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Für immer

von VGer

Kapitel 1

(Die Ballade von Jack und Marek.)





Für immer.



Er hatte sie ausgesprochen, die traditionellen Worte die ihn an die Organisation binden sollten, die er ebenso sehr verehrte wie verfluchte.

„Ich, Jacob Zefram Janeway, schwöre beim Universum und bei allem was mir wichtig und heilig ist mich in den Dienst der Sternenflotte und der Vereinten Föderation der Planeten zu stellen. Ich stehe ein für Freiheit und Gerechtigkeit für alle, ich befürworte die Forschung und den Fortschritt, und ich gelobe diese Prinzipien und Gesetze zu ehren, zu beschützen und zu verteidigen. Für immer.“



Sie saßen zusammen, nach der Vereidigungszeremonie, die jedem Kadetten die Brust voll des Stolzes schwellen ließ, und sie reminiszierten eine glorreiche Zukunft die vermutlich keinem von ihnen bevorstand, und wenn sie für einen Moment nur objektiv darüber nachgedacht hätten wäre ihnen das auch nur allzu klar gewesen. Und doch konnten sie nicht anders, sie schwangen heldenhaft optimistische Reden und malten sie sich in den schillerndsten Farben aus, die Zukunft in den Sternen. Doch es waren nur die Sterne die funkelten, dazwischen lag das Schwarze, das unendlich große und furchterregende Schwarze, an das sie alle, deren Ziel die Sterne waren, lieber nicht denken wollten.

Teddy und Telaya waren ganz in ihrem Element, mit ebenso salbungsvollen wie hoffnungsfrohen Worten und weit ausholenden Gesten und all denen, die ehrfürchtig an ihren Lippen hingen weil sie eben Teddy Janeway und Telaya Paris waren, die strahlende nächste Generation an Idolen im Werden. Jack war es nicht, er kannte sie zu gut, hatte ihre enthusiastischen Reden von Kindesbeinen an einmal zu oft gehört, konnte hinter die Fassade blicken, auf die er etwas früher am selben Tag geschworen hatte und die ihn doch anwiderte. Er stand wortlos auf und ging, ohne dass es jemand bemerkt hatte. Dachte er.

Atmosphären waren ebenso seltsam wie die Planeten die sie umgaben, wenn man den Tiefenraum gewohnt war. Während er die Stille draußen am Balkon genießend nachdachte ließ Jack seinen Blick schweifen, und er sah, wenn er die Augen fest zusammenkniff, Mars eilig vorbeiziehen und er fand auch die Sternbilder, die plötzlich so fern waren, und in deren Mitte irgendwo Deep Space Four lag, mitten in der gar nicht so bedrohlich unendlichen Schwärze des Alls, kurz vor dem verschwommen obskuren Schattenspiel der Typhon-Ausdehnung, die von hier aus kaum erkennbar und dort, zuhause, imposant war. Sicher war, er würde rastlos bleiben, und wahrscheinlich hatte er den Schwur auch deswegen abgelegt, um ein Zuhause in all der Rastlosigkeit zu finden, um sich eins zu schaffen wo keins war. Er seufzte still.



„Jack.“, riss ihn eine Stimme aus seinen Gedanken.
„Stermann.“, sagte er überrascht und wandte sich seinem Kameraden, dem gutaussehenden Halbcardassianer mit dem er und sein Zwillingsbruder das Quartier teilten, überrascht zu.
„Marek.“, verbesserte dieser leise.
„Ich hätte nicht erwartet, dich hier draußen zu treffen.“, sagte Jack mangels anderer Alternativen.
„Geht mir genauso.“, nickte Marek.
„Teddy und Laya erklären noch immer das Universum?“, fragte Jack, doch es war mehr eine Feststellung.
„Tun sie das öfter?“, fragte Marek amüsiert grinsend zurück.
„Frag lieber, wann sie das nicht tun. Das Universum dreht sich schließlich um sie.“, schmunzelte Jack bitter.
„Und du?“, fragte Marek leise.
„Ich bin nicht Teddy, und ich bin nicht Laya.“, sagte Jack schließlich unbestimmt, nach einer langen, nachdenklichen Pause, und er sagte es nicht zu Marek, der seinen eindringlichen Blick nicht abgewendet hatte, sondern mehr zu sich selbst und hinaus in die Stille.
„Du bist Jack.“, sagte Marek schlicht und lächelte dabei.
„Der andere Janeway. Der unsichtbare Zwilling.“, ätzte Jack.
„Nur, wenn man nicht hinsieht.“, sagte Marek und lehnte sich neben Jack an das Balkongeländer. Mit einem vielsagenden Zwinkern deutete er in den Nachthimmel, sternklar und mitten in den Lichtern der Stadt immer noch bläulich. „Heute ist Neumond, aber der Mond weiß das nicht, er ist dort wo er hingehört und nicht verschwunden. Verstehst du?“

Eigentlich nicht. Jack lächelte grübelnd in sich hinein, nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Sie kannten sich doch noch keine zehn Tage und er hätte es selbst nicht für möglich gehalten, dass es so schnell gehen konnte. Marek hatte mehr verstanden als man erklären konnte, wie auch immer er das gemacht hatte, und irgendwas an ihm hatte Jack auf irritierende Weise berührt.

Sie standen lange beisammen und schwiegen länger. Erst als er sich bewegte, sein Körpergewicht von einem Fuß auf den anderen verlagernd, wurde es Jack bewusst, dass Mareks Arm auf seinem Rücken, die Hand auf seiner Hüfte ruhte. Wie lange schon, das konnte er bei bestem Willen nicht sagen. Sein Atem stockte, als er unwillkürlich zusammenzuckte.

„Marek.“, flüsterte Jack mit einem erstickten Zittern in der Stimme.
„Entschuldige.“, murmelte Marek, beschämt zu Boden blickend, und zog dabei hastig seine Hand zurück.
„Nein.“, sagte Jack bestimmt, er nahm sie und die andere auch, legte seine beiden darum und betrachtete den Kontrast zwischen dem rosighellen beigebraun des Menschen und dem perlmuttglänzenden Schiefergrau des Halbcardassianers. Er hatte nicht daran gedacht, und dachte jetzt doch an nichts anderes mehr.
„Sicher?“, fragte Marek ganz leise.

Eine Hand fand eine Wange, eine andere einen Nacken, neugierige Finger die widerspenstigen Stoppeln am Haaransatz, die wohldefinierten Schuppenmuster der Schläfe, ein Daumen streichelte über ledrigkühle Haut, ein anderer über ein Schlüsselbein und pochende Sehnen des Halses. Es wurde immer stärker, das Pochen, und auch die Drehung des Planeten, ganz plötzlich. Ein Blick, ein ganz dunkler, ein anderer, blitzblau, und sie trafen sich zärtlich in der lauen Nachtluft, die ihnen noch so fremd war wie die Berührungen, wie das sachte Knistern das sie auslösten – und Lippen.

Es war Jack, der als erster den Schritt vorwärts wagte, und sein Mund fand Mareks während seine Hände sich in seiner immakulaten, seidig glänzenden Frisur verwühlten, während Mareks Arme sich begierig um seine Taille schlangen.

„Sicher.“, sagte Jack, atemlos.



Telaya lachte nur, sie war Jack insgeheim zu ähnlich und fragte doch, obwohl sie die Antwort längst kannte: „Ganz sicher?“
Teddy lachte auch, doch sein Lachen war höhnisch: „Du bist doch nicht mehr ganz bei Trost, Bruder. Wir sind an der Akademie. Wir sind jung. Wir können uns austoben so viel wir wollen. Du solltest dich austoben, wirklich!“
Miral und Kev lachten durch den Subraum, von Deep Space Four nach San Francisco und wieder zurück, und ihr Lachen war wissend und weise und sprach von alter, tiefer Liebe: „Wir freuen uns, Jack, wirklich. Streitet euch bloß nicht, das ist nicht gut für die Noten, und du weißt doch, an der Akademie dreht sich alles um gute Noten. Wobei ... ach was. Streitet euch wenn es sein muss, aber versöhnt euch wieder, das ist gut für alles andere.“
Maggie hätte wahrscheinlich auch gelacht, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen, doch sie blieb wie so oft unerreichbar.

Leena lachte auch, als sie zum ersten Mal den Mond besuchten, das unschuldig blubbernde Lachen eines Mädchens das noch nicht ganz ein Teenager war: „Warum tust du das? Knutschen. Das ist doch eklig.“
Siana lachte, denn sie war immer schon die sorgenfreie und heitere Frohnatur der Familie gewesen: „Du bist so dumm, Leena. Du auch, Marek. Weißt du das schon, hat er dir das gesagt, Jack? Das Wichtigste sagt er nämlich nie. Marek ist dumm, und zwar so richtig! Dumm! Dumm! Dumm!“
Corinna lachte, aber nur leise und wohlüberlegt wie es nun mal ihre Art war, die man leicht als unterkühlten Sarkasmus verstehen konnte wenn man sie nicht besser kannte: „Lasst sie lachen, und lasst es euch gut gehen. Lacht.“
Robert und Iliana lächelten nur und sagten nichts.

Marek lachte, und es war ein kehlig zweideutiges Lachen, exaltiert und aufgeregt und mit den Händen dort, wo nur seine sein durften: „Ich liebe dich.“
Jack lachte auch, gedämpft vergraben an Mareks Schlüsselbein und sein Atem kitzelte prickelnd an seinem Hals, das Wichtigste war gesagt: „Sicher.“

Die Rastlosen hielten inne. Sie hatten es ausgesprochen, obwohl sie die Antwort längst kannten. Sie hatten eine unumstößliche Tatsache geschaffen.



„Ich, Jacob Zefram Janeway, schwöre...“

Für immer.
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