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Eine unvergessliche Nacht

von Gabi

Kapitel 1

Major Kira Nerys und der bajoranische Premierminister Shakaar Edon schlenderten Arm in Arm über die Promenade von Deep Space Nine. Das bunte fröhliche Treiben spiegelte wunderbar die Laune der beiden wieder. Kira liebte ihre Station und sie wollte, dass ihr Freund sich genauso darauf Zuhause fühlte, wie sie das tat. Sie war froh darüber, dass er sie trotz seines engen Zeitplanes besuchte. Denn dies war der eine gravierende Nachteil daran, dass sie irgendwie immer von mächtigen Männern angezogen wurde. An ein normales Zusammensein war einfach nicht zu denken.

„Du willst tanzen lernen?“ fragte sie belustigt, als sie vor einer Auslage von bajoranischem Schmuck stehen blieben.

„Von Wollen kann keine Rede sein.“ Er hob eine Kette hoch, um die Steine besser im künstlichen Stationslicht betrachten zu können. „Man legte es mir nur nahe, wenn ich einen vernünftigen Repräsentanten Bajors in den Reihen der Föderation abgeben möchte.“

Man?“

„Nun ja“, er lächelte schief. „Du weißt ja selbst, dass ich gewissen Kreisen in der Regierung ein Dorn im Auge bin. Ich bin ja bloß ein Bauer - wie sie so schön betonen, nur hinter vorgehaltener Hand, versteht sich!“

„Hast du schon mal getanzt?“

„Wann denn? Ich möchte wissen, was das überhaupt damit zu tun hat.“ Er seufzte. „Aber irgendwann - spätestens vor dem nächsten Zusammentreffen mit Föderationsabgesandten - werde ich es wohl müssen.“

„Also da möchte doch zu gerne dabei sein“, lachte sie.

„Du wirst gar nicht darum herum kommen.“ Mit Genugtuung sah er ihr Lachen entgleisen. „Du bist immerhin so etwas Ähnliches wie eine First Lady für mich, oder nicht? Mit wem sollte ich sonst tanzen?“

„Ich und tanzen?“ Sie schien ehrlich entsetzt über diesen Gedanken. Mit völlig neuem Interesse wandte sie sich den Schmuckstücken auf dem Tisch zu. „Diese Kette hier ist besonders hübsch, findest du nicht auch?“ Erleichtert registrierte sie, wie er darauf ansprang, denn sie hatte schon vorher den Eindruck gewonnen gehabt, dass er den Stand nur angesteuert hatte, um etwas für sie auszusuchen. Damit, dass sie sich selbst für etwas begeisterte, gab sie ihm die beste Möglichkeit nachzuhaken.

Wie erwartet ergriff er sofort das erwähnte Schmuckstück. „Es würde dir gefallen?“

Sie nickte.

„Dann gehört es dir.“

Während er den Händler bezahlte, der erst kein Geld vom Premierminister annehmen wollte, schickte Kira ein stummes Stoßgebet zu den Propheten, dass das heikle Thema erst einmal gebannt war.

Kurz darauf war es für sie auch Zeit, sich zu verabschieden und ihre Schicht anzutreten. „Nimm dir heute Abend bloß nichts vor!“ warnte sie ihn, als sie ging. „Ich habe eine unvergessliche Nacht für dich geplant.“

* * *


„Herein.“ Shakaar lächelte, als sich die Tür öffnete und den Blick auf Major Kira freigab. Die Art, wie sie im Rahmen lehnte und ihn betrachtete, ließ keinen Zweifel an ihren Absichten aufkommen. Shakaars Lächeln wurde breiter.

„Ich konnte meine Schicht tauschen“, eröffnete sie grinsend. „Ich hoffe, du hattest für die nächsten Stunden nichts Wichtiges vor.“

Der Premierminister hob seine Handflächen in einer einladenden Geste. „Nichts, was sich nicht verschieben ließe.“

„Gut!“ Kira trat in den Raum, erlaubte der Tür, sich hinter ihr zu schließen und forderte den Computer auf, die Lichtintensität auf ein romantisches Dämmerlicht einzustellen. „Dann lass uns keine Zeit verlieren.“ Mit zwei Schritten stand sie vor Shakaar, wich geschickt mit dem Kopf seinem Kuss aus und legte stattdessen beide Hände zwischen seine Schenkel.

Er sog die Luft scharf ein. Ein leises „Nerys“ entrang sich ihm, als sie ihre Finger bewegte und ihn durch den festen Hosenstoff hindurch massierte. Er legte seine Arme auf ihre Schultern, um sich für den Ansturm ein wenig zu stabilisieren, während er sein Becken in die Hände vordrängte.

Kira nutzte die momentane Instabilität des großen Mannes sofort aus, um ihn in Richtung seines Bettes zu drängen. Der Bajoraner brauchte dafür keine zweite Einladung. Nur zu gerne ließ er sich in die Laken fallen und zog sie mit sich. Kira hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die leicht geöffneten Lippen, bevor sie sich wieder aus seinem Griff losmachte und sich über ihm aufrichtete.

„Heute will ich, dass du es mir überlässt, Edon“, hauchte sie. „Ich möchte dich wehrlos unter mir“, und mit einem frechen Grinsen fügte sie hinzu. „Meinst du, dass du das aushältst?“

Er erwiderte ihr Grinsen nicht minder unternehmungslustig. „Ich bin lernfähig.“

Dennoch war es ein wenig ungewohnt für Shakaar, als sich Kira nun über seine Kleidung hermachte. Sie schob sein Hemd über den Kopf, doch anstatt es ihm danach gänzlich von den Armen zu streifen, schlang sie den Stoff um seine Handgelenke. Es war nur eine symbolische Geste, Shakaar hätte sich leicht aus der Fesselung befreien können, doch es erzeugte dennoch ein neues Gefühl in ihm. Er, der es bisher immer gewohnt war, in allem die Oberhand zu besitzen, fand sich plötzlich in der passiven Rolle wieder. Erregende Erwartung machte sich in ihm breit, verstärkt durch die Tatsache, dass sich Kira wieder aufgesetzt hatte, und die Konzentration ihres Gewichtes nun zwischen seinen Schenkeln lag.

Die junge Frau betrachtete einen Augenblick lang anerkennend Shakaars muskulösen Brustkorb, dann öffnete sie den Verschluss ihrer Uniform und begann sich selbst daraus hervor zu schälen.

Shakaar musste ihr zugestehen, dass sie das wesentlich eleganter vollbrachte als er es getan hätte. Die bajoranischen Uniformen waren sicherlich bequem und den Militärberufen angepasst, doch sie waren in den Augen des Premierministers absolut unbrauchbar, wenn einem der Sinn nach spontanem Sex stand. Bis man sein Gegenüber aus diesem Ganzkörperanzug herausgeschält hatte, war jede Spontaneität verflogen.

Mit einem zufriedenen Lächeln beobachtete er daher nun, wie sie ihren Gürtel neben sich im Bett ablegte und wie kurz darauf ihre schönen Brüste erschienen. Seine Arme zuckten in dem Bedürfnis die Rundungen zu berühren, aber er wollte Kira nicht ihr Spiel verderben und zwang sich dazu, die Arme über seinem Kopf liegen zu lassen. Leicht fiel es ihm nicht.

Sie schaffte es jedoch, ihm diesen Gedankengang kurze Zeit später abrupt zu unterbrechen, als sie seine Hose mit raschen Handbewegungen aus dem Weg räumte.

„Na, viel Ermunterung brauchst du aber auch nicht mehr“, hörte er ihre grinsende Bemerkung. Seine Augen hatte er mittlerweile geschlossen, ganz den Gefühlen hingegeben, welche Kira und seine Lage in ihm auslösten. Er spürte ihre warmen Hände an seinen Oberschenkeln, gab dem leichten Druck nach, mit welchem die Frau ihn bat, ihr Raum zu schaffen, und öffnete die Beine. Kiras Finger strichen liebevoll über seine Haut, neckten ihn, dann fassten sie mit festem Griff zu.

Shakaar flüsterte ihren Namen und ließ ihn langsam in ein zufriedenes Brummen überlaufen, als Kira ihren Kopf hinunter beugte und ihre Lippen sprechen ließ. Behutsam bewegte er sein Becken in der warmen Feuchte ihres Mundes. Behutsam, weil er vermeiden wollte, ihr unangenehme Gefühle zu bereiten, und behutsam, weil er den Eindruck hatte, bei einer zu raschen Bewegung augenblicklich zu kommen.

Mit einem fast enttäuschten Stöhnen quittierte er die Tatsache, dass sie nach einiger Zeit ihren Kopf wieder zurückzog. Und wieder musste er aktiv den Drang unterdrücken, seine Hände zum Einsatz zu bringen. Es fiel ihm schwer, das Geschehen nicht mitbestimmen zu können. Er öffnete die Augen und sah Kira sich leicht aufrichten. Ihre Augen funkelten in dem dämmrigen Licht erregt, sie erschien ihm auf gewisse Weise zielstrebiger als sonst, so wie eine Raubkatze, die ihrem hilflosen Opfer auflauerte. Shakaar lachte leise, als „hilfloses Opfer“ hatte er sich noch nie gesehen.

Kira hatte sich über ihn gesetzt. Mit kräftigen Bewegungen ihrer Hüfte rieb sie sich an ihm. „Was gibt es zu lachen?“ wollte sie zwischen zwei Kreisen wissen.

Er schloss die Lider wieder, als die Massage erneut einsetzte. „Ich liebe dich, Nerys.“

„Davon bin ich jetzt ausgegangen.“ Sogar ihr leises Lachen hatte eine erotische Unterschwingung. Mit einem durch und durch zufriedenen Seufzen ergab er sich und seinen Körper ihrem Geschick. Und als sie ihn schließlich in sich aufnahm, löste sich sogar ein unerwartetes raues Stöhnen aus seiner Kehle. Es war befreiend.

Was Shakaar schließlich dazu veranlasste, die Augen wieder zu öffnen, hätte er danach selbst nicht eindeutig sagen können. Eine kurze Unterbrechung im Rhythmus, eine Veränderung in der Atmung, eine kaum spürbare Gewichtsverlagerung - es konnte alles und nichts davon gewesen sein. Er stand so kurz vor seinem Höhepunkt, dass er sich gewaltsam zwingen musste, die Augen zu öffnen. Doch eine innere Stimme, welche die Jahre des relativen Friedens auf Bajor nicht hatten unterdrücken können, trieb ihn dazu.

Er sah das metallische Glitzern, die rasche Bewegung und dann spürte er den Schmerz, als der Anschlag an einer Rippe abrutschte. Nur seinen guten Reflexen war es zu verdanken, dass er den Oberkörper hatte rechtzeitig wegdrehen können, um die Klinge von seinem Herzen abzulenken. Er wollte seine Arme hochreißen und musste in einem kurzzeitigen Anflug von Panik feststellen, dass die Fesseln um seine Handgelenke nicht so locker waren wie er das vermutet hatte. Diese Feststellung kostete ihn wertvolle Sekunden, welche Kira ausnutzte. Das erregte Glitzern in ihren Augen war immer noch vorhanden - und es hatte sehr viel weniger mit Erotik zu tun, als das Shakaar lieb gewesen wäre.

Der zweite Stich traf Fleisch, doch er sorgte auch dafür, dass der Bajoraner sich frei machte. Nur flüchtig fragte er sich, was bei den Propheten in Kira gefahren war. Seine Hauptaufmerksamkeit lag darin, sein Leben zu schützen, ganz gleich, welchem Gegner er gegenüberstand. Mit nun freien Händen warf er sich vorwärts gegen Kiras Messerarm.

Doch so leicht ließ sie sich das Messer nicht entwinden. Mit fast spöttischem Blick nahm sie den Zweikampf mit dem großen Bajoraner auf. Die Heftigkeit ihres Duells katapultierte die beiden aus dem Bett. Shakaar landete unsanft auf dem Rücken, was ihm die Luft aus den Lungen presste. Doch er ignorierte den erneuten Schmerz, um ihr keine Möglichkeit zu schenken, wieder einen Stich zu setzen.

Schließlich machte sich Shakaars schiere körperliche Überlegenheit bemerkbar, und es gelang ihm, Kira am Boden festzunageln. Schweratmend starrte er ihr ins Gesicht. Ihr Blick war provozierend, keine Spur von Reue zeigte sich darin.

„Warum?“ flüsterte er fassungslos. „Was habe ich dir getan?“

„Das fragst du noch?“ sie lachte verächtlich. „Du stehst Bajor im Weg - so einfach ist das.“ Sie spannte die Muskeln an und startete einen erneuten Ausfall gegen Shakaar.

Der Premierminister biss die Zähne zusammen. Es sah nicht danach aus, als könne er in irgendeiner Weise zu ihr durchdringen. Seine nächste Handlung war ihm peinlich, aber ihm fiel im Moment nichts Besseres ein.

Er befahl dem Computer, die Tür zu öffnen.

Zu jeder Zeit standen zwei Sicherheitsposten vor seinem Quartier, um Anschläge von außen abzuwehren. An die Anschläge von innen hatte natürlich niemand gedacht... Wie erwartet wurden die Wachen durch die sich öffnende Tür und die Geräusche des Handgemenges aufmerksam. Der Anblick, der sich ihnen bot, ließ sie erst einmal schlucken.

Premierminister Shakaar und ihr erster Offizier Major Kira lagen splitternackt am Boden. Shakaar hatte im Augenblick die Oberhand, seine breite Brust hob und senkte sich unter schwerem Atem. Die Blicke der beiden Wachen - beides Männer - wurden allerdings weit eher von den Brüsten der auf dem Rücken liegenden Kira angezogen. Die Szenerie sah nach nichts so sehr aus als nach einem wilden Liebesspiel zweier verdammt gut gebauter Bajoraner. Störend war nur die Tatsache, dass der Minister aus mehreren Wunden am Oberkörper blutete und ihre Vorgesetzte ein langes Messer in der Faust hielt, das ihr Shakaar augenscheinlich nicht abringen konnte.

Die Frau nutzte das Überraschungsmoment der Wachen. Da auch Shakaar seine Aufmerksamkeit auf die eintretenden Männer gerichtet hatte, gelang es ihr, sich von ihm loszureißen und zur Tür zu rennen. Die Posten waren viel zu überrascht, um rechtzeitig reagieren zu können. Mit zwei gezielten Schlägen hatte sie sich den Weg frei geboxt und rannte den Korridor entlang.

Shakaar richtete sich fluchend auf. „Bei den Propheten, verfolgt sie!“

Die beiden Männer setzten sofort der flüchtenden Bajoranerin hinterher, ihre Verwirrung ungebrochen. Einer von ihnen war aber noch geistesgegenwärtig genug, über Intercom den Sicherheitschef und den Arzt zu verständigen, damit der Premierminister nicht alleine zurückblieb.

* * *


Dr. Julian Bashir hatte gerade die Krankenstation zu seinem Schichtende verlassen, als ihn der Notruf zum Quartier Shakaars beorderte. Er machte noch einmal kehrt, packte sein Medikit und durchquerte dann die Promenade. Eine Bewegung im Augenwinkel ließ ihn innehalten. War da nicht eben...? Nein, das konnte nicht sein. Er wirbelte herum, in der Hoffnung, die Gestalt noch einmal auszumachen, die er eben geglaubt hatte zu sehen. Doch das geschäftige Treiben auf der Promenade erschien ihm wie immer, kein Surrealismus - und das, was er eben geglaubt hatte zu sehen, wäre eindeutig in diese Sparte einzuordnen gewesen.

Er schüttelte den Kopf als er sich auf den Weg zum Habitatring machte. Es war Zeit für Urlaub, wenn man sich einbildete, Major Kira nackt durch die Gegend rennen zu sehen.

Als er Shakaars Quartier betrat, vergaß er diesen Gedanken allerdings wieder. Der bajoranische Premierminister saß in einen Bademantel gehüllt auf der Bettkante und beantwortete geduldig die Fragen des Sicherheitschefs Odo. Doch sein Gesicht zeigte eine unnatürliche Blässe und Bashir konnte sehen, dass er sich unter dem Bademantel ein Handtuch auf die Seite gepresst hielt, dessen Ränder sich rötlich verfärbt hatten.

„Einen Augenblick, Odo.“ Bashir schob sich an dem Sicherheitschef vorbei.

Shakaar blickte den Arzt dankbar an und ließ sich von diesem ohne Widerworte auf das Laken zurückdrücken. Nur als Bashir ihm den Bademantel öffnen wollte, packte er dessen Handgelenk.

„Ich habe nichts darunter an“, zischte er durch zusammengebissene Zähne.

„Oh!“ Bashir hielt in der Bewegung inne. „Verstehe.“ Der Arzt streifte den Mantel über Shakaars Schulter hinunter, darauf bedacht, dass er ordentlich und züchtig auf der Hüfte des Bajoraners liegen blieb. Wäre der Blutverlust nicht so groß, Bashir hätte der Situation etwas Belustigendes abgewinnen können. Dem Minister war die ganze Angelegenheit offensichtlich reichlich peinlich. Während Bashir ihm das Handtuch abnahm und begann, die Schlimmste der Wunden zu behandeln, machte er sich seine eigenen Gedanken darüber, was geschehen sein musste, wenn Shakaar sich nackt solche Wunden zugezogen hatte. Ob er versucht hatte, mit einer Klingonin anzubändeln...?

„Was ist eigentlich passiert?“

„Es sieht so aus, als hätte Major Kira versucht, den Premierminister zu töten“, erklärte Odos Stimme hinter ihm.

Bashir zuckte vor Schreck zusammen, was Shakaar ebenfalls reagieren ließ, weil der Arzt mit seiner Wunde beschäftigt war. „Autsch!“

„Entschuldigung...“ Bashir starrte von Shakaar zu Odo und zurück. „Ich habe mich gerade eben verhört, richtig?“

„Leider nein“, stellte Odo fest. Seiner Stimme war deutlich die Besorgnis anzuhören, die Bashir seinerseits fühlte. „Wenn wir dem Premierminister glauben können, dann stammen diese Wunden von ihr.“

„Sie dürfen mir glauben“, bemerkte Shakaar mit leichtem Ärger. „Bei den Propheten, ich liebe Nerys. Ich würde so einen Blödsinn doch nicht erfinden.“

„Vielleicht haben Sie sich getäuscht...?“

„Doktor, ich bitte Sie. Ich bekomme gerade noch mit, mit wem ich schlafe.“

Bashir zuckte mit den Schultern. „Man muss doch jede Möglichkeit in Betracht ziehen.“

„Das habe ich auch schon, Doktor“, teilte Odo ihm mit.

„Sie haben?“

„Ja, er hat!“

Der Arzt lächelte Shakaar entschuldigend zu. Doch er war sich sicher, dass der Minister verstand, dass es ihnen nicht darum ging, seine Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Dann kehrte der Eindruck von vorher zurück und er hielt abermals inne.

„Was ist, Dr. Bashir?“

„Major Kira war dementsprechend auch... äh... nackt?“ fragte er vorsichtig nach.

Shakaar nickte.

„Du meine Güte! Dann habe ich sie tatsächlich vorhin auf der Promenade gesehen. Ich hielt es für eine schlichte Übermüdung meiner Augen.“

„Wann haben Sie sie dort gesehen?“ wollte Odo sofort wissen.

„Als ich hierher kam, es dürften keine 10 Minuten vergangen sein.“

Der Sicherheitschef trat ein wenig zurück und kontaktierte seine Suchteams. Bashir und Shakaar konnten nur Gesprächsfetzen mitbekommen, aber es wurde deutlich, dass Kira bisher noch nicht gefunden worden war.

Noch bevor Odo sein Gespräch beendet hatte, öffnete sich die Quartierstür und Captain Sisko trat ein, dicht gefolgt von Major Kira Nerys. Die Blicke der drei Männer im Raum wandten sich ihr augenblicklich zu.

„Was?“ Kira hatte eigentlich zu Shakaar hinübergehen wollen, um sich zu versichern, dass es ihm gut ging, doch die Gesichter brachten sie zum stoppen. Irgendetwas stimmte hier absolut nicht.

„Was ist los?“ wollte nun auch Sisko wissen, dem die gespannte Atmosphäre nicht entgangen war.

Odo beendete den Kontakt zu seinen Suchteams und trat vor. „Auf Premierminister Shakaar wurde ein Mordanschlag verübt, und die Indizien sprechen dafür, dass Major Kira die Täterin ist.“

„Netter Scherz“, grinste Kira wenig begeistert. Doch niemand lachte. „Es war ein Scherz, richtig?“ setzte sie vorsichtshalber hinzu. „Edon, das ist nicht dein Ernst!“

Shakaar wollte sich erheben, doch Bashir drückte ihn wieder zurück, weil er immer noch mit der Wunde beschäftigt war. Kiras Augen wirkten so verletzt. Wie konnte er hingehen und sie beschuldigen? Der Minister sah sie verzweifelt an, wie konnte er...? Aber es war Kira gewesen, er war doch nicht auf beiden Augen blind!

„Ich...“, setzte er an. Doch Captain Sisko unterbrach ihn. „Entschuldigung, wenn ich mich einmische, Minister Shakaar, doch wir sprechen von einem Anschlag, der vor weniger als einer halben Stunde verübt wurde, richtig?“

„Richtig.“

„Major Kira befand sich auf der Ops, das können alle dort anwesenden Offiziere und Techniker bestätigen.“

„Was?“ Odo, Shakaar und Bashir starrten erneut die Bajoranerin an, diesmal waren ihre Blicke überrascht. Dann wandten sich die beiden DS9-Offiziere dem Minister zu, der sich nun seinerseits plötzlich im Zentrum der misstrauischen Aufmerksamkeit wiederfand.

„Ich habe das nicht erfunden!“ verteidigte er sich lahm. „Nerys“, seine Augen suchten Hilfe bei der Frau, die er kurz zuvor noch beschuldigt hatte. „Du weißt, dass ich das nicht tun würde...“

„Nein, ich habe sie ja auch gesehen“, erinnerte sich Bashir abermals. „Sie lief nackt auf der Promenade...“

„Ich machte WAS?“ Die Großbuchstaben hingen förmlich im Raum.

Bashir fühlte sich genötigt, rasch hinzuzufügen: „Jemand, der aussah wie Sie - und zwar sehr aussah wie Sie - lief vorhin nackt über die Promenade.“

„Das ist ein Alptraum!“ befand Kira schließlich. „Ich werde mich jetzt zwicken und dann erwachen, in Ordnung!“

„Die beiden Wachposten, die uns hier gefunden haben, werden das ebenfalls bestätigen können“, fügte Shakaar für Kira nicht gerade hilfreich hinzu.

„Mr. Odo“, wandte sich Sisko an seinen Sicherheitschef. „Denken Sie das gleiche, was ich denke?“

Der Angesprochenen nickte. „Es klingt nach einem Gestaltwandler, der sich auf der Station eingeschlichen hat.“

„Nein.“ Sie sahen Shakaar an, als dieser erklärte: „während unseres Kampfes hat sie sich ebenfalls mit dem Messer geritzt, sie hat geblutet.“

„Na, wunderbar!“ seufzte der Captain. „Kosmetische Veränderung?“

„Das ist denkbar“, bestätigte Bashir.

„Könnten wir dann bitte die Suchmannschaften verstärken? Ich bin überhaupt nicht scharf darauf, dass jemand mit meinem Aussehen meinen Ruf hier auf der Station ruiniert!“

* * *


Die Männer an dem Nischentisch in Quark’s vergaßen ihre erste Überraschung schnell. Sie hatten natürlich schon vor ihrem Andocken an die Station Erzählungen über den ersten Offizier gehört. Die Berichte, die unter den Frachtermannschaften umgingen, sprachen stets von einer sehr hübschen Bajoranerin, die allerdings aggressiv, altmodisch und verklemmt sei. Wenn man schon mit den leitenden Offizierinnen Bekanntschaft machen wollte, dann sollte man sich auf jeden Fall an die Wissenschaftsoffizierin halten, welche als sehr offen und kameradschaftlich beschrieben wurde. Im Augenblick waren sich die Männer aber sicher, dass die Berichte - wie das meiste Raumfluggarn - völlig übertrieben waren. Die Bajoranerin war sehr hübsch, soweit würde niemand widersprechen, doch altmodisch und verklemmt? Nein, sie war offen - momentan sogar sehr offen!

Sie zog ihren Kopf wieder von dem Kuss zurück, um der Hand, welche in ihrem Ausschnitt steckte, einen spielerischen Klaps zu verabreichen. „Diese Teile des ersten Offiziers sollten eigentlich tabu sein“, erklärte sie dem Mann, auf dessen Schoß sie saß.

„Ach wirklich?“ Er lachte und gesellte seine zweite Hand zur ersten hinzu, um beide Brüste zu ergreifen. Sie täuschte ein erregtes Stöhnen vor, was die versammelte Mannschaft zu begeisterten Rufen animierte. Dann senkte sie ihren Blick, um ihn gleich darauf wieder mit einem zuckersüßen Lächeln zu heben. „Passt auf, Jungs, Eure Hosen halten das sonst nicht mehr aus!“

„Da könntest du recht haben...“

„Pst!“ Ihr Blick war auf den Eingang zu Quark’s gefallen, welcher sich ihrer Nische gegenüber befand. Dort standen zwei Sicherheitsleute und sahen sich suchend um. „Tut ihr mir einen Gefallen, Jungs?“ Der Tisch nickte unisono. „Im Moment stehe ich mit der Sicherheit nicht auf so unheimlich gutem Fuß und die Typen da drüben suchen mich. Ihr habt mich nicht gesehen, okay?“ Mit diesen Worten rutschte sie vom Schoß und zog sich in die Dunkelheit zurück. Die Männer grinsten ihr nach, und es war klar, dass sie ihr helfen würden. Einer erhob sich und warf den Tisch mit einem lauten Fluch um. Augenblicklich ging jeder auf jeden los und die Aufmerksamkeit der Sicherheitsleute war erfolgreich abgelenkt.

Sie schaffte es ohne weitere Probleme bei diesem Aufstand aus der Bar zu schlüpfen und in der Menge auf der Promenade unterzutauchen.

* * *



„Du hast keinen Unterschied gemerkt?“

Shakaar schien sich etwas weiter in die Kissen zurückziehen zu wollen. Dr. Bashir hatte die Wunden versorgt und angeordnet, dass er sich für einen Tag nicht heftig bewegen sollte und am besten im Bett bliebe. Dann hatten er, Odo und Captain Sisko sein Quartier verlassen, nur Kira war zurückgeblieben.

Im Moment wäre es dem Minister lieber, sie wäre ebenfalls gegangen. Er hätte ein wenig Zeit zum Nachdenken gebraucht, aber sie gab ihm keine Sekunde. Wie ein wütender - und sehr süß aussehender, wie Shakaar bemerkte - Racheengel lief sie vor seinem Bett auf und ab und wollte Antworten, die er im Augenblick einfach nicht hatte. War er wirklich so sexbesessen, wie ihm von bösen Zungen nachgesagt wurde, dass er den Unterschied nicht bemerkte?

„Bist du wirklich so sexbesessen, wie manche Leute das behaupten?“

Shakaar verzog das Gesicht, als wäre ihm ein Zahn ohne Betäubung gezogen worden. Das hatte er gerade noch gebraucht, dass Kira seine eigenen Gedanken aussprach.

„Du kannst nicht mal feststellen, ob du mich vor dir hast oder ein billiges Faksimile! War es denn wenigstens gut!“ Kira versuchte gar nicht, ihren Ärger zu verbergen. Sie war gedemütigt und eifersüchtig. Sie wollte jemand Besonderes für ihn sein, jemand Einzigartiges - und vor allem jemand, den er auch von anderen unterscheiden konnte, wenn die Kleider unten waren.

„Welchen Teil meinst du?“ fauchte er nun schließlich zurück. Langsam wurde es ihm zu dumm. Er ärgerte sich genügend über sich selbst. War es nicht schon Strafe genug, dass er beinahe mit dem Leben für seinen Fehler bezahlt hatte?

„Wie viele Teile gab es denn?!“ Sie baute sich Hände in die Hüften gestützt vor seinem Bett auf.

Shakaar biss die Zähne zusammen und setzte sich auf. „Das trage ich mir dir nicht im Liegen aus, Nerys.“ Er erhob sich. Nun standen sie beide mit wenigen Zentimetern Zwischenraum voreinander und funkelten sich an. Wie oft hatte es diese Szene früher schon zwischen ihnen gegeben, in den Zeiten des Widerstands, wenn Kira mit dem Kopf hatte durch die Wand gehen wollen und Shakaar dafür sorgte, dass sie die Tür benutzte. Es hatte sich nicht viel zwischen ihnen geändert - und auf gewisse Weise war es gut so.

Kira sah zu den blauen Augen empor, die so besonnen und nachdenklich blicken konnten, denen sie ihr halbes Leben lang vertraut hatte - und die nun so empört und in Stolz und Ehre verletzt wirkten. Und sie konnte ihre Wut einfach nicht mehr länger halten. Nein, sie glaubte nicht, dass er sie in irgendeiner Absicht hintergangen hatte. Er hatte sehr viele Frauen in seinem Leben gehabt, aber zu einer gegebenen Zeit war er immer treu gewesen, das konnte sie selbst bezeugen. Er war im festen Glauben gewesen, sie, Kira Nerys, vor sich zu haben.

Zuerst versuchte sie noch, ihren determinierten Gesichtsausdruck festzuhalten, aber ihre Mundwinkel entwickelten ein Eigenleben und begannen zu zucken. Augenblicklich veränderte sich der Blick in Shakaars Gesicht, ein wenig Hoffnung schimmerte in seinen hellen Augen, als er die Brauen fragend anhob. Kira senkte den Kopf und begann leise zu lachen.

„Es geht nicht, Edon. Ich konnte mich noch nie lange mit dir streiten.“

Er hob seine Arme und fasste ihre Schultern. „Das ist ein riesiges Glück für mich.“ Vorsichtig zog er sie an sich, bis er sein Kinn auf ihren Kopf legen konnte. „Du musst mir glauben, dass sie dir so ähnlich war. Sogar die Stimme war deine. Mir kam einfach nicht der Gedanke, erst zu überprüfen, ob das wirklich du warst, die in mein Quartier kam... Es tut mir leid, es tut mir so leid, Nerys. Ich liebe dich, bitte glaub’ mir das.“

Sie zog ihren Kopf unter seinem hervor und legte ihn in den Nacken. „Ich weiß das doch, Shakaar Edon.“ Ihre Hände griffen nach seinem Nacken, um sein Gesicht zu einem langen Kuss herunterzuziehen. Danach meinte sie: „Es würde mich nur interessieren, warum sie dich nicht gleich angegriffen hat, sondern erst noch mit dir schlafen musste...“

Er zog das Genick ein wenig ein, als er augenzwinkernd antwortete: „Du weißt doch, dass mir nur wenige Frauen widerstehen können.“

„Das genügt, Edon!“ ermahnte sie ihn in gespieltem Ernst. „Du legst dich am besten sofort wieder hin, bevor du einen Ringkampf mit mir austrägst. Julian wird ohnehin nicht begeistert sein, dass du hier auf den Beinen bist, nur um den starken Mann herauszuhängen.“

„Hey, ich...“, protestierte er halbherzig, ließ sich aber von Kira auf das Bett zurückdrücken. Sie deckte ihn zu und küsste ihn noch einmal.

„Versuch einfach ein wenig zu schlafen. Ich werde mich jetzt ebenfalls an der Suche nach mir beteiligen.“ Sie ging zur Tür. Kurz davor wandte sie sich noch einmal um. „Und falls ich vor Ablauf von zwei Stunden schon wieder hier auftauchen sollte, schieß auf mich!“

* * *


Dr. Bashir und Lieutenant Commander Dax flanierten die Promenade entlang als würden sie lediglich ihre Freizeit dort verbringen. Doch ihre Blicke huschten immer wieder in Nischen und Ecken, um eventuell dort einen Blick auf eine Kira-ähnliche Bajoranerin zu erhaschen, die dort nicht sein sollte.

„Also davon muss ich unbedingt irgendwann die Details erfahren“, bemerkte Dax im Augenblick, während sie wie zufällig in eine weniger belebte Ecke schlenderte. Aber auch dort war niemand Verdächtiges zu erkennen. „Er hat wirklich mit ihr geschlafen?“

„Das ist das, was ich mitbekommen habe.“ Bashir schob seinen Kopf interessiert um die Ecke eines kleinen Ladens, auch dort keine Kira. „Auf jeden Fall hatte er nichts an - und auch die Kira nicht, die ich hier auf der Promenade gesehen habe.“

Dax grinste breit. „Was das für Gerüchte geben muss! Wenn du sie nackt gesehen hast, dann mit Sicherheit auch andere. Nerys wird toben.“

„Und erst, wenn sie erfährt, was Quark erzählt hat, wie sich der vermeintliche erste Offizier in der Bar aufgeführt hat.“ Auch Bashir schaffte es nicht, ernst zu bleiben.

„Also in ihrer Haut möchte ich nicht...“

„Da ist sie!“ Bashir berührte Dax am Arm und deutete die Promenade hinunter. Kira kam mit großen Schritten auf die beiden Starfleet Offiziere zu, ihr Gesicht sah wenig begeistert aus.

„Ist das die Echte?“ fragte der Arzt aus dem Mundwinkel.

„Die Falsche wird garantiert nicht so offen hier herumlaufen“, mutmaßte Dax.

„Und wenn sie davon ausgeht, dass wir genau das denken?“

Die Trill sah sich fragend zu ihm um. „Und was machen wir?“

Bashir zuckte ebenso hilfreich mit den Schultern. „Keine Ahnung.“

„Habt ihr etwas gefunden?“ rief Kira noch bevor sie die beiden gänzlich erreicht hatte. „Ich habe langsam die Nase voll davon, dass mir wildfremde Leute auf der Promenade Blicke zuwerfen, so als wüssten sie etwas über mich, was ich selbst nicht weiß!“

Bashir und Dax sahen sich an: es klang nach Kira.

„Leider nein. Ein paar Leute haben erzählt, dass sie sie... äh... gesehen haben. Aber das ist so ziemlich alles, was wir bisher aufweisen können.“

„Tolle Stationssicherheit“, murrte die Bajoranerin.

„Jadzia, Julian, habt ihr etwas...!?“

Sie fuhren herum und erblickten hinter sich ... Kira Nerys. Die beiden Offiziere wandten sich wieder um: richtig, auf der anderen Seite stand die Bajoranerin ebenfalls. Die beiden Frauen, die sich wirklich verdammt ähnlich sahen, starrten einander an.

Eine müsste jetzt die Flucht antreten und die andere die Verfolgung aufnehmen, mutmaßte Dax, und so würden sie endlich wissen, an wem sie waren. Aber zu ihrer Verblüffung - und Verärgerung - nahmen beide Kiras gleichzeitig die Verfolgung auf. Mit einem Sprung konnten sich Dax und Bashir gerade noch aus der Linie retten, bevor die beiden aufeinander losgingen.

„Wer?“ formte Bashirs Mund tonlos.

Dax verfolgte angespannt die Handgreiflichkeit und die Beschuldigungen, die sich die beiden Kontrahentinnen an den Kopf warfen. Schließlich deutete sie auf eine der beiden. „Sie.“

Bashir war augenblicklich zur Stelle. Er packte die Bajoranerin von hinten so gut es ging. Der Blick der Frau änderte sich, als sie merkte, dass sie die Offiziere nicht mehr täuschen konnte. Ein wilder Jagdinstinkt flackerte auf, den sie in dieser Art noch nie bei Kira gesehen hatten.

„Julian, pass auf!“ konnte Dax ihm noch zurufen, als die Frau sich auch schon behände aus dem Griff freigewunden hatte und ein Messer zutage förderte. Nun ging sie auf den Arzt los. Die Trill zog ihren Phaser, doch sie wagte es nicht, ihn einzusetzen, aus Angst, den Arzt zu treffen, der dann sicherlich mit einem Messer im Bauch geendet hätte. Kira neben ihr steckte ihre Waffe ebenfalls wieder weg. Ihre Doppelgängerin war unheimlich flink und wendig. Sie musste eine ausgezeichnete Kampfausbildung hinter sich haben. Stattdessen stürzte sich die Bajoranerin wieder auf die Frau. Es wäre doch gelacht, wenn sie nicht mit ihr fertig werden würde!

Dax zögerte, ob sie es ihr gleich tun sollte, befürchtete aber, dass sie die anderen dann mehr behindern würde als ihnen nützen. So drehte sie ihren Phaser um und benutzte ihn zur ältesten Verteidigung der Welt.

Beim zweiten Kopf hatte sie den richtigen erwischt.

Kira kam wieder auf die Beine und betrachtete die beiden bewusstlosen Gestalten am Boden. „Das ist keine Bajoranerin, so eine Kampfausbildung habe ich bei uns noch nicht erlebt.“

„Das denke ich mir auch“, murmelte Dax, während sie neben Bashir niederkniete und in dessen Medkit nach einem Mittel suchte, um ihn wieder aufzuwecken. „Ich muss meine Zielgenauigkeit einfach noch verbessern.“

„Woher hast du gewusst, welche von uns beiden die Richtige war?“ wollte Kira wissen. „Ich meine, nicht einmal Edon hatte den Unterschied bemerkt.“

Dax zuckte mit den Schultern. „Sie hat dich gewandter mit Worten angegriffen und dabei nicht mit der Wimper gezuckt. Du hingegen tendierst dazu, leicht nervös zu werden.“

„Werde ich nicht!“ empörte sich die Major.

„Okay, dann habe ich einfach nur gut geraten.“ Dax sah zu ihr auf und schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln.

* * *



„Sie ist Cardassianerin“, berichtete Bashir, was Kira mit einem Nicken quittierte, sie hatte das erwartet.

„Und ich wette, sie gehört zum True Way. Shakaar ist ihnen ein Dorn im Auge, weil es dank ihm zum ersten Mal den Anschein hat, als ob die bajoranische Regierung an einem Strang ziehen würde, und zwar in Richtung einer Eingliederung in die Föderation. Mit ihm aus dem Weg wäre wieder Platz für die zerstrittenen Fraktionen und einer weiteren Verzögerung des Beitritts.“ Sie betrachtete die Frau auf der anderen Seite der Energiebarriere in der Zelle. Besonders besiegt wirkte diese nicht. Sie blickte Kira aus deren eigenen Augen triumphierend an, und die Bajoranerin verspürte gute Lust hineinzuschlagen.

„Er erwähnte, dass dieses Mal besser gewesen wäre als jedes andere davor“, bemerkte die Gefangene leichthin, doch es traf bei Kira augenblicklich die richtige Stelle. Ruhig, Nerys. Lass ihre Worte einfach an dir abprallen, mahnte die Bajoranerin sich selbst.

„Und wie er stöhnt! So ein Mann gehört nicht in die Regierung, sondern in ein Bordell. Hat ihm das noch keiner gesagt?“

Bashir legte Kira die Hand auf den Arm. „Kommen Sie, Nerys. Das brauchen wir uns nicht anzuhören.“

„Ich wette, er hat die Besatzung überlebt, weil er sich durch die diversen Betten geschlafen hat...“

„Wer hat sich wo durchgeschlafen?“ Der Minister betrat die Arresteinheit. Er hatte gehört, dass die Frau festgenommen worden war, und wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, wie er dem Irrtum hatte erliegen können, sie für Kira zu halten.

„Hören Sie nicht auf sie“, ermahnte Bashir ihn. „Sie läuft sich gerade warm.“

„Da ist er ja.“ Die Frau schien in der Tat auf eine gewisse Art begeistert zu sein, ihn zu sehen. „Es hat mir wunderbar mit dir gefallen, Edon. Ich habe deiner kleinen Freundin gerade schon erzählt, dass du mit deiner Qualität in der Politik am völlig falschen Ort gelandet bist.“ Sie strich sich mit ihrer Zunge über die vollen Lippen. „Na, wollen wir nicht hier noch mal...? Ich seh es dir an, dass du Lust hast - besonders deiner Hose...“

Noch während sie hinsah, verfluchte sich Kira dafür, dass sie es getan hatte. Neben sich konnte sie erkennen, dass auch Bashir verlegen seinen Kopf wieder nach oben riss. Shakaar trat einen Schritt nach vorne an die Energiebarriere heran, um aus dem Sichtfeld der anderen beiden zu kommen, nicht ohne sich vorher flüchtig versichert zu haben, dass seine Kleidung so glatt anlag, wie sie anliegen sollte. Aber es war eine Anziehung da, das konnte er nicht bestreiten. Die Frau vor ihm war viel zu sehr eine wilde Variante von Kira, um ihn kalt zu lassen. Sie stand nun ebenfalls nah an der Barriere und sah ihm in die Augen.

„Ich weiß nicht, was Sie damit vorhaben“, bemerkte Shakaar so ruhig wie möglich. „Aber hier ist niemand beeindruckt.“

„Wirklich nicht?“ Sie ließ seine Augen nicht los.

Kira bemerkte die fließende Bewegung ehe sie jemand anderes wahrgenommen hatte. „Edon!“ Mit einem Aufschrei warf sie sich gegen den Minister. Ihr eigener Schrei mischte sich mit einem zweiten - einem triumphalen - Schrei. Ihre Schulter brannte, wo das Messer steckte. Wie betäubt nahm sie wahr, dass Shakaar sich unter ihr bewegte. Dann wurde sie ohnmächtig.

Bashir starrte die Szenerie nur fassungslos an. Es war zu schnell gegangen und nur langsam tröpfelte die Erkenntnis in sein Bewusstsein. Er hörte hinter sich die Schritte Odos und sein herrisches „Was ist passiert?“ Dann verstummte auch der Sicherheitschef und starrte auf die reglose Gestalt, die auf dem Bauch am Boden lag - auf dieser Seite der Energiebarriere.

„Wer hat sie aus der Zelle gelassen?“ wollte er tonlos wissen, wie als müsse er seinen gerechten Zorn über so eine Dummheit mit aller Gewalt im Zaum halten.

„Niemand.“ Bashirs Hand deutete automatisch auf die Zelle. „Sie hat sich hindurch gestürzt.“

„Das überlebt niemand“, stellte Odo missmutig fest.

„Ich bin mir auch sicher, dass sie das nicht getan hat.“

Da fiel Odos Blick auf die verletzte Kira, die eben von Shakaar behutsam auf den Arm gehoben wurde. Er setzte die Bruchstücke zusammen. „Sie hat den Minister angegriffen?!“

Der Bajoraner nickte. „Und sie hätte mich dieses Mal erwischt, wenn Nerys nicht geahnt hätte, was sie vorhatte. Ich bin blind hineingelaufen.“

Betroffen sahen sich die drei Männer an. Ihr Hass auf Shakaar oder ihre Konditionierung mussten so stark gewesen sein, dass sie ihr die Kraft verliehen hatten, ihre Leben für diesen einen Stich einzusetzen. Der Minister schauderte, er wusste aus Erfahrung, dass es keine rationale Möglichkeit gab, sich gegen Kämpfer zu schützen, die ihr Ziel über alles stellten: über Moral, über jede Fairness und über ihr Leben. Er war einst selbst einer von ihnen gewesen.

* * *


Zwei Tage später schlenderten Kira und Shakaar wieder über die Promenade. Sie hatten gerade einen Termin bei Dr. Bashir hinter sich gebracht, der sie nun beide wieder für fit erklärt hatte „für alle Aktivitäten, die Sie auch immer vorhaben“ wie er sich so schön ausgedrückt hatte. Und sie hatten vor, das auch auszunutzen.

„Ich glaube nicht, dass du es dir weiterhin leisten kannst, ohne Leibwächter herumzulaufen“, bemerkte Kira nachdenklich. „Sie werden nicht ruhen, bis sie dich haben.“

„Ich weiß, Nerys“, er legte seinen Arm um ihre Schulter. „Und es wäre gelogen, wenn ich behauptete, ich hätte keine Angst davor. Sie wenden unsere eigenen Methoden gegen uns ... gegen mich.“

„Naja“, Kira zog ein schräges Lächeln. „Sieh’ es von der positiven Seite - sogar Cardassianer sind lernfähig.“

Shakaar starrte sie an, nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. „Danke für diese Beruhigung“, meinte er schließlich zynisch. Er zögerte kurz, dann fuhr er fort: „Was ich dich schon seit zwei Tagen fragen wollte, woher hast du gewusst, was sie vorhatte? Ich habe nun wahrlich nicht die schlechtesten Reflexe, aber ich hätte es zu spät bemerkt.“

Kira zuckte mit den Schultern. „Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit. Ich glaube, ich hätte so reagiert, wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, und man bei mir beim Durchsuchen ein Messer übersehen hätte. Und es erschreckt mich ein wenig festzustellen, dass wir uns vielleicht doch ähnlicher waren, als ich wahrhaben wollte.“ Sie zuckte nochmals mit den Schultern. „Aber dann wiederum: vielleicht war es einfach nur eine glückliche Eingebung der Propheten in diesem Moment.“

Shakaar nickte zustimmend. „Halten wir diese Möglichkeit in unseren mentalen Akten fest, okay?“

„Okay!“

Eine Gruppe von Frachterpiloten marschierte an ihnen vorbei, als sie in den Korridor zum Habitatring bogen. Noch in Gedanken nickte Kira ihrer freundlichen Begrüßung zu und strich sie augenblicklich wieder aus ihrem Gedächtnis, als ein satter Schlag auf ihrem Hintern landete. Mit aufgerissenen Augen machte sie sich von Shakaar los und wirbelte herum. Einer der Männer lachte sie an.

„Na, Süße, sehen wir dich bald mal wieder im Quark’s?“

Die Antwort darauf bestand in einer Faust auf seiner Nase und würde sicherlich einen neuen Bericht über den sehr hübschen, aber völlig aggressiven ersten Offizier von Deep Space Nine in Umlauf setzen.

Kira packte die Hand des überrascht daneben stehenden Shakaar und zog ihn mit sich den Korridor hinunter. „Ich werde Jahre brauchen, um das wieder gerade zu ziehen, was sie hier verbogen hat“, fluchte sie ausgiebig.

Doch kurz darauf beschloss auch sie, dass es nun genug Ärger für die Tage gewesen war. Sie stand in Shakaars Quartier, ihre Kleidung lag unbeachtet in einer Ecke und sie betrachtete ihren Liebhaber. Es war ihr zwar nicht ganz klar, was er eigentlich machte, aber der Anblick, den er dabei bot, war zu schön, um nicht ausgekostet zu werden. Er war ebenfalls nackt und stand mit dem Rücken zu ihr, seine Beine ein wenig auseinander, sein Rücken gebeugt, weil er mit irgendetwas auf der Kommode neben dem Bett hantierte. Sie trat zu ihm, legte beide Hände auf seinen Hintern. Mit großen Kreisen massierte sie ihn und entlockte ihm damit ein höchst zufriedenes Brummen. Als er sich immer noch nicht herumdrehte, ließ sie ihre Finger zwischen seinen Schenkeln hindurch wandern und umfasste ihn zärtlich.

„Was machst du denn da?“ wollte sie wissen, während sie ihren Kopf auf seinen Rücken legte und die sanfte Bewegung, die sie mit ihren Händen auslösen konnte, genoss.

„Ich musste erst herausfinden, wie das hier funktioniert.“ Mit diesen Worten richtete er sich auf und wandte sich um.

Kira starrte das Gerät in seinen Händen ungläubig an. „Das ist ein...“

„... medizinischer Tricorder“, bestätigte er und hielt ihn auf Kira gerichtet.

„Was?“

„Man kann heutzutage nicht vorsichtig genug sein“, erklärte er mit einem jungenhaften Grinsen, während seine Augen die Anzeige verfolgten. Noch ehe er die Worte „In Ordnung, bajoranisch.“ vollständig aussprechen konnte, hatte sie ihm das Instrument aus der Hand gerissen und ihn auf das Bett geworfen.

„Shakaar Edon, das schreit nach Rache!“


Ende

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