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Off Duty

von Gabi

Kapitel 1

Sie lehnte auf der oberen Galerie. Ihr Kinn ruhte auf den auf dem Geländer verschränkten Unterarmen. Ihren Rücken hatte sie des besseren Gleichgewichts wegen ein wenig nach hinten gestreckt. Des aufreizenden Anblicks, den ihre langen Beine und der runde Hintern in der engen Hose dadurch boten, war sie sich überhaupt nicht bewusst. Ebenso wenig wie der vorwiegend männlichen Promenadenbesucher, welche in einem gewissen Abstand hinter ihr stehen blieben und tiefgreifende Gespräche führten, die nur an diesem Platz und nur mit hochfrequenten Seitenblicken in Richtung ihres Standortes abgehalten werden konnten. Der Blick der Frau ruhte weiterhin auf der geschäftigen Promenade einen Level weiter unten. Von Zeit zu Zeit seufzte sie tief.

„Nerys! Was machst du denn hier? Bist du nicht im Dienst?“ Über die Galerie näherte sich Jadzia Dax, offensichtlich erfreut darüber, sie hier anzutreffen.

Kira hob den Blick, nicht jedoch das Kinn. „Julian hat mir mal wieder einen Tag zwangsfrei verordnet.“ Ihr fiel erst jetzt die zivile Kleidung der Trill auf. „Und was machst du hier? Geht es dir wieder besser?“

Dax stellte sich neben die Bajoranerin an das Geländer und versuchte herauszufinden, was auf dem unteren Level deren Aufmerksamkeit erregt hatte. „Ich fühl mich eigentlich wieder prima. Julian hat zugestimmt, dass ich aufstehen darf. Leider hält er einen Tag zum Auskurieren für notwendig. Dabei hätte ich so dringende Messungen auf OPS durchzuführen.“

„Und was machst du hier?“ wollte Kira nochmal wissen. Ihr Blick ruhte erneut auf dem bunten Treiben unter ihnen.

Dax beugte sich ein wenig vor, um das Gesicht der Bajoranerin besser erkennen zu können. Sie versuchte deren Blickrichtung zu erkunden und in deren Verlängerung ein lohnendes Ziel auszumachen. Doch so sehr sie auch ihren eigenen Körper verrenkte, sie konnte beim besten Willen nicht herausfinden, was Kira beobachtete. „Was machst du hier?“

„Mir ist langweilig“, gestand die Bajoranerin. „Ich dachte, es passiert vielleicht etwas Interessantes. Jake und Nog hängen hier doch immer herum, wenn sie nicht wissen, was sie tun sollen.“

Dax stellte sich neben Kira und imitierte deren Haltung am Geländer, was augenblicklich die tiefgreifenden Gespräche im Rücken der beiden Frauen in tiefgreifende Seufzer verwandelte. Einige Sekunden lang blickten sie in schweigender Eintracht hinunter.

„Und?“ wollte Dax schließlich wissen.

Kira seufzte, dann erwiderte sie simultan mit Dax: „Langweilig!“

Die Frauen sahen sich an, dann begannen sie zu lachen. Zur Enttäuschung ihrer männlichen Beobachter richteten sie sich auf.

„Was finden die beiden hier bloß so toll?“

Dax zeigte auf den Korridor, der die Promenade mit dem Habitat- und weiter hinausgehend mit dem Andockring verband. „Sie halten immer nach den Passagieren der ankommenden Transporter Ausschau, bajoranische Mädchen … du weißt schon.“ Sie hob vielsagend die Augenbrauen.

Kira blickte sie verwundert an. „Das ist alles?“

Dax hob die Arme in einer weiten Geste. „Na komm, Nerys, du willst mir doch nicht sagen, dass du …“ Sie verstummte und ersetzte ihr verschwörerisches Lächeln durch ein entschuldigendes Schulterzucken. „… Entschuldigung … Du hast in deiner Jugend wahrscheinlich wirklich nicht herumgehangen und Jungs nachgeschaut.“

„Gut, dass du dir das endlich merkst.“ Kiras Laune hatte sich durch Dax‘ Gegenwart sichtlich gebessert. Sie legte der Trill eine Hand auf die Schulter. „Aber wenn es dich beruhigt, selbst im Widerstand haben wir uns manchmal um andere Dinge gekümmert als unseren nächsten Anschlag. Wir hatten da so einen blonden Kommandanten mit einem unheimlich gut gebauten Oberkörper, dem wir in heißen Sommern auch so manches Mal hinterher geschaut haben.“

Das verschwörerische Grinsen legte sich wieder auf Dax‘ Züge. „Sollen wir hier rumhängen und die Männer beobachten, die mit den Transportern kommen?“

Kira betrachtete sie zweifelnd, versuchte herauszubekommen, ob dieser Vorschlag tatsächlich ernst gemeint war.

„Jadzia, das wäre komplett …“

„… langweilig!“ Dax lachte wieder. „Da hast du vollkommen recht, Nerys. Komm, lass uns schauen, ob wir etwas anstellen können.“

Kira erhaschte noch einen Seitenblick auf Dax‘ Züge, bevor diese sie hinter sich her in Richtung Zentrum von DS9 zog. Das Wort Anstellen schien die Trill mit Absicht verwendet zu haben. Die Bajoranerin grinste in sich hinein. Das versprach heiter zu werden.

Von der oberen Promenade führte ein Eingang auf die Galerieebene von Quark’s . Dorthin steuerten Dax‘ Schritte. „Komm, Nerys, hier ist sicher mehr los.“

Sie betraten das Etablissement, in welchem sich um diese Tageszeit nicht allzu viele Gäste aufhielten. Sie konnten Stationspersonal der Gamma-Schicht an einem der Dabo-Räder erkennen, ein paar Händler auf Durchreise an den Tischen. Die Plätze der oberen Galerie waren alle noch leer. An zwei Holosuiten leuchteten jedoch Dioden auf, welche anzeigten, dass im Augenblick ein Programm lief.

„Schaut jemand rauf?“ wollte Dax wissen, während sie auf die erste Holosuite zusteuerte.

Kira beugte sich ein wenig über das Geländer. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, warum fragst du?“

„Ich wollte mal sehen, was hier so läuft“, murmelte die Trill in ihrem Rücken.

Kira wandte sich um. „Was machst du denn da?“ fragte sie verwundert, als sie die andere Frau sich vor das Panel bücken sah.

„Dachte ich es mir doch“, zischte Dax triumphierend. „Es läuft eins von Quarks Spezialprogrammen.“

„Und?“ Kira löste sich vom Geländer und trat zur Trill hinüber. „Was bringt uns diese Erkenntnis?“

„Spaß“, erklärte Dax mit einem dermaßen fiesen Grinsen wie Kira es noch nicht oft bei ihr gesehen hatte. Die Bajoranerin hob überrascht die Augenbrauen. „Spaß?“

„Es läuft Orionische Sklavenmädchen“, erklärte Dax, während sie bereits die Abdeckung entfernt hatte und Daten über einen kleinen Monitor im Inneren des Kabelgewirrs abrief. „Du kannst dir also lebhaft vorstellen, was der oder die Besucher da drinnen gerade machen …“ Kiras Schnauben sagte ihr, dass die Bajoranerin es sich vorstellen konnte und es nicht gut hieß. „…was meinst du, wie begeistert die sind, wenn sie plötzlich statt Sklavenmädchen Sklavenkerle vor sich haben?“

Kira beugte sich zu Dax hinunter. Ihr verhaltenes Kichern konnte die Trill als stoßweisen Atemzug in ihrem Nacken spüren. „Sowas kannst du machen?“

„Logo!“ Dax schenkte ihr ein verschwörerisches Grinsen, bevor sie sich wieder den Datenreihen zuwandte. „Eine Gender-Änderung ist die einfachste Veränderung an einem Holoprogramm. Ich hab’s gleich … so, erledigt.“ Rasch drückte sie das Panel wieder zu. „Jetzt nichts wie weg hier.“

Die beiden Frauen bewegten sich so rasch, wie es noch einigermaßen unauffällig wirkte, auf den Zugang zur oberen Promenade zu. Beide fühlten sich wie kleine Mädchen, als sie sich lachend neben dem Eingang an die Streben lehnten.

„Das Gesicht würde ich gerne sehen“, lachte Kira.

„Ich hoffe, sie haben da drin gerade etwas recht Intimes getrieben, damit es sich so richtig lohnt“, bemerkte Dax gehässig.

Kira knuffte sie in den Oberarm. „Erinner mich daran, dass ich dich nie zum Feind haben möchte.“

Sie mussten nicht lange warten, bevor die Türen sich zischend öffneten und ein entrüstetes „Quark!“ von der Galerie erscholl. Ein Kressari verließ fluchtartig die Holosuite.

Kira und Dax lehnten sich an das Geländer des Stegs, der den äußeren Lauf der oberen Promenade mit dem inneren Lauf verband. So hatten sie einen guten Blick auf Quarks Galerieebene ohne zu auffällig zu wirken. Es dauerte nicht lange, bis der Ferengi die Wendeltreppe hinauf gestürmt kam und von dem Kressari mit einer wort- und gestenreichen Beschwerde empfangen wurde.

Die beiden Frauen konnten nicht genau hören, was gesprochen wurde, dafür standen sie zu weit weg. Aber der wütende Kunde und das entsetzte Gesicht des Barbesitzers, der sich unter dem Wortschwall duckte, genügten bereits für eine gute Vorstellung. Quarks Blick huschte automatisch hilfesuchend nach links und nach rechts. Als er die beiden Frauen auf der Promenade bemerkte, stockt er kurz. Dax konnte sich nicht zurückhalten, ihm lächelnd zuzuwinken.

Kira boxte sie so unauffällig wie möglich in die Seite. „Shhh … so schöpft er doch Verdacht.“

Die Trill zuckte mit den Schultern. „Und? Soll er doch.“

Vom Streit auf der Galerie angelockt erklomm nun Sicherheitschef Odo die Wendeltreppe und näherte sich Quark und dem Kressari.

Kira zupfte an Dax‘ Ärmel. „Komm, lass uns verschwinden. Von Odo möchte ich nicht erwischt werden.“

Die Trill nickte. Immer noch kichernd machten sich die beiden Frauen auf den Weg zum nächsten Lift hinunter zur Ladenebene.

„Wenn Odo bei Quark ist, können wir ungestört in sein Büro“, bemerkte Dax und machte sich zielstrebig in diese Richtung auf.

Kira blickte sie fragend an.

„Ist dir schon aufgefallen, wie penibel der Constable ist? Bei ihm liegt jedes Staubkorn am vorherbestimmten Platz. Er kann sich so wunderbar aufregen, wenn etwas verrückt wurde“, erklärte Dax.

„Ehrlich?“

„Klar, ist dir das noch nie aufgefallen?“ Die Trill zeigt ein schräges Grinsen. „Aus seinem Quartier hat er mich schon mal rausgeworfen, weil ich sein Übungs-Dingsbums um einen halben Zentimeter verschoben habe.“

„Du warst in Odos Quartier?“ fragte Kira ehrlich erstaunt.

Dax hob die Schultern. „Mir ist des Öfteren langweilig.“

Während die Trill sich nun daran machte, den Verriegelungsmechanismus des Sicherheitsbüros zu umgehen, beobachtete Kira sie mit offenem Mund. Ganz gleich, wie lange sie die große, dunkelhaarige Frau nun schon kannte, diese schaffte es immer wieder sie zu erstaunen.

„So, geschafft. Schnell rein.“

Die beiden Frauen huschten ins Büro und ließen die Tür wieder hinter sich zugleiten.

„Da können wir ja von Glück sagen, dass Du beschlossen hast, Deine vielfältigen Fähigkeiten in den Dienst von Starfleet zu stellen und nicht von Quark“, bemerkte Kira im Spaß. Dann sah sie sich zweifelnd in dem spartanischen Büro um. „Hier ist doch gar nichts, was man verstellen kann.“

„Du wirst dich wundern.“ Dax ging zum Stuhl und schob diesen ein wenig nach links, dann veränderte sie den Winkel des auf dem Schreibtisch befindlichen Datenpads. Zufrieden sah sie auf. „Das genügt bereits.“

„Wenn du meinst.“ Kira folgte ihr zweifelnd auf die Promenade hinaus. Dort beschäftigten sich die beiden Frauen solange mit den Auslagen der Geschäfte in Sichtweite des Sicherheitsbüros, bis sie Odo zurückkehren sahen. Zu Kiras Überraschung dauerte es tatsächlich nur wenige Sekunden, bis der Formwandler wieder aus seinem Büro trat und sich entrüstet auf der Promenade umblickte. Als er die beiden Offizierinnen gewahrte, wollte er einen knappen Gruß nicken, doch dann stockte er.

„Dein Grinsen verrät uns noch“, zischte Kira, während sie mit möglichst neutraler Miene das Nicken erwiderte. Sie wandte sich rasch ab und strebte die Promenade entlang. Dax holte sie lachend ein. „Was will Odo denn machen? Soll er uns wegen mutwilliger Zerstörung seines Büros verklagen?“

„Das würde ich ihm noch zutrauen“, entgegnete Kira, doch auch sie musste bereits wieder grinsen. „Da halte ich so oft Besprechungen mit ihm ab und mir ist noch gar nicht aufgefallen, dass er so viel Wert auf eine korrekte Ausrichtung seiner Möbel legt.“

„Tja“, Dax zuckte mit den Schultern. „Gute Beobachtung ist halt ein naturgegebenes Talent.“

Einige Zeit und etliche verärgerte Händler später erhielten die beiden Offizierinnen per Interkom die Anweisung, sich im Büro des Commanders zu melden.

* * *


„Mir liegen etliche Beschwerden vor“, eröffnete Sisko das Gespräch, als die beiden Frauen vor ihm standen. Beide hatten Habachtstellung angenommen, Dax mit einem verräterischen Glitzern in den Augen, Kira offensichtlich peinlich berührt. Sisko warf einen demonstrativen Blick auf das Padd in seiner Hand. „Quark, Constable Odo, Morn, eine Reihe von Ladenbesitzern auf der Promenade … sie alle haben sich heute im Lauf des Tages bei mir beschwert – über Kleinigkeiten, das gebe ich zu, aber in ihrer Summe sind sie einfach nur ärgerlich“, er hob seinen Blick und fixierte die beiden Frauen vor ihm. Kira hielt ihre Augen starr auf das Fenster in Siskos Rücken gerichtet. „Niemand kann Sie beide direkt damit in Verbindung bringen, doch Sie haben sich jedes Mal in der Nähe aufgehalten. Und so ungern ich das sage, die Handschrift klingt doch sehr nach Ihnen, Lieutenant.“ Er baute sich vor Dax auf. „Ich erwarte eine Erklärung.“

Die Trill stand aufrecht mit hinter dem Rücken verschränkten Armen da, ganz das Bild eines gehorsamen Starfleet-Offiziers, wenn nur nicht das verräterische Glitzern in den Augen gewesen wäre. „Uns war ein wenig langweilig, Commander“, schaffte sie es ernsthaft zu erklären. „Wir wollten niemandem Unannehmlichkeiten bereiten.“

„Ist das das Verhalten eines Starfleet Offiziers?“

„Nein, Commander. Aber wir waren nicht im Dienst.“

Er funkelte sie an. „Ein Starfleet Offizier ist immer im Dienst, merken Sie sich das, Lieutenant.“

„Ich werde es mir merken.“

„Und Sie, Major“, Sisko bemerkte mit versteckter Freude, wie die Bajoranerin zusammen zuckte als er sich ihr zuwandte. Im Gegensatz zu Dax, bei der ihm bewusst war, dass er ihr mit einer Moralpredigt nicht beikommen konnte, war es der anderen Frau extrem peinlich. „Ist das das Verhalten eines Ersten Offiziers?“

„Nein, Sir!“ Kiras Augen fixierten weiterhin das All im Hintergrund. „Es tut mir leid, Sir. Das wird nie wieder vorkommen.“

„Das will ich hoffen.“ Sisko machte eine wegwerfende Handbewegung. „Sie können wegetreten.“

Die beiden Frauen verließen sein Büro. Sobald sie draußen waren, konnte Sisko sehen, wie Kira eindringlich auf Dax einflüsterte. Die Bajoranerin tat ihm beinahe leid, doch er war sich sicher, dass zumindest sie sich nicht mehr auf solche kindischen Streiche einlassen würde. Dax jedoch …

Mit einem Seufzen nahm er das Padd mit den Beschwerden erneut zur Hand und überflog die einzelnen Punkte. Als er sicher war, dass ihn niemand von OPS sehen konnte, glitt ein breites Grinsen über sein Gesicht. Manche Leute hatten einfach keinen Humor.

* * *


Am nächsten Morgen wunderte sich Dr. Bashir außerordentlich über einen sehr frühen Logbuch-Eintrag, den er an seinem Arbeitsplatz vorfand. Commander Sisko wies ihn darin an, leitende Offiziere nur noch im Fall der Gefahr für Leib und Leben von der Arbeit freizustellen.

ENDE

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