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Wirklichkeit erster Ordnung

von Gabi

Kapitel 1

Persönliches Logbuch, Julian Bashir, Sternzeit 51654.9

„... ich weiß nicht, wie lange mir noch bleibt. Es ist schwierig unter Umständen wie diesen überhaupt ein vernünftiges Verhältnis zu Zeit zu erhalten. War es erst gestern, dass alles angefangen hat oder liegt dies schon eine Woche zurück? Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Die Ungewissheit macht mich so nervös, wie es das jedes Geräusch außerhalb meiner Labortüren tut. Unbewusst warte ich immer noch darauf, dass mich jemand aufweckt und mir sagt, dass ich nur geträumt habe. Doch ich weiß, dass dies nicht geschehen wird. Ich bin derjenige, der wach ist.
Sie schläft.
Und ihr Schlaf muss enden. Muss endlich enden....
Hat nicht einmal irgendein Weiser gesagt, der ewige Schlaf sei traumlos? Er hatte keine Ahnung!“



I



Es war einer dieser ganz besonderen Tage, an denen man sich schon nach der ersten Stunde des wachen Bewusstseins fragte, warum man eigentlich aufgestanden war. Hätte es der Welt im Allgemeinen - und einem selbst im Besonderen - nicht wesentlich besser getan, wenn man bis morgen durchgeschlafen hätte?

Julian Bashir bückte sich, um die Scherben des bruchfesten Reaktionsgefäßes zusammenzukehren, welches ihm gerade eben aus der Hand geglitten war, als er versucht hatte, einer Diagnoseliege auszuweichen, von der er angenommen hatte, dass sie sich etliche Schritte weiter im Raum befunden hätte. Dies hier war unter Garantie nicht sein Tag. Es hätte ihm ein Flammenzeichen sein sollen, dass morgens der Replikator schon beim Frühstückstee seinen Geist aufgegeben hatte. Warum konnte er auch nicht auf die Winke des Schicksals hören? Den Schnitt, den er sich soeben am Daumen einhandelte, nahm er schon als gegeben hin. ‘Überlegene Hand-Augen-Koordination’... nun, alle Genetik half nichts, wenn man einen dieser Tage hatte. Mit einem beinahe resignierten Schulterzucken erhob Bashir sich wieder und warf die Scherben in den Verwerter - zu all den anderen dieses Morgens. Dann deaktivierte er die Analyseeinheit und beschloss, dass noch genügend Schreibarbeit auf ihn wartete, mit welcher er gefahrlos den Rest des Vormittags zubringen konnte.

Als der Intercomruf ihn erreichte, hatte beinahe wieder Normalität eingesetzt.

„Dr. Bashir, kommen Sie bitte so schnell wie möglich zu Runabout-Schleuse C. Die Shanandoah ist zurück und Major Kira sieht nicht gut aus...“

Missgeschicke geschahen immer nur bei Routinearbeiten, das war ein ungeschriebenes Gesetz der Wissenschaft. Je öfters ein Handgriff schon wiederholt worden war, desto anfälliger für die dümmsten aller Fehler war er. Als Bashir sein Medikit ergriff und auf die Promenade hinaus eilte geschah dies ohne jedes Problem. Die Nachricht, dass mit Kira etwas nicht stimmte, war alles andere als Routine.

Während er den nächsten Turbolift betrat, der ihn zur ausgewiesenen Schleuse bringen würde, versuchte der Arzt sich daran zu erinnern, die Bajoranerin überhaupt jemals außerhalb ihrer Schwangerschaft in der Krankenstation gesehen zu haben. Es war keine Erinnerung, die leicht kam.

Er wusste, dass Kira und zwei weitere Crew-Mitglieder mit der Shanandoah in die Badlands aufgebrochen waren, um sich mit einem Maquis-Informanten zu treffen. Die Vermutung lag nahe, dass das Treffen nicht so glimpflich abgelaufen war, wie man angenommen hatte. Er kannte Kiras aufbrausende Art. Zwar war diese in den Jahren, die sie nun schon zusammen arbeiteten, sehr abgemildert worden, doch von Zeit zu Zeit ging das alte Feuer mit der Frau durch. Die hitzige Auseinandersetzung konnte Bashir sich lebhaft vorstellen. Er hoffte nur, dass Kira nicht zu stark dabei verletzt worden war.

Ungeduldig auf den Fußballen wippend wartete er auf das Öffnen des Lifts, als dieser an seinem Bestimmungsort angekommen war. Er quetschte sich durch den Spalt noch ehe die Tür gänzlich zurückgewichen war.

An der Schleuse erwartete ihn schon ein Soldat der Sicherheit.

„Was ist passiert?“ fragte Bashir als er mit schnellen Schritten neben ihm zum Runabout eilte.

„Das wissen wir nicht.“ Der Soldat öffnete ihm die Shuttletür. „Die anderen beiden Insassen konnten es uns auch nicht erklären... Sehen Sie selbst...“

„Nun...“ Bashir fand sich im Cockpit der Shanandoah wieder mit dem Ausblick auf eine augenscheinlich friedlich schlafende Major Kira. Sie saß entspannt im Pilotensessel, ihr Kopf war ein wenig zur Seite geneigt und ruhte bequem an der Nackenstütze, ihre Hände lagen auf den Oberschenkeln und ihr Atem schien ohne nähere Untersuchung tief und gleichmäßig zu gehen.

„... ich würde sagen, Major Kira ist eingeschlafen.“ Der Arzt zückte dennoch seine tragbare Diagnostik-Einheit.

„Das Einschlafen war nicht das Problem“, hörte er eines der anderen Expeditionsmitglieder sagen, während er neben der Bajoranerin in die Hocke ging. „Sondern das Aufwachen....“

Bashir beobachtete die Werte, welche ihm seine Anzeige lieferte, wenn er die Sonde über Kiras Körper bewegte. „Was ist mit dem Aufwachen?“ Jede neue Linie quittierte er mit einem leichten Kopfnicken. Die Bajoranerin zeigte sämtliche völlig gesunden Anzeichen von Schlaf. Sie befand sich noch nicht in der Tiefschlaf-Phase, und Bashir wunderte sich, dass sie das geschäftige Treiben um sich herum augenscheinlich nicht störte.

„Sie tut es nicht. Wir haben schon alles bis hin zu... äh... Ohrfeigen... versucht, aber sie wacht nicht auf.“

* * *


Julian Bashir, Logbucheintrag, Sternzeit 51652.7

„Es ist mir ein Rätsel, warum Nerys nicht aufwacht. Ich habe jeden Test, der mir angebracht erschien, über sie laufen lassen, das Ergebnis ist jedes Mal dasselbe: Ihre körperlichen Werte sind vollkommen in Ordnung. Ich konnte keinerlei Fehlfunktion feststellen. Sie scheint lediglich zu schlafen. Doch bisher ist es mir nicht gelungen, sie mit leichten Mitteln aufzuwecken. Härtere möchte ich noch nicht anwenden, denn vielleicht fordert ihr Körper auf diese Weise lediglich die ihm zustehende Ruhe aufgrund ihrer vielen Arbeit. Die nächsten 8 Stunden werde ich ihr auf jeden Fall noch geben. Wenn sie in dieser Zeit nicht auf natürlichem Weg erwacht ist, werde ich weitere Medikamente versuchen.
Fast sieht es so aus als wäre sie in ein leichtes Koma gefallen, doch alle Nervensignale deuten lediglich auf Schlaf hin.... Einen Augenblick, es scheint sich etwas an den Ausschlägen zu ändern...“


Bashir aktivierte die Pausefunktion des Aufzeichnungsgerätes und stand von seinem Arbeitstisch auf. Er hatte sich so gesetzt, dass er den Monitor mit Kiras Lebensfunktionen bei jeder seiner anderen Tätigkeiten im Auge hatte. Die Wellenlinie des EEG hatte sich verändert, wie er nun sofort bemerken konnte. Die Amplitude der Ausschläge hatte sich verringert.

Bashir trat zu Kiras Bett hinüber, wo er sich mit einem kurzen Blick auf die Frau überzeugte, dass sie noch genauso friedlich wirkte wie zuvor, dann wechselte er am Monitor zwischen verschiedenen Darstellungsebenen der restlichen Körperfunktionen, die allesamt zu seiner äußersten Zufriedenheit ausfielen.

Julian Bashir, Nachtrag

"Es ist 1558h. Soeben ist Kira Nerys in die REM-Phase übergetreten. Nach einer ungewöhnlich langen und tiefen Einschlafphase scheint sie nun den normalen Schlafrhythmus aufzunehmen. Ich werte dies als ein positives Zeichen. Wenn sie nun die gewohnten Schlafstationen durchläuft, bin ich guter Dinge, dass sie innerhalb der von mir festgesetzten Zeit von selbst erwachen wird.“
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