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Wenn sie doch nur ...

von Emony

Kapitel 1

Es war ein herrlich entspannter Abend, kurz vor Ende des ersten Jahres an der Starfleet Academy, als Gaila sich bei ihrer Zimmergenossin Nyota einhakte, mit der sie auf dem Weg nachhause war. Sie hatten sich an diesem Abend fest vorgenommen sich von den bevorstehenden Prüfungen abzulenken, was ihnen auch ganz wunderbar gelungen war.

Gaila war sich sicher, Nyota an keinem anderen Tag so ausgeglichen und zufrieden erlebt zu haben. Immerhin kannten sie sich inzwischen fast ein Jahr, aber meist war Nyota so sehr bestrebt Jahrgangsbeste zu werden, dass dabei, sehr zu Gailas Verdruss, jeglicher Spaß dabei auf der Strecke blieb.

Dass einige der männlichen Kadetten, unter ihnen auch Jim Kirk und Gary Mitchell, hinter ihrem Rücken über Nyota redeten und sie gerne als Eiskönigin betitelten, gefiel Gaila gar nicht. Sie glaubte nicht, dass Nyota tatsächlich so kalt war, wie sie oft nach außen hin wirkte. Und gerade an diesem Abend hatte sich Gailas Ansicht diesbezüglich noch verstärkt.

„Weißt du, ich mag es, dich so fröhlich zu sehen“, sagte sie ganz unverblümt zu ihrer Freundin, während sie den schwach beleuchteten Campus entlang schlenderten. Über ihnen glitzerten viele tausend Sterne, die zu erforschen Gaila kaum noch erwarten konnte.

Nyota lächelte und sah zu ihr rüber. „Ich fühle mich heute auch ausgesprochen gut.“

„Ich finde, wir sollten öfter zusammen ausgehen. Es bekommt dir gut. Vielleicht besser, als du selbst gedacht hast.“ Gaila zuckte leicht die Schultern. „Ich seh’ dich jedenfalls gern lächeln.“

„Du bist süß. Danke.“

Es kam Gaila ein wenig so vor, als würde Nyota nicht ganz wissen, wie sie mit Komplimenten umzugehen hatte. War es möglich, dass eine so hübsche Frau kaum Komplimente bekam? War es denkbar, dass nur sie Nyota so anziehend und exotisch fand, weil sie ein Mensch und keine Orionerin war?

Gaila liebte die dunkelbraune Hautfarbe ihrer Freundin, das lange schwarze Haar, diese warmen braunen Augen. Sie hatte sich schon oft dabei ertappt, dass sie Nyota nur allzu gern mit heimlichen Blicken bedachte, wenn diese sich umzog oder lediglich in ein Badetuch gewickelt aus der Dusche kam. Wenn Wasserperlen über ihre Haut liefen und dabei sanfte Spuren hinterließen …

Während sie ihren Gedanken nachhing, führte Nyota sie nachhause. Erst als Nyota das Licht in ihrem gemeinsamen Zimmer aktivierte, wurde Gaila bewusst, dass sie die letzten zwanzig Minuten kein Wort mehr miteinander gewechselt hatten.

Vor dem Spiegel in ihrem winzigen Badezimmer, öffnete Nyota ihr hochgestecktes Haar und schüttelte es leicht aus, so dass es wie schwarzes Wasser über ihre Schultern und den Rücken zu fließen schien. Gaila stand ein wenig abseits und beobachtete Nyota, während sie selbst aus ihren Schuhen schlüpfte.

„Sag mal …“, begann Gaila nach einem Augenblick hypnotischer Starre und zwang sich selbst zurück in die Realität.

„Hm?“ Nyota drehte sich nicht zu ihr um, zog sich im Bad rasch bis auf die Unterwäsche aus und schminkte sich dann ab.

Gaila wusste, dass ihre Frage gewagt war, aber sie lag ihr schon seit geraumer Zeit auf der Zunge. „Stehst du ausnahmslos auf Männer?“

Damit gelang es der Orionerin letztlich doch, Nyotas ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen. „Was meinst du?“

Wenn sich so kluge Menschen, wie Nyota dumm stellten, wirkte das meist so übertrieben, dass selbst der größte Trottel es nicht glauben würde. Daher seufzte Gaila. „Du weißt genau, was ich meine. Warst du mal mit einer Frau zusammen?“

Nyota öffnete den Mund um zu antworten, schloss ihn jedoch wieder. Es hatte ihr die Sprache verschlagen. Für eine angehende Linguistin war das natürlich ein unverzeihlicher Lapsus. Gerade ihr sollten die Worte doch nie fehlen, oder?

„Also?“, hakte Gaila nach, als ihr der leicht schockierte Ausdruck in Nyotas Blick allmählich Unbehagen bereitete. Was war an dieser Frage so schlimm?

„Du etwa?“

Sie zuckte die Schultern. „Klar. Wieso auch nicht? Ist doch nichts dabei.“ Gaila ließ Nyota noch einen Moment Zeit, die Worte wirken zu lassen. „Ich finde dich sehr anziehend“, fügte sie dann vorsichtig hinzu.

Nyota stand halbnackt inmitten des Badezimmers und wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte. Gaila konnte es ihr ansehen. „Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen oder so. Ich fand nur, dass du es wissen solltest.“

„Gaila, ich …“ Sie hielt inne und befeuchtete nervös die Lippen. Ihr Blick huschte auf der Suche nach etwas durch den gemeinsamen Wohnraum, ehe sie zielstrebig zu ihrem Schrank hinüber eilte und von dort einen Bademantel holte, den sie sich rasch überstreifte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

„Du hast daran noch nie gedacht, nicht wahr?“ Gaila versuchte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, doch so richtig wollte es ihr nicht gelingen. In ihrer Fantasie war dieses Gespräch meist ganz anders verlaufen. Als Nyota den Kopf schüttelte und ihren Bademantel fest zuband, wurde Gaila klar, dass sie unbewusst eine unsichtbare Grenze überschritten hatte. „Das heißt nicht, dass … ich in dich verliebt bin, oder so. Ich finde dich nur sehr attraktiv.“

Ein Lächeln zupfte kaum sichtbar an Nyotas Mundwinkeln. „Ich hoffe, du bist mir nicht böse?“

Gaila schüttelte den Kopf und schritt mit offenen Armen auf Nyota zu, um sie in die Arme zu schließen. Nyotas Körper versteifte sich zunächst, entspannte sich dann jedoch und schließlich erwiderte sie die Umarmung. Gaila lächelte, legte für einen flüchtigen Moment ihren Kopf an Nyotas Schulter und erlaubte sich die Nähe zu genießen. Nyotas Körper strahlte angenehme Wärme und einen zarten, süßen Duft aus – von wegen Eiskönigin. Gaila hätte nahezu alles gegeben, um diesen Körper wenigstens einmal erkunden und lieben zu dürfen.

Wenn sie doch nur …

Langsam löste sie ihren Kopf und sah Nyota an, wobei sie erneut lächelte. Vielleicht etwas traurig, aber auch verständnisvoll. „Ich bin dir nicht böse“, entgegnete sie flüsternd, ehe sie es wagte ihre Hand an Nyotas Wange zu legen. Das Grün ihrer Haut passte so unglaublich gut zu Nyotas Dunkelbraun, wie sie fand.

Wenn sie doch nur …

Ehe sie recht wusste was sie da eigentlich tat, riskierte sie es Nyota zu küssen. Zu ihrer Überraschung wich ihre Freundin nicht von ihr. Sie hielt ganz still und ließ es zu, fast so, als wäre sie noch nicht sicher, was sie davon halten solle. Davon ermutigt vertiefte Gaila den Kuss und wagte es ihre Lippen öffnen, doch dann plötzlich kam wieder Leben in ihre Freundin, noch ehe sie das schöne Gefühl richtig genießen konnte.

Nyota wich zurück, unterbrach viel zu abrupt den einen Kuss, den Gaila sich hatte stehlen können. Sie wusste, dass Nyota künftig wieder zurückhaltender sein würde. Vielleicht sogar noch mehr denn je.

„Gaila, ich …“, begann Nyota unruhig und strich sich mit den Fingerspitzen von Zeige- und Mittelfinger über die Lippen. „Es tut mir leid, aber ich kann das nicht.“

Es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, bis Gaila ihre Angst davor, Nyota zurück in ihr Schneckenhaus getrieben zu haben, wieder überwand. Sie zuckte die Schultern und lächelte entspannt. „Kein Problem. Den Versuch war es mir wert.“ Sie konnte sehen, wie ihre Freundin darum kämpfte nicht allzu fassungslos zu wirken. Nyota gelang es schließlich ein Lächeln zu erzwingen, ehe sie ins Badezimmer zurückkehrte, um sich fertig fürs Bett zu machen.

Gaila tat es ihr gleich, beeilte sich nach ihr im Bad und schlüpfte schließlich unter die Bettdecke. Als sie im Dunkel des Quartiers zu Nyota hinüber schaute, schlief diese bereits fest. Offenbar war für Nyota alles geklärt.

Immerhin, überlegte Gaila, war es ihr gelungen Nyota wenigstens einmal zu küssen. Damit war sie Jim Kirk um Meilen voraus. Zufrieden grinsend drehte sie sich daher auf den Rücken, schloss die Augen und schwelgte in Erinnerung an diesen besonderen Kuss.

~fin
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