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Asche 01 - Aus der Asche

von Gabi , Martina Strobelt

Deep Space Nine

Dieses Kapitel ist von Martina Strobelt und mir gemeinsam geschrieben, ich kann nur leider kapitelweise keine Autoren eingeben.
Nogs Gesicht glühte vor Stolz, als er aus Kiras Händen die schwarzgoldene Sternenflottenuniform entgegennahm. Es war ein besonderer Moment, nicht nur für den jungen Ferengi, sondern auch für die übrigen Anwesenden im Sicherheitsbüro, die nun applaudierten. Nog war der erste und bisher einzige Ferengi, der je die Akademie absolviert hatte und zur Sternenflotte gegangen war. Innerhalb kürzester Zeit war er vom Kadett zum Fähnrich und dann zum Lieutenant befördert worden.

Und nun hatte Colonel Kira ihm wohl die größte Auszeichnung zuteilwerden lassen, die ein Ferengi in den Augen von Bajor und der Föderation erhalten konnte: Die Ernennung zum neuen Sicherheitschef von DS9.

„Meinen Glückwunsch, Lieutenant!“ Kiras Händedruck zeugte von Respekt und Vertrauen in den Mann, der Odos Nachfolge antrat.

Bashir war der nächste, der die Hand des Ferengi schüttelte. Dann wurde Nog von Jake und Ezri Dax umarmt.

„Captain Sisko wäre sehr stolz auf Sie gewesen“, versicherte die Trill warm.

„Captain Sisko war ein großer Mann!“ erklärte Nog ernst. „Für mich war er stets ein Vorbild. Ich vermisse ihn!“

„Das tun wir alle“, bestätigte Dax leise.

* * *


Der Schritt der jungen Frau in Starfleetuniform hielt inne, als sich die Schleusentore nicht rasch genug öffneten. Ein leichtes Stirnrunzeln huschte über ihr Gesicht, während ihr Blick der zahnradähnlichen Konstruktion folgte, die sich schwerfällig in die Wand zurückzog. Sie hatte diesen Posten nicht gewollt. Sie hielt nicht viel von den Bajoranern, einem Volk, welches allen wissenschaftlichen Fakten zum Trotz immer noch einem Aberglaube anhing. Unter einer Bajoranerin zu dienen war sicherlich der allerletzte Punkt auf ihrer Wunschliste für Versetzungen gewesen. Doch sie befand sich nicht mehr in einer Position, in welcher sie Wünsche äußern konnte. Erika Benteen konnte von Glück sagen, dass der Zwischenfall auf der Erde mit Admiral Leyton sie nicht mehr gekostet hatte, als eine Widerrufung ihrer Beförderung zum Captain der Sternenflotte. Starfleet Command hatte diesen Posten hier als Bewährungsprobe für sie ausgewählt, so viel war ihr klar. Sie würde die an sie gestellten Anforderungen erfüllen, aber niemand konnte von ihr verlangen, diesen Posten zu lieben.

Ihre wenigen Habseligkeiten in einer Tasche geschultert, trat sie schließlich über die Schwelle auf den äußeren Korridor hinaus.

„Herzlich willkommen auf Deep Space Nine, Commander Benteen.“

Erika Benteen bemühte sich, das offene Lächeln der Sternenflottenoffizierin zu erwidern, welche auf der anderen Seite der Schleuse auf sie gewartet hatte. Die Trill wirkte sehr jung mit ihrem burschikos kurz geschnittenen, dunklen Haar und dem offenen Gesicht.

„Lieutenant Ezri Dax. Ich bin die Counselor auf DS9, und ein wenig Mädchen für alles, wenn Not am Mann ist. Für heute bin ich auf jeden Fall Ihre Ansprechpartnerin und werde alles versuchen, Ihnen den ersten Tag auf DS9 zu einem schönen Erlebnis zu machen. Ich bin sicher, Sie brennen schon darauf, alles kennenzulernen. Sie werden sehen, dass dies hier ein ganz besonderer Ort ist. Uns allen ist er sehr ans Herz gewachsen – und ich bin mir sicher, dass es Ihnen bald genau so gehen wird.“

Benteen betrachtete die ausgestreckte Hand der anderen Frau, deren erwartungsvolles Lächeln und konnte sich nicht des Gedankens erwehren, dass es schon ein schönes Erlebnis wäre, wenn ihr Gegenüber lediglich die Hälfte der Worte verwenden würde. Benteen war müde von der langen Reise und verspürte keinerlei Lust, sich in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Das Letzte, was sie im Augenblick brauchte, war Enthusiasmus.

Dennoch ergriff sie schließlich die Hand und drückte kurz und kräftig zu. „Erika Benteen, ab morgen Erster Offizier von DS9.“ Das knappe Lächeln dazu hielt sie so unverbindlich wie möglich. Sie wollte alles verhindern, was die Trill zu einem freundschaftlichen Beginn ermutigen konnte.

Ezri Dax ließ sich jedoch nicht beirren. Als Benteen ihre Hand wieder gesenkt hatte, wies die Counselor in dem sich zu beiden Seiten scheinbar endlos erstreckenden Korridor in jene Richtung, welche sie einschlagen wollte. Dann begann sie raschen Schrittes neben Benteen herzulaufen und ohne eine Pause über die Vergangenheit, Gegenwart und mögliche Zukunft der Raumstation zu erzählen. Es war nicht zu übersehen, geschweige denn zu überhören, dass die Trill ihre Station liebte und sich hier zu Hause fühlte. Benteen wusste vom Studium der Mannschaftsakten, dass es die Counselor erst vor etwa einem halben Jahr mehr oder weniger unfreiwillig auf diesen Posten verschlagen hatte. Sie fragte sich, was geschehen war, um die Frau so rasch für diese unwirtliche Gegend einzunehmen.

„Hier wären wir.“ Nach einiger Zeit unterbrach Dax ihre Erzählung und gab einen Code ein, woraufhin sich eine von unzähligen gleich aussehenden Türen in dem endlosen Korridor öffnete.

Benteen wagte einen ersten Blick und fühlte sich aus zweierlei Grund erleichtert. Einmal wirkte das Innere weit mehr nach dem gewohnten Sternenflotten-Standard als es der düstere Gang hatte vermuten lassen – und auf der anderen Seite würde sie diese Tür sicher von dem Redeschwall der Trill abschneiden, wonach sich die Terranerin im Augenblick mehr als sehnte.

„Wenn Sie noch Ihren eigenen Zugangscode eingeben wollen ...“ Dax deutete auf das Kontrollfeld und drehte sich dann diskret zur Seite.

Benteen tippte eine Kombination ein, bestätigte und überschritt die Schwelle in ihr neues, kleines Zuhause. Sie hörte die Trill noch „in zwei Stunden hole ich Sie für einen Rundgang durch die Station ab“ sagen, dann schloss sich die Tür hinter ihr und entließ sie in gnädige Ruhe.

Counselor! Eine Einrichtung dieser Station, die sich Benteen vornahm, niemals aufzusuchen.

Sie blickte sich im Quartier um. Die Eingangstür führte in einen großzügig bemessenen Wohnraum, an dessen einem Ende sich ein weiterer Durchgang ins Schlafzimmer befand. Über die gesamte Länge der dem Korridor gegenüberliegenden Front waren deckenhohe, ovale Aussichtsfenster eingelassen, deren breiter, gerundeter Sims dazu einlud, es sich darauf bequem zu machen, um den Blick von der Unendlichkeit des Alls einfangen zu lassen. Trotz ihrer schlechten Laune schlich sich ein Lächeln in die Züge der Terranerin. Was auch immer der Posten an Unannehmlichkeiten mit sich bringen mochte, dieses Quartier war keine davon.

Sie warf ihre Tasche in hohem Bogen auf das Bett und aktivierte das Terminal. Mit einem Mastercode gewährleistet sie, dass der sich nun öffnende Kanal von niemandem abgehört werden konnte.

* * *


Es ist überraschend, wie bereitwillig das Unterbewusstsein Angewohnheiten übernimmt. Kira zwang sich dazu, den Baseball wieder auf seinen kleinen Sockel auf dem Tisch zurückzulegen. Mit Siskos Posten hatte sie auch dessen Maskottchen übernommen. Es wäre ihr niemals in den Sinn gekommen, diesen Ball von dem Platz zu entfernen, an welchem er seit nunmehr sieben Jahren thronte. Man mochte sie als abergläubisch schimpfen, doch solange der Baseball ein Bestandteil des Kommandanturbüros war, hatte sie das Gefühl, dass er ihnen Glück brachte. Den Ball entfernen würde heißen, das Schicksal herauszufordern.

Er war ihr eine ständige Erinnerung daran, in wessen Fußstapfen sie hier getreten war – zumindest auf der weltlichen Seite. Wenn sie Entscheidungen zu treffen hatte, wollte sie immer daran erinnert werden, was er an ihrer Stelle getan hätte.

Kiras Stellung bedeutete eine Gratwanderung, dessen war sie sich bewusst. Es stellte ein Zugeständnis der Sternenflotte Bajor gegenüber dar. Ihr Planet war immer noch kein Mitglied der Föderation, auch wenn die Verhandlungen nun nach Ende des Krieges wieder verstärkt aufgenommen werden würden. Zwar hatte sie von Sisko eine vorübergehende Ernennung zum Sternenflotten-Commander erhalten, doch seit einem Monat trug sie wieder die rostbraune Uniform des bajoranischen Militärs und unterstand in direkter Linie General Ontkean, der bajoranischen Oberbefehlshaberin, und Premierminister Shakaar. Dennoch hatte sich die Sternenflotte damit einverstanden erklärt, ihr das Kommando über das stationierte Föderationspersonal zu übertragen.

Colonel Kira Nerys war sich sehr wohl dessen bewusst, dass sie mehr als jeder andere Angehörige ihres Volkes in den nächsten Monaten der Maßstab sein würde, an dem Bajors Würdigkeit als Mitglied der Föderation gemessen wurde. Jeden Abend betete sie zu den Propheten, dass sie ihr die Kraft und die Umsichtigkeit schenkten, zwei Herren gleichzeitig zur vollsten Zufriedenheit zu dienen.

Der Signalton von Siskos Büro – ihres Büros – beendete die nachdenklichen Gedankengänge fürs Erste. Durch die halbgläserne Tür konnte sie die Gestalten Dax‘ und einer anderen Frau sehen.

Auf ihre Anweisung hin, betraten die beiden Frauen den Raum. Kira lächelte der Trill zu. Ezri mochte sehr verschieden von Jadzia sein, doch eines hatten die beiden Inkarnationen von Dax gemeinsam: Jede für sich besaß die Fähigkeit, die Bajoranerin aus der Reserve zu locken und ihre Laune erheblich zu verbessern. Kira mochte Ezri Dax sehr; es war deren Unkompliziertheit und Umgänglichkeit, die sie so schätzte.

Ihr Blick glitt von Dax zu deren Begleiterin hinüber – und augenblicklich musste sie sich dazu zwingen, das Lächeln beizubehalten. Von der Terranerin, die ihr nun gegenüberstand, ging eine unterschwellige Feindseligkeit aus, die sie so nicht erwartet hatte. Die Frau stand in Habachtstellung vor ihrem Tisch, den Blick auf einen Punkt des Aussichtsfensters hinter Kira gerichtet. Sie war etwa in Kiras Alter, das braune Haar streng zurück geflochten, was ihrem sonst wahrscheinlich weich wirkenden Gesicht, eine Härte verlieh, die sich im Blick der hellbraunen Augen wieder fand. Kira kam unwillkürlich der Gedanke, dass diese Frau vielleicht mehr in ihrem Leben gesehen hatte, als sie hatte sehen wollen. Doch auf wen, der im Krieg gedient hatte, sollte diese Beschreibung nicht zutreffen?

„Commander Erika Benteen meldet sich zum Dienst.“ Der Ton war förmlich, Sternenflottenetikette.

Kira runzelte kaum merklich die Stirn und fand ihren nachdenklichen Ausdruck im Blick der Trill widergespiegelt, als sie sich der anderen Frau zuwandte. Dax nickte und verließ unaufgefordert das Büro.

„Setzen Sie sich, Commander.“

„Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich lieber stehenbleiben.“

„Wenn Ihnen das lieber ist“, seufzte Kira. Dieser Ritus war so alt wie die Welt. Es versprach eine angenehme Zusammenarbeit zu werden. „Wenn Sie jedoch versuchen könnten, mich wenigstens anzusehen, während ich mit Ihnen spreche, wäre das nicht zu verachten.“ Die Lippen der Bajoranerin verzogen sich zu einem knappen Lächeln, als die andere Frau bei der unterschwelligen Rüge zusammenzuckte. Benteens Blick löste sich vom Fenster und fixierte nun Kira.

„Besser.“ Die Kommandantin hob das Padd mit Benteens Personalakte und überflog noch einmal die Fakten, die sie schon gelesen hatte. „Ich kann sehen, dass Ihre Karriere nicht unbedingt einem Bilderbuch entspringt. Sie sind ehrgeizig und fähig genug, Sie haben es recht jung bis zum Captain geschafft. Doch Ihre Karriere hatte ein vorübergehendes Ende, als Sie sich an dem fehlgeschlagenen Versuch beteiligt haben, die Erde unter Kriegsrecht zu stellen.“ Sie legte das Padd auf den Tisch zurück und beugte sich vor, unbewusst schlossen sich dabei die Finger einer Hand um den Baseball. „Ich möchte nicht unhöflich sein, aber es würde mich doch sehr interessieren, weshalb ausgerechnet Sie auf diesen Posten versetzt worden sind.“

Benteens Blick wich nicht aus. „Wenn Sie die Akte gelesen hätten, könnten Sie sehen, dass ich von einem Militärgericht nach Untersuchung des Falls lediglich degradiert worden bin, nicht aber vom Dienst suspendiert, Colonel.“

„Ich habe es gelesen“, bemerkte Kira eine Nuance kühler. Der Tonfall der Commander gefiel ihr nicht. „Was mich interessiert, sind die Dinge, die ich nicht in den Akten finden kann.“

„Nun.“ Die Terranerin hob ihren Blick wieder über Kiras Schulter hinweg. „In diesem Fall würde ich sagen, dass man sich bei der Admiralität sicherlich gedacht hat, dass ich die ideale Wahl für eine Station wäre, deren Kommandant ebenfalls keine Bilderbuchkarriere hinter sich hat ... Sir!“

Kira verengte die Augen. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Sternenflottenoffizierin rügen sollte oder ob sie versuchen sollte, durch eine gemäßigtere Reaktion der Situation die Schärfe zu nehmen. Letzteres war eine Haltung, in der sie nicht besonders bewandert war.

Das Gewicht des Baseballs in ihrer Hand wurde ihr bewusst.

Meine Vergangenheit steht hier nicht zur Diskussion, Commander. Ich habe in den letzten Jahren sehr wohl unter Beweis gestellt, dass ich imstande bin, sowohl meine Nation als auch Ihren Planetenbund zu vertreten – eine Gratwanderung, die Ihnen noch bevorsteht.“

Benteens Blick ruhte nun wieder auf Kira. Es war der Terranerin anzusehen, dass widersprüchliche Gefühle in ihr stritten. Schließlich schien sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben. „Darf ich offen sprechen, Sir?“

Kira nickte. „Ich bitte darum.“

„Ich habe nicht um diesen Posten gebeten. Und ich halte es für verfrüht, bajoranischem Militär die Befehlsgewalt über Sternenflottenpersonal zu geben. Ganz gleich, wie kurz Ihre Nation vor einem Beitritt zur Föderation stehen mag, Sie sind kein Sternenflottenoffizier. Ich empfinde meine Abberufung hierher als eine Strafversetzung. Da die Admiralität auf diese Konstruktion eingegangen ist, werde ich mich Ihnen gegenüber nach allen Pflichten eines Ersten Offiziers verhalten. Jedoch erwarte ich von Ihnen die Einhaltung der Regeln, ich unterstelle mich keinen bajoranischen Prinzipien, sondern denjenigen der Sternenflotte, Sir!“

Kira musste ihr zugutehalten, dass sie den Blick während ihrer Worte nicht abgewandt hatte. Die Bajoranerin betrachtete nachdenklich die Frau, die von nun an ihre rechte Hand sein sollte. „Ich begrüße es, wenn wir von Anfang an wissen, woran wir miteinander sind. Offenheit habe ich stets geschätzt, und will sie Ihnen daher nicht als Fehler ankreiden. Ich werde das Kommando hier im Einverständnis der Föderation und Bajors führen, also im Einklang beider Regeln. Wenn ich gegen die Prinzipien der Föderation verstoße, dann liegt es in Ihrem Recht, meine Absetzung zu fordern. Bis dahin allerdings erwarte ich von Ihnen, dass Sie mit mir arbeiten und nicht gegen mich.“ Sie legte den Baseball beiseite und erhob sich, während sich langsam ein Lächeln auf ihren Zügen ausbreitete, das gute Chancen hatte, an einem Sonnentag Frost entstehen zu lassen. „Wenn Sie allerdings nur aufgrund Ihrer Abneigung versuchen sollten, meine Autorität zu untergraben, werden Sie diese Station anders verlassen als Sie es sich ausgemalt haben.
Sie dürfen gehen.“

* * *


Gedankenverloren rührte Julian Bashir in seinem Drink. Der Geräuschpegel im Quark’s bewegte sich wie stets im oberen Level. Trotzdem nahm Ezris feines Trill-Gehör den leisen Seufzer ihres Gegenübers wahr.

„Chief O’Brien fehlt dir“, stellte sie fest.

Bashir hielt mit Rühren inne. „Wie kommst du darauf?“

„Zufällig bin ich eine Counselor, auch wenn man das nicht sein muss, um zu merken, wie sehr du den Chief vermisst.“

„Bin ich so leicht zu durchschauen?“

„Ja“, erwiderte Ezri lächelnd. „Und ich verstehe dich. Sich von einem Freund zu trennen, ist niemals leicht.“

„Naja, so enge Freunde waren wir eigentlich gar nicht“, schwächte Bashir ab. „Ich meine, ich glaube, ich bin ihm manchmal ganz schön auf die Nerven gegangen, und umgekehrt konnte er einen mit seinem irischen Dickschädel ziemlich verrückt machen. Wenn ich nur daran denke, wie schwierig es war, sich mit ihm auf ein Holosuite-Programm zu einigen, also, das war bisweilen wirklich äußerst anstrengend, und ...“

„Julian!“

„Ja?“

„Er fehlt mir auch. Ohne ihn und seinen Werkzeugkoffer ist die Station irgendwie“, Ezri zögerte, „unvollständig. Jeden Moment erwarte ich, dass er hereinkommt, um eine gebrochene ODS-Leitung oder einen Replikator zu reparieren.“

„Oder“, Bashirs Blick wanderte zu der Stelle, an der die Dartscheibe gehangen hatte, die der Chief als Andenken mit zur Erde genommen hatte, „um mich zu einem Spiel aufzufordern. Oder ...“

„…um mit dir in die Schlacht um Alamo oder um was auch immer in die Holosuite zu ziehen“, beendete Dax seinen Satz.

„Er war kein enger Freund.“ Der Arzt starrte in sein Glas. „Er war der beste Freund, den ich jemals hatte.“

„Er ist es immer noch“, sagte Ezri. „Eine echte Freundschaft endet nicht, nur weil man sich nicht mehr so häufig sieht. Nimm Benjamin und mich. Manchmal vergingen Jahre zwischen unseren Wiedersehen, ohne dass es unserer Freundschaft einen Abbruch getan hätte. Außerdem ist die Erde gar nicht so weit weg. Du könntest ihn an der Akademie besuchen, oder in der vorlesungsfreien Zeit könnten er und Keiko einen Abstecher nach Bajor machen. Und was eure gemeinsamen Abenteuer in der Holosuite betrifft, ich weiß, ich bin kein Ersatz für den Chief, aber ich könnte es versuchen.“

„Du würdest mit mir in der Schlacht von Alamo kämpfen?“

„Naja“, Dax zog die Nase kraus, „eigentlich hatte ich eher dein Geheimagenten-Programm im Sinn, oder etwas in der Richtung.“

Bashir ergriff ihre Hände. „Ezri, du bist wundervoll. Nein, ich meine es ernst“, bekräftigte er, als die Trill die Stirn runzelte. „Du bist die wundervollste Frau, der ich je begegnet bin.“

„Mit Ausnahme von Jadzia“, bemerkte sie.

Julian ließ Ezris Hände los. „Das ist nicht fair.“

„Nein“, räumte die Trill ein. „Aber es ist die Wahrheit, oder?“

„Lass uns das Thema wechseln“, bat Bashir. „Jadzia ist tot.“

„Sie ist ein Teil von mir!“

„Ein Grund mehr, keine Eifersucht zu hegen.“

„Ich bin nicht eifersüchtig!“

„Ezri, bitte.“ Erneut umschloss Julian die Hände der Trill mit seinen eigenen. „Jadzia hat mir sehr viel bedeutet. Doch das gehört der Vergangenheit an. Ich liebe dich, Ezri Dax, und alles, was ich mir wünsche, ist, dass du genauso fühlst.“

Die Trill lehnte sich vor und legte ihre Stirn an seine. „Das tue ich Julian ...“

* * *


Quark ließ das Glas, das er gerade polierte, sinken und schnaubte auf. „Ich möchte wirklich wissen, was sie an ihm findet.“

„Wer?“ erkundigte sich Jake, der an der Theke saß.

„Ezri natürlich.“ Der Ferengi starrte über Jakes Schulter missmutig auf den Tisch, an dem die Trill und Bashir saßen, sich an den Händen hielten und zärtliche Blicke tauschten. „Widerlich, diese Turtelei! Ich frage dich“, Quark sah Jake an, „was hat Doktor Bashir, das ich nicht habe?“

„Also, mir würde da eine Menge einfallen“, antwortete Jake. „Angefangen zum Beispiel bei den Haaren.“

„Wie meinst du das?“

„Doktor Bashir hat Haare.“

„Unsinn!“ Unwillkürlich kratzte Quark sich über seinen kahlen Kopf. „Jadzia mochte mein Profil so wie es ist. Sie nannte es klassisch!“

„Jadzia hat Worf geheiratet, und Worf hat sehr viele Haare“, erinnerte Jake. „Genau wie Doktor Bashir. Aber eigentlich bin ich nicht hier, um mit Ihnen über Lieutenant Dax zu reden, sondern um Sie zu fragen, warum Sie heute früh nicht dabei gewesen sind. Freuen Sie sich etwa nicht für Nog?“

„Machst du Witze?! Mein missratener Neffe entehrt seinen Vater, mich und jeden achtbaren Ferengi, indem er sich zum Sicherheitschef ernennen lässt, und du erwartest von mir, mich darüber zu freuen?! Hätte ich es mir leisten können, hätte ich die Bar als Ausdruck meiner Trauer und Scham für einen Tag geschlossen!“

„Wo Sie die Bar erwähnen, denken Sie nicht auch, dass sie einen hervorragenden Platz für eine Party abgeben würde?“

„Was für eine Party?“

„Nogs Beförderungsparty. Ich finde, dieser besondere Anlass verdient mehr Aufmerksamkeit, als einen Händedruck zwischen Tür und Angel. Immerhin ist Nog der Sohn des großen Nagus!“

„Umso schlimmer, dass er solche Schande über seinen armen Vater bringt!“

„Ich glaube, Rom sieht das anders. Er ist stolz auf Nog. Für einen Ferengi ist er sehr liberal.“

„Da stimme ich zu. Zu Zeks Zeiten wäre ein Ferengi für weniger als das, was Nog getan hat, vom Handelsturm geworfen worden.“

„Quark!“

„Schon gut! Du hast deine Meinung, ich meine. Doch wenn du die Bar mieten möchtest, um diesen feierlichen Anlass in einem angemessenen Rahmen gebührend zu würdigen, von mir aus.“

„Momentmal, ich habe nichts davon gesagt, dass ich die Bar mieten will.“

„Nein? Nun, die ganze Bar dürfte tatsächlich ein wenig zu geräumig sein. Zumal wohl kaum mit einem gewaltigen Ansturm zu rechnen ist. Der Dienst bei der Sternenflotte mit seinen starren Regeln ist nicht gerade dazu angetan, Freunde zu gewinnen, abgesehen davon, dass bei all den Pflichten, die einem dort aufgebürdet werden, ohnehin keine Zeit für Freundschaften bleibt.“

„Ich bin Nogs Freund.“

„Nimm es bitte nicht persönlich, aber ich rede hier von profitablen Freundschaften, die regelmäßiger Pflege benötigen, um zu gedeihen und Früchte zu bringen.“

„Sie meinen Latinum?“

„Was denn sonst. Aber davon verstehst du eben nichts. Nebenbei, wo wir gerade dabei sind, hast du überhaupt genug Latinum, um einen Teil der Bar für dein kleines Fest zu mieten?“

„Ich sagte doch bereits, dass ich nicht vorhabe, die Bar zu mieten“, wehrte Jake ab. „Weder ganz noch zum Teil.“

„Dann möchte Nog sie mieten?“

„Natürlich nicht! Er darf nichts davon erfahren. Es soll eine Überraschung werden.“

„Kein Problem. Sag mir einfach nur, auf wen ich die Rechnung ausstellen darf. Colonel Kira? Oder vielleicht Doktor Bashir? Ich bin ganz Ohr!“

„Auf niemanden.“

„Wie bitte?“

„Quark, Nog ist Ihr Neffe! Der Sohn Ihres Bruders, des großen Nagus! Es sollte Ihnen eine Freude sein, eine Party für ihn zu organisieren. Mehr noch, ein Bedürfnis. Eine Ehre!“

„Ich bin kein Klingone, der Dinge um Ruhm und Ehre willen tut! Ich leite eine Bar. Doch von mir aus. Weil ich den Jungen trotz allem mag, werde ich großzügig sein und biete dir die Galerie, Getränke und ein Buffet zum reinen Selbstkostenpreis von, sagen wir, einem Barren Latinum an.“

„Ich bin ein Mensch, ich besitze kein Latinum.“

„Bedauerlich. Ich bin ein Ferengi und habe leider nichts zu verschenken.“

„Wie Sie meinen.“ Jake brachte eine der Kirschen in seinem Drink zum kreiseln. „Das ist ein Boijarian Summersbee, nicht wahr? Wie schreibt man das eigentlich?“ fuhr er fort, als Quark nickte.

„Du willst wissen, wie der Name deines Drinks buchstabiert wird?“ vergewisserte der Ferengi sich verdutzt. „Warum?“

„Recherche, weiter nichts.“ Jake lächelte. „Ich brauche diese Angabe für meine neue Rubrik.“

Quark runzelte die Stirn. Seit kurzem verfasste Jake eine interne Zeitung für das hier stationierte Personal und die Besucher, die zum Neid des Ferengi reißenden Absatz fand. Quark hatte anfangs mit dem Gedanken gespielt, ein Konkurrenzblatt ins Leben zu rufen. Aber da Jake die Zeitung gegen eine Spende zugunsten des bajoranischen Waisenfonds, und damit praktisch umsonst, vertrieb, wäre aus einem Wettbewerb nur geringer Profit herauszuschlagen, so dass Quark die Idee zu seinem Bedauern hatte verwerfen müssen.

„Was für eine Rubrik?“ erkundigte er sich misstrauisch.

„Restaurantkritik.“ Jakes Lächeln vertiefte sich. „Wussten Sie, dass Speisen und Getränke im Replimat vorzüglich sind? Gar nicht zu reden von dem überaus günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Ehrlich gesagt wundert es mich, wieso nicht mehr Leute dort ihre Mahlzeiten einnehmen. Dieser Boijarian Summersbee zum Beispiel. Im Replimat bekommt man denselben Drink für die Hälfte, und wissen Sie was, er schmeckt sogar besser! Und Hasperat! Also verglichen mit dem Hasperat, das ich gestern im Replimat verspeist habe, können Sie das, was anderswo serviert wird, fortwerfen! Oder ...“

„Aufhören!“ fiel Quark Jake ins Wort. „Ich habe verstanden. Du bekommst die Galerie und ein Buffet und Getränke so viel du möchtest.“

„Das ist wirklich nett von Ihnen, Quark“, meinte Jake boshaft. „Ich habe immer gewusst, dass Sie ein großzügiges Wesen besitzen.“

„Man tut, was man kann. Schließlich habe ich nur einen Lieblingsneffen, nicht wahr? In zwei Tagen gehört die Galerie dir.“

„In zwei Tagen?!“

Quark zuckte mit den Achseln. „Eine solche Feier will sorgfältig geplant werden.“

„Was nicht zufällig damit zusammenhängt, dass in zwei Tagen der bajoranische Fastenmonat beginnt, in dem die Bar ohnehin meistens leer ist?“ bemerkte Jake trocken.

„Jetzt beleidigst du mich!“ Quark hob in einer Geste der Unschuld beide Hände. „Ich habe die Fastenzeit nicht erfunden. Wenn der Termin dir nicht zusagt, könnte ich möglicherweise etwas arrangieren, vorausgesetzt ...“

„Was?“

„Du würdest meine Bar in deiner neuen Rubrik positiv erwähnen und den Lesern empfehlen.“

„Haben Sie schon einmal etwas von Pressefreiheit gehört?“

„Dann trage ich dich für übermorgen in meinen Kalender ein?“

„Einverstanden“, gab Jake widerstrebend nach. „Übermorgen. Und kein Wort zu Nog!“

Quark lächelte. „Für wen hältst du mich?“

* * *


Bashir blickte auf, als Kira die Bar betrat. Ihr Blick suchte und fand den Arzt und die Counselor. Sie ließ sich am Tresen ihren Drink geben und gesellte sich dann zu den beiden.

„Das Begrüßungsgespräch lief nicht so wie erwartet“, bemerkte Dax nüchtern.

Kira nickte und nahm einen Schluck. „Nein, das tat es nicht.“ Sie blickte in die erwartungsvollen Gesichter der beiden Personen auf DS9, die sie am ehesten als Freunde bezeichnet hätte. Wie eine Fügung des Schicksals waren ausgerechnet die beiden Führungsoffiziere geblieben, die am lockersten mit den Regeln der Sternenflotte umgingen. „Wir werden einen schweren Stand miteinander haben. Sie hat mir soeben sehr deutlich erklärt, was sie davon hält, Befehle von einer Bajoranerin entgegennehmen zu müssen.“

Bashir deutete einen Toast an. „Ein Erster Offizier, welcher bei Dienstantritt der Meinung ist, sein Kommandant hätte in dieser Angelegenheit eigentlich nichts zu suchen ... Warum hört sich das für mich nur so bekannt an?“

Kiras Überraschung traf auf das ironische Glitzern in Bashirs Augen. „Das ist doch ...“ ihre Miene änderte sich, „ ... richtig.“ Mit einem breiten Grinsen lehnte sie sich auf dem Stuhl zurück. „Es hört sich in der Tat bekannt an.“

„Geschichte wiederholt sich doch immer wieder.“

„Dann werden wir sehen, ob es mir gelingt, so nachsichtig mit ihr zu sein, wie Captain Sisko es mit mir war ...“ Mit der Nennung des Namens ihres früheren Stationskommandanten hatte Kira unbeabsichtigt eine melancholische Note getroffen. Es war nicht nur ihr bewusst, dass heute ein Monat vergangen war, seit er seine Crew verlassen hatte, um seinen Platz bei den Göttern der Bajoraner einzunehmen. Sie alle verbanden liebgewonnene Erinnerungen mit dem Captain.

Dax hob nun ihrerseits das Glas. „Auf Ben Sisko!“

„Auf Ben Sisko“, stimmten die beiden anderen von ganzem Herzen in den Toast ein.

Als Kira ausgetrunken hatte, bemerkte sie: „Er wäre stolz darauf zu sehen, welche Rolle die Zukunft für seine Station bereithält. Zusammen mit Commander Benteen kam eine Mitteilung von der Sternenflotte, dass bereits mehrere Regierungen mit der Bitte an das Hauptquartier herangetreten sind, Beobachter hierher zu entsenden. Bei der nächsten Bedrohung, die durch das Wurmloch kommt, wollen sie frühzeitig gewarnt sein.“

„Wir bekommen Botschafter nach DS9?“ fragte Bashir vorsichtig nach. Ihm saß nach Jahren noch die Episode in den Knochen, in welcher er Kindermädchen für eine Delegation Abgeordneter hatte spielen müssen. Wegen ihm hätte es keine Wiederholung davon gebraucht.

„Wie es aussieht, ja.“ Kiras Miene wurde ernst. „Auf der einen Seite bedeutet das eine Chance für meinen Heimatplaneten – auf der anderen Seite möchte ich gar nicht daran denken, was es heißen kann, wenn hier zum Beispiel Vertreter des Klingonischen und Romulanischen Reiches dauerhaft nebeneinander leben müssen, ohne dass ein äußerer Feind sie eint.“

„Das hört sich in der Tat nicht danach an, als ob verdiente Ruhe auf uns zu kommt.“ Dax verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Darf man fragen, wer dafür sorgen darf, dass sich die Beobachter einleben?“

Über den Tisch hinweg traf der amüsierte Blick der Colonel den entsetzten Bashirs. Nach einer kurzen Überlegung winkte Kira ab. Der Arzt atmete hörbar aus.

„Wenn ich mich nicht vollkommen täusche, dann steht das in der Stellen-Beschreibung des Ersten Offiziers.“ Kira versuchte erst gar nicht, ein schadenfrohes Lächeln zu verstecken.
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