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Es gingen zwei Parallelen

von VGer

Es gingen zwei Parallelen

Es gingen zwei Parallelen ins Endlose hinaus...
Inspiriert von Christian Morgensterns Gedicht „Die Zwei Parallelen“, zu finden hier: http://gutenberg.spiegel.de/buch/325/23
Mit überschlagenen Beinen saß sie in einem der tiefen Fauteuils im kleinen Mannschaftsraum der Takei, den Rücken gerade durchgestreckt obwohl sie es sich gemütlich gemacht zu haben schien, und ihre Stirn zierte dieses konzentrierte Stirnrunzeln, das immer schon einfach nur Melis gewesen war. Teddy verharrte an das kühle Schott der Türsteuerung gelehnt und betrachtete sie still. Sie war längst nicht mehr die schlaksige Jugendliche an die er sich erinnerte, sie war zu einer Frau geworden, einer wohlproportionierten und durchaus attraktiven, die er nicht kannte obwohl sie ihm so vertraut war. Sie war nicht mehr fünfzehneinhalb, und sie war nicht die Melis, die seine gewesen war oder sein hätte können.

Er räusperte sich leise, sie sah auf und fixierte ihn mit diesem glitzernd grünen Blick, den er so oft herbeigeträumt hatte.

„Das ist alles ziemlich surreal.“

Er kannte sie, oder viel eher diese Version von ihr, nicht mehr gut genug um ihren Gesichtsausdruck zweifelsfrei deuten zu können. Sie legte das PADD beiseite und streckte ihm eine einladende Hand entgegen.

„Ist es.“

– Schließlich fällt man nicht jeden Tag zufällig durch einen transdimensionalen Rift in ein Paralleluniversum, in dem so vieles so ähnlich ist und manches ganz anders. Schließlich trifft man nicht jeden Tag sich selbst, oder genauer gesagt eine andere Version von sich selbst, deren Leben so viel begehrenswerter scheint, die alles hat was einem selbst nie vergönnt war, eine behütete und sorgenfreie Kindheit, eine harmonische und glückliche Familie, und die ganz große Liebe an seiner Seite, wohlbehalten und lebendig und verheiratet, ganz anders als in dem Leben das man zu gut kennt und zu oft verflucht, ganz anders als im eigenen Universum. Schließlich lernt man nicht jeden Tag eine ganz neue Dimension der Surrealität kennen, von der man Kopfschmerzen und Sodbrennen und Herzrasen bekommt und die einen doch unweigerlich so fasziniert, dass man sie nicht mehr loslassen wollte.

Er machte drei zögerliche Schritte auf sie zu, ergriff ihre Hand, klein und zierlich und kalt wie er sie in Erinnerung hatte. Sie zog ihn mit diesem verschmitzten Grinsen, das er so vermisst hatte, zu sich, bis er auf der Armlehne direkt neben ihr saß. Seine Hüfte berührte ihre Schulter.

„Was mit uns passiert, Ted, ich verstehe es nicht. Ich bin Wissenschaftlerin, und ich verstehe es nicht.“

Er kannte diesen heiseren Anflug von Verzweiflung in ihrer Stimme, es war genau der Tonfall der ihre letzten gemeinsamen Tage überschattet hatte, der Tonfall der seiner Erinnerung an sie für immer anhaften würde, obwohl er es doch viel lieber vergessen würde, sich viel lieber an ihre unbeschwert fröhliche Stimme erinnern würde.

„Mel...“

Sie lehnte ihren Kopf an seine Seite, in seinen Schoß beinahe, denn er saß leicht erhöht auf der Armlehne direkt neben ihr, mit einer so beiläufigen Ernsthaftigkeit als wäre nichts weiter dabei, als würde sie das immer so machen, als sei es ebenso selbstverständlich wie zu atmen oder zu blinzeln. War es wahrscheinlich auch, für sie, in ihrem Universum, dort wo alles anders war, dort wo er jemand anderes war und sie auch.

„Wir stehen das schon durch, Mel.“

Sie griff nach seiner Hand, ihre Finger zwischen seinen flechtend, seufzte leise gegen seine Flanke. Ganz unbewusst wickelten sich seine Arme um ihre zitternden Schultern, er zog sie an sich und wiegte sie tröstend, hielt sich gleichermaßen an ihr fest wie sie an ihm. Er beugte sich vor, sein Gesicht fand ihren Kopf, sog den würzigen Duft ihrer Haare ein, küsste atemlos ihren Scheitel, ihre Stirn, ihre Nase, ihre Lippen. Es war zu lange her und er hatte sich zu sehr danach gesehnt um sich noch daran zu erinnern wie es wirklich gewesen war sie zu küssen. Sie schmeckte nach Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit, schmeckte nach Gewürztee und Sternenstaub und Warpplasma und Melis.

„Du küsst mich, als wäre es das erste Mal und das letzte zugleich. Du küsst mich, als hättest du das schon sehr lange nicht mehr getan.“

Er erstarrte, frierend. Mit einem Schlag wurde ihm alles bewusst woran er lieber nicht denken würde, zumindest nicht jetzt, mit seinen Lippen nur ganz knapp über seinen, mit ihrem einzigartigen Aroma in seinen Sinnen, mit ganz und gar von ihr benebeltem Verstand. Sie hatte Recht.

Sie hatte immer schon einen Sinn für Poesie gehabt, und einen Sinn für verdammt schlechtes Timing. Von temporalen und dimensionalen Paradoxien verstand er nichts, doch das, doch sie, sie und ihre ganze absurde Geschichte war eine. Eine Konstante in Zeit und Raum. Sie war die Surrealität, die er nicht mehr loslassen wollte.

„Mel...“

Die Worte fehlten ihm ebenso wie die Zeit. Er hatte das alles schon einmal erlebt, wenn auch ganz anders, zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort, in einem anderen Universum mit einer anderen Melis.

„Sag nichts. Ich weiß es, Ted. Ich weiß wer du bist, oder eher wer du nicht bist.“

Sie lächelte still und silbrig, und eine Hand berührte mit einem zart gehauchten Streicheln seine glattrasierte Wange.

„Woher wusstest du ...?“

„Nur du nennst mich Mel. Das ist deine Melis.“

„Aber du bist seine Melis und ich bin nicht er.“

„Ich nenne ihn auch nicht Ted. Ich sagte doch, ich verstehe nicht was mit uns passiert.“

Sie streckte sich und küsste seine Nasenspitze, er spürte das Lächeln ihrer schmalen Lippen auf seiner Haut und ihren Atem, dessen Berührung ihm eisige Schauer über den Rücken jagte ebenso wie der Gedanke daran, dass es vermutlich das letzte Mal sein würde.

„Du sagtest, es sei tröstlich zu wissen, dass es ein Universum gibt in dem es mir gut geht und in dem ich bei dir bin. Ich finde es tröstlich zu wissen, dass es ein Universum gibt in dem ich jemandem so viel bedeute wie deine Melis dir.“

Sie war nicht seine Melis und sie war es doch, solange sie in seinen Armen war.
Alles Gute zum Geburtstag, Schafi! :-)
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