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Engelsgeduld

von Heidi Peake

Kapitel 1

And yet how lovely life would seem:
If every man could weave a dream –
To keep him from despair.

(To each his Dulcinea – Man of La Manchia)




„Persönliches Logbuch Dr. Beverly Crusher. Auf dem Weg zu Starbase 231 haben wir eine Nachricht von Starfleet erhalten, in welcher um meine Hilfe im Fall Dr. Ran Khor gebeten wurde. Khor hat sich vor nun beinahe einem Jahrzehnt einen Namen gemacht: Mit seiner bahnbrechenden Arbeit auf dem Feld der Psychologie und seiner speziellen Sparte der Parapsychologie, der Erforschung derjenigen Teile des Gehirns, welche augenscheinlich unser gesamtes Leben lang brach liegen. Er hat intensive Studien mit Telepathen und Empathen durchgeführt, bevor er die Leitung des Projektes der Kolonien auf Dam’rung übernommen hat, einem Planeten, welcher für mindestens sieben aufeinanderfolgende alte Zivilisationen eine Art von spiritueller Hauptstadt darstellte. Er versuchte - und versucht immer noch - eine wissenschaftliche Erklärung für diese Bevorzugung zu entwickeln. Obwohl ich den Mann niemals persönlich getroffen habe, erfüllt mich das wenige, was ich bisher von seiner Arbeit gelesen habe, mit großen Erwartungen und Aufregung.

Bedauerlicherweise ist der Grund unseres Treffens kein besonders glücklicher, denn ich bin gebeten worden, Starfleet in der Beurteilung seiner mentalen und physischen Verfassung zu beraten. Wenn ich zwischen den Zeilen lese, dann glauben sie, dass Dr. Khor wahnsinnig geworden ist, und sie versuchen, ihn von dem Projekt abzuziehen, mit welchem er alt werden wollte. Ich bin mir bei der ganzen Sache sehr unsicher. Wenn ich mich recht erinnere, dann hatte Deanna das Vergnügen, ihn während ihres zweiten Jahres auf der Akademie persönlich zu treffen, als sie sich für eines seiner Experimente als Testperson meldete. Ich darf nicht vergessen, sie danach zu fragen, bevor ich aufbreche.“


Dr. Beverly Crusher seufzte und strich mit den Fingern durch ihr Haar, womit sie zum wiederholten Mal versuchte, eine besonders widerspenstige Strähne aus dem Gesicht zu verbannen.

Ich brauche einen Haarschnitt, dachte sie entschlossen, niemand sollte eine wissenschaftliche Legende treffen - ohne eine vernünftige Frisur.

Sie griff nach ihrem Terminplaner um nachzusehen, ob durch den Auftrag Starfleets Verabredungen umorganisiert werden mussten. Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie, dass sie tatsächlich einen Termin ausgemacht hatte - und zwar beim Friseur. Genaugenommen war es keine sonderlich große Überraschung. Sie vereinbarte momentan beinahe jeden Monat dort einen Termin. Das schien die Zeitperiode zu sein, die sie benötigte, um genug davon zu haben, wer sie war, wo sie war... und von ihrem Haarschnitt.

Sie sagte sich, dass es eine vorübergehende Phase war. Sie würde enden, wenn Beverly sich erst einmal an den Gedanken gewöhnt hatte, dass Wesley zur Akademie gegangen war. Obwohl sie sich auf diesen Augenblick gefreut hatte und darauf hin gearbeitet hatte, fühlte sie nun ein schreckliches Loch in ihrem Leben, in ihrem Quartier, wo ihr Sohn stets gewesen war. Es war eine Sache, den Kindern zu erzählen, dass sie erwachsen werden müssen, doch eine vollständig andere, wenn man eines Morgens aufwachte, um herauszufinden, dass sie genau das getan hatten. Es war nun etwas mehr als zwei Wochen her, dass sie zuletzt von Wesley gehört hatte. Zeit für einen neuen Haarschnitt.

Nicht, dass sie tatsächlich jeden Monat zum Friseur ging. Sie machte den Termin aus, erschien dort, warf einen Blick in den Spiegel und entschied, dass nur die Spitzen geschnitten werden müssten, und sie eventuell eine neue Pflegekur ausprobieren könnte...

Doch dieses Mal würde es anders sein, beschloss sie mit Entschiedenheit. Dieses Mal stand sie davor, einen der großen Wissenschaftler der Föderation zu treffen. Sie befand sich auf dem Weg zu einem der schönsten Planeten dieser Galaxis, und sie wollte verdammt sein, wenn sie dort ohne neuen Haarschnitt ankam.

Während die Visionen ihres neuen Ichs die Sorgen über die unerwartete Mission bei Seite schoben, schaltete Dr. Crusher den Computer aus und machte sich fertig zum für die Nacht.

* * *


„Errr... Ich bin nicht so sicher... Im Prinzip ist es eigentlich schon das, was ich wollte.“

Beverly zog eine Grimasse, als hätte gerade jemand versucht, ihr ohne Betäubung ein paar ihrer Zähne gleichzeitig zu ziehen. „... bitte, lassen Sie es einfach, wie es ist... vielleicht ein wenig die Spitzen schneiden...“

Mr. Mod lächelte das glücklose Lächeln eines Mannes, der das alles zuvor gesehen und gehört hatte. Genaugenommen einen Monat zuvor. Und den Monat davor...

Ohne große Überzeugung fischte er eine Anzahl kleiner Flaschen von der Ablage hinter sich und hielt sie neben die Reflexion seiner Klientin im Spiegel. „Vielleicht eine neue Spülung, um den natürlichen Glanz zu verstärken...?“

Beverly stöhnte. „Gütiger Himmel, bin ich schon so vorhersagbar geworden?“

„Vorhersagbarkeit ist eine der sieben Todsünden, der eine Frau anheim fallen kann - wie meine Mutter stets zu sagen pflegt.“ Counselor Deanna Troi hatte den Salon betreten und ging zielstrebig auf den freien Sessel neben Beverly zu. „Ich bin mir sicher, die anderen sechs hatten irgendwas damit zu tun, dass man nicht zu jeder Zeit einem Mann nachjagt. Ich hatte ein wenig gehofft, dich diesen Monat nicht hier zu finden.“ Sie lächelte ihrer Freundin breit zu.

Beverly zeigte ihr die Zähne. „Ich stehe davor, eine Legende des psychologischen Gedankenguts zu treffen. Ich versuche....“ sie verzog für einen Augenblick die Stirn, als die Haarsträhne zurück in ihr Gesicht fiel. „Ich versuche, das hier los zu werden, doch ich bin mir sicher, wenn ich ihn machen lasse“, sie deutete auf den unglücklichen Friseur, der dabei war, sich mit der ausgewählten Flasche Spülung zu beschäftigen. „wird er einen radikal neuen Versuch vorschlagen, komplett mit rasiertem Kopf ... mit Ausnahme dieser einen Strähne. Unser Freund hier scheint davon überzeugt zu sein, dass sie ziemlich ... süß ist.“

Deanna räusperte sich hörbar und versuchte vergeblich, das Grinsen zu unterbinden, welches sich über ihrem Gesicht ausbreitete. Wie sie so dasaß, alles Haar zurückgebunden mit der Ausnahme der leicht gelockten Strähne, die sich ihren Weg über ihre Wange zurück stahl, sah Dr. Crusher in der Tat sehr attraktiv aus.

„Nun, ich wollte gerade erwähnen, dass es dir ein gewisses Extra verleiht. Ein gewisses... nun, es lässt dich ein wenig wild aussehen und... .ähem... mir fällt das Wort jetzt nicht ein, aber es besitzt drei Buchstaben und beginnt mit einem s.... Woahhh!“ Die Counselor warf sich beinahe vom ihrem Sessel, um dem feuchten Schwamm auszuweichen, welcher sich rasant ihrem Gesicht näherte.

„Danke, du bist wirklich eine echte Freundin. Ich will nicht süß aussehen. Ich möchte... eindrucksvoll aussehen.“

„Üb einfach noch ein wenig zielen, dann kommst du schon dort hin.“ Deanna hob den Schwamm auf und händigte ihn mit entschuldigendem Lächeln Mr. Mods leeren Händen aus. „Wer ist diese ungewöhnliche Person denn, wenn ich fragen darf?“

„Wenn Sie sich ein wenig zurücklehnen würden, könnte ich damit beginnen, Ihr Haar zu waschen, Dr. Crusher...“, unterbrach Mr. Mod mit höflicher Strenge.

Beverly folgte seiner Einladung und ließ sich in den Sessel zurücksinken. Als das warme Wasser in Kontakt mit ihrer Haut kam, schloss sie die Augen. „Dr. Ran Khor“, antwortete sie mit einem zufriedenen Seufzen, „gehe ich recht in der Annahme, dass du ihn schon einmal getroffen hast?“

„Dr. Khor? Du meine Güte... Ich dachte, er hätte sich schon vor Jahren zurückgezogen!“

„Er ging nicht in Pension, er ging nach Dam’rung.“

„Das ist doch dasselbe. Dam’rung war niemals ein ernsthaftes Projekt für Starfleet.“

„Nun, es ist ihnen immerhin ernst genug, um mich dorthin zu schicken, um den guten Doktor davon zu überzeugen, dass er aufgeben und zurückkehren sollte.“

Deanna hob ihre Augenbrauen. „Warum du? Kennst du ihn?“

„Nein... doch ich bin Ärztin und... lass uns einfach sagen, sie glauben, dass er krank ist. Also, was kannst du mir über ihn erzählen?“

„Nicht besonders viel. Es tut mir leid. Ich habe ihn nur einmal kurz getroffen, als ich an einem Experiment teilnahm, welches er durchführte, um herauszufinden, welcher Teil des Gehirns aktiv ist, während man eine Situation empathisch aufnimmt. Er ist... nun, nicht besonders eindrucksvoll, sehr klein, sehr durchschnittlich ... doch er besaß eine erstaunliche Energie und einen wirklich überwältigenden Glauben in das, was er tat. Ich erinnere mich daran, sein kleines Labor betreten zu haben, ihm zugehört zu haben, wie er über seine Forschung sprach - und ich glaubte, ich könnte ihn im Dunkeln leuchten sehen!“

„Wunderbar. Versuchst du mir zu erzählen, dass er der Typ inspirierter Wahnsinniger ist?“

Deanna lachte. „Nicht wahnsinnig, nur inspiriert. Er ist sehr ehrlich, sehr offen und bereit, dich für das anzunehmen, was du bist ... und glaub mir, Beverly, er kann durch einen Haarschnitt nicht beeindruckt werden.“

Dr. Crusher hob ihren Kopf ruckartig, wobei sie sich beinahe selbst im Schwall von warmem Wasser ertränkte, welches immer noch über ihre Haare rann. Während sie Mr. Mods Arm packte, erklärte sie: „Sehen Sie! Das ist das, was ich Ihnen schon den ganzen Morgen versucht habe klarzumachen! Der alte Schnitt ist absolut in Ordnung... nur die Spitzen...“

* * *


Als Beverly Crusher aus der molekularen Streuung der Transporterreise wieder erschien, war ihr Haarschnitt das letzte, was sie beschäftigte.

Dam’rung war atemberaubend nach jedem Standard. Der Himmel besaß ein beinahe türkises Tiefblau und schien mit den obersten Ästen der enormen Bäume zu verschmelzen, welche sich über ihr wie ein Bogengang erhoben. Das satte Grün der Bäume verlor sich, als das Auge hinunter wanderte, an der Rinde entlang in den leichten Nebel, welcher von den fernen Bergen zu driften schien mit dem Versprechen eines mächtigeren Lichtes, um schließlich den sanften Hügel hinab zu sinken zu dem See, an dessen Ufer Dr. Khors Forschungszentrum erbaut worden war.

Es benötigte einige Minuten der Betrachtung, um die Vögel und Insekten zu entdecken, welche die Zweige bevölkerten. Alles auf Dam’rung schien aus den Nuancen eines komplexen Ganzen zu bestehen, eines trat aus dem anderen hervor, nur um mit wieder einem anderen zu verschmelzen. Die Bäume, der Nebel, der See, der Himmel, die Vögel in den Zweigen schienen alle in den dichten, wunderschönen Teppich gewoben zu sein, welcher Dam’rung war.

Dr. Crusher brauchte ein paar Minuten, um sich zu fangen und das schiere natürliche Wunder dieses Planeten in sich aufzunehmen, bevor sie nach dem Labor Ausschau hielt. Schließlich fand sie etwas, was am ehesten einer Strohhütte ähnelte, welche sich an einen massiven Baumstamm am Fuß des Hügels, auf welchem sie stand, kauerte. Es war das einzige Gebäude irgendwo in der Nähe, und so beschloss sie, dass trotz der unpassenden Erscheinung, dies der Ort war, den sie hatte besuchen wollen.

Sie zuckte mit den Schultern und machte sich auf zu den... nun... Treppenstufen, welche in die Flanke des Hügels gebaut worden waren, um einen leichteren Abstieg zu gewähren. Sie bestanden aus nichts weiterem als ein paar Planken, die mit einer Menge Lehm aufrecht gehalten wurden. Das ungute Gefühl, welches sie befallen hatte, als sie zum ersten Mal mit dieser Mission beauftragt worden war, kehrte zu ihr zurück. Starfleet hätte doch sicherlich weit passendere Materialien zur Verfügung stellen können als Holz und Lehm...?

Sie hatte beinahe die Stufen erreicht, als sie die Stimme hörte. Nach einem Moment des Lauschens entschied sie sich, dass es sich tatsächlich nur um eine Stimme handelte, wenn diese auch in eine tiefschürfende Diskussion verstrickt schien. Sie konnte nicht genau ausmachen, was gesagt wurde, doch der allgemeine Eindruck war derjenige einer Kommunikation, bei welcher der Ton des Empfängers ausgestellt war. Vorsichtig überprüfte sie den Halt der Stufen mit dem Fuß, bevor sie sich an den Abstieg wagte. Nach nur ein paar Schritten konnte sie ihn sehen. Ein Mann von durchschnittlicher Größe, in seinen späten Vierzigern, frühen Fünfzigern, eher drahtig als dünn, mit schulterlangen Haaren und einem Vollbart. Er trug eine wollene Tunika, und nach allem, was Beverly erkennen konnte, hielt er Zwiegespräch mit der Luft.

Sie runzelte leicht ihre Stirn und lehnte sich zur Seite, um besser sehen zu können, wohin der Mann sprach. Halb erwartete sie, ein Haustier zu sehen. Doch alles, was sie bemerkte, war ein Baumstumpf, ein paar Büsche, eine rötliche Blume mittlerer Größe und Gras. Dann sah sie die Blätter in den Zweigen, und Teile des Himmels in einer wilden Jagd von Lehm, Gras, Blättern und wieder Himmel, als sie ihr Gleichgewicht verlor und im wahrsten Sinn des Wortes Hals über Kopf die Hügelflanke hinab rollte und schließlich auf ihrem Hintern zu Füßen Dr. Khors landete.

So viel zum Thema eindrucksvoller Auftritt.

„Ähem... Hi, Ich bin Dr. Beverly Crusher. Und ich glaube, Ihre Treppenstufen könnten eine Reparatur gebrauchen.“

Dr. Khor hatte sich überrascht zu ihr umgedreht und kniete sich nun, nach einem Moment der Verwunderung, nieder, um ihr aufzuhelfen. „Oh mein Gott, es tut mir leid, Dr.“, sagte er, „Ich hatte vergessen, dass Sie kommen wollten. Es tut mir leid... Ich gebrauche die Stufen nicht mehr. Sie sind zu.... schlüpfrig.“

Beverly nahm dankbar den angebotenen Arm an und zog sich selbst in eine einigermaßen würdevolle Stellung hinauf.

„Ja, das habe ich bemerkt.“ Sie versuchte, die Haarsträhne zurückzustecken, welche sich gelöst hatte. „Ich hatte nicht vor, Ihre Unterhaltung so rüde zu unterbrechen.“

Der Wissenschaftler blickte sie verwundert an, als er sie höflich in Richtung seiner Hütte geleitete. „Unterhaltung...? Oh, machen Sie sich deswegen keine Sorge. Ich habe nur mit den Engeln gesprochen.“ Er lächelte sie breit an, als er die Tür öffnete und sie mit einer einladenden Geste willkommen hieß.

Beverly Crusher schenkte ihm einen fragenden Blick, doch er schien ihn nicht zu bemerken und wechselte das Thema, als ob seine Worte keine wirkliche Bedeutung gehabt hätten. „Möchten Sie eine Tasse Tee, Doctor? Ich hoffe, Sie haben sich nicht verletzt.“

Nur meinen Stolz, dachte Beverly grinsend. „Tee wäre wunderbar.“

Als sie sich auf seine Einladung an den niederen Holztisch setzte, fragte sie sich, wie viel Starfleet ihm wohl vom Zweck ihres Besuchs erzählt hatte. Sie entschied sich für den direkten Weg. „Hat man Sie über mein Kommen unterrichtet?“ Sie versuchte, nebensächlich zu klingen, während sie ihre Umgebung studierte. Vergeblich versuchte sie, einen Hinweis auf wissenschaftliches Gerät zu finden. Der Ort war einfach möbliert, nur mit Materialien, welche augenscheinlich aus den Wäldern kamen. Es gab keine Computer, keine Arbeitstische. Nichts.

„Natürlich“, erwiderte Dr. Khor zwischen dem Klappern von Tassen und Untertellern. „Sie sind hier, um mir Dam’rung fortzunehmen.“

Die Offenheit seiner Entgegnung traf Beverly unvorbereitet. Sie blickte ihm mit einem verwirrten Lächeln entgegen, als er ihr den Tee anbot und sich ihr gegenüber setzte. Ihre Verwirrung amüsierte ihn offensichtlich. „Natürlich ist das nicht das, was Starfleet mir gesagt hat. Doch ich bin nicht so naiv, wie sie dies wohl hoffen.“

Beverly nahm die angebotene Tasse und blies sanft in die heiße Flüssigkeit. Sie beobachtete die kleine Dampfsäule, die in sich zusammenfiel. „Nun“, begann sie. „Als erstes möchte ich, dass Sie wissen, dass ich nicht die Absicht habe, Ihnen irgendetwas fort zu nehmen. Ich bin nur als ... neutrale Beobachterin hier...“

„Um meinen Wahnsinn zu bezeugen.“

„Nun...“, erneut versuchte sie, die Haarsträhne hinter ihr Ohr zu klemmen. „Ich würde es gerne ein wenig anders betrachten. Starfleet ist besorgt, nichts weiter. Sie machen sich vor allem darüber Sorgen, dass Sie hier alleine sind.“

„Aber ich bin nicht alleine.“ Dr. Khor nahm einen Schluck Tee und lächelte sie an. „Allein ist eine relative Bezeichnung.“

„Sie haben Ihren letzten Assistenten Jahre zuvor zurückgeschickt...“

„Ja, zusammen mit dem meisten Gerät. Doch ich habe es ihnen erklärt.“

Beverly trank ebenfalls ein wenig von dem Tee. Die Kopfbewegung schickte ihre Haarsträhne wieder in das Gesicht. Sie klemmte sie wieder zurück, diesmal ein wenig forscher. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, es mir noch einmal zu erklären? Starfleet hat mir nicht sehr viele Informationen gegeben. Ich denke, sie wollten mich so neutral wie möglich als Beobachterin halten.“

„Was ich ihnen gesagt habe, war folgendes: Ich habe über diesen Planeten alles in Erfahrung gebracht, was in Erfahrung zu bringen war mit Scannern und Sensoren und Computern. Ich habe ein neues Stadium der Forschung betreten. Ich scanne die Welt nun mit meinem Geist.“

Beverly betrachtete ihr Gegenüber und versuchte, nicht zu skeptisch zu erscheinen.

Trotz seiner ruhigen Erscheinung und seiner höflichen Manieren, war etwas Seltsames an dem Doktor. Wenn er sprach, schienen seine Augen ihren Fokus zu verändern, als ob er zu jemandem sprach, der sich ständig auf und ab bewegte. Es gab Beverly das Gefühl, dass jemand direkt hinter ihr stünde. Als er nun aber ihren inquisitorischen Blick mit einem offenen Lächeln erwiderte, war er nichts anderes als ein gewöhnlicher Mann.

„Ich kann mir vorstellen“, sagte Beverly schließlich, „dass diese Antwort bei manchen Leuten in Starfleet nicht sehr beliebt war.“

„Ich arbeite nicht, um beliebt zu sein. Ich arbeite, um unser Wissen zu erweitern und meinen Geist. Immerhin ist es das, wozu Starfleet einst aufgebrochen ist. Möchten Sie noch etwas Tee?“

Beverly nickte grinsend. „Ja. Ein Ergebnis Ihrer Forschung?“

„Ist das nicht alles...?“

„Dr. Khor...“

„Bitte, nennen Sie mich Ran.“

„In Ordnung, Ran. Ich bin Beverly. Ich bin Ärztin, ich habe nicht wirklich eine besonders große Ahnung von den Dingen, die Sie hier untersuchen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir mehr über Ihre Arbeit zu erzählen?“

Dr. Khor brach plötzlich in erfreutes Gelächter aus. „Sie fragen einen Wissenschaftler ob es ihm etwas ausmachen würde, über seine Forschung zu reden? Wie viele Jahre haben Sie Zeit? Ich würde es lieben, Ihnen zu erzählen, was ich hier mache. Würden Sie mit mir hinaus kommen?“

Da war es wieder, eine Verschiebung der Perspektive, die Instabilität eines Augenblicks, als wenn sie ein wenig am Fokus eines alten Teleskops gedreht hätte. Sie schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen, und folgte Khor nach draußen.

Eine sanfte, warme Brise hatte sich erhoben seit sie hineingegangen waren, und die Bäume um den See schienen einander zuzuflüstern. Beverly holte tief Luft und ließ den Frieden der Umgebung auf ihren Geist einwirken. Wie konnte jemand an so einem Ort verrückt werden - außer vor Freude?

„Dies“, sagte Dr. Khor in dem Moment. Er drehte sich mit ausgestreckten Armen einmal um sich selbst. „Diese Welt, Beverly, diese Welt ist einzigartig. Sieben Kulturen kamen hierher um zu verehren, sieben Mal brachten sie ihre Tribute diesem Ort und dem, was er beinhaltet. Das liegt eine lange Zeit zurück. Wir wissen nicht viel über sie, außer, dass alle sieben sehr unterschiedlich waren. Dennoch kamen sie alle hierher, um Frieden zu finden und mit ihren Göttern Zwiesprache zu halten. Das ist kein Zufall, verstehen Sie? Denn hier ist der Ort, an welchem die Götter leben.“

Beverly war seinen Armen mit ihren Augen gefolgt, sie ließ ihre Vorstellung in die Zeiten zurückwandern, von denen er sprach, doch seine letzte Bemerkung brachte sie in die Gegenwart zurück. Sie konnte nicht das überraschte Stirnrunzeln von ihrem Gesicht verbannen.

Dr. Khor lachte erneut. „Natürlich denken Sie, dass ich metaphorisch spreche. Nun, das tue ich nicht.“

Er trat näher zu ihr und deutete plötzlich zur Spitze eines der Bäume. „Können Sie sie sehen? Sie beobachten uns.“

Beverly starrte in den Baum, welcher nichts weiter als Blätter beinhaltete, wie es eben ein Baum zu tun pflegte.

„Ran... ich sehe nichts, tut mir leid.“ Sie strich sich Haare aus dem Gesicht, doch der Wind blies sie augenblicklich zurück.

Dr. Khor schien alles Interesse an dem Baum verloren zu haben und bückte sich stattdessen nun, um das Gras zu tätscheln, auf welchem sie standen.

„Wussten Sie, woher der Name kommt?“ fragte er nebenbei, Beverlys Bemerkung ignorierend.

„Was für ein Name? Der Planet...?“

„Ja. Es ist ein recht neuer Name. Er wurde ihm von den ersten terranischen Siedlern nach Jahrhunderten scheinbarer Verlassenheit gegeben. Man hat mir gesagt, dass die Ursprünge in der deutschen Sprache liegen. Dam’rung... ‘Dämmerung’ ... Die Zeit zwischen Dunkelheit und Licht. Diese Siedler wussten, wie speziell der Ort war. Deswegen gingen sie auch wieder.“

Beverly bemerkte, wie ihre Geduld sich allmählich zu verabschieden schien. „Warum speziell?“ fragte sie etwas brüsker als sie beabsichtigt hatte.

Dr. Khor sprang wieder auf und legte seine Hände auf ihre Schultern, zwang sie damit, ihm direkt in die Augen zu sehen.

„Dam’rung ist die Welt dazwischen, das Tor zu einer anderen Realität. Hier leben sie...“

„Wer?“ Sie versuchte verzweifelt, sich nicht vom Feuer in seinen Augen einfangen zu lassen.

„Engel, Doctor! Engel!“ Dr. Ran Khor lachte erfreut und blies einen Kuss in einen der Bäume. „Warum lassen Sie nicht ihr Haar in Ruhe, Beverly? Diese Strähne lässt sie recht süß aussehen!“
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