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Pathfinders: Tage wie diese

von VGer

Kapitel 3

„Nein, Captain. Kommt gar nicht in Frage.“

Es war beileibe nicht das erste Mal in sieben Jahren, dass der amtierende Chefarzt der Voyager – das namenlose Medizinisch-Holographische Notfallprogramm, das obwohl es nicht aus Fleisch und Blut war im Laufe von sieben gemeinsamen Jahren zu einem ebenso wertvollen Besatzungsmitglied wie jedes andere geworden war – der Kommandantin widersprach, doch diesmal energischer als je zuvor.

„Sie selbst haben während der letzten neun Monate regelmäßig betont, dass eine Schwangerschaft keine Krankheit und keine Behinderung ist. Sie selbst haben mir wiederholt bestätigt, dass Mutter und Tochter bei bester Gesundheit sind.“, beharrte der Captain. „Ich will sie ja nicht auf Außenmission in unbekanntes Terrain schicken, Doktor. Es geht um eine maximal einstündige Sitzung, nichts weiter.“
„Lieutenant Nicoletti und Lieutenant Vorik haben sie während der letzten drei Tage zu Ihrer vollsten Zufriedenheit vertreten und alle ihre Pflichten im Maschinenraum übernommen ohne, dass das Schiff gleich explodiert ist.“, konterte der Doktor mit zunehmender Ungeduld in der Stimme. „Dann werden die beiden es wohl auch zustande bringen, einer einfachen Dienstbesprechung beizuwohnen.“
„Mäßigen Sie Ihren Tonfall, Doktor!“, schnappte der Captain „Sie verkennen den Ernst der Lage! Außerdem ist es meine Entscheidung, nicht Ihre!“
„Wenn ich richtig informiert bin befinden wir uns im geostationären Orbit über einem sicheren Planeten der M-Klasse, verzeihen Sie bitte wenn ich den Ernst der Lage, den Sie immer wieder betonen, nicht erkennen kann.“, fuhr der Doktor unbeirrt vom Ordnungsruf fort. „Und mit Verlaub, Captain, es ist meine Entscheidung, denn es ist eine medizinische: Eine Geburt ist vielleicht ein natürlicher Vorgang, dennoch ist Lieutenant Torres rekonvaleszent und braucht Ruhe und Erholung.“
„Ich sage es nur einmal und in aller Deutlichkeit.“, sagte Janeway scharf aber leise, und der Doktor horchte auf, denn er kannte diesen drohenden Tonfall. „Wenn Lieutenant Torres dieser Sitzung nicht beiwohnt ist es wahrscheinlich, dass sie bald mehr Ruhe und Erholung hat als ihr lieb ist.“
„Bitte, wie meinen?“

Der Doktor zog die Augenbrauen hoch, er war ehrlich erstaunt. Captain Kathryn Janeway hörte unvermittelt auf, hektisch von einer Seite des Raumes zur anderen und wieder zurück zu schreiten, doch ihre Arme bleiben energisch verschränkt.

„Ich sagte doch bereits, es handelt sich um eine Sitzung von außerordentlicher Bedeutung, um das erste Treffen mit Vertretern der Sternenflotte im Alphaquadranten.“, wiederholte sie etwas herablassend.
„Ich nehme stark an, dass sowohl die Lieutenants Torres und Paris wie auch Admiral Paris sich eine angenehmere Atmosphäre für eine Familienzusammenführung wünschen können als den Bereitschaftsraum.“, kommentierte der Doktor.
„Meine Güte, Doktor! Seien Sie doch bitte nicht so naiv!“, fauchte Janeway und schenkte ihm den vernichtendsten ihrer Blicke. „Eine Familienzusammenführung ist das Letzte worum ich mir Sorgen mache!“

Der Doktor hielt inne. Verunsichert deutete er auf einen Stuhl neben seinem Schreibtisch; er setzte sich und Janeway tat es ihm, wenn auch widerwillig, gleich.

„B’Elanna war Maquis.“, sagte Janeway schlicht, ganz so als sei das Erklärung genug.
„Bitte, wie meinen?“, wiederholte der Doktor und runzelte verdattert die holographische Stirn.
„Ich brauche B’Elanna – nicht Nicoletti oder Vorik, so sehr ich die beiden auch schätze – in dieser Sitzung, weil sie Maquis war. Muss ich Ihnen wirklich im Detail erklären welche Probleme die Sternenflotte in der Zusammenstellung unserer Führungsriege sieht – unabhängig davon, dass wir uns während der letzten sieben Jahre mehr als nur bewährt haben?“, fragte Janeway mit ehrlicher Verwunderung und plötzlich verstand der Doktor.
„Sie meinen ...?“, stotterte er, und hätte ein Hologramm erblassen können wäre er längst so weiß wie der traditionelle Arztkittel, den er nie trug, geworden.
„Exakt. Das meine ich.“, bestätigte Janeway mit einem grabesschweren Nicken. „Deshalb brauche ich in dieser Sitzung die Führungsmannschaft genau so wie sie ist und immer war. Tuvok und Ayala für die Sicherheit. B’Elanna als Chefingenieurin. Seven, Wildman und Lessing für die Wissenschaft und Sie als Chefarzt. Außerdem Tom Paris, Harry Kim, Chakotay und mich selbst. Ganz unabhängig davon wer Sternenflotte, Maquis, Equinox, Borg oder was auch immer war. Wir sehen keinen Unterschied, doch wir sind da leider die einzigen. Wir müssen, so vielfältig wie wir sind, Präsenz zeigen und vereint als Voyagers auftreten wenn wir auch nur den Hauch einer Chance haben wollen.“
„Selbstverständlich, Ma’am.“, nickte der Doktor betreten. „Ich verstehe.“

Noch bevor Kathryn Janeway etwas erwidern konnte, war der Doktor aufgesprungen und in den allgemeinen Bereich der Krankenstation zurückgekehrt um B’Elanna Torres, Chefingenieurin sowie frischgebackene Mutter des jüngsten Besatzungs- und Familienmitglieds, aus dem Wochenbett zu jagen.



=====



Fünfundzwanzig neugierige Gesichter, der innerste Kreis des Pathfinder-Projekts und einige illustre Gäste außerdem, fixierten den Admiral und Commander Harkins, die vor einer grell erleuchteten Projektionswand standen und das weitere Vorgehen erläuterten. Der kleine Besprechungsraum knisterte beinahe vor Spannung.

„Das erste Außenteam wird aus der kleinstmöglichen Abordnung bestehen.“, verkündete Owen Paris mit donnernder Stimme. „Wir betreten unbekanntes Terrain und wissen nicht mit Sicherheit, welche Risiken uns erwarten.“

Einige der Anwesenden warfen sich verwunderte Blicke zu, sie konnten kaum glauben was sie hörten. Sicher, die Voyager war unter bisher ungeklärten Umständen aus einem unbekannten Bereich des Weltraums zurückgekehrt und anders als bei Routinerückkehren wurden verschärfte Quarantänemaßnahmen eingeleitet, aber sie war immer noch ein Sternenflottenschiff. Der alte Herr – so nannten die meisten Pathfinder-Mitarbeiter ihren Vorgesetzten hinter seinem Rücken – tat geradezu so, als spräche er zu einer Versammlung von hilflosen Rothemden, die dem sicheren Tod entgegenblickten.

„Was ich von Ihnen erwarte ist Professionalität und Perfektion.“, fuhr Paris streng fort. „Etliche hier sind emotional sehr involviert in den Fall Voyager. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür, vergessen Sie das nicht, andernfalls müssen wir Sie unverzüglich abziehen. Verstanden?“

Der ganze Saal schwieg unbequem für einige Sekunden, dann räusperte sich Commander Peter Harkins, der operative Leiter des Pathfinder-Projekts. Der Admiral nickte ihm bestätigend zu, er machte einen Schritt vorwärts und aktivierte eine Präsentation bevor er ohne weitere Umschweife weitersprach und seine Ausführungen mit ausschweifenden Gesten auf die an die Wand projizierten Grafiken untermalte.

„Was uns in erster Linie interessiert, ist eine möglichst detaillierte und objektive Einschätzung der Lage. Ein Überblick, wenn Sie so wollen.“ Harkins grinste kurz, bevor er mit mahnender Stimme weitersprach. „Als Ihr vorgesetzter Offizier und Teamleiter weiß ich natürlich, dass Sie alle im Laufe unseres Kontakts mit der Voyager besondere Interessen entwickelt haben, und ich schätze Ihren Enthusiasmus sehr. Doch das Pathfinder-Projekt ist mehr als nur die Summe seiner Einzelteile und das ist es was hier und heute zählen muss. Sie sollen das Schiff nicht gleich auseinandernehmen, was wir brauchen ist eine Gefahrenanalyse vom Sicherheitsteam, eine Generalinventur von den Ingenieuren sowie eine Bedürfnisanalyse sowie eine allgemeine Einschätzung der mentalen Konstitution an Bord vom Betreuungsteam. Das hat absolute Priorität, wir verlassen uns auf Ihre Expertise. Ist das verstanden?“

Commander Peter Harkins ließ den Blick schweifen, fixierte jedes einzelne Gesicht. In den letzten Jahren, während der Dominion-Krieg die Grundfesten der Föderation erschüttert hatte, war die Sternenflotte, die einst von Forschern und Diplomaten dominiert worden war, zunehmend strenger und militärischer geworden. Doch unter den Mitarbeitern des Pathfinder-Projekts waren nur wenige wirklich Soldaten, die meisten waren Wissenschaftler und Ingenieure und sehr viele von ihnen waren Zivilisten oder Reservisten. Dennoch schmetterten alle im Saal ihrem Kommandanten zur Bestätigung ein zackig gebrülltes „Aye, Sir!“ entgegen, denn es schien in diesem Moment das Richtige zu sein. Commander Peter Harkins nahm es zur Kenntnis, Admiral Owen Paris nickte anerkennend.

„Vingava, Barclay und Dr. Brahms, Sie sind das Ingenieursteam. Troi und Nmoovgrak, Sie sind das Betreuungsteam. Meyer, Trobada, Cuocculissumon, Sorel, Sie sind das Sicherheitsteam, bleiben Sie ständig auf Alarmstufe gelb. Der Admiral persönlich sowie Captain Brahms leiten die Mission, ich selbst übernehme die Operationskontrolle von der Pathfinder-Zentrale aus.“, verkündete Harkins zufrieden. „Finden Sie sich unverzüglich auf der Krankenstation ein – eine Unbedenklichkeitsuntersuchung und ein letztes Briefing über die Quarantänemaßnahmen steht an. Ein detaillierter Einsatzbefehl wurde an Ihre PADDs geschickt. Sie haben 40 Minuten bis Missionsbeginn. Viel Erfolg. Wegtreten.“

Das Team applaudierte noch kurz, dann wurde ihnen Wegtreten geheißen und sie hasteten wieder in alle Richtungen davon. Neidisches Gemurmel flutete die Korridore, denn insgeheim wäre jeder gerne in diesem ersten Team dabei gewesen, und dann verstummte es wieder, denn jeder hatte genug zu tun und wusste zu genau, dass es nicht darum ging an vorderster Front zu stehen sondern, dass die Mitarbeit jedes einzelnen notwendig war um die Mission überhaupt gelingen zu lassen. Sie wussten es genau – die Voyager hatte 140 Besatzungsmitglieder und doch interessierten sich alle, auch sie selbst, nur für die schillernde Persönlichkeit einer Kathryn Janeway, und ebenso verblassten die insgesamt 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie die unzähligen hastig hinzugezogenen, des Pathfinder-Projekts immer im Schatten der Führungsriege stehen würden. Die Führungsriege hingegen wäre wahrscheinlich insgeheim lieber selbst im Schatten gestanden als derart unter Druck. Sie hatten sich jahrelang auf diesen Moment vorbereitet und doch nie damit gerechnet, dass er eintreten würde.

Peter Harkins rieb sich, nach einem Seitenblick auf seinen Vorgesetzten, der wortlos sein PADD nahm und gebeugten Schrittes den Raum verließ, besorgt die Schläfen. Janko Brahms stand direkt neben ihm und schüttelte langsam den gefleckten Kopf.

„Du musst ein Auge auf den alten Herrn haben, Janko, schön langsam verliert er die Nerven.“
„Kein Wunder bei all dem Druck unter dem wir stehen, und dann ist da ja noch das Wiedersehen mit seinem Sohn...“
„Ja, eben, wie er sagte, viele von uns sind emotional involviert und ihn trifft es wohl am Schlimmsten. Er redet ja nie viel, aber was man so hört hat dieses ‚distanzierte Verhältnis’“ – Harkins zeichnete mit den Fingern sarkastische Anführungszeichen in die Luft und pausierte dramatisch bevor er weitersprach – „einen berechtigten Grund. Der junge Paris ist wohl ein ziemlich undankbarer Bengel und ... naja, du hast ja auch seine Dienst- und vor allem seine Strafakte gelesen, muss man noch mehr dazu sagen?“
„Wir sollten in der Angelegenheit weder ein Urteil fällen noch Partei ergreifen, Pete.“, lenkte Janko vorsichtig ein. „Ich war an der Akademie im selben Jahrgang wie Moira Paris, die älteste Tochter des alten Herrn. Ich kannte sie nicht gut, aber selbst ich habe damals mitbekommen, dass es nicht unbedingt leicht war mit diesem Vater aufzuwachsen und seinen Ansprüchen zu genügen. Du weißt doch wie er manchmal als Boss ist, ich kann mir das also gut vorstellen.“
Peter Harkins stieß ein undefinierbares Grunzen aus. „Es tut nichts zur Sache, Janko. Du sollst ihn nur bestmöglich unterstützen.“
„Das werde ich. Sei unbesorgt, Pete, du kannst dich auf mich verlassen.“



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