sie lächelte, so schwach nur, dass es nicht ihre Grübchen erreichte, und nicht einmal das linke, das von Natur aus ausgeprägter war als das andere, wollte sich zeigen. Ihr Kopf donnerte, wenn sie Anstalten machte die Augen zu öffnen, also blieben sie geschlossen, wie die Finger der Captains um ihre eigenen.

„Tut mir leid, Sir. Die Kiste ist tot, und Novak und Migjorn...“
„... leben. Sie sind verletzt, mehr als du, aber sie leben und sie werden wieder gesund. Mach dir bitte keine Gedanken um das blöde Shuttle. Nicht mal deine Mutter hat Chakotay jemals ein kaputtes Shuttle vorgeworfen, und das war im Deltaquadranten, wo Ressourcen viel knapper waren als hier.“
„Trotzdem. Streich mir meine Flugprivilegien oder so. Ich bin ein mieser Pilot.“
„Und ich bin ein mieser Captain.“

Verdattert versuchte sie sich aufzusetzen, doch die Gesetze der Physik und der Physiologie machten ihren Versuch noch zunichte bevor er wirklich begonnen hatte. Der Schwindel beutelte sie nieder und zwang sie eindrücklich zurück auf das harte Kopfkissen. Für einen kurzen Augenblick, bevor der Schleier an tanzenden Sternchen ihr die Sicht vernebelte und die Übelkeit sie endgültig niederstreckte, sah sie die Angst auf seinem Gesicht, die ihre eigene widerspiegelte. Bei aller Benommenheit, die sie umgab und Geist und Körper bewegungsunfähig machte, verstand sie. Ihre Stimme krächzte, als sie wieder zu sprechen versuchte.

„Warum?“

Der Captain drückte ihre Hand und beugte sich über das Biobett, wohl erst nachdem er sich vergewissert hatte, dass alle in der Krankenstation anwesenden momentan zu beschäftigt waren um neugierig zu sein. Seine freie Hand fand ihre Wange, sie fühlte sich ungewohnt kalt an und zuckte, als sein Daumen unversehens die Stelle berührte, die vor etwas weniger als einer Stunde sehr energisch von einer Konsole liebkost worden war. Er zog entschuldigend die Hand zurück und betrachtete ihre geschlossenen Augen, bevor er seine eigenen schloss und seine Lippen, ganz sanft nur, auf die ihren legte.

Er kannte tausend Arten wie man Frauen richtig küsste, er hatte schon tausend Frauen auf tausend Arten geküsst, und er hatte auch Maggie Janeway bestimmt schon auf tausend verschiedene Arten geküsst. Er hatte geglaubt sie alle zu kennen, die gestohlenen Küsse wenn sie den Bereitschaftsraum des Captains wie zufällig als Letzte verließ, die aufregend verbotenen im Turbolift, die ebenso heißen wie hektischen in dubiosen Bars auf fremden Planeten, die atemberaubend leidenschaftlichen wie auch die befriedigt zärtlichen in der Dunkelheit seines Quartiers, bis hin zum ersten verführerischen in jenem Ballsaal in San Francisco. Es waren all diese Küsse gewesen die ihn um den Verstand gebracht hatten, die seine Knie weicher und seinen Puls schneller werden ließen, und ihre Lippen, vor allen Dingen ihre Lippen, rosigweich und begierig. Doch das war neu, so hatte er nicht nur sie noch nie geküsst sondern niemanden, noch nicht mal seine verklärte Jugendliebe die er im Alphaquadranten verloren hatte als er sich im Deltaquadranten verloren hatte. Es war ein Kuss wie keiner zuvor, ein unschuldiger, ein leichter, ein stummer, ein zarter, ein besorgter, kurz und gut ein Kuss, der alles sagte was sie nie zu sagen gewagt hatten und vermutlich auch nie zu sagen wagen würden. Und als er sich von ihren Lippen löste um ihre Stirn zu küssen fühlte sie seinen Atem, seine gepeinigte Stimme, mit jedem Wort auf ihrem Mund und ihrem Gesicht.

„Darum, Maggie. Darum.“
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