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Tischgespräch

von Gabi

Kapitel 1

Major Kira Nerys' Schritt war noch etwas weiter ausholend als üblich, als sie an diesem Mittag die Kommandobrücke in Besitz nahm. Dax blickte kurz von ihrer Station auf, als die Bajoranerin vorbeistürmte. Ein Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht der Trill, als sie ihre Aufmerksamkeit wieder den Anzeigen widmete.

„Vedek Bareil hat wieder gepredigt?“ fragte sie betont uninteressiert.

Kira blieb schlagartig stehen und wandte sich langsam zu ihr um. „Woher...?“

Dax zuckte mit den Schultern. „Ich habe geraten“, behauptete sie mit unschuldigem Gesicht. „Er befindet sich auf der Station, wir haben heute einen bajoranischen Feiertag, du hast im Prinzip keinen Dienst hier und du siehst wütend aus - alles eigentlich sichere Anzeichen dafür“, schloss sie unbewegt. „Seine Predigten bringen dich öfters zur Weißglut, Nerys.“

Die Bajoranerin atmete hörbar aus. „Es ist einfach falsch, was er behauptet.“

„Inwiefern?“

Kira tat die Frage mit einem Schulterzucken ab. „Das verstehst du nicht.“

„Versuch es mir zu erklären“, Dax sah auf das Chronometer und stand auf. „Zum Beispiel beim Mittagessen.“

Kira öffnete den Mund zum Protest, überlegte es sich dann aber doch anders. „In Ordnung“, mit einem knappen Nicken folgte sie der Wissenschaftsoffizierin zum Lift hinüber.

* * *


„Nun?“

„Nun, was?“ Kira blickte Dax fragend über ihre Gabel an.

„Was behauptet Vedek Bareil?“

„Oh“, sie legte die Gabel beiseite. „Es ist so, dass ich im Camp mit den Lehren der Propheten groß geworden bin. Jeden Abend haben wir uns versammelt und einem Vedek oder Prylar zugehört. Sie haben uns die Prophezeiungen gelehrt und gedeutet - so wie sie seit Jahrhunderten gedeutet worden sind.

Bareil geht hin, nimmt die bekannten Worte und dreht sie so lange, bis ihr Sinn zum genauen Gegenteil ihrer vorherigen Bedeutung wird. Wenn ich ihn höre, dann erinnert mich das an bestimmte Bürokraten in der Hauptstadt, die alles so auslegen können, wie es ihnen gerade passt. Es macht mich wütend!“

„Das habe ich bemerkt“, lächelte Dax.

„Ich verstehe nicht, warum er das macht.“

„Ich kenne ihn nicht, aber ich würde stark annehmen, dass er davon überzeugt ist, was er sagt“, bemerkte Dax belustigt.

Kira sah sie verärgert an. „Wie hilfreich. Was soll das bezwecken? Wir haben mit den bisherigen Interpretationen der Prophezeiungen sehr gut gelebt.“

„Bajor beginnt ein neues Zeitalter. Es ist sicher nicht schädlich, wenn die festgefahrenen Traditionen etwas entrümpelt werden.“ Dax schob sich eine Gabel voll in den Mund.

„Entrümpelt?“

Die Trill zuckte kauend mit den Schultern. Sie schluckte. „Warum nicht?“

„Weil es Uneinigkeit gibt.“

„Konstruktiver Streit hat noch nie geschadet...“, Dax dachte kurz nach, „Vedek Winn vertritt die traditionelle Lehre?“

Kira nickte.

„Na bitte.“

„Na bitte, was?“

Dax gestikulierte mit ihrer Gabel. „Sie erschien mir die paar Mal, die ich mit ihr zu tun hatte, nicht als die Person, der ich gerne mein Schicksal anvertrauen würde.“

„Das sicherlich nicht, „ stimmte Kira zu.“Aber...“

„Da hinten läuft der Stein des Anstoßes.“

„Wie bitte?“ Kira starrte sie verständnislos an. Immer wenn sie sich mit Dax unterhielt, hatte sie das Gefühl, die Hälfte des Gespräches nicht richtig mitzubekommen. Die Trill schien selten etwas ernst zu nehmen.

„Vedek Bareil ist da hinten in ein Gespräch mit den Stations-Prylaren vertieft“, erklärte Dax und wies mit der Gabel in die entsprechende Richtung.

Kira wandte sich um. „Zweifellos haben sie dasselbe Thema wie wir.“

Als die Bajoranerin sich nach einigen Sekunden immer noch nicht wieder zu ihr umgedreht hatte, räusperte Dax sich leicht. „Nerys?“

Kira fuhr herum. „Ja?“

Die Trill sah sie belustigt an.

„Was?“ wollte Kira misstrauisch wissen.

„Die Predigten scheinen das einzige zu sein, was dir an dem Vedek missfällt.“

Kira zog eine Grimasse. „Was soll denn das schon wieder bedeuten?“

Dax hob grinsend die Schultern und schob sich den nächsten Bissen in den Mund.

Die Bajoranerin schenkte ihr ein falsches Lächeln. Sie ergriff die eigene Gabel wieder. Einige Zeit stocherte sie damit auf ihrem Teller herum.

„Das ist wahrscheinlich der Grund, warum es mich so ärgert“, meinte sie schließlich.

„Das würde ich auch so sehen“, stimmte Dax zu. „Wie steht es denn?“

Kira warf ihr einen verärgerten Blick zu, woraufhin sie entschuldigend die Brauen hob.

„Ich bin nun mal neugierig“, gestand sie, „die Zeiten, in denen ich um die eigentliche Sache herumgeredet habe, liegen ein paar Leben zurück.“

„Wie schön für dich“, bemerkte Kira säuerlich.

„Und, wie steht es?“ Dax ließ nicht locker.

„Nun ja", gab Kira nach, „gut, würde ich sagen", sie erlaubte sich ein Lächeln, „er ist ein großartiger Mann. Sehr gebildet, sehr ruhig - und er spielt Springball!“

Dax lachte. „Das ist in der Tat ein schlagendes Argument.“

Kira lachte jetzt ebenfalls. „Das ist es. Wir sind uns näher gekommen, als ich ihm beinahe die Schulter beim Spiel ausgerenkt hätte.“

„Das klingt doch nun wirklich nach der Verbindung fürs Leben.“

„Darauf trinken wir“, Kira hob ihr Glas, Dax tat es ihr gleich.

Als sie die Gläser wieder abgesetzt hatten, fragte Dax: „Hast du schon viele Beziehungen gehabt?“

„Also, das ist nun WIRKLICH neugierig“, stellte Kira überrumpelt fest.

„'Tschuldigung. Es ist nur so, dass ich mich schon lange nicht mehr auf der weiblichen Seite einer festen Beziehung befunden habe, die Erinnerung ist etwas verblasst.“

Das brachte Kira wieder zum Lachen. „Also diese ganze Sache mit den verschiedenen Leben ist mir manchmal wirklich zu hoch. Ich glaube nach zwei verschiedenen Wirtskörpern würde ich vollkommen durcheinander kommen.“

Dax winkte ab. „Man gewöhnt sich daran.“

„Wenn daraus etwas wird, ist es meine erste feste Beziehung.“

Diesmal schaffte Kira es, Dax zu überrumpeln. Die Trill brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, von was der Major sprach. Dann nickte sie.

„Es gab einige Männer in der Shakaar und anderen Untergrundgruppen“, fuhr Kira fort. „Aber es war einfach zu gefährlich.“

„Gefährlich?“ hakte Dax nach.

Kira nickte. „Wenn die Besatzer etwas über eine Beziehung herausgefunden haben, haben sie sie fast immer gegen dich verwendet. Das gleiche war mit den Familien. Die meiste Zeit haben wir damit zugebracht zu leugnen, dass wir überhaupt zu jemandem gehören.“ Sie lehnte sich zu Dax vor. Erinnerungen an die Besatzung gingen ihr durch den Kopf. „Du kannst die Folter einige Zeit aushalten, aber nicht, wenn sie jemanden quälen, der dir etwas bedeutet. Das ist das Ende.“ Sie lehnte sich zurück und widmete sich wieder ihrem Essen. „Deswegen haben wir versucht, keine Beziehungen einzugehen.“

„Verständlich... Ich freue mich, dass sich das jetzt geändert hat.“

„Ich weiß nur nicht, wie eine Beziehung sich mit seiner Arbeit vereinbaren lässt“, Kira seufzte, „alle sagen, er wird der nächste Kai. Dagegen bin ich doch recht unbedeutend, nicht?“

Dax lächelte ihr aufmunternd zu. „Das glaube ich nicht. Natürlich hat er viel Arbeit, aber das dürfte kein Problem sein, wenn er es ernst meint.“

„Das tut er“, Kiras Blick wurde schwärmerisch. „Wenn er mit mir zusammen ist, dann gibt er mir das Gefühl, als würde nur ich existieren. Die ganze Zeit über strahlt er diese Ruhe aus, so als ob es gar nichts gäbe, was ihn aus dem Gleichgewicht werfen könnte. Und er hört aufmerksam zu, wenn ich rede.“

„Vielleicht wäre es gut, das auf beiden Seiten zu machen.“

„Was soll das heißen?“

„Seine Auslegungen der Prophezeiungen. Ich denke, du solltest ihm einmal richtig zuhören. Vielleicht klingt es dann nicht mehr so falsch. Und ich bin mir sicher, es würde ihn sehr freuen“, erklärte Dax.

Kira lächelte reuig. „Das ist wahrscheinlich richtig. Vielleicht sollte ich es mir wirklich einmal anhören und mir vornehmen, ganz objektiv an die Sache heranzutreten.“

Dax stimmte aufmunternd zu.

„Darf ich mich setzen?“

Kira und Dax fuhren herum zu Vedek Bareil, der an ihren Tisch getreten war. Sobald Major Kira ihn sah, verschwand das Lächeln aus ihren Zügen und machte offenem Ärger Platz.

„Also, was du heute wieder in der Predigt behauptet hast, ist die Höhe...“

Dax ließ ihren Kopf mit einem Seufzen zwischen ihre Handflächen sinken.


ENDE

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