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Asche 05 - Die Legende vom heiligen Kelch

von Martina Strobelt

Kapitel 2

In einer Ecke der Halle spielte eine Kapelle schwungvolle Rhythmen, in einer anderen war ein Buffet aufgebaut, das keine kulinarischen Wünsche offen ließ. Unzählige silberne Schüsseln und Platten mit appetitlich angerichteten Köstlichkeiten verlockten den Betrachter zum Zugreifen, und inmitten eines kunstvollen Arrangements aus exotischen Früchten lud eine Schale aus geschliffenem Kristall dazu ein, eine Kelle sprudelnder Bowle in eines der funkelnden Gläser zu schöpfen, die auf einem Beistelltisch standen, der, genau wie der Rest des Buffets, mit frischen Blumen und grünen Zweigen dekoriert war.

In der Mitte des Saales legten Ezri Dax und Julian Bashir zur Begeisterung der Umstehenden einen heißen Mambo aufs Parkett, der von Jake in einer gekonnten Parodie eines Sportreporters, der einem Baseballspiel zusah, mit lockeren Sprüchen kommentiert wurde. Er wurde von dem Kreis Zuhörer, der sich um ihn gebildet hatte, mit lautem Gelächter belohnt.

Premierminister Shakaar und seine Frau saßen ein wenig abseits, teilten sich eine Portion Eis und genossen für jeden Beobachter ersichtlich die Intimität, die darin lag, vom selben Teller zu essen.

Commander Benteen trug ihr langes, dunkles Haar offen und bot mit ihrem hautengen Kleid einen Anblick, der nichts mit der Strenge gemein hatte, die sie während ihres Dienstes umgab.

Etwas, das zu Kiras Ärger auch Bareil nicht verborgen geblieben war.

Die Bajoranerin gab sich den Anschein, voll und ganz mit dem Inhalt ihres Tellers beschäftigt zu sein und die beiden, die sich äußerst angeregt unterhielten, gar nicht zu bemerken. Im Grunde wusste sie nicht, worüber sie sich eigentlich ärgerte, und das ärgerte sie noch mehr. Bareil hatte ihr angeboten, ihr ein Glas Bowle zu holen, er hatte sie gebeten, mit ihm zu tanzen; doch sie hatte alles abgelehnt. Sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Schlimm genug, dass Botschafterin Troi ihn eingeladen hatte. Irgendwann hatte Bareil achselzuckend aufgegeben und seine Aufmerksamkeit auf Benteen gerichtet.

Kiras Blick löste sich von den beiden, glitt durch den Saal und blieb an dem romulanischen Botschafter hängen, der mit verschränkten Armen an einer Säule stand und das bunte Treiben um ihn herum beobachte. Die Bajoranerin fragte sich unwillkürlich, ob Tomalek sich auch an einen anderen Platz wünschte, so wie sie es tat, und vermutlich auch die vulkanische Abgesandte, die sich inmitten des ausgelassenen Festes mehr als deplatziert fühlen dürfte.

Tomalek fing Kiras Blick auf und nickte leicht in ihre Richtung, während die Andeutung eines Lächelns seine Lippen umspielte.

Kira erwiderte den Gruß. Höflich, jedoch zurückhaltend. Vor seiner Berufung in den Senat und seiner Ernennung zum Botschafter war Tomalek Commander im romulanischen Militär gewesen. Kira hatte sämtliche Berichte über Zwischenfälle und Zusammenstöße zwischen der Föderation und dem Romulanischen Reich gelesen, an denen Tomalek beteiligt gewesen war, und was sie da gelesen hatte, gefiel ihr nicht sonderlich. Der Romulaner war ein gefährlicher Mann, der nicht davor zurückscheute, seine Ziele mit Gewalt zu erreichen. Mochte Tomalek sich seit seiner Ankunft auf DS9 auch wie ein vollendeter Diplomat benehmen, war Kira doch weit davon entfernt, ihn als bloßen Mann des Wortes zu betrachten.

Auf der Tanzfläche hatten Bashir und Dax ihre Vorstellung beendet und schlenderten unter tosendem Beifall zu Kira.

„Eine tolle Party!“ Ezris Blick fiel auf den Teller der Bajoranerin. „Ist das etwa eridianischer Gewürzpudding?“

„Ich“, Kira begutachtete die cremige Masse. Sie hatte sich einfach das Erste gegriffen, was ihr in die Finger geraten war, und rührte eigentlich die ganze Zeit nur darin herum, um ihre Hände zu beschäftigen und ihre Gedanken von Bareil abzulenken, „würde sagen, ja.“

Ich würde sagen klingt reichlich unpräzise.“ Ezri hob ihren Zeigefinger. „Darf ich?“ Als Kira nickte, steckte die Trill den Finger in die Creme und leckte ihn dann ab. „Hm, ja, ich würde sagen, du hast richtig geraten, Nerys. Es ist eridianischer Gewürzpudding.“

„Hier!“ Kira drückte ihr den Teller in die Hand. „Du kannst ihn gerne haben.“

„Danke.“ Die Trill machte sich mit einem Appetit über den Pudding her, um den die Bajoranerin sie beneidete. „Mein Kompliment an Ihren Koch“, rief Dax Botschafterin Troi zu, die gerade am Arm des deltanischen Abgesandten vorbeiging. „Dieser Gewürzpudding kann es ohne weiteres mit dem im Quark’s aufnehmen.“

Lwaxana hielt inne und runzelte die Stirn, was Dax daran erinnerte, dass Kira erwähnt hatte, dass die Betazoidin Ferengi verabscheuen würde. „Ach, was sage ich da“, ergänzte sie daher. „Dieser Pudding ist um Längen besser. Ihr Koch ist ein Meister seines Fachs.“

„Um ehrlich zu sein, hatte ich bisher noch keine Zeit, mich um die Einstellung eines Kochs zu kümmern“, gestand Lwaxana. „Doch, wie der Zufall es wollte, flatterte mir das Angebot eines Party-Services ins Haus, der das komplette Buffet arrangiert und geliefert hat. Und das zudem auch noch zu einem erstaunlich günstigen ... was gibt es?“ unterbrach die Botschafterin sich selbst, als ihr stummer Diener Homm zu ihr trat.

Fasziniert beobachtete Ezri Lwaxanas Miene während der telepathischen Kommunikation mit der hünenhaften, blassen Gestalt.

Von einer Sekunde zur nächsten glomm ein zorniger Funke in den Augen der Betazoidin auf.

„Wie kann dieser widerliche Troll es wagen!“ entfuhr es ihr.

„Sprechen Sie von mir?“

Lwaxana wirbelte herum und fixierte den Ferengi, der scheinbar aus dem Nichts hinter ihr aufgetaucht war. „Ich kann mich nicht erinnern, Sie eingeladen zu haben!“ stellte sie fest.

Brunt lächelte breit und zeigte dabei zwei Reihen spitzer Zähne. „Es ist nicht nötig, sich dafür zu entschuldigen. Ich bin sicher, es war ein Versehen. Und ich bin nicht nachtragend.“

„Es war kein Versehen“, berichtigte Lwaxana.

Die Betazoidin machte eine wedelnde Handbewegung, worauf ihr Diener den Ferengi unter den Achseln packte und so mühelos hochhob, als ob es sich um eine Puppe handeln würde.

„Das ist empörend!“ protestierte Brunt, während Mister Homm den strampelnden Ferengi in Richtung Ausgang trug. „Lassen Sie mich sofort runter! Ich genieße diplomatischen Status.“

„Genießen Sie, was Sie wollen“, erklärte Lwaxana unbeeindruckt. „Vor der Tür.“

„Botschafterin, bitte“, versuchte Kira die Betazoidin zu beruhigen.

Doch Lwaxana war nicht zu bremsen, und es dauerte nicht lange, bis sämtliche Gespräche im Saal verstummten und die Augen aller Anwesenden Troi, ihrem Diener und Brunt auf ihrem Weg durch die Vorhalle folgten.

Während Mister Homm den Ferengi mit einer Hand festhielt, öffnete er mit der anderen die Tür - und sah sich unerwartet mit einem weiteren Ferengi konfrontiert.

„Wie ich sehe, sind Sie gerade am Gehen, Brunt. Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten.“

„Onkel Quark!“ Nog drängte sich an dem großen Diener vorbei. „Was tust du denn hier?“

Der Ferengi ignorierte seinen Neffen und wandte sich stattdessen an Lwaxana: „Erlauben Sie mir, Sie im Namen der Händlervereinigung von DS9 willkommen zu heißen. Ich hoffe, es wurde alles zu Ihrer Zufriedenheit arrangiert?“

„Was meinen Sie?“ erkundigte die betazoidische Botschafterin sich perplex.

„Das Buffet natürlich.“ Quark lächelte gewinnend. „Ich kann Ihnen sagen, es war gar nicht so einfach, all diese Spezialitäten kurzfristig zusammenzustellen. Doch wie lautet die Erwerbsregel 127 zutreffend? „Glückliche Kunden kommen wieder“, und aus Erfahrung weiß ich, dass ein zufriedener Kunde zudem die beste Werbung ist, die ein Geschäftsmann haben kann. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie meine bescheidenden Dienste auch künftig beanspruchen und Ihren Bekannten weiter empfehlen werden?“

„Kein Wunder, dass der eridianische Gewürzpudding so vorzüglich schmeckt“, bemerkte Ezri, die sich zu Kira gesellt hatte. „Quarks Replikator zaubert einfach den besten des Universums.“

„Wenn Sie gestatten, werde ich mich persönlich davon überzeugen, dass meine Angestellten die horrenden Löhne wert sind, die ich ihnen zahle“, erklärte Quark.

Unvermittelt tauchte Bareil neben Kira auf. „Wenn ich erreiche, dass Quark überlebt“, raunte er in ihr Ohr, „bekomme ich dann einen Tanz?“

„Zwei Tänze, wenn Sie es schaffen, Quarks Ermordung und Brunts Rauswurf zu verhindern“, antwortete Ezri an Stelle der Bajoranerin. „Komm schon, Nerys“, die Trill begegnete Kiras zornigem Blick mit einem unschuldigen Lächeln. „Die Rettung eines Lebens und die Vermeidung eines diplomatischen Eklats sollten dir doch zwei Tänze wert sein.“

„Zwei enge Tänze“, ergänzte Bareil sanft.

„Einverstanden“, stimmte Dax zu.

Kiras Augen schossen Blitze. Doch als Bareil sie fragend anblickte, nickte sie widerstrebend.

„Abgemacht.“ Bareil hauchte einen zarten Kuss auf Kiras Ohr, bevor er sich durch die Menge schlängelte und zwischen Quark und die aufgebrachte Lwaxana trat.

„Gestatten Sie mir, Ihnen meine Bewunderung für die charmante Gastgeberin dieser überaus gelungenen Party auszudrücken, Botschafterin.“ Bareil schenkte Troi ein strahlendes Lächeln. „Eine schöne, elegante und warmherzige Frau wie Sie bringt sicher Verständnis dafür auf, dass jeder darauf hofft, dass ihm das Privileg Ihrer Gesellschaft zuteilwird. Wie also könnten Sie diesen beiden Herren“, er wies auf Quark und Brunt, „nicht vergeben, ihr Glück versucht zu haben?“

„Er ist gut“, flüsterte Ezri Kira zu.

„Findest du?“ vergewisserte die Bajoranerin sich in einem Tonfall, der deutlich machte, dass sie Bareils Schmeichelleien grässlich fand.

„Schau dir ihr Gesicht an“, beharrte Dax. „Ich wette ein Fass Blutwein, dass es klappt.“

„Ich dachte, du kannst Blutwein nicht ausstehen“, bemerkte Kira ironisch.

„Richtig.“ Ezri verzog das Gesicht. „Jadzia trank Blutwein, ich verabscheue ihn. Das vergesse ich immer wieder. Wie wäre es stattdessen mit einer Kiste Rotbier? Nein, halt, Rotbier mag ich auch nicht.“ Ezri seufzte in gespielter Verzweiflung auf. „Manchmal frage ich mich, ob Jadzia überhaupt Geschmacksnerven oder Magenwände besessen hat. Sie mochte und vertrug scheinbar einfach alles.“

„Du hattest recht.“ Kira wies mit dem Kopf auf Lwaxana, die ihrem Diener gerade bedeutete, Brunt loszulassen und ihn und Quark in den Hauptsaal zu geleiten. „Bareil ist gut.“

„Heißt das, ich habe die Wette gewonnen?“ erkundigte Ezri sich grinsend.

Kiras Mundwinkel zuckten. „Ich werde Quark bitten, ein Fass Blutwein in dein Quartier zu liefern. Oder möchtest du vielleicht doch lieber Rotbier?“

Dax schnitt eine Grimasse, die Kira ein kleines, spöttisches Lachen entlockte, während Bareil einige Meter entfernt Lwaxana galant seinen Arm reichte.

„Haben Sie schon das Hasperat-Soufflé probiert?“ fragte er. „Es ist köstlich.“

„Dann werde ich es versuchen“, gurrte die Botschafterin. „Und danach würde ich Ihnen gerne den Rest der Villa zeigen. Sie ist ein wahres Prunkstück. Und sie beherbergt einen äußerst kostbaren Schatz. Nein, ich spreche nicht von mir“, kam sie Bareil mit einem koketten Augenaufschlag zuvor. „Die Rede ist von einer Reliquie von unschätzbarem Wert: dem heiligen Kelch von Riix, der sich seit Jahrhunderten im Besitz meiner Familie befindet. Einer uralten Legende zufolge ...“

* * *


„…bringt der Kelch dem, der ihn sein eigen nennt, Glück und Reichtum“, beendete Bareil seinen Bericht. „Angeblich erhielt Botschafterin Troi bereits mehr als ein Angebot, den Kelch für einen hohen Preis an einen interessierten Händler oder Sammler zu verkaufen. Doch sie hängt an ihm und würde sich niemals von ihm trennen.“

„Also, wenn der Kelch seinem Besitzer tatsächlich Glück und Wohlstand bringt, würde ich das an ihrer Stelle auch nicht“, meinte Bashir.

„Dito“, bestätigte Ezri. „Hat die Botschafterin Ihnen diesen sagenhaften Kelch gezeigt?“

Bareil, der mit den beiden im Kasino bei einem gemeinsamen Frühstück saß, nickte. „Das hat sie, und unter uns, es handelt sich um ein ziemlich hässliches Gefäß aus Ton, dessen Lasur zur Hälfte abgeblättert ist. Ich muss gestehen, dass ich nach Lwaxanas glühender Schilderung enttäuscht war.“

„Der Wert einer Sache hängt nur selten von ihrer äußeren Erscheinung ab“, wandte Dax ein.

„Ein Punkt für Sie.“ Bareil blickte von seinem Teller auf, als Quark an den Tisch trat und ein Glas Raktajino vor ihm abstellte. „Ich habe keinen Raktajino bestellt.“

„Der geht aufs Haus“, erklärte der Ferengi. „Als kleiner Dank für Ihre Hilfe gestern Abend.“

„Ein kleiner Dank, in der Tat“, bemerkte Bashir trocken.

„Du tust Quark Unrecht“, nahm Ezri den Ferengi in Schutz, um mit einem boshaften Lächeln zu ergänzen: „Ich bin sicher, dass das Frühstück ebenfalls auf seine Rechnung geht.“

Quark seufzte ergeben. „Natürlich, wie konnte ich nur vergessen, es zu erwähnen.“

„Vielen Dank“, sagte Bareil freundlich. „Sie sind sehr großzügig.“

„Tun Sie mir einen Gefallen“, bat der Ferengi. „Erzählen Sie das bloß nicht weiter.“

„Ich werde schweigen wie ein Grab“, versprach Bareil in verschwörerischem Ton. „Wenn Sie uns zum Nachtisch jeweils eine Portion Tulabeeren mit Soße bringen. Sie mögen doch Tulabeeren?“ wandte er sich an seine Tischnachbarn.

„Grundsätzlich ja“, erwiderte Bashir. „Doch das Fassungsvermögen meines Magens ist leider begrenzt. Ich kann nichts mehr essen, danke.“

„Ich schon, allerdings wäre mir eridianischer Gewürzpudding lieber“, meinte Ezri.

„Sie haben es vernommen, Quark“, richtete Bareil das Wort wieder an den Ferengi. „Einmal Tulabeeren mit Soße und“, er zwinkerte der Trill zu, „eine doppelte Portion Gewürzpudding!“

„Mir schien, Kira war nicht sonderlich erfreut darüber, die Wette gestern verloren zu haben“ bemerkte Dax, während Quark ging, um das Gewünschte zu holen.

„Nein.“ Bareil erinnerte sich mit Unbehagen an die Szene, die sich abgespielt hatte, nachdem Nerys die versprochenen Tänze mit einer Miene absolviert hatte, als würde sie ihren Tanzpartner am liebsten verprügeln. Später hatten sie sich in einer Ecke des Saales heftig gestritten, weil er angeblich die Situation zu einem Annäherungsversuch ausgenutzt hatte. Er hatte das abgestritten, worauf Kira wutentbrannt ihr Glas nach ihm geworfen hatte. Er war ausgewichen. Das Glas hatte ihn verfehlt und stattdessen die vulkanische Botschafterin getroffen. Bareil bezweifelte, dass dieses Missgeschick seine Chancen bei Kira erhöht hatte. Warum nur war sie derart kompliziert und schwierig?

Quarks Rückkehr unterbrach Bareils Gedankengang.

Der Ferengi stellte zwei Teller und eine Karaffe mit cremiger Soße auf den Tisch. Gerade als er sich wieder entfernen wollte, betrat Nog das Kasino und eilte zielstrebig zu der kleinen Gruppe.

„Was darf ich dir bringen?“ begrüßte Quark seinen Neffen. „Ein Glas Rotbier?“

„Nichts“, lehnte Nog ab. „Ich bin dienstlich hier.“

„Dienstlich?“

Es war dem jungen Ferengi anzusehen, wie unwohl er sich fühlte. „Ich möchte Sie alle bitten, mich ins Sicherheitsbüro zu begleiten.“

„Was hat das zu bedeuten, Lieutenant?“ erkundigte Ezri sich erstaunt.

„Das würde ich auch gern erfahren“, zischte Quark. „Falls das ein Scherz sein soll, dann kann ich nicht darüber lachen.“

„Wessen werden wir angeklagt?“ fragte Bareil mit der Miene eines Mannes, der nur auf den geeigneten Moment wartete, um die Flucht zu ergreifen.

„Niemand wird hier angeklagt“, stellte Nog mit einem verlegenen Seitenblick auf Bashir und Dax richtig. „Es handelt sich lediglich um eine informelle Befragung, weiter nichts.“

„Woher kommt mir das bloß so bekannt vor?“ sinnierte Quark laut. „Richtig, es erinnert mich an den Standardsatz, mit dem cardassianische Folterknechte während der Besatzung Bajoraner zum Verhör zu schleifen pflegten. Lernst du das etwa bei der Sternenflotte?“

„Ich gehe nirgendwo hin, bevor Sie mir nicht mitgeteilt haben, in welcher Angelegenheit wir befragt werden sollen“, erklärte Bareil.

Nog, der Ezris Blick auf sich ruhen fühlte, errötete. Vielleicht wäre es doch klüger gewesen, die Sache diskreter zu behandeln, anstatt so forsch in das Kasino zu stürmen. „In der letzten Nacht wurde Botschafterin Troi bestohlen“, erwiderte er. „Der oder die Diebe entwendeten aus ihrer Villa auf Bajor eine kostbare, antike Reliquie, und daher ...“, er verstummte, als ihm bewusst wurde, dass er mehr oder weniger gerade angedeutet hatte, dass zwei hochrangige Offiziere in die Sache verwickelt sein könnten.

„... befragen Sie jetzt alle Gäste, die sich in der fraglichen Zeit im Haus aufhielten“, kam Dax dem jungen Ferengi zu Hilfe. „Eine umsichtige Vorgehensweise. Ich bin sicher, Odo wäre sehr stolz auf Sie.“ Die Trill erhob sich.

Bashir stand ebenfalls auf. „Ich bin bereit“, sagte er. „Bringen wir es hinter uns.“

Quark machte Anstalten, sich zurückzuziehen. „Offenbar haben Dax und der Doktor zufällig gerade etwas mehr Zeit als ich. Warum fängst du nicht einfach mit Ihnen an, Nog? Ich schaue dann im Laufe des Tages kurz bei dir im Sicherheitsbüro vorbei, damit wir dort die nötigen Formalitäten erledigen können. Einverstanden?“

„Nein“, lehnte der junge Ferengi ab. „Du wirst mich jetzt begleiten.“

„Ich bin ein ehrbarer Geschäftsmann“, empörte Quark sich. „Ich protestiere gegen diesen Akt polizeilicher Willkür! Der Dienst bei der Sternenflotte scheint dir noch schlechter zu bekommen, als ich befürchtet habe. Vielleicht sollten Sie meinen armen Neffen einmal auf seinen Geisteszustand untersuchen, Doktor. Mir scheint, er hat völlig den Verstand verloren.“

„Das habe ich nicht!“ widersprach Nog. „Ich ... Halt! Sofort stehenbleiben!“ unterbrach er sich selbst, als Bareil plötzlich ohne Vorwarnung Bashir zur Seite stieß und in Richtung Ausgang zu rennen begann.

Nog lief dem Bajoraner nach und hatte ihn einen halben Meter vor der Tür eingeholt. Er zog seinen Phaser und richtete ihn auf Bareil. „Ich sagte: Stehenbleiben!“

„Für einen Ferengi bewegen Sie sich erstaunlich schnell“, bemerkte der Bajoraner.

„Ich hatte eine ausgezeichnete Ausbildung.“

„Offensichtlich“, bestätigte Bareil resigniert.

* * *


Kira nickte der Wache zu. „Lassen Sie uns allein! Wie konntest du das tun?“ wandte sie sich an Bareil, nachdem der Mann gegangen war.

„Ich vermute, es hat keinen Sinn, dir zu versichern, dass ich unschuldig bin?“ erkundigte sich der Bajoraner, der mit angezogenem Knie auf einer der beiden Pritschen saß.

„Du hast versucht zu fliehen“, erinnerte sie ihn.

Bareil zuckte mit den Achseln. „Reflex. Ich habe eine natürliche Abneigung gegen jeden, der eine Uniform der Sicherheit trägt, muss wohl angeboren sein.“

„Genau wie dein Talent, dich in Schwierigkeiten zu bringen“, bemerkte Kira bitter. „Warum? Mir hast du erzählt, du würdest dir hier ein neues Leben aufbauen wollen. Lügen, Antos, immer wieder Lügen. Ich habe es so satt!“

„Dann darf ich wohl nicht darauf hoffen, dass du gekommen bist, um mich zu befreien?“

„Du ...“ Kira verschluckte den Rest, drehte sich auf dem Absatz herum und stürmte begleitet von Bareils zynischem: „Ich nehme an, das heißt nein“ aus dem Arrestbereich.

* * *


Nog und Jake standen an ihrem alten Lieblingsplatz auf der oberen Galerie des Promenadendecks und beobachteten das bunte Treiben unter ihren Füßen, so wie sie es früher getan hatten, als sie noch Kinder gewesen waren. War das wirklich erst wenige Jahre her?

„Es tut mir leid, Jake. Ich bin der Sicherheitschef dieser Station, und als solcher kann ich dir kein Interview geben. Jedenfalls nicht solange die Ermittlungen noch laufen.“

„Komm schon, Nog. Nur ein, zwei Sätze für meine interessierten Leser. Ich denke, der Fall ist abgeschlossen.“

„Das sieht nur so aus. Meine Ohren sagen mir, dass ich etwas übersehen habe.“

„Deine Ohren?“

„Ganz recht. Sie jucken, und das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass ...“

Das Piepen des Kommunikators an Nogs Brust veranlasste ihn, den Satz nicht zu beenden.

„Fähnrich Monroe hier. Bitte kommen Sie ins Kasino, Sir“, erklang es, nachdem der Ferengi sich gemeldet hatte. „Wir haben hier eine Entdeckung gemacht, die Sie interessieren dürfte.“

* * *


Bareils Blick folgte Quark, der von der linken Seite der Arrestzelle zur rechten und wieder zurück wanderte und dazwischen mit entnervender Regelmäßigkeit stehen blieb und laut schrie, dass er seinen Neffen zu sprechen wünsche.

„Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie endlich damit aufhören würden“, sagte Bareil. „Sie machen mich nervös.“

Der Ferengi warf dem Bajoraner einen bösen Blick zu. Zu dumm, dass Nog sogar dort absolut unbestechlich war, wo es um etwas so Profanes wie eine eigene Zelle ging. Der Sicherheitschef hatte sich sogar geweigert, ihm eine simple Transmission mit Grilka zu ermöglichen, die in einer persönlichen Angelegenheit nach Qo’onos abgereist war, bevor er überhaupt die Gelegenheit gehabt hatte, mit ihr zu reden. Es musste wichtig sein, sonst wäre Grilka nicht, kaum dass sie auf DS9 angekommen war, wieder abgeflogen, so eilig, dass sie Lwaxanas Party versäumt hatte. Wäre Grilka hier, hätte sie ihm gewiss geholfen, dessen war Quark sicher. Ob Nog ihm gestatten würde, Natima zu kontaktieren? Sie war immerhin die Vorsitzende der cardassianischen Regierung, sie könnte ihren politischen Einfluss geltend machen und Druck auf Colonel Kira ausüben. Um der guten alten Zeiten Willen.

Andererseits, ob Kira sich von irgendjemanden unter Druck setzen ließ ...

Quarks Seufzen entlockte Bareil ein leises Lachen.

„Dürfte ich erfahren, was genau Sie an unserer Situation so lustig finden?“ zischte Quark.

„Sie“, erwiderte der Bajoraner lässig. „Ich frage mich, wie jemand mit so schwachen Nerven illegale Geschäfte auf einer Raumstation betreiben kann, auf der es von Sicherheitsoffizieren nur so wimmelt.“

„Ich bin ein ehrbarer Geschäftsmann“, erklärte Quark würdevoll. „Bei mir geht es legal zu.“

„Der gestohlene Kelch wurde in Ihrer Bar gefunden.“

„Weil Sie ihn dort versteckt haben, nachdem Sie ihn gestohlen haben!“

Bareil verdrehte die Augen. „Man muss ein ziemlicher Narr sein, um eine so wertvolle Beute an einem Ort zu verbergen, an dem die Sicherheit zuerst suchen würde.“

„Was meinen Sie damit?“

„Ich denke, das liegt auf der Hand. Sie sind ein Ferengi.“

„Sie haben kein Recht, mich zu beleidigen“, empörte Quark sich.

„Ich bitte um Verzeihung.“ Bareil lehnte sich zurück und schloss die Augen. „Es war mir nicht bewusst, wie beleidigend diese genetische Tatsache für einen ehrbaren Geschäftsmann sein muss.“
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