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Steht nicht an meinem Grab und weint ...

von VGer

Kapitel 1

Blumen, Fahnen, Tränen und Erinnerungen säumten die breiten Wege, die Atmosphäre erzählte Geschichten von Heldenmut und Ehre. Sie hielten sich bei den Händen, während sie gemessenen Schrittes durch das ordentliche Labyrinth schritten in dem sie sich zu mühelos zurecht fanden, denn sie hatten diesen Weg zu oft schon gehen müssen. Jeder hing schweigend seinen eigenen Gedanken nach. Maggie hielt einen Strauß Blumen in der Hand, der rote Schotter knirschte unter ihren Füßen und die düsteren Winterstürme donnerten weit über ihren Köpfen unbarmherzig gegen die Kuppeln. Heimzukommen schmerzte.

Schließlich blieben sie stehen und stellten fest, dass sich nichts geändert hatte.

Harry berührte die blankgebürsteten Stahltafeln mit den Fingern, las mit tonlosen Lippenbewegungen die Namen und Jahreszahlen, fast so als müsse er sich noch einmal versichern, dass das wirklich real war bevor er auf die Knie ging. Maggie legte eine Hand auf seine Schulter, die beiden ein Trost sein sollte, und mit der anderen die Blumen auf das Grab. Es waren undefinierbar rote Blumen, die in den hydroponischen Gärten wuchsen und deren Namen sie nie erfragt hatte.

„Fragst du dich auch manchmal wie das Leben wäre wenn sie noch hier wären?“

Nicken.

„Vermutlich wäre dann alles ganz anders gekommen.“

Wieder Nicken.

„Vielleicht wäre Kate unser Chefingenieur auf der Enterprise? Ich glaube, sie hätte das geliebt, sie wäre begeistert gewesen.“
„Vielleicht wäre sie kein Ingenieur geworden, wäre das Unglück der Pioneer nicht passiert. Vielleicht hätte sie dann gar nicht das Bedürfnis gehabt, Reg nacheifern zu wollen und zur Flotte zu gehen. Als wir noch klein waren wollte sie Geologin werden, wusstest du das? Das, oder Sportkletterprofi.“

Stille Tränen sammelten sich in Maggies Augen, doch sie versuchte nicht einmal sie zu verbergen.

„Vielleicht hätte das Barclay-Kollektiv noch ein paar Mitglieder mehr bekommen, mindestens sieben oder vielleicht neun. Ich glaube nämlich, Annie und Reg wären für immer zusammen und glücklich geblieben.“
„Vielleicht wären sie auch völlig durchgedreht mit sieben oder neun Kindern die im schlimmsten Fall alle so drauf gewesen wären wie Magnus und Lou als Teenager ... na dann gute Nacht!“

Sie schmunzelten kurz bei der Vorstellung.

„Und Tom ... vielleicht wäre er eines Tages sogar Admiral geworden, seinem Vater zu Fleiß.“
„Vielleicht wären wir dann immer noch im Krieg mit den Klingonen, weil B’Elanna niemals die heimliche Regentin des klingonischen Reichs geworden wäre wenn Tom noch leben würde.“
„Vielleicht. Man kann nie wissen.“

Sie schwiegen wieder, beklemmt diesmal. Die Pfade des Schicksals, an das sie nicht recht glauben wollten, blieben unergründlich.

„Weißt du was ich mich oft frage?“
„Hm?“
„Was er über uns sagen würde ... über dich und mich, zusammen.“
„Hm.“

Sie umarmten sich und Harry hauchte einen sachten Kuss auf Maggies Scheitel.

„Vermutlich hätte er mich erst einmal ausgelacht und erbarmungslos gehänselt, denn seien wir uns ehrlich, unsere Geschichte ist komplett absurd, und ich hatte immer schon ein Händchen für absurde Liebschaften. Er hat mich immer dafür ausgelacht: den falschen Zwilling, Hologramme, aliene Liebeszauber, biologisch inkompatible Spezies, Lyndsay Ballard, nicht zu vergessen Seven of Nine – ‚wünschen Sie zu kopulieren, Mister Kim?’ –, kurz und gut alles was unerreichbar und verboten ist,...“

Maggie lachte schallender als es für einen Heldenfriedhof angemessen war und legte ihren Kopf an Harrys Schulter. Sie schlang ihren Arm um seine Hüfte und lehnte sich in seine Umarmung bevor sie nachdenklich wurde.

„Vielleicht hätte er aber auch so reagiert wie meine Mutter und Miral und Picard und beinahe jeder in unserem näheren Umfeld der je davon erfahren hat – mit antiquierten Moralvorstellungen und vorschnellen Verurteilungen, obwohl gerade sie uns besser kennen sollten.“
„Ich hoffe nicht. Anfangs vielleicht, im Eifer des Gefechts war sein übergroßes Maul immer schneller als sein Hirn, aber bestimmt nicht auf Dauer. Er war schließlich mein bester Freund – er hätte sich gefreut, dass ich nach all den Jahren in denen er vergeblich versucht hat mich zu verkuppeln doch noch glücklich geworden bin.“

Sie starrten fragend auf den Namen, der mit goldenen Lettern in die Stahltafel graviert war. Er antwortete nicht, wie sollte er auch? Harry studierte das Datum, die Sternzeit, und rechnete kurz nach: Tom Paris war jetzt seit fünfundzwanzig Jahren tot, das war länger als sie im Leben befreundet gewesen waren – ein absurder Gedanke.

„Wahrscheinlich wären wir nie zusammengekommen, wäre Tom noch am Leben. Denk doch mal darüber nach, dann hättest du mich aufwachsen sehen, schließlich war ich sein Patenkind und seine Ziehtochter. Das wäre nicht nur gesellschaftlich und moralisch ein Tabu, ich hätte mich wohl auch nie in jemanden verlieben können zu dem ich mein Leben lang ‚Onkel’ gesagt habe.“
„Und ohne dich wäre mein Leben ebenso leer wie ohne Tom.“

Maggie schluchzte tonlos, ließ ihren Emotionen endgültig freien Lauf. Harry schloss sie in die Arme, strich mit zärtlichen, tröstenden Fingern über ihre feuchten Wangen als könne er ihre Tränen beiseite wischen, und dabei weinte er selbst. „Reiß’ dich zusammen, Margaret, ein Raumschiffcaptain heult nicht!“, tönte die ermahnende mütterliche Stimme durch ihren Kopf, es war eine der Erinnerungen die sie lieber längst vergessen hätte. Doch die Mutter war längst ebenso tot und das nägelbeißende kleine Mädchen von damals war erwachsen, kommandierte ein Raumschiff und weinte.

„Wir werden nie wissen was gewesen wäre und was hätte sein können. Aber wir wissen was ist und wissen das zu schätzen.“

Maggie streckte sich auf die Zehenspitzen und küsste Harry innig, am Grab ihrer besten Freunde, während der rote Schotter unter ihren Füßen knirschte und die düsteren Winterstürme weit über ihren Köpfen unbarmherzig gegen die Kuppeln donnerten. Sie war wieder zuhause, umgeben von der Geborgenheit der marsianischen Atmosphärenkuppeln, umgeben von Menschen die sie liebte und die sie liebten, von Momenten die sie geliebt hatte und noch lieben würde, von Erinnerungen die sie nostalgisch lächeln ließen und die erst noch geschaffen werden wollten. Sie war zwar längst erwachsen, aber immer noch zuhause auf dem roten Planeten, und plötzlich war auch das Zuhause, das sie sich mit Harry auf der Enterprise geschaffen hatte nicht mehr nur eine Illusion. Ihre Leben waren eng miteinander verflochten, und genau hier liefen sie zusammen.

Kurze Erklärung für alle, die mit meinem Voyagers&Wayfarers / Ex Astris Universum nicht vertraut sind: Tom Paris und Reginald Barclay sind 2391 beieinem Testflug mit der Pioneer tödlich verunglückt. Kate Barclay (die älteste Tochter von Reg und Annika Barclay ehemals Seven of Nine) ist 2409 bei der Schlacht um Deep Space K-7 unter Harrys Kommando gefallen.
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