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Pathfinders: Tage wie diese

von VGer

Kapitel 1

„Das ist einfach unglaublich.“

Es war der erste kohärente Satz, den Lieutenant Reginald Barclay hervorbrachte seit das Raumschiff Voyager überraschend durch den Transwarpkanal geplatzt war und alle Anwesenden sprachlos gemacht hatte. Es war einer dieser bezeichnenden Momente im Leben, die sich für immer ins kollektive Gedächtnis der Föderationsgesellschaft einbrennen würden. Noch Jahre später würden alle noch genau wissen was sie just in dem Moment getan hatten als sie die erstaunliche Nachricht erhalten hatten, dass die Voyager nach ihrer siebenjährigen Odyssee in den Alphaquadranten zurückgekehrt war. Noch mehr Jahre später würden Kinder und Kindeskinder und deren Kinder in der Schule davon lernen und staunend Fragen stellen an die, die dabei gewesen waren und so würde die Voyager die Generationen überdauern und die Zeiten.

Und Reginald Barclay war nicht nur dabei gewesen, sondern mittendrin.

„Ich würde gerne sagen, dass wir alle hier bei Pathfinder es geschafft hätten, doch eigentlich haben es Janeway und die Voyager ganz alleine geschafft. Doch ohne dein Zutun, Reg, wäre das nicht möglich gewesen.“

Captain Janko Brahms, ein sportlich braungebrannter Trill in den besten Jahren, klopfte seinem Kollegen anerkennend auf die Schulter. Alle am Pathfinder-Projekt beteiligten strahlten unentwegt – sogar die Vulkanier, und der dauergrantige Tellarit war grantiger denn je, denn so war das nun mal bei Tellariten – während sie gleichzeitig und alle zugleich in nie gekannte Hektik und Verwirrung ausbrachen.

„Wir feiern das beizeiten. Und jetzt entschuldige mich bitte, ich muss meine Frau kontakten bevor alles zu stressig wird. Wenn ich das in der Besprechung vorher richtig verstanden habe kommt auch auf sie richtig viel Arbeit zu, wenn die Voyager nach Utopia Planitia gebracht wird.“

Barclay stotterte mit eindeutig fragendem Unterton wenig Verständliches, doch nach drei Jahren der mal engeren und mal loseren Zusammenarbeit verstand Brahms, ganz so als hätte er in seinem Universalübersetzer einen eingebauten Barclay-Sprachfilter, zumindest das Grundsätzliche ohne weitere Nachfragen.

„All die alienen Technologien aus dem Deltaquadranten, all die kreativen Reparaturen und selbstentwickelten Aufrüstungen an der Voyager – kannst du dir auch nur annähernd vorstellen wie viel Potential darin steckt? Darüber wissen wir trotz der Informationen die wir über den Datastream erhalten haben noch viel zu wenig, und jetzt ist die Voyager hier und wir können aus erster Hand daran arbeiten. Ich bin kein Ingenieur, aber das alles muss genauestens untersucht und für uns nutzbar gemacht werden.“, erklärte Brahms beinahe strahlend. „Darauf haben wir all die Jahre gewartet, und wir dachten der Tag würde nie kommen. Leah wird außer sich sein vor lauter Freude.“

Barclay nickte perplex und blieb mitten im Korridor, wie festgefroren direkt vor dem Büro des Admirals, das er vor wenigen Augenblicken erst verlassen hatte, stehen während Brahms sich beschwingten Schrittes davonmachte. Überhaupt konnte er noch nicht recht fassen, was in den letzten Stunden passiert war. Barclay war kein Freund von Spontaneität, kein Freund von großen Veränderungen. Hätte er auch nur ansatzweise ahnen können, was die Heimkehr der Voyager für sein weiteres Leben bedeuten würde, er wäre aufs Holodeck geflüchtet und nie wieder hervorgekommen, hätte sich versteckt und ein neues Leben erträumt, das selbst von seinen kühnsten Erwartungen noch übertroffen worden wäre.



„Erde an Lieutenant Barclay, bitte kommen!“

Eine heitere Stimme riss ihn aus seinen allmählich immer beängstigender werdenden Gedanken. Er zuckte zusammen und blinzelte, dann sah er in ein markantes k’tarianisches Gesicht, umrahmt von kurzen kaffeebraunen Locken, das ihm nicht bekannt vorkam obwohl er es bestimmt schon tausendmal gesehen haben musste, denn sie trug das Logo des Pfadfinder-Projekts am Ärmel.

„Wir können heute wohl nicht so bald mit Feierabend rechnen, Sir. Deswegen haben wir von der Betreuung uns um ein Buffet gekümmert, gehen Sie einfach in den Aufenthaltsraum im 42. Stock, wenn sie hungrig sind oder kurz verschnaufen möchten.“, erklärte sie mit einem freundlichen Lächeln.
„Danke.“, stotterte Barclay und nickte stupide. „B– bin nicht hu– hungrig.“
„Übrigens, Sir, Commander Troi lässt Sie grüßen, ich habe soeben mit ihr gesprochen.“, fügte die hilfsbereite Kollegin unbeirrt hinzu.
„Oh! D– danke, Fähnrich, d– das ist s– sehr ... sehr nett.“ Barclays Stottern wurde stärker, doch plötzlich lächelte er. „Wird sie kommen?“
„Ja, sie wurde hierher beordert um die psychologische Betreuung der Mannschaft zu übernehmen und die Debriefings zu begleiten. Sie sollte planmäßig in etwa drei Stunden eintreffen.“, erklärte die Kollegin und schubste die PADDs, die sie bei sich trug, umständlich von einem Arm in den anderen. „So, und jetzt muss ich wirklich weiter, der alte Herr erwartet mich wahrscheinlich schon. Bis bald, Mister Barclay.“

Sie lächelte und Barclay winkte ihr linkisch nach.



Gleenh Nmoovgrak hatte das Büro des Admirals schon betreten bevor sie ihren peinlichen Irrtum bemerkte. Das dumpfe Gemurmel, das sie für eine einladende Antwort auf ihr dienstbeflissenes Signal an der Türe gehalten hatte, hatte gar nicht ihr gegolten. Der Admiral war brummend und hin und wieder energisch gestikulierend ins Gespräch vertieft. Gleenh erstarrte noch im Türrahmen, und nur ihre geschärften Instinkte konnten noch verhindern, dass die PADDs, die sie mit sich trug, scheppernd zu Boden fielen.

Auf dem großen Sichtschirm, der über dem Konferenztisch prangte, erstrahlte in Überlebensgröße das Gesicht von Captain Kathryn Janeway selbst.

Innerlich schimpfte Gleenh mit sich selbst. Natürlich kannte sie Captain Janeway – es gab wohl niemanden im bekannten Universum, der sie nicht kannte. Sie hatte damit gerechnet, ihr irgendwann zu begegnen, sie hatte redlich versucht sich darauf vorzubereiten, und doch war die Realität immer anders. Gleenh hielt für gewöhnlich nichts von Heldinnenverehrung, nicht einmal wenn es Captain Janeway betraf, schon gar nicht wenn es Kathryn Janeway betraf. Sie wusste es besser, dass sie neutral bleiben und einfach nur ihren Job machen musste, gerade weil viel zu viele in Ehrfurcht erstarrten und sich von Berühmtheit blenden ließen. Gleenh schluckte und stolperte unbeholfen drei Schritte zurück, blieb starr in der Ecke stehen und beobachtete mesmerisiert das Gespräch zwischen dem Admiral und dem Captain, ohne ein Wort zu verstehen. Und plötzlich erkannte sie überdeutlich diese charismatische Faszination, die Captain Kathryn Janeway nachgesagt wurde.



„Ah, Fähnrich.“

Der Admiral nickte milde – wohl um geschickt darüber hinwegzutäuschen, dass er sich ihren Namen noch immer nicht gemerkt hatte und niemals merken würde – wandte sich sogleich ab und platzierte sich schwerfällig wieder in seinen Schreibtischstuhl. Gleenh ließ sich von all dem autoritären und beschäftigten Gehabe nicht beirren, sie straffte ihre Schultern und strich sich eine besonders widerspenstige Locke hinters Ohr wo sie hingehörte.

„Wenn ich kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte, Sir.“
„Selbstverständlich, selbstverständlich. Nur zu.“
„Die aktualisierte Version des flotteninternen Communiqués – Ihre und Commander Harkins’ Anmerkungen und Korrekturen wurden berücksichtigt. Ein erster Entwurf einer allgemeiner gehaltenen öffentlichen Nachrichtenmitteilung – Sie sollten wissen, dass die Medienanfragen immer nachdrücklicher werden und, dass das Medienbüro der Flotte uns erneut um erhöhte Priorität ersucht hat weil wohl schon die absurdesten Gerüchte in den inoffiziellen Netzwerken zu kursieren beginnen. Und schließlich ein letzter Entwurf für die Benachrichtigung der Familien.“

Gleenh legte mit selbstbewusster Professionalität ein PADD nach dem nächsten auf den Tisch des Admirals. Die junge K’tarianerin arbeitete seit nicht einmal sechs Wochen – und das war mitnichten ein Zufall – für das Pathfinder-Projekt als Verbindungsoffizier zum Medienbüro sowie zur Angehörigenbetreuung und sie erledigte ihren Job außergewöhnlich akribisch und effizient. Sie legte keinen gesteigerten Wert auf eine große Karriere, doch das war auf jeden Fall ein großer Moment für sie.

„Sir, wenn Sie gestatten schlage ich vor, dass Sie trotz allem die Benachrichtigung der Angehörigen priorisieren.“, fügte sie dann nach einem hastigen Räuspern hinzu. „Alle Betroffenen haben das Recht darauf, diese großartige Nachricht von Ihnen persönlich zu hören statt aus den Medien oder gar dem Subraumrauschen. Counsellor Troi bestärkt mit ihrer professionellen Meinung diesen Vorschlag.“
„Einverstanden, Fähnrich.“

Der Admiral nickte und begann sogleich zu lesen, hüstelnd und brummend und nickend würdigte er Gleenh keines Blickes mehr, doch sie stand beharrlich mit zusammengeschlagenen Hacken vor seinem Schreibtisch und wartete auf weitere Anweisungen. Die Angelegenheit war zu wichtig und zu dringend, um auf später verschoben oder in tausend ungelesenen Nachrichten im internen Kommunikationssystem abgehandelt zu werden.

„Guter Text, Fähnrich. Präzise und persönlich aber nicht übermäßig schwülstig.“, nickte der Admiral schließlich. „Nur die Passage über meinen Sohn, die ist nicht weiter relevant und wird ersatzlos gestrichen.“
„Selbstverständlich, Sir. Danke, Sir.“ Gleenh bestätigte mit einem verzagten Schlucken, denn was blieb ihr sonst auch anderes übrig. Sich laut zu wundern wagte sie nicht, und den Admiral zu durchschauen oder gar zu verstehen war schwieriger als gedacht. „Wenn Sie möchten können wir sofort mit der Aufnahme beginnen. Gleich hier.“
„Das wäre mir recht, Fähnrich. Ich habe schließlich noch Wichtigeres zu tun.“, knurrte der Admiral, und wie so oft fiel es ihr schwer zwischen Manierismen und echtem Missmut zu differenzieren.

Admiral Owen Paris merkte man kaum an, dass er eigentlich nicht nur ein geübter Redner sondern auch ein geschliffener Rhetoriker war. Gleenh hatte recherchiert und vermutete insgeheim, dass das nichts als Strategie war um sich besonders volksnah zu geben und dadurch beliebt zu machen. Die Nachricht war rasch und problemlos aufgenommen, ein Segen an einem Tag wie diesem, an dem vom Admiral bis zum Fähnrich jeder unheimlich viel zu tun hatte und das vor lauter Adrenalin kaum bemerkte.

Beinahe unverzüglich würden überall im Föderationsterritorium, auf Planeten und Sternenbasen und Raumstationen und Raumschiffen diverse Kommunikationsterminals die Angehörigen der so lang verschollenen Voyagers die freudige Nachricht ihrer Heimkehr erhalten. Deshalb liebte Gleenh ihren Job – sie konnte in dieser Position vielleicht nicht direkt das Universum verändern, aber sie konnte andere Lebewesen zum Lächeln bringen und ihnen Hoffnung schenken, sie konnte ein Licht in ihren Leben sein, und das war verdammt viel.

„Übrigens, Fähnrich.“, sagte der Admiral, als Gleenh schon wegtreten wollte. „Halten Sie sich bereit, Sie kommen gleich mit dem ersten Außenteam mit hinauf auf die Voyager, als Vertreterin der Angehörigenbetreuung.“
„Wann geht es los, Sir?“, fragte Gleenh sofort.
„Auf Abruf. Wegtreten.“

Vielen Dank für’s Lesen, ich freue mich über jeden Kommentar! :-) Im nächsten Kapitel geht’s dann auf die Voyager und wir treffen Janeway und die restlichen Hauptcharaktere, also bitte nicht wundern dass sie bis jetzt zu kurz gekommen sind. Die Fans meiner Ex Astris Serie dürfen sich übrigens auf die Suche nach Anspielungen machen ... hihi! ;-)
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