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Trill-ogie

von Heidi Peake

Kapitel 2

Es waren etwa sechs von ihnen, humanoide Gestalten von nicht klar definierbarer Form. Sie waren nicht wirklich im Nebel versteckt, sie waren eher ein Teil davon. Sie standen einfach in einiger Entfernung und beobachteten. Schließlich trat eine der Dax’ vor. “Hallo da drüben!” rief sie. “Ich hoffe, Sie können uns ein paar Dinge erklären!”

Die Stimmen schienen direkt in ihren Köpfen zu erklingen.

“Willkommen”, sangen sie, “ihr kommt vom Abgesandten.”

Die drei Dax’ tauschten einen kurzen, verblüfften Blick aus. “Die Propheten”, wisperten sie erstaunt.

“Ihr habt eine Frage?” fuhren die Stimmen mit ihrer beruhigenden multivokalen Symphonie fort.

“Eine? Eher eine Hand voll”, murmelte Dax, kaum hörbar.

“Wie kannst Du intellektuelles Streben mit der Größe deiner Hände messen?”

Sie versuchte sich fieberhaft daran zu erinnern, was Ben Sisko ihr über seine Begegnung mit den Wurmlochwesen erzählt hatte. Doch alles, an das sie sich erinnern konnte, war, dass deren Konzept von Zeit anders war - und dass sie wenig Verständnis für menschliche Metaphern besaßen. Sie entschied sich für den direkten Weg.

“Wo sind wir?”

“Ihr seid bei uns.”

Was den Informationsgehalt anging, war das nicht gerade eine sehr erfüllende Antwort, doch irgendwie fühlte sie sich ruhiger, beinahe dankbar. Die Frage danach, was sie waren, erschien ihr ein wenig unpassend, so versuchte sie es mit einer anderen Formulierung.

“Wie kamen wir hierher?”

Dies schien ein wenig Verwirrung unter den Wesen zu stiften. Ein schwaches, doch rasches Wispern erfüllte die Köpfe von Dax, dann begann sich eine der Formen von den anderen zu trennen und auf sie zuzukommen. Sie erinnerte sich, dass Ben gesagt hatte, sie würden die Erscheinung von Personen aus dem eigenen Unterbewusstsein annehmen.

Unglücklicherweise war in Dax’ einzigartiger Situation, diejenige Person, die sich vordringlich in ihrem Bewusstsein befand - sie selbst.

Mit wachsender Verzweiflung sahen sie zu, wie die Form extrem vertraut wurde.

Sie seufzten.

“Wo wir herkommen, sind wir es nicht gewohnt... äh... mehr als einmal vorhanden zu sein. Wir nehmen nicht sehr oft den gleichen Raum oder die gleiche Zeit mit uns selbst ein.”

“Ihr nehmt im Moment keinen Raum und keine Zeit ein. Nicht in eurem Sinn.”

“Aha...?!”

“Wie ihr wisst, ist alle Materie eine Form von Energie”, erklärte die Dax, die ein Prophet war, freundlich. “Ihr habe das Phänomen, welches ihr als Wurmloch bezeichnet, in einem sehr instabilen Gerät betreten und mit einer Geschwindigkeit, die sowohl den Mechanismus als auch euch zerstört hätte. Um diese Situation zu verhindern, wechseltet ihr von eurem normalen Energieniveau auf ein höheres, wo ihr die Möglichkeit erhalten habt, jede alternative Vorgehensweise zu erforschen und festzustellen, welche zum Überleben führt.”

“Und das heißt?”

“Ich denke”, wisperte eine Dax neben ihr, “Ich denke, sie sagen, dass wir gar nicht existieren.”

“Oh? Wunderbar! Das ist doch die erste gute Nachricht, die ich heute höre.”

“Ihr existiert nicht auf dem Energieniveau, welches ihr zu besetzen pflegt, das ist korrekt.”

“Also habe ich mich in Alternativen aufgespalten, um meine Überlebenschancen zu steigern ... es tut mir leid, aber .... ich bin normalerweise nicht fähig, mich selbst nach Gutdünken aufzuspalten, oder Energieniveaus auszuwählen.”

“Natürlich nicht. Aber wir.”

“Aha...?!”

“Eure Handlungsweise hätte extremen Schaden für die Struktur, die ihr Wurmloch nennt, bedeutet. Wir konnten das nicht geschehen lassen.”

Sie versuchten, die Information so gut wie möglich zu verdauen.

“Erstaunlich”, brach eine von ihnen schließlich die Stille.

“Was ist?”

“Dass es nur drei mögliche Alternativen in so einer Situation geben sollte.”

“Das gibt es nicht. Aber nur drei hatten Erfolg.”

Es trat ein erneuter Augenblick der Stille ein, als sie die Bedeutung dieser Feststellung überdachten. Für eine irrationale Sekunde glaubte Dax Hunderte von erfolglosen Dax’ in tödlichem Schrecken aufschreien zu hören, als diese ins Nichts verbrannten. Die drei schüttelten sich beinahe gleichzeitig.

“Aber wie können wir auf unser normales Energieniveau zurückkehren?” fragte eine von ihnen vorsichtig.

Die Propheten-Dax lächelte warm. “Das wird geschehen, wenn ihr das erreicht habt, was ihr erreichen wolltet.”

“Aber ich dachte, wir hätten Erfolg gehabt. Wir sind noch am Leben, oder nicht?”

“Überleben war nicht euer einziges Ziel.”

“War es das nicht? Soweit ich weiß, wollte ich lediglich diesen Jem’Hadar loswerden... oh!”

Die anderen Dax’ betrachteten sie scharf. “Der Jem’Hadar! Hat er... ebenfalls das Energieniveau gewechselt?”

“Das Wesen, welches ihr Jem’Hadar nennt, war dabei, dem Wurmloch großen Schaden zuzufügen.”

Sie tauschten einen weiteren Blick aus, plötzlich überkam sie eine Welle der Erschöpfung. Letztlich nahm eine von ihnen den Mut zusammen, um die Frage zu fragen. “Und... wie viele Alternativen haben in seinem Fall zum Erfolg geführt?”

Der Wächter schien dies für einen Moment zu bedenken.

“Das Wesen Jem’Hadar ist sehr begrenzt”, informierte sie die anderen mit Bedauern, “nur eine Möglichkeit blieb übrig.”

“Und es gäbe nicht vielleicht die Möglichkeit, dass wir Sie davon überzeugen könnten, ihn für ein paar Stunden aufzuhalten, bis wir... nein, ich dachte mir schon, dass das nicht geht.”

Mit einem entschuldigenden Lächeln zog sich die Propheten-Dax in die Nebel zurück, wo ihre Gefährten warteten.

“Diese Angelegenheit ist zwischen euch und ihm. Unser einziges Interesse gilt der Erhaltung des Wurmloches.”

“Wartet!” Sie versuchten, den Gestalten zu folgen, doch die Nebel verdickten sich, sie verdeckten nicht nur die Sicht, sondern hinderten sogar ihre Bewegungen. Eine Art Strömung begann sich in den Nebeln zu formen. Sie schuf einen physikalischen Sog, gegen den die Dax’ ankämpfen musste. Es schien, als ob der gesamte Raum beschlossen hätte, sich aufzurollen und den Propheten nach Hause zu folgen. Mit einem Geräusch, einem ordinären “plop!” nicht unähnlich, waren die Nebel verschwunden. Sie ließen eine Felsoberfläche zurück, die sich in jede Richtung auszubreiten schien und die Dax’ wie ein Tunnel oder eine Höhle einschloss. Sie reichte soweit das Auge sehen konnte.

Für einen Augenblick blieben die drei erfolgreichen Versionen der Person, die einst Jadzia Dax gewesen war, wie angewurzelt stehen und versuchten die erhaltene Information zu verdauen. Jede gedachte, sich darüber klar zu werden, was jetzt zu tun war, bevor sie sich der unvermeidlichen Aufgabe stellte, es mit den jeweils anderen beiden ausdiskutieren zu müssen.

“Bin das nur ich”, seufzte eine schließlich, “oder ist das hier in der Tat ein recht einfallsloser Ort?”

“Einfallslos? Diesen Morgen hatte ich noch nicht einmal eine Ahnung, dass das Wechseln von Energieniveaus solche Kopfschmerzen verursachen könnte.”

“Das kommt davon, dass du mit dem Kopf auf die Konsolen des Runabouts aufgeschlagen bist...”

“Ich spreche über diesen Tunnel, in dem wir uns befinden! Er ist ein wenig eintönig, findet ihr nicht auch? Und ich kann nirgendwo ein Runabout darin sehen.”

“Okay, wir werden also danach suchen gehen ... nein, sagt nichts. Ich weiß: Du willst nach links gehen, ich würde eher nach rechts gehen, und du möchtest wahrscheinlich hier stehen bleiben und die Wand einschlagen, korrekt?”

Die letztgenannte Dax schenkte ihr einen bösen Blick. “Sehr witzig! Ich schlage dennoch vor, wir bleiben hier und tragen es mit dem Jem’Hadar aus.”

“Ich kann auch keinen Jem’Hadar sehen.”

“Nein, aber wenn du für einen Moment den Mund halten würdest, wärst du imstande, ihn zu hören!”

Wie auf Kommando schwiegen sie. Tatsächlich näherte sich das leise Echo von fernen Schritten, doch aufgrund der einschließenden Natur ihrer Umgebung war es unmöglich zu bestimmen, von welcher Seite diese sich näherten.

“Lasst uns gehen”, wisperte Dax. “Ich habe keine Lust, hier stehen zu bleiben und ihm die Möglichkeit für ein gutes Ziel zu geben.”

“Aber wir wissen nicht, wo er ist.”

“Wir wählen einfach eine Richtung - und wenn es dann plötzlich vier von uns sind - nun, dann wissen wir, dass es die falsche Wahl war.”

Natürlich liefen sie in verschiedene Richtungen los, doch schließlich gewann der gesunde Trillverstand: Der Korridor verlief in der einen Richtung gerade und eben, keine Rückzugsmöglichkeit war zu erkennen. Auf der anderen Seite versprachen Schatten Unebenheiten, vielleicht sogar eine Biegung. So leise wie möglich rannten sie in diese Richtung los. Nach ein paar hundert Metern weitete sich der Korridor ein wenig und an einer Seite war tatsächlich eine Öffnung zu sehen. Die Entscheidung darüber, ob sie erforscht werden sollte oder nicht, wurde ihnen von der plötzlichen Erkenntnis abgenommen, dass die Schritte lauter geworden waren.

Vorsichtig drängten sich die drei durch die schmale Öffnung, ihre Aufmerksamkeit auf den Korridor fixiert, den sie soeben verlassen hatten.

“Wenn wir ihn hier hereinlocken könnten...”, flüsterte Dax, ihre Augen immer noch auf die Öffnung gerichtet. “macht er eine Biegung?”

“Macht was eine Biegung?” kam die geflüsterte Entgegnung.

“Der Tunnel.”

“Welcher Tunnel?”

“Was meinst du mit, welcher...!?” ärgerlich wandte sie sich zu ihren beiden Spiegelbildern um, und erstarrte.

Worein sie sich gedrängt hatten, konnte in der Tat nicht wirklich als Tunnel beschrieben werden. Es war eine kleine, kesselförmige Höhle, unwesentlich größer als die Öffnung selbst. Sie hatte in etwa die richtige Größe, um drei identische Trill perfekt den Blicken - oder Waffen - eines jeden auszuliefern, der sie betreten würde.

“Nun gut,” Die Dax am Eingang schaffte es beinahe, nicht einmal mit den Augen zu zwinkern, “in diesem Fall lasst ihn uns nicht hier herein locken, sondern abwarten, dass er vorbeigeht und dann können wir ihn aus dem Hinterhalt überfallen...”

Es war eine guter Plan, vorausgesetzt natürlich, dass der Jem’Hadar sich entschlossen hätte, die schmale Öffnung links liegen zu lassen. Der Schatten, der ihre einzige Fluchtmöglichkeit nun bedeckte, begann sehr vertraut auszusehen - doch er war definitiv nicht Dax. Sein ganzes Leben lang ein Soldat brauchte der Jem’Hadar nicht viel Zeit, um verschiedene alternative Vorgehensweisen gegeneinander abzuwägen. Als er hereinkam, war sein Phaser gezogen.

Wenn auch Alternativen per Definition ‘verschiedene Möglichkeiten von’ bedeutet, schließt es Übereinstimmung doch nicht aus. Manches Mal findet man sich in einer Situation wieder, wo nur ein möglicher Ausgang erwartet werden kann.

Mit ihren Rücken gegen die Wand und den einzigen Ausweg durch den Soldaten blockiert, fanden sich die drei Dax’ zum ersten Mal ohne große Wahlmöglichkeiten.

Als der Jem’Hadar ein paar Sekunden später die Höhle betrat, erwartete er einen Hinterhalt. Was er allerdings nicht erwartete, war, von drei verschiedenen Seiten gleichzeitig angegriffen zu werden. Auch der härteste Soldat rechnete aus Prinzip nicht damit, dass sich sein Gegner vervielfältigte, um die Überlebenschancen zu erhöhen.

Als Jadzia Dax sich aus allen Richtungen auf ihren Verfolger stürzte, gab sie der Bezeichnung ‘unfairer Vorteil’ eine völlig neue Bedeutung.



Als das Runabout schließlich wieder vom Wurmloch ausgespuckt wurde, flog es mit einer gemütlichen Geschwindigkeit. Es war ebenfalls 21 Sekunden von physikalisch messbarer Zeit zu spät. Für das Protokoll wies Chief O’Brien darauf hin, dass es für ein Schiff unmöglich sei, so lange für die Passage zu benötigen, doch nicht einmal er machte sich darüber besondere Sorgen. Als Dax‘ vertraute, aber erschöpfte Stimme über das Intercom zu hören war, befanden sie sich bereits auf dem Weg zum Shuttlehangar, um ihre Kollegin zu begrüßen. Sie hatte es irgendwie geschafft, eine ganze Reihe physikalischer Gesetze zu umgehen, um in einem Stück durch das Wurmloch zu kommen - und das zumindest zum größten Teil geistig gesund. Das Grinsen, mit welchem Dax auf Captain Siskos Umarmung reagierte, ließ einige Zweifel an ihrer mentalen Stabilität aufkommen.

Ebenfalls ihre Eröffnungsworte.

“Junge, Junge”, seufzte sie, als sie von Sisko abließ, um Kira zu begrüßen. “Es ist so schön, nur noch zwei Beine zu besitzen.”

“Ich kann nicht glauben, dass du es geschafft hast”, grinste Kira. “Du bist für ganze 20 Sekunden von den Sensoren verschwunden. Du hast einfach aufgehört - zu existieren.”

“Ah!” Dax erhob einen Finger bedeutungsvoll. “Doch nur auf dem Energieniveau, auf welchem ich mich normalerweise befinde.” Sie betrachtete die verblüfften Gesichter ihrer Freunde und fügte mit einem kleinen Grinsen hinzu. “Ich muss Julian aufsuchen. Ich brauche einen Monatsvorrat an Kopfschmerzmitteln. Ich habe gerade ein paar Stunden in der Hölle verbracht!”

“Hölle?”

“Weißt du noch, Ben, dieser alte Philosoph von der Erde? Der sagte, dass es die Hölle sei, mit deinen Freunden in einem Raum eingeschlossen zu sein?”

“Ja... Sartre, wenn ich mich nicht....”

“Er war nah dran!” Mit einem weiteren wahnsinnigen Grinsen legte sie einen Arm um Kiras Schulter und begann, den Hangar zu verlassen. “Wenn ich es mir recht überlege, gehe ich erst noch zu Quark, bevor ich Julian aufsuche. Wenn ich Kopfschmerzen kurieren möchte, dann kann ich sie vorher genauso gut auch in wirklich große Kopfschmerzen verwandeln.”

Es gelang ihr, einen kleinen Abstand zwischen Kira und sich und den Rest der Crew zu bringen.

“Ich habe sie getroffen”, flüsterte sie plötzlich in das Ohr ihrer Freundin. “Sie haben mich gerettet.”

“Wer?”

“Die Propheten!”

“Was?” Kira hielt so abrupt an, dass sie die Trill beinahe aus dem Gleichgewicht brachte. “Du hast die Propheten gesehen?”

Dax lächelte sie an, einen abwesenden Blick in ihren Augen. “Sie haben mir Einsicht gegeben”, fuhr sie fort. “Ein Geschenk. Sie haben mich etwas über mich selbst gelehrt, was ich nicht wusste.”

“Was haben sie dir gesagt?” fragte Kira mit großen Augen.

Die Trill schien für einen Moment darüber nachzudenken, bevor sie antwortete: “Ich habe folgendes gelernt: Wenn ich mich wirklich anstrenge, kann ich eine totale Nervensäge sein.”



Ende

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