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Freundschaft

von Gabi

Kapitel 1

Kira half Shakaar den Tisch abzuräumen. Das Geschirr stellte der große Bajoraner in eine Spülwanne mit Wasserhahn.

Sie musste lächeln. Gegen die Replikator erstellten und wieder vernichteten Geschirrstücke auf DS9 wirkte Shakaars Heim seltsam archaisch. Er hätte es sicherlich anders haben können, doch sie war sich sicher, dass er das nicht wollte.

Lupaza und Furel waren nach einem wunderbaren Abendessen und einer melancholischen Gesprächsrunde über die alten Zeiten auf ihre eigene Farm zurückgekehrt. Es hatte so gut getan, die alten Haudegen wiederzusehen. Sie, Kira, lebte nun zwar ein neues Leben mit neuen Freunden, doch dieses war gerade einmal drei Jahre alt. Mit ihren Kampfgefährten verbanden sie dreizehn gemeinsame Jahre an Tag und Nacht, in Leben und Tod. Dieses Band würde für immer halten.

„Du solltest öfters herkommen“, bemerkte Shakaar vom Spülbecken her. „Wir haben dich hier vermisst.“

Kira griff nach einem Geschirrtuch. „Glaub mir, Edon, das werde ich machen. Ich hatte einen wunderbaren Abend.“

Er lächelte. „Das freut mich zu hören, Nerys.“

Später saßen sie gemeinsam vor einem prasselnden Kaminfeuer mit Weingläsern in den Händen.

„Das vermisse ich auf DS9.“ Kira hatte Stiefel und Uniformjacke ausgezogen und streckte ihre besockten Füße nun genüsslich der Wärme entgegen. „Einen Kamin in meinem Zimmer.“

„Kannst du dir nicht einen herstellen lassen?“ Shakaar hatte sich ebenfalls auf den Boden gesetzt, sein Kopf lehnte an der Armlehne eines dahinterstehenden Sessels. Mit geschlossenen Augen genoss er Wärme und Wein.

Kiras leises Lachen ließ ihn kurzzeitig ein Auge öffnen.

„Was meinst du, was die Starfleet-Feuermelder für einen Aufstand veranstalten würden, wenn ich ein offenes Feuer auf der Station entzündete? Du kannst dir gar nicht vorstellen, was wir anfangs für ein Chaos hatten, bis die Dinger so eingestellt waren, dass sie die großen Meditationskerzen im Tempel akzeptierten. Mehr als einmal hatten wir Beschwerden eines völlig durchnässten Prylaren.“

Shakaar stimmte nun in ihr Lachen ein. „Da lobe ich mir doch die gute alte Handarbeit.“

„Mir ist schon aufgefallen, dass du dich hier weitgehend technikfrei durchschlägst.“

Er zuckte mit den Schultern. „Es gefällt mir besser so.“

Sie sah zu ihm hinüber, nutzte den Augenblick, da er immer noch die Augen geschlossen hielt, und wuschelte ihm rasch durch die halblangen Haare, bis sie ihm in die Stirn und über die Augen hingen. „Ist das auch der Grund, warum du einen Friseur meidest?“

Auf dieses Attentat hin richtete sich Shakaar lediglich ein wenig auf und blies sich die Haarsträhnen aus den Augen. „Ich bin nicht im Militär, ich muss mir keinen raspelkurzen Vorschriftsschnitt antun.“

Kira fuhr sich unbewusst durch das eigene Haar. „Es ist praktisch.“ Dann lehnte sie sich zu ihm hinüber. „Hast du nicht auch schon einmal mit dem Gedanken gespielt, dem Militär beizutreten?“

Shakaar schüttelte den Kopf. „Ich bin ein Farmer.“

„Du warst längere Zeit deines Lebens ein Soldat als ein Farmer“, gab sie zu bedenken.

„Hier vielleicht schon“, er berührte mit der Hand seine Stirn, dann wechselte er die Hand auf seine Brust. „Aber nicht hier. Und überhaupt“, fügte er augenzwinkernd hinzu, bevor der Moment zu ernst wurde, „habe ich 25 Jahre Anweisungen erteilt. Ich könnte von niemandem Befehle entgegen nehmen.“

Kira ließ das Gesagte auf sich wirken, dann nickte sie bekräftigend. „Nein, das könnte ich mir bei dir auch nicht vorstellen. Du würdest wahrscheinlich am ersten Tag bereits ein Disziplinarverfahren wegen Insubordination am Hals haben.“

„Na bitte“, er hob die Schultern.

„Aber du wärst ein wunderbarer General“, unternahm Kira einen weiteren Versuch.

Er blickte sie an, seine Augen waren voller Zweifel. „Um dann von Politikern meine Anweisungen zu erhalten? Solchen Typen wie Kai Winn? Nein danke!“ In seinen Mundwinkeln zuckte es verräterisch. „Und überhaupt müsste ich mir dann ja die Haare schneiden.“

Er konnte sein Weinglas gerade noch in Sicherheit bringen, bevor ihn Kiras Faust am Oberarm traf. „Du hast dich nicht geändert, Shakaar Edon!“

„Hätte ich denn sollen?“

Sie lachte. „Oh nein, ich mochte dich immer genauso wie du bist.“

Mit dem geretteten Weinglas prostete er ihr zu. „Wie gefällt dir denn dein neues Leben? Du hast ja keine Zeit verloren, dich in den Militärdienst zu stürzen.“

„Edon, das ist alles, was ich gelernt habe“, bekannte sie reumütig. „Und ich hatte einen verdammt guten Ausbilder.“ Sie prostete ihm nun ihrerseits zu.

Er nahm das Kompliment mit einem schweigenden Kopfnicken an.

„Der Posten als Verbindungsoffizier auf DS9 ist wunderbar“, fuhr sie fort. „Ich sitze direkt im Mittelpunkt des Geschehens …“

„… und das ist genau das Richtige für Kira Nerys“, bemerkte er.

„… und das ist genau das Richtige für mich“, bestätigte sie grinsend. „Ich fühle mich lebendig und wichtig.“

„Das merkt man dir an. Wenn ich das sagen darf: du wirkst selbstsicherer als früher.“

„Ehrlich?“ Sie hob erfreut die Augenbrauen.

„Hmm“, er nickte. „Du bist nicht mehr das kleine Mädchen.“

„Also das bin ich ja schon seit einiger Zeit nicht mehr.“ Sie schenkte ihm einen empörten Blick. „Jetzt sag nicht, das hast du nicht bemerkt.“

Er neigte entschuldigend den Kopf. „Für mich warst du das irgendwie immer. Ganz gleich, mit wie vielen Phasergewehren du hantiert hast.“

„Hast du ein Glück, dass du ein Glas in der Hand hältst“, bemerkte sie nur halb im Scherz.

„Apropos. Möchtest du noch mehr Wein?“ wechselte Shakaar elegant das Thema.

Kira nickte, dann hielt sie Shakaar am Arm fest, damit dieser nicht das Gleichgewicht verlor, während er sich zur Weinflasche hinüberbeugte ohne aufzustehen. Schließlich hatten sie ihre beiden Weingläser und die Flasche zwischen sich auf dem Boden stehen. Beide grinsten vor sich hin wie Kinder.

„Bei den Propheten, ich habe unsere gemeinsamen Abende vermisst“, erklärte Shakaar, während er ihr mit dem neu gefüllten Glas zuprostete.

„Auf viele weitere solcher Abende“, stimmte Kira in den Toast ein.

Shakaar nahm einen großen Schluck. „Der ist einfach vorzüglich. Ich überlege mir, ob ich nächste Saison nicht beginnen sollte Reben anzubauen. Die Lage hier würde es hergeben. Natürlich muss der Boden erst einmal für Botan und Catterpod hergestellt werden. Aber ich denke, das packe ich diese Saison noch, insofern diese Winn uns die Reklamatoren lässt. Mit Lupaza habe ich schon ein paar Sorten … was ist?“

Er blickte irritiert in Kiras Gesicht. Die junge Frau hatte ihm mit einem breiten Grinsen gelauscht, jetzt versuchte sie rasch, eine neutrale Miene aufzusetzen, aber es gelang ihr nicht gänzlich.

„Nichts“, winkte sie ab. „Sprich weiter, Edon. Es ist nur … ich hab dich noch nie so lang am Stück reden hören.“

„Was soll das heißen?“ Er hob die Augenbrauen.

„Nun ja. Du musst zugeben, dass Reden nicht wirklich deine Stärke war. Durch deine Lagebesprechungen sind wir alle ziemlich gut im Lippenlesen geworden …“

Jetzt war es an Kira sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

„Ich werde dich lehren, so über deinen Chef zu sprechen“, lachte Shakaar.

„Ex-Chef!“ stellte Kira richtig.

„Alleine deswegen wäre es vielleicht doch eine verführerische Idee, dem Militär beizutreten, nur um dich wieder herumkommandieren zu können.“

„Na bitte!“

„Nein“, Shakaar schüttelte den Kopf. „Das Leben ist hinter mir. Ich will nichts mit diesem zerstrittenen Politiker-Haufen zu tun haben, der sich unsere Regierung schimpft.“

„Aber wenn niemand aufsteht, kann sich auch nichts ändern“, gab Kira zu bedenken.

Shakaar prostete ihr erneut mit dem Weinglas zu. „Deswegen tendiere ich zu Lupazas Meinung, dass wir die Reklamatoren nicht herausrücken werden. Das wäre doch schon einmal eine kleine Änderung im Gefüge.“

Kira blickte ihn ein wenig unglücklich an. „Ich weiß einfach nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kann Eure Argumente verstehen, aber ich verstehe auch Kai Winn. Bitte rede erst mit ihr, bevor du dich entscheidest.“

„Ja, ich habe es dir versprochen, und ich werde es auch tun.“

„Ich kann mir vorstellen, dass Lupaza und Furel deiner Entscheidung folgen werden, egal wie sie ausfällt.“

Er nickte. Wahrscheinlich hatte Kira recht. Die Shakaar existierte zwar seit drei Jahren nicht mehr, doch er war sich ziemlich sicher, dass sein Wort immer noch großes Gewicht bei den ehemaligen Widerstandskämpfern hatte.

„Ich werde meine Entscheidung gründlich bedenken“, versprach er. Seine Hand griff nach der nun leeren zweiten Weinflasche. „Es ist spät. Wie sieht es aus, Nerys. Bleibst du heute Nacht hier oder musst du zu deiner Station zurück?“

Sie deutete zu der großen Schultertasche hinüber, die sie mitgebracht hatte. „Ich hatte vor hier zu bleiben, wenn es okay für dich ist. Ich habe eine Woche Sonderurlaub wegen dringender innerbajoranischer Angelegenheiten.“

„Es ist mir sogar sehr recht.“ Shakaar erhob sich von seinem bequemen Platz vor dem Kamin. „Es tut gut wieder mit dir reden zu können.“

Kira richtete sich ebenfalls ein wenig widerwillig auf. Ihre Stiefel schob sie mit dem Fuß aus dem Weg. Auf Socken ging sie zur Haustür zurück, wo ihre Tasche lag. „Wo kann ich schlafen?“

„Komm mit.“ Shakaar hatte Gläser und Flasche in die Spüle geräumt und führte Kira nun zum Nebenzimmer. „Wenn dich die Unordnung nicht stört, kannst du mein Bett haben.“ Er deutete auf das Möbelstück, welches genauso wirkte, wie er es an diesem Morgen offensichtlich verlassen hatte.

Kira hob die Augenbrauen. „Von Aufräumen hältst du nicht viel?“

Shakaar zuckte mit den Schultern. „Hättest du dich angemeldet, hätte ich es sicherlich getan.“ Er ging zum Bett hinüber, schüttelte Kissen und Decke auf und sammelte seine Schlafsachen zusammen.

„Wo schläfst du?“

„Ich hol mir ein paar Decken und mach es mir hier auf dem Boden bequem.“

„Nein, das kann ich nicht zulassen, ich …“

„… werde auf dem Boden schlafen. Es kommt gar nicht in Frage, dass du dein Bett für mich hergibst“, er brachte sie mit einer erhobenen Hand zum Schweigen. „Spar dir die Worte, Nerys. Es ist okay so. Ich könnte ja auch draußen das Sofa nehmen. Aber ich habe Lust noch ein bisschen mit dir zu reden.“

Sie lachte geschlagen auf und umarmte ihn spontan. „Danke.“

Als sie in Shorts und T-Shirt wieder aus dem Badezimmer herauskam, hatte Shakaar sein Lager bereits aufgeschlagen. Er warf ihr einen anerkennenden Blick zu. „So gefällt es mir besser.“

„Was?“ Kira blickte verwundert an sich hinunter. „Mein Schlafzeug?“

„Nein“, Shakaar lachte. „Du hast dich abgeschminkt. Das viele Makeup ist nicht so dein Ding – finde ich.“

Sie schenkte ihm einen rügenden Blick. „Das ist die neue Kira Nerys.“

„Mir gefiel die alte besser.“

„Du wirst dich an die neue gewöhnen müssen.“

Er zuckte mit den Schultern. „Sieht wohl so aus.“ Während er sich unter den Decken zurecht legte, grinste er jedoch bereits wieder. „Ich denke, das werde ich hinbekommen.“

Kira kuschelte sich in die Decke. „Hmmm, das riecht nach dir. Erinnert mich einfach wieder an die alten Tage.“

„Was? Schweiß und ungewaschene Socken?“

Beide brachen in Gelächter aus.

„Bei den Propheten“, gluckste Kira, „es tut so gut, wieder mit dir herumzublödeln. Weißt du eigentlich, dass du das nächste an Familie bist, was ich habe, Edon?“ Sie ließ einen Arm aus dem Bett baumeln.

Shakaar ergriff ihre Hand. „Das geht mir ganz genauso, Nerys.“

Für kurze Zeit schwiegen sie und lauschten dem Atem des anderen. Schließlich räusperte sich Kira: „Bist du mit jemandem zusammen?“

Er lachte leise auf. „Meinst du das Chaos hier würde eine Frau aushalten? Du kennst mich, Nerys. Ich bin nicht der Typ für eine Bindung …“

„… aber?“ hakte sie nach.

„Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du neugierig bist?“

„Ununterbrochen. Na los, sag schon.“

Er zuckte mit den Schultern, was sie wegen des schwachen Lichts im Raum jedoch nicht wirklich sehen konnte. Sie spürte die Bewegung in ihren immer noch gefassten Händen.

„Wenn sie auf dem Weg in die Stadt ist, bleibt Silva schon mal die eine oder andere Nacht hier. Nichts Ernstes.“

„Silva?“ Kiras Lachen erhellte die Stille des Raumes. Sie richtete sich im Bett auf ihren Unterarm auf, um Shakaar besser sehen zu können. „Sie hat in den letzten Tagen der Besatzung dauernd von dir geredet, aber sich nie getraut dich anzusprechen.“

„So, ihr habt also über mich gesprochen?“ Auch Shakaars Stimme klang amüsiert.

„Du hast ja keine Ahnung, was wir Frauen alles hinter deinem Rücken so besprochen haben“, kicherte Kira.

„Mit hat schon das gereicht, was ihr mir ins Gesicht gesagt habt.“ Er stützte seinen Oberkörper ebenfalls auf. „Was ist mit dir, Nerys? Hast du jemanden?“

Kiras Lachen verklang. Ihre Stimme klang ein wenig wehmütig, als sie antwortete: „Ich hatte, aber er ist vor drei Monaten gestorben.“

„Bei den Propheten, Nerys!“ Mit einem Satz war Shakaar auf den Beinen und an ihrem Bett. Er schlang seine Arme um sie. Sie ließ ihren Kopf an seiner Brust ruhen. „Es tut mir leid.“

„Ist okay“, bemerkte sie. „Ich komm drüber weg. Ich hab Schlimmeres durchgestanden.“

„Schlimmeres als einen Geliebten zu verlieren?“ zweifelte Shakaar.

„Naja, okay“, sie atmete tief durch, „nicht viel Schlimmeres …“ Dann hob sie ihr Gesicht zu seinem hinauf. „Lass uns von etwas anderem sprechen, ja? Das hilft mir sicher am meisten.“

Er nickte. „Natürlich. Über was immer du reden willst, Nerys. Ich bin für dich da.“

Sie redeten die halbe Nacht hindurch. Sie waren stets füreinander da gewesen. Hatten Freude und Leid miteinander geteilt. Shakaar Edon war ihr bester Freund, war es immer gewesen, und sie hoffte, dass er es auch für immer sein würde.

So einfach war es.

ENDE

 

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