TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Wäre das ein Holoroman...

von VGer

Angst

„Noch wurde nichts offiziell bekannt gegeben, aber ich habe aus vertrauenswürdiger Quelle erfahren, dass es nur mehr eine Frage von Tagen ist bis auch wir abkommandiert werden. Auch wenn es keiner ausspricht wissen wir alle, dass das mehr als nur ein ‚Konflikt’ ist – so wie es momentan aussieht ziehen wir in den Krieg und wir müssen uns auf das Schlimmste vorbereiten. Alle Zivilisten haben das Schiff umgehend zu verlassen, das ist ein Befehl: Bringen Sie Ihre Familien in Sicherheit, auf dass Sie zu ihnen zurückkehren können, wenn das alles vorüber ist.“



Die Worte des Captains hallten bedrohlich in ihrem Kopf während sie hastig das Chaos, das ein Leben mit zwei siebenjährigen Buben unweigerlich begleitete, in einen Frachtcontainer packte ohne auch nur einen zweiten Blick darauf zu werfen. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit, bis der Container und ihre Söhne weggebracht wurden und das Schiff verlassen mussten, ihr blieb nicht mehr viel Zeit, bis ...



„Mami zieht in den Krieg.“ – es klang viel zu absurd um wahr zu sein.



„Bumm! Peng! Krieg ist cool! Da exlopiert alles! Krach! Wumm!“ Teddy sprang krähend und brüllend durch das Quartier, erschoss erbarmungslos alles was sich ihm in den Weg stellte mit den ausgestreckten Zeigefingern seines imaginären Disruptors.
„Es heißt explodiert, Teddy.“ Die Worte kamen automatisch, obwohl sie selbst nicht so genau wusste warum sie ausgerechnet jetzt seine Sprache korrigieren musste – so kurz vor dem Abschied. Wäre das ein Holoroman, würde sie jetzt die richtigen Worte finden, bedeutungsschwere und beruhigende – doch es war kein pathetischer Holoroman voller Dramatik und Happyends, der sich hier abspielte, es war das echte Leben, das urplötzlich eine überraschende und beängstigende Wendung genommen hatte.
„Echter Krieg ist nicht so wie in einem Holoroman, weißt du? Echter Krieg ist nichts für Kinder, echter Krieg ist gefährlich, und deshalb werdet ihr jetzt für ein paar Wochen bei Tante Miral und Onkel Kev wohnen. Und ihr werdet ganz viel Spaß haben, so wie früher als sie und Laya noch hier gewohnt haben, okay?“
Sie klang ekelhaft heiter, so als würde sie einen Familienausflug mit einem großen Stück Kuchen dazu ankündigen, sie klang so aufgesetzt und falsch, dass ihr vor ihrer eigenen Stimme grauste. Irgendwann, vor langer Zeit als sie besonders sauer auf ihre eigene Mutter gewesen war, hatte sie sich höchstheiligst geschworen ihre Söhne niemals bewusst anzulügen. Sie biss sich kurz, aber schmerzhaft, auf die Lippe und dann fielen ihr die schlauen Sprüche wieder ein, die sie auf der Akademie gelernt hatte – extreme Zeiten erfordern extreme Maßnahmen, und so weiter. Und wenn das keine extremen Zeiten waren, was dann?

„Wenn Krieg gefährlich ist, warum gehst du dann dorthin, Mami?“ Jack, immer neugierig und viel zu schlau für sein Alter. „Man soll doch nicht dorthin gehen wo es gefährlich ist.“
„Nicht alle Wesen im Universum sind nett, weißt du. Die meisten sind nett, aber manche sind ziemlich gemein.“
„So wie die bösen Monster bei Flotter und bei Captain Proton?“ Teddys graue Augen leuchteten auf.
„Ja, so ungefähr.“ Maggie schmunzelte kurz und wehmütig, wuschelte ihm durch den drahtigen blauschwarzen Haarschopf. „Ihr habt doch in der Schule gelernt, dass in der Föderation alle Wesen friedlich zusammenleben und dass es Regeln gibt an die sich alle halten müssen, ja? Das Problem ist, dass es Wesen gibt die sich nicht daran halten, und damit sie uns nichts Böses antun können müssen wir sie aufhalten. Wir beschützen die Föderation. Das versteht ihr doch, oder?“
„Ja, ich glaube schon.“, nickte Jack mit großen Augen, beängstigend vernünftig dabei.
„Ihr schießt sie alle tot! Bumm! Bumm! So wie Captain Proton!“, jauchzte Teddy, ganz begeistert und irgendwie beleidigt weil er nicht dabei sein durfte, schließlich war er richtig gut darin, Captain Proton zu spielen.

Sie sammelte Schulsachen und Spielzeug zusammen und sagte nichts mehr, bis ein summendes Klingeln sie aus ihrer Geschäftigkeit riss. Sie rief ein eiliges Herein! und lächelte nur kurz und kalt, als sie die vertraute Figur von Captain Annika Barclay im Türrahmen stehen sah, groß und stattlich und beeindruckend.

„Tante Borg!“, quietschte Teddy, immer noch total überdreht, und fiel der älteren Frau begeistert um den Hals noch bevor sie überhaupt Hallo sagen konnte. Jack sagte nichts und suchte so verstohlen wie möglich seine Flotterpuppe, denn ohne den würde er nirgendwo hingehen, auch wenn er eigentlich schon viel zu groß dafür war um nachts ohne Mami und ohne Flotter Angst haben zu müssen.

„Ich bin dir so dankbar, Annie, wirklich.“, flüsterte Maggie, bemüht außer Hörweite der Buben.
„Nicht der Rede wert, Maggie, wirklich nicht. Es ist irrelevant wohin wir fliegen um unsere Schiffe zu testen, und wenn wir dabei noch etwas Gutes tun können...“ Annika umarmte die jüngere Frau, die immer irgendwie ihr sechstes Kind gewesen war, und in ihrer Stimme lag echte Emotion und große Sorge. „Die Kinder müssen in Sicherheit sein, und ihr müsst auf euch aufpassen und heil wieder zurückkommen, verstanden? Kate hat es mir versprechen müssen, versprich du es mir auch, bitte.“
„Wir geben unser Bestes, versprochen.“
„Deine Mutter schickt ihre besten Wünsche.“
„Danke.“
„Grüß’ mir bitte Naomi, wenn du sie siehst.“
„Natürlich.“

Nervöser Smalltalk durchschnitt die gedämpfte Atmosphäre. Beide Frauen mussten schwer schlucken, denn sie wussten genau, dass das ein Abschied ins Ungewisse war. Doch sie waren Offiziere, sie würden sich nicht anmerken lassen wie viel Angst sie eigentlich hatten.

„Edward. Jacob.“
Die Köpfe beider Buben schnellten aufmerksam hoch, normalerweise bekamen sie ihre vollen Namen nur zu hören wenn sie etwas ausgefressen hatten. Dabei waren sie felsenfest davon überzeugt, dass sie nichts angestellt hatten – diesmal nicht. Zu ernst hatte die mütterliche Stimme geklungen, zu sehr wie die Stimmen der wichtigen Erwachsenen wenn sie wichtige Erwachsenensachen auf der Brücke machten, und das hatte ihnen ganz schön Angst eingejagt. In all ihrer kindlich unschuldigen Naivität ahnten sie doch beide, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
„Hört mir gut zu. Ihr geht jetzt mit Annika auf die Pioneer, sie bringt euch nach Deep Space Four, zu Tante Miral und Onkel Kev. Ihr müsst jetzt ganz tapfer sein, und ganz brav, habt ihr verstanden? Macht keine Dummheiten und tut immer was euch die Erwachsenen sagen, vor allem was Tante Miral sagt.“
„Ja, Mami.“ Die Zwillinge sprachen wie aus einem Mund und schauten doch so drein als würden sie genau das Gegenteil planen und als könnte sie trotz all des furchterregenden Wahnsinns, der momentan das Universum erschütterte, doch kein Wässerchen trüben.
„Ich hab’ euch sehr lieb, ihr Zwei, und ich bin bald wieder da.“

Maggie Janeway ging auf die Knie, um ihre Söhne zum Abschied zu umarmen und zu küssen, und dann war es auch schon vorbei. Mit einem erstickend düsteren Gefühl blickte sie der blonden Frau nach, die festen Schrittes ihre Söhne in Sicherheit bringen würde. Als sie um die Ecke verschwunden waren, blinzelte sie einmal kurz, dann strich sie ihre Uniformjacke glatt und tippte auf ihren Kommunikator.



„Janeway an Brücke. Melde mich zum Dienst.“

Für A. und Z. – war is over now...
Rezensionen