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Zu spät

von Trini

Kapitel 1

Der naßkalte Regen tropfte mir auf meine streng nach hinten gebundenen Haare und meine schwarze Kleidung. Es war ein grauer Tag, ein schwarzer Tag, vielleicht sogar der schwärzeste meines Lebens. Als ich meinen Blick hob, sah ich in die betübten Gesichter der Mitglieder meiner Crew: B'Elanna und Tom, Harry, Doc Forester, Tuvok, Seven. Sie alle hatten sich zu diesem traurigen Anlass versammelt...
Verschwommen dachte ich an die Ereignisse der letzten Monate zurück: Die Voyager war durch die Modifizierung des Slip Stream Antriebs in der Heimat, dem Alpha Quadranten angekommen. Was wir vorfanden war ein Trümmerhaufen. Vieles hatte sich durch einen Krieg gegen das Dominion verändert. Weite Teile des Delta Quadranten waren verwüstet. Die Erde war größtenteils verschont geblieben, zum Glück, jedoch ließ sich die angespannte Situation nicht leugnen.
Unser Empfang war nicht, wie wir ihn uns vorgestellt hatten: Die Voyager wurde schon eine Woche nach ihrer Ankunft mit kompletter Besatzung in den Krieg geschickt. Es tobten noch viele Schlachten, es gab noch zu viele Kämpfe zu kämpfen. Doch die Voyager war zu schwach... zu sehr geschädigt von ihrem weiten Weg in die Heimat. Das Schiff, mein Schiff, unser Schiff wurde zerstört. Die Zahl der Verlezten und Toten hielt sich zwar in Grenzen, aber die Crew wurde auseinandergerissen. Wir wurden auf unterschiedlichen Schiffen stationiert. Manche Crewmitglieder habe ich bis jetzt nicht wiedergesehen, vermutlich sind sie im Krieg gefallen.
Die Föderation konnte sich mit letzter Kraft vor ihrem Untergang retten und das Dominion in die Flucht schlagen, doch was zurück blieb war Verwüstung, Tod, Elend... ein Scherbenhaufen der einst so mächtigen Allianz. Harte Arbeit, Schweiß und Tränen waren notwendig, um die geliebte Heimat wieder aufzubauen. Auch jetzt, nach einem Monat Frieden, waren die Zeichen des Krieges nicht zu übersehen.
Wie schnell doch die Zeit vergeht: Vor einem halben sind wir im Alpha Quadranten angekommen. In einem halben Jahr hatte ich den Kontakt zu meiner Crew fast vollständig verloren - so auch zu Chakotay. Eines Tages erreichte mich ein Brief. Ich las den Ursprungsort - Dorvan V - Chakotay war auf Dorvan V geboren worden. Mit zittrigen Händen hatte ich den Brief geöffnet, wagte kaum zu lesen, was darin stand. Er schrieb mir, dass er nach der Zerstörung der Voyager auf die USS Enterprise versetzt wurde. Nach Ende des Krieges hatte er sich auf Dorvan V niedergelassen, dass nun wieder zu Föderationsgebiet gehörte, und half seine ehemalige Heimat wieder aufzubauen.
Monatelang hatte ich die Erinnerung an Chakotay unterdrückt, wollte nicht wahrhaben, dass er vielleicht tot sein könnte... Und in diesem Moment hatte ich die Bestätigung dafür. Ich hätte vor Freude schreien können, wenn nicht ein anderes trauriges Ereignis tiefe Schatten über mein Leben geworfen hätte: der Tod von Neelix. Der einst so lustige Talaxianer war mir während des Krieges sehr ans Herz gewachsen. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern: auf der Voyager ging er mir häufiger auf die Nerven. Erst im Krieg lernte ich sein wahres Ich kennen: ein sehr liebenswertes Wesen mit einer tiefgründigen und verletzlichen Persönlichkeit, welche er ständig hinter einem Lachen, ausgelassenen Redeschwällen und bunter Kleidung versteckte. Neelix und ich waren im Krieg auf demselben Schiff stationiert. Wie oft hatten wir uns gegenseitig Mut gemacht, das wir überleben würden? Wie oft hat er mir mit meinen Zweifeln geholfen - Zweifel darüber, dass ich meine Crew in einen Krieg, in einen Trümmerhaufen unserer einst so wunderschönen Heimat geführt hatte. Wären wir im Delta Quadranten geblieben, dann hätten wir nie von dieser Misere erfahren und den Alpha Quadranten so in Erinnerung behalten, wie wir ihn das letzte Mal sahen - in Ruhe und Harmonie. Neelix war mir eine große Hilfe gewesen. Er hatte sich zum Positiven verändert, je näher wir den Alpha Quadranten kamen. Er war jetzt ruhiger und vor allem hatte er gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Niemand hätte von ihn verlangt als Außenstehender im Namen der Föderation in den Krieg zu ziehen - doch er hatte es getan und das hatte seinen Tod bedeutet. Mehrere Wochen hatte er auf der Intensivstation um sein Überleben gekämpft, doch vergebens.

Regentropfen rannen über mein Gesicht und versteckten meine Tränen. Wieder schaute ich in die Trauergemeinschaft - B'Elanna und Tom, Harry, Doc Forester, Tuvok, Seven - sie alle waren gekommen um Neelix die letzte Ehre zu erweisen. Aber wo war Chakotay?! Ich blickte in den Himmel - die Erde, welch ein wunderschöner Planet - leuchtend blau im Weltall, doch heute war der Himmel grau. Nervös schaute ich um mich - Chakotay's Abwesenheit irritierte mich. Warum war er noch nicht da?! Die Zeremonie hatte längst begonnen.
Ich sah plötzlich einen Mann auf die Trauergemeinde zugehen - er trug einen Schwarzen Anzug, hatte dunkle Haare und tiefgebräunte Haut. Ich ging ihm instinktiv entgegen. Als sich die Distanz zwischen uns verringerte, konnte ich die Konturen seines Gesichts genauer erkennen: ein Tattoo, Chakotay! Meine Schritte wurden schneller. Ich musste mich richtig zwingen nicht zu rennen. Wortlos liefen wir aufeinander zu und fielen uns in die Arme. "Tut mir leid, ich bin zu spät." hörte ich ihn flüstern. Ich entfernte mich ein wenig aus seiner Umarmung um ihn in die Augen schauen zu können. "Ich bin so froh, dass du überhaupt kommen konntest."
Gemeisam begaben wir uns zu den Rest der Gruppe. Nachdem Neelix beigesetzt war, hatten wir uns noch unterhalten, über die alten Zeiten... Doch dann löste sich die Truppe langsam auf. Nur Chaktotay und ich blieben noch zurück. Er lud mich zu sich ins Hotel auf einen Drink ein. Wir unterhielten uns, lachten sogar zeitweise - wie hatte ich das nur vermisst, wie sehr hatte ich ihn vermisst! Es wurde mir immer klarer vor Augen: ich liebte ihn. Ich habe ihn immer geliebt, obwohl ich nie hatte zugehen wollen, mehr als Freundschaft für ihn zu empfinden - ihn und auch mir gegenüber. Ich gestand ihn meine Liebe, wagte endlich diesen Schritt zu. Und er?! Er schaute mich traurig an und blieb wortlos, bis ich ihn aufforderdete etwas zu sagen. Und er sagte etwas, etwas was mir nicht gefiel: er empfand nicht mehr als Freundschaft für mich, hatte jemand anderen gefunden mit der er nun auf Dorvan V lebte. Ich wollte das alles nicht wahrhaben. Ich hatte doch immer gespürt, dass er mich auch geliebt hatte. Aber das war damals gewesen, damals auf der Voyager, das war Monate her. Vielleicht empfand er schon seit Jahren nicht mehr als Freundschaft für mich. Was hätte er auch tun sollen? Ich habe auf der Neuen Erde die Parameter klar definiert. Ich war zu spät, zu spät für ein Geständnis, zu spät für ein gemeinsames und glückliches Leben. Ich hatte mir selbst diese Chance verbaut. Gefasst antwortete ich ihn, dass ich das verstehe und das er sich keine Sorgen um mich machen sollte. Dann ging ich. Ich ging in den Regen, so konnte niemand meine Tränen sehen. Ich lief zum Strand, so dass ich die San Francisco Bay überschauen konnte. Ich blieb noch lange an dieser Stelle, dachte nach über all die Fehler, die ich begangen hatte. Es war zu spät, um etwas an der Situation zu ändern.

Ende
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