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Star Trek: Ex Astris – Parallelen

von VGer

Die Konfrontation

„Unbekanntes Schiff, hier ist die U.S.S. Takei. Bitte identifizieren Sie sich.“
„Unbekanntes Schiff, hier ist die U.S.S. Takei. Identifizieren Sie sich.“

Telaya Weycori sprang von ihrem Sessel hoch, denn sie fand ihn – den Kommandantensessel, nach dem sie sich beinahe ihr ganzes Leben lang gesehnt hatte – plötzlich gar nicht mehr so gemütlich. Sie wirbelte auf dem Absatz herum, ihre Augen purpurn vor Wut und die Antennen kampflustig nach vorne gereckt.

„Was soll die Scheiße, Teddy?! Spar’ dir deine idiotischen Spielchen für irgendwann anders auf, am Besten für dann wenn ich Zeit habe das auch lustig zu finden.“
„Das war nicht ich, Laya, wirklich nicht! Ich habe nichts gesagt!“

Sie war zornig, keine Frage, doch ein kurzer Blick in das Gesicht ihres Kameraden und Ersten Offiziers, das sie viel zu gut kannte und mit dessen blöden Grimassen sie sich schon ihr ganzes Leben lang herumschlagen musste, ließ sie innehalten. Sie musste nicht noch einmal nachfragen um zu wissen, dass er die Wahrheit sagte. Sie waren miteinander aufgewachsen als seien sie Geschwister; sie kannte das verschmitzte Zucken seiner Mundwinkel wenn er sich mit seinem ganz eigenen Charme aus einer ausweglosen Situation herauslavieren wollte, sie wusste wie seine mandelförmigen grauen Augen sich unwillkürlich zu engen, blinzelnden Schlitzen zusammenzogen wenn er log, sie durchschaute ihn jedesmal wenn er unwillkürlich an seinem Revers oder an seinen schweißigen Handflächen nestelte sobald er sich ertappt fühlte. Sie sah nichts davon – nur Ratlosigkeit, die sich in ihrer eigenen Mimik spiegelte.

Und doch war es eindeutig Teddy Janeways Stimme gewesen, die gerade eben über die Brücke der Takei geklungen war, die auf ihren wiederholten Ruf geantwortet hatte. Doch Teddy Janeway war kein Bauchredner, das wusste sie, denn sie hatte sich über seine wiederholten vergeblichen Versuche halbtotgelacht als sie ungefähr neun Jahre alt gewesen waren. Inzwischen waren sie einundzwanzig, wollten Sternenflottenoffiziere werden statt Zirkusartisten, und das Lachen blieb ihr im Halse stecken.

„Jack?“, fragte sie schließlich, beinahe beklemmt.
Die Janeway-Zwillinge waren seit jeher wie Brüder für sie gewesen und sie war eine der wenigen, die sie beide jederzeit und problemlos voneinander unterscheiden konnte. Sie wusste zwar ganz genau, dass es Teddy und nicht Jack war der gesprochen hatte, trotz aller stimmlichen Verfälschungen durch den Lautsprecher die sich kaum verhindern ließen und die sie doch noch nie täuschen konnten, doch im Zweifelsfall wollte sie sich lieber noch einmal rückversichern – nur für den Fall, dass die Anomalie ihre Sinne nachhaltig benebelt hatte.
„Nein, Laya. Ich habe nichts gesagt.“ Jack Janeway schüttelte ernsthaft den Kopf und sie glaubte ihm sofort, denn im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder war er selten zu infantilen Späßen aufgelegt.
„Niemand hier hat etwas gesagt.“, bestätigte Marek Stermann an der Kommunikationskonsole. „Die Stimme kam eindeutig über die Lautsprecher, eine Verbindung von außen – ich sehe es deutlich angezeigt aber ich kann es nicht einmal ansatzweise lokalisieren. Es muss allerdings aus nächster Nähe kommen, es war keinesfalls eine Subraumverbindung, soviel ist sicher, die Subraumkommunikation ist inaktiv seit wir auf die Anomalie ... die Barriere, oder was auch immer das war ... getroffen sind.“

Sie nickte. Ihr Blick fiel zurück auf den Sichtschirm im vorderen Teil der Brücke und ihre Hände ballten sich unsicher zu Fäusten.

„Kahless, was ist das?“

Mitten im tiefschwarzen Nichts sahen sie nur die Umrisse ihres eigenen Schiffs auf dem Monitor und sie konnten es nicht glauben, denn das war unmöglich.

„Ohne Zweifel, das sind wir. Das ist die Takei.“
„Sicher, dass die Sensoren einwandfrei funktionieren? Schließlich sind wir nicht alleine hier hinaus geflogen – die Roddenberry, die Goldberg und die Nimoy waren in nächster Nähe seit wir den Befehl bekommen haben die Formation zu verlassen, und sie sind unsere Schwesterschiffe. Das kann man leicht einmal verwechseln.“
„Die Signatur ist eindeutig, das ist die Takei. Es ist alles ein bisschen verzerrt, aber alles wesentliche stimmt überein.“

Verzweifelt rubbelte sie ihre Antennen.

„Okay, alle miteinander. Vergesst die eigentliche Mission und die Akademie und die Prüfung und alles andere, das ist akut und viel wichtiger. Ich brauche schleunigst Antworten, denn ich habe keine. Ihr seid genial, das weiß ich, also bitte seid jetzt gefälligst genial.“

Telaya Weycori ließ sich in ihren Sessel zurückfallen. Seit frühester Kindheit hatte sie viel zu viele motivierende Ansprachen ihres Vaters, seines Zeichens Captain des Forschungsschiffs U.S.S. Calliope, gehört, doch sie hätte nie gedacht, dass sie selbst einmal in die Situation kommen würde, eine halten zu müssen. Wobei – doch, sie hatte fix damit gerechnet irgendwann in ferner Zukunft einmal Captain zu sein und sich großen Herausforderungen zu stellen, doch keinesfalls so früh, dass sie die Worte ihres Vaters paraphrasieren müsste anstatt ihre eigenen zu finden. Sie war gut, aber sie war nur ein Kadett im dritten Jahr und noch längst nicht Captain Weycori. Ein unaufhörlicher Strom an klingonischen Flüchen strömte durch ihr Gehirn und hinderte sie daran einen klaren Gedanken zu fassen.

„Vielleicht war das eine Zeitverzerrung, oder sonst eine temporale Anomalie, und das Schiff das wir da draußen sehen ist eine frühere oder spätere Version von uns.“, schlug Marek Stermann vor. „Das würde auch erklären, warum wir Teddys Stimme in den Lautsprechern gehört haben.“
„Möglich.“, nickte die Kommandantin. „Vollständigen Sensorscan durchführen. Ist da etwas, was diese Theorie bestätigt oder widerlegt? Tachyonenpartikel? Irgendetwas?“
„Ich hasse temporale Mechanik.“, knurrte Jack Janeway und vertiefte sich erneut in seine Konsole und die konfusen Anzeigen, die ihm der Computer entgegenspuckte. „Aber nein. Nichts. Keine Tachyonen, nichts was auf eine temporale Paradoxie hinweisen würde. Da ist gar nichts.“
„Verdammt.“

Telaya Weycori sank tiefer in ihren Sessel und starrte eindringlicher auf den Bildschirm. Sie wusste in dem Moment weder vor noch zurück, und das gefiel ihr gar nicht – schließlich war sie die Kommandantin, und wenn sie in den drei Jahren als Klassenbeste der Kommandoanwärter der Sternenflottenakademie in San Francisco (Sol III vulgo Erde, Sol-System, Alphaquadrant, Milchstraße) eins gelernt hatte, dann, dass Verzweifeln keine Option war. Also raffte sie sich wieder auf.

„Es ist ein transdimensionaler, multispatialer Rift. Sagte ich doch schon.“, kommentierte Helen Savage ungeduldig und wirbelte in ihrem Sessel hinter der Navigationskonsole soweit herum, dass sie die Kommandantin direkt ansah.
„So etwas gibt es nicht!“, lachte Rokh vom Platz des Piloten. „Genausowenig wie es feuerspeiende Drachen oder Schiffsgeister oder Qun’joH’a oder transzendentale Gottheiten in Wurmlöchern oder das Paradies der fünften Dimension im Zentrum der Galaxie oder sonstige wahnwitzige, kindische Phantasmen gibt. Das sind Ammenmärchen und Verschwörungstheorien. Ihr Aberglauben in allen Ehren, aber machen Sie sich nicht lächerlich, Savage.“

Die Kommandantin lächelte amüsiert und zwinkerte dem klingonischen Piloten vielsagend zu. Treffender hätte sie es auch nicht ausdrücken können, und vermutlich hätte ihr siebter Sinn für Diplomatie auch versagt. Doch Helen Savage ließ sich nicht beirren, sie erhob sich von ihrem Sitzplatz und betrat entschlossenen Schrittes die Empore, auf der die Arbeitsplätze für Kommunikation, Taktik und Wissenschaft angeordnet waren.

„Scannen Sie nach paradoxer Materie und nach Theta-Crux-Partikeln, Janeway.“ Sie beugte sich bedrohlich nahe über Jack Janeways Schulter. „Scannen Sie nach Differenzen, nach allem was Ihr Universum ausmacht.“
„Savage!“ Die Kommandantin war aufgesprungen und klang zorniger denn je.
„Laya!“, mahnte Teddy Janeway energisch. „Laya, ich sagte doch, vertrau ihr. Bitte!“
„Sie finden nichts, nicht wahr?“, fragte Helen Savage unbeirrt und klang beinahe triumphierend.
„Ich finde wirklich nichts.“, bestätigte Jack Janeway. „Nichts was uns im bekannten Universum verorten würde. Aber ich finde paradoxe Materie und Theta-Crux-Partikel, ich werde nicht wirklich schlau aus den Messungen.“
„Weil Sie nicht einmal halb so schlau sind wie Sie denken!“, rief Helen Savage mit einem theatralischen Lachen aus. „Was ist mit der Phasenvarianz auf allen Frequenzen, im Subraum und im Normalraum? Sind die Werte innerhalb normaler Parameter?“
„Die Werte sind ... wow!“ Jack Janeway stockte und stotterte. „So etwas habe ich noch nie gesehen, entweder die Instrumente spielen verrückt oder mein Gehirn.“
„Weder noch! Weil wir einen transdimensionalen, multispatialen Rift passiert haben – wie auch immer das geschehen sein mag, ich habe keine Ahnung – und das Schiff, das wir da draußen sehen ist zwar die Takei, aber das sind nicht wir, es ist eine andere Takei! Was Sie vor sich sehen sind Beweise, handfeste Beweise, keine Ammenmärchen und keine Verschwörungstheorien.“
„Savage!“, schrie die Kommandantin, Jacks hilflosen Blick fürs Erste ignorierend. „Ich verlange eine Erklärung. Sofort!“
„Ich habe es doch schon erklärt.“, spottete Savage mit enthusiastisch großen Gesten, und sie redete sich richtiggehend in Fahrt. „Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination. Ein uraltes Prinzip, das sollten Sie doch kennen! Und ob Sie es glauben oder nicht, wir sind mittendrin!“
„Sagen Sie unverzüglich was Sache ist oder sagen Sie gar nichts mehr, Savage.“, unterbrach die Kommandantin harsch die flammende Rede, „Sie verkennen den Ernst der Lage, jetzt ist wirklich nicht der rechte Zeitpunkt fürs Rätselraten. Sie sind Offiziersanwärter und wir alle verlassen uns auf Ihre Expertise, also verhalten Sie sich dementsprechend.“

„Helen! Laya!“, mahnte Teddy Janeway mit einem unverhohlenen Augenrollen. „Contenance!“

„Es mag absurd klingen, aber sie hat absolut recht.“, bestätigte Jack Janeway, als er endlich von seiner Konsole aufblickte. „Ich bin nicht abergläubig und nicht anfällig für metaphysische Phänomene, das weißt du, ich bin Wissenschaftler und glaube nur was ich sehe, und ich habe die Sensoren gerade neu kalibriert. Die Messungen stimmen wirklich.“
„Schon gut, Jack. Sag schon, was ist los?“
Mit einem Satz war Telaya Weycori schon an seine Seite gesprungen, spähte über seine Schulter auf Anzeigen, die ihr nichts sagen wollten, doch sie war auch kein Wissenschaftsoffizier. Jack Janeway schüttelte den Kopf, als könne er selbst nicht glauben was er ganz offensichtlich, in großen gelbgrünen Lettern und bunten Balkendiagrammen auf den Displays vor sich, sah.
„Die Anomalie war transdimensional, das ist los. Ich dachte das gäb’s nur in der Science Fiction, aber jede einzelne verfluchte Anzeige weist eindeutig darauf hin, ich habe es immer und immer wieder kontrolliert. Teddy und Marek können das bestätigen wenn du möchtest, oder sieh’ selbst. Entweder ist das ein besonders verrückter Holoroman oder wir sind wirklich gerade durch einen multispatialen Rift geflogen und ich habe keine Ahnung wo wir gelandet sind.“
„Verdammt!“

Just in diesem Moment surrte das Kommunikationssystem wieder, es meldete sich mit einem schrillen Piepsen zurück ins Leben und die metallische Stimme, die sie nur Augenblicke zuvor heillos verwirrt hatte, sprach wieder, klar und deutlich diesmal.

„Unbekanntes Schiff, hier ist das Akademieschiff U.S.S. Takei, Kommandant Teddy Janeway spricht. Wir können sehen, dass Sie Affiliierte der Sternenflotte sind; wenn das den Tatsachen entspricht haben Sie nichts zu befürchten. Identifizieren Sie sich und nennen Sie Ihre Absichten.“

Telaya Weycori fror, und ihre Haut verfärbte sich von türkis nach silber. Die ganze Zeit über hatte sie Teddy genau im Blickfeld gehabt und seine Lippen hatten sich nicht im Geringsten bewegt. Die Spannung auf der Brücke war plötzlich in der Luft fühlbar. Es war surrealer als alles worauf sie die Akademie je vorzubereiten versucht hatte.

„Dies ist Kommandantin Telaya Paris Weycori. Wir sind die U.S.S. Takei, wir sind Angehörige der Sternenflotte der Vereinigten Föderation der Planeten und unsere Absichten sind friedlich. Wir haben soeben eine Anomalie passiert und offensichtlich liegt hier ein Missverständnis vor. Wir sollten das lieber von Angesicht zu Angesicht besprechen, in zehn Minuten auf unserem Schiff. Bitte bereiten Sie sich und eine Abordnung Ihrer Mannschaft vor an Bord gebeamt zu werden.“

Für einen Moment nur starrten sich alle völlig ungläubig an. Das konnte doch nicht möglich sein!

Telaya Weycori war die erste, die ihre Stimme wiederfand.

„Savage. Sie wissen offensichtlich mehr als ich, Sie kommen mit mir.“, fauchte sie unwirsch. „Teddy Janeway, Sie haben die Brücke. Alle anderen, gesteigerte Sicherheitsmaßnahmen einleiten, protokollgemäß, ich will keine bösen Überraschungen. Rokh, Sie überwachen das. Ist das verstanden?“

Die vielstimmigen Aye!s vernahm sie nur mehr gedämpft, mehr war auch nicht nötig, denn sie wusste, dass sie sich auf ihre Mannschaft verlassen konnte, und die einzige bei der sie sich nicht so sicher sein konnte hatte sie direkt im Schlepptau. Die automatischen Türen der Brücke zischten hinter ihr zu, und mit einem entschlossenen Schritt ging sie ins Ungewisse.

Nach drei Jahren an der Akademie kannte sie die Takei wie auch die anderen baugleichen Ausbildungsschiffe wie ihre eigene Hosentasche. Zielsicher schritt sie den Korridor entlang, hielt kurz an und überbrückte geschickt die Sicherheitscodes zum Waffenschrank. Sie entnahm einen Phaser und schleuderte die Schranktüre gleich wieder zu, noch bevor Helen Savage überhaupt daran denken konnte sich ebenfalls zu bewaffnen – sie war vielleicht ihre Kameradin, Offiziersanwärterin wie sie selbst auch, doch egal was Teddy auch von ihr halten mochte, sie war eine Fremde und sie vertraute ihr nicht. Mit einem mechanischen Klick! hängte sie den Phaser rechts an ihre Gürtelschnalle und tastete sich dann nach links, dorthin wo die Schärpe über ihre Uniformjacke hing, und spürte die beruhigenden Konturen ihres Kampfmessers, das sie immer bei sich trug, zwischen ihren Fingern und ihrem Körper. Sie entspannte sich merklich und ging weiter.

Savage hielt ständig Schritt mit ihr.

„Laya!“, rief sie schließlich.

Telaya Weycori blieb abrupt stehen und fixierte ihre Kameradin, die sie um mehr als einen Kopf überragte, kampflustig aus unbarmherzig kaltviolett funkelnden Augen.

„Für Sie immer noch Weycori.“, zischte sie. „Nur Freunde und Familie dürfen mich Laya nennen, und nur weil Sie mit Teddy schlafen – und nur fürs Protokoll, da sind Sie beileibe nicht die Einzige – sind wir weder das eine noch das andere.“
„Ich bitte um Verzeihung, Ma’am.“, korrigierte Savage, wenn auch nicht ironiefrei.

Telaya Weycori wollte schon weitergehen – die Takei war ein kompaktes Schiff und auf beinahe minimalistische Weise praktisch ausgelegt, der Transporterraum war nur mehr wenige Schritte entfernt und ihre Gäste, oder was auch immer auf sie zukommen sollte, erwartete sie – und dann hielt sie überraschenderweise, sogar für sich selbst, doch noch inne.

„Teddy riet mir, ich solle Sie anhören und Ihnen vertrauen. Nur für den Fall, dass er nicht mit seinem Penis gedacht hat, was ich jedoch bezweifle ... sagen Sie, was Sie zu sagen haben, aber keine Spielchen und kein Rätselraten diesmal, sagen Sie es kohärent und gleich.“

Helen Savage seufzte, weniger trotzig als erwartet, und begann zu sprechen.
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