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Was bleibt ist Sehnsucht

von Gabi

Zeitreise in die Zukunft

II - Zeitreise in die Zukunft


2152 (2. Staffel ENTERPRISE)


Captain Archer ließ sich mit vernehmlichem Aufstöhnen in den Pilotensitz von Fähre 2 fallen. „Kann mir jemand sagen, was jetzt wieder schief gelaufen ist?“ Er checkte routiniert die Funktionen und startete dann das Shuttle, das sie von Pagem III fortbrachte, wo ihnen soeben in unmissverständlichen Worten erklärt worden war, dass ihre weitere Gegenwart unerwünscht sei. „Ich hatte den Eindruck, dass die Gespräche ganz gut liefen.“

Commander Tucker behielt die Finger des Captains im Auge, während dieser die Fähre durch die Planetenatmosphäre steuerte. Er fühlte sich immer ein wenig nutzlos, wenn er nicht selbst im Pilotensessel sitzen konnte. „Keine Ahnung“, gestand er. „Ich fand auch, dass wir prima diplomatisch waren. Auch wenn der zweite Dakran mich immer so ein wenig irritiert angeschaut hat.“

„Hoshi?“

Die Xenolinguistin blickte von ihrem Übersetzer auf. „Ich sehe noch die Daten durch, Captain. Ich überprüfe die letzten Gespräche auf Doppeldeutigkeiten.“

Archer hob die Augenbrauen. „Sie haben die Gespräche aufgezeichnet?“

„Das mache ich immer.“ Sato zuckte mit den Schultern. „Auf diese Weise kann ich mich später noch einmal eingehender mit der gesprochenen Sprache auseinandersetzen. Es gibt so viele Feinheiten, für die eine Maschine einfach nicht geeignet ist, für die es der menschlichen Intuition braucht.“

Tucker drehte sich mit seinem Sessel zu ihr um. „Arbeiten Sie immer rund um die Uhr?“ wollte er mit spitzbübischem Grinsen wissen. „Haben Sie denn keine Hobbies nach Schichtende?“

Sato bedachte ihn mit einem rügenden Blick. „Das ist mein Hobby, Commander. Was meinen Sie denn, warum ich so gut in meinem Job bin?“

„Oh oh!“ Tucker drehte den Sitz wieder zurück, so dass er Archer einen verschwörerischen Blick zuwerfen konnte. Der Captain erwiderte diesen grinsend. Hoshi Satos Ehrgeiz war auf der Enterprise bereits sprichwörtlich geworden. Warum etwas 100prozentig machen, wenn es auch 150prozentig geht?.

„Ich denke, es könnte daran gelegen haben, dass Sie von der grünen Pflanze gegessen haben, welche in der Mitte der Tische stand, Commander Tucker“, ließ sich T’Pol vernehmen. Sie beschäftigte sich immer noch mit den Informationen, die sie vor sich aus der Datenbank abgerufen hatte.

„Den Salat?“ Tucker warf der Vulkanierin einen irritierten Blick zu. „Der stand doch genau so da wie die anderen Speisen … und er war lecker“, fügte er zu seiner Verteidigung hinzu.

„Ihr Salat stellt laut diesen Aufzeichnungen hier einen Dekorationsgegenstand höchster diplomatischer Bedeutung dar“, korrigierte sie ihn. „Die Stämme der Pagema nutzen ihn, um ohne große Umschweife ihre Haltung zueinander auszudrücken: Gibt der Gast der Pflanze ein wenig seines eigenen Trinkwassers ab, bedeutet das freundschaftliche Annäherung. Ein Ignorieren der Pflanze steht für neutrales Abwarten. Und das Essen der Pflanze …“

„Nein, sagen Sie es nicht“, Tucker hob beide Hände, seine Brauen verzogen sich in Frustration. „Kriegserklärung. Warum bin ich schon wieder an allem schuld?“

„Wichtiger wäre es zu erfahren, warum wir diesen Umstand nicht bereits vorher wussten?“ Archer drehte sich in seinem Pilotensessel um. Das Shuttle hatte die Atmosphäre verlassen und befand sich nun in ruhigem Anflug auf die Enterprise. Sein strenger Blick ruhte auf seinem Ersten Offizier. „Das ist ja nun wahrlich keine Nebensächlichkeit, T’Pol.“

Die Vulkanierin zeigte sich unberührt. „Es könnte daran liegen, dass mein Ratschlag, die Enterprise erst einmal einen Tag im Orbit des Planeten zu belassen, um in Ruhe die vulkanischen Datenbanken bezüglich der neuen Rasse zu studieren, mit einem ‚Ach kommen Sie, T’Pol, wir waren lange unterwegs, wir haben uns jetzt einen Landurlaub verdient‘ missachtet wurde.“ Mit bewegungsloser Miene betrachtete sie Archer. „Das ist wohlgemerkt nur eine Vermutung, Captain.“

Der Kommandant seufzte tief. Er wusste, wann es sinnlos war, mit seinem Ersten Offizier zu streiten. Genau genommen hatte die Vulkanierin gar nicht so unrecht – manches Mal.

„Okay, okay, Sie haben Recht“, gestand er ein. „Dennoch möchte ich Sie bitten, beim nächsten Erstkontakt ihre Priorität auf Tischsitten zu legen. Ganz gleich, was sonst auf den diversen Erstkontakt-Programmen steht, ein gemeinsames Mahl war bisher stets dabei.“

„Ich werde es vermerken, Captain. Ich möchte Sie dann jedoch Ihrerseits um Geduld bitten.“

Archer schenkte ihr ein reuiges Lächeln. „Geduld ist nicht gerade eine meiner Stärken.“

„Was Sie nicht sagen!“

„Sehen Sie, T’Pol. Wir haben so lange auf das Universum gewartet. Jetzt sind wir da und wir sind begierig darauf mitzumischen. Ist das so schwer zu verstehen?“ versuchte er zum unzähligsten Mal die menschliche Motivation klar zu machen.

„Versuchen Sie einmal den Standpunkt des Universums einzunehmen“, konterte T’Pol ungerührt. „Es kam eine recht lange Zeit sehr gut ohne Terraner aus. Ist es da so verwunderlich, dass manche Rassen es bevorzugen, wenn Sie erst einmal anklopfen, anstatt gleich mit der Tür ins Haus zu fallen?“

„Der Punkt geht an sie, Jon“, bemerkte Tucker grinsend.

Archer schenkte ihm ein säuerliches Lächeln. „Trip, ich glaube kaum, dass ich jetzt Kommentare von Leuten brauche, die diplomatische Salate missachten.“

„Hey, ich …“

Es war, als hätte sich eine Tür im Nichts geöffnet und Fähre 2 war um eine Person reicher.

„Was um …?“ Sato sprang von ihrem Sitz auf. Der Neuankömmling stand ihr beinahe auf den Füßen.

„Crewman Daniels“, bemerkte T’Pol ohne eine Miene zu verziehen. „Ich hatte mich schon gewundert, wo Sie in der letzten Zeit geblieben sind.“

Der Zeitreisende sah sich um. Er blickte in das erschrockene Gesicht des asiatischen Ensign, das verwunderte des Chefingenieurs, das überheblich neutrale des vulkanischen Subcommanders und das leicht genervte des Captains.

„Das hier ist nicht die Enterprise“, bemerkte er dann.

„1:0 für Sie in Sachen Auffassungsgabe“, entgegnete Tucker lakonisch.

Daniels ignorierte ihn vollkommen. Er überprüfte Daten auf einem Gerät, welches er am Unterarm trug. „Irgendetwas stimmt zur Zeit nicht mit diesen temporalen Instrumenten“, erklärte er so, als ob er davon ausging, dass jeder wusste, wovon er sprach. Er schwitzte ein wenig. „Da kann ich von Glück sagen, dass ich nicht das leere All erwischt habe.“

„Daniels, was machen Sie hier?“ versuchte Archer die Aufmerksamkeit des Zeitreisenden auf sich zu ziehen. Es war nicht so, dass er den Mann als solchen nicht mochte. Doch jedes Mal, wenn dieser in Erscheinung trat, folgte unweigerlich etwas Unangenehmes für ihn selbst.

Der Mann aus der Zukunft blickte auf. „Wir haben ein Problem …“

„… in der Zeitlinie“, vervollständigte Archer resigniert. „Warum bin ich nicht überrascht?“

T’Pols überheblich neutraler Ausdruck verwandelte sich in einen überheblich missbilligenden Ausdruck.

Daniels nickte. Aus einer Magnettasche, welche an seinem linken Oberarm befestigt war, holte er ein Etui mit einer Reihe kleiner runder Sender heraus. Er drückte es Captain Archer in die Hand. „Das sind temporale Baken. Wenn sie aktiviert sind, können wir auf das Signal zugreifen und die entsprechende Person in die Zukunft zurückholen. Hiermit“, er reichte dem verdutzten Captain einen Miniaturscanner, „können Sie ersehen, welche Gegenstände und Personen nicht in die aktuelle Zeitlinie gehören …“

„Moment!“ Archer packte den Zeitreisenden an den Unterarmen. „Warum wir?“

Daniels blickte auf. Er bedachte den Captain mit einem unwirschen Blick. Er war in Gedanken dabei, die wichtigen Punkte zügig und präzise herüber zu bringen. Zwischenfragen waren nicht vorgesehen.

Die temporalen Flüsse waren im Moment äußerst unvorhersehbar und er wollte nichts Wichtiges vergessen haben, bevor er wieder in seine Zeit zurückkehren musste.

„Sie kennen das alles schon. Ich habe keine Zeit, schon wieder neue Personen einzulernen.“ Mit einem Nicken deutete er auf Sato. „Sie könnte wegen ihrer Fähigkeiten nützlich sein. Die anderen beiden waren nicht vorgesehen. Ich hatte eigentlich auf der Enterprise erscheinen wollen. Aber es muss auch so gehen.“

„Hey, was heißt hier wir seien nicht vorgesehen?“, empörte sich Tucker. „Um was geht es hier überhaupt?“

Daniels sah kurzzeitig irritiert in seine Richtung, dann wandte er sich wieder Archer zu. „Ich muss sie dieses Mal ins 24. Jahrhundert schicken. Ich versichere Ihnen, dass wir Ihre Erinnerungen nach der Rückkehr löschen werden, so dass Ihre eigene Zeitlinie nicht kompromittiert wird. Sie haben sich als versiert im Umgang mit temporalen Anomalien erwiesen, Sie … verflixt, der temporale Fluss bricht zusammen …“ Seine Erscheinung flackerte kurzzeitig. „… wir müssen uns beeilen.“

„Was heißt hier beeilen?“ wollte Tucker wissen. „Man sollte meinen, dass diese Typen alle Zeit der Welt hätten …“

Daniels flackerte erneut, dann war er weg. Zeitgleich trat Fähre 2 durch ein temporaldimensionales Tor. Von einem Augenblick zum anderen war die Enterprise, die sie eben noch angeflogen hatten, verschwunden, stattdessen füllte der Anblick einer riesigen Raumstation den Bildschirm. Mit ihren Ringsegmenten und den drei massiven Auslegern, die sich jeweils zu beiden Seiten des äußeren Rings erstreckten, wirkte sie ein wenig wie ein Seestern im Ozean des Alls.

„Wo sind wir?“ rief Sato überrascht aus.

„Wann sind wir?“ ergänzte Archer. Er wandte sich an die Vulkanierin. „T’Pol, versuchen Sie unsere Position herauszufinden. Und bitte“, er lächelte reumütig, „ignorieren Sie für den Moment die Tatsache, dass der vulkanische Wissenschaftsrat Zeitreisen für unmöglich hält.“

Die einzige Antwort, die er bekam, war ein Heben der Brauen, dann wandte sich die Vulkanierin ihren Instrumenten zu. Nach einiger Zeit informierte sie: „Wir sind über 150 Lichtjahre von unserer letzten Position entfernt, über das Argolis Cluster hinaus.“

„Und wann sind wir“, hakte Archer nach, während sein Blick weiterhin auf der Raumstation ruhte, der sich ihre Fähre näherte. „Hoshi, versuchen Sie Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, mit wem wir es hier zu tun haben.“ Er nahm schließlich seine Augen von der majestätischen Konstruktion und bedachte den Rücken der Vulkanierin mit einem durchdringenden Blick. „T’Pol?“

„Die Angaben dieser Region der Galaxis sind nicht sehr präzise, da kein vulkanisches Schiff bisher so weit draußen war.“

„T’Pol?!“

„Ich muss mich auf Extrapolationen verlassen, die im besten Fall …“

„T’Pol!“

Sie blickte von ihren Instrumenten auf. Ein kaum wahrnehmbarer Anflug von Frustration huschte über ihre kontrollierten Züge. „Es hat den Anschein von etwa 200 Jahren nach unserer jetzigen Zeit …“

„Ha!“ Archer grinste sie triumphierend an.

„… doch ich bin mir sicher, dass sich diese Interpretation bei genauerer Datenlage als haltlos erweisen und eine logischere Erklärung gefunden wird.“

Der Captain konnte es sich nicht verkneifen, in einer reichlich kindischen Geste die Handflächen aneinander zu reiben. „Viel Spaß beim Finden der logischen Erklärung.“

„Captain“, an Ensign Sato war der Austausch vorbei gegangen. Konzentriert wie stets hatte sie sich mit der Kommunikation beschäftigt. „Wir befinden uns im Hoheitsgebiet einer Rasse, die sich Bajoraner nennt. Die Station wird von ihnen gemeinsam mit der Sternenflotte operiert.“ Sie blickte auf in die freudigen Gesichter von Archer und Tucker. Auch in deren Zügen machte sich Erleichterung breit. „Es sieht so aus, als seien wir auf freundlichem Terrain. Wir haben Andockerlaubnis. Die Koordinaten werden soeben übermittelt.“

Tucker genehmigte sich einen erfreuten Ausruf, dann wandte er sich an Archer. „Und was genau machen wir jetzt hier, Jon?“

Der Captain konnte lediglich mit den Schultern zucken, während er den Andockvorgang einleitete. „Ich möchte verdammt sein, wenn ich das genau wüsste. Wie es aussieht, müssen wir jemanden oder etwas finden, das nicht in diese Zeit gehört und dann die Temporalbaken aktivieren …“

Tucker lachte. „Da hätte ich doch schon mal vier Personen und ein Schiff zu bieten.“

Archer schenkte ihm einen belustigten Blick, dann durchlief ein leichtes Zittern Fähre 2. „In Ordnung, alle bereitmachen“, verkündete er seiner kleinen Crew, „wir betreten die Zukunft.“

Als er auf dem Weg zur Schleuse an T’Pol vorbei ging, flüsterte er ihr zu. „Augen und Ohren auf, Subcommander, jetzt können Sie dem Wissenschaftsrat was erzählen.“

„Ich dachte, Ihr sogenannter Zeitreisender hätte gesagt, dass unsere Erinnerung wieder gelöscht würde?“ konterte sie ungerührt.

„Mist.“ Archer betrachtete ihr ebenmäßiges, maskenartiges Gesicht, wie so oft auf der Suche nach dem einen Zeichen einer Emotion, auf das er bisher vergeblich gehofft hatte. „Müssen Sie eigentlich immer das letzte Wort haben?“

„Ich gebe mir Mühe, Captain.“

Unter verhaltener Belustigung des Chefingenieurs setzte Archer seinen Weg fort, um Neuland zu betreten.

* * *


Als die mächtigen zahnradartigen Schleusentore in die Wände zurückgewichen waren, sah sich die Crew der Enterprise zwei humanoiden, ausgesprochen attraktiven Frauen gegenüber. Die größere von ihnen trug ihr langes dunkles Haar in einem Zopf auf dem Rücken, über ihre Schläfen bis zum Kragen des schwarzen Uniformoveralls zog sich ein ansprechendes Tattoo von dunkel- und orangebraunen Flecken, welches die unternehmungslustig funkelnden blauen Augen betonte.

Die andere Frau besaß fünf kleine Rippen auf ihrem Nasenrücken und wirkte ansonsten ebenfalls recht terranisch. Ihre orangebraune Uniform entsprach eher dem enganliegenden Design, durch welches sich auch T’Pols Kleidung auszeichnete. Die Farbe passte gut zum Kupferrot des kurzgeschnittenen Haars. Dichte Wimpern umrahmten ihre ausdrucksvollen, fast schwarzen Augen, die im Augenblick lächelnde Halbmonde bildeten.

„Herzlich Willkommen auf Deep Space Nine“, sie streckte ihre Hand in terranischer Sitte zum Gruß entgegen. Archer schüttelte sie angenehm überrascht. „Ich bin Major Kira Nerys, Erster Offizier, und dies ist …“

„Jadzia Dax, Wissenschaftsoffizier … Sternenflotte“, fügte die dunkelhaarige Frau mit einem wissenden Lächeln hinzu. Auch sie schüttelte den Menschen nacheinander die Hand. T’Pol bot sie einen vulkanischen Gruß an, den diese mit wohlwollender Miene erwiderte. „Die Scanner haben uns ein paar recht merkwürdige Daten über Sie und Ihr Shuttle übermittelt. Da dachten wir uns, dass wir gleich persönlich vorbeisehen, anstatt Sie den Andockkontrollen für Normalsterbliche zu überlassen.“ Ihr lebenslustiges Lächeln wirkte ansteckend. Tucker blickte von ihr zu T’Pol und konnte sich im Augenblick keine zwei Frauen vorstellen, die in ihrem Wesen weiter voneinander entfernt sein könnten.

„Vielen Dank“, bemerkte Archer, „Ich bin …“

„Sagen Sie nichts.“ Major Kira hob einen Finger und stoppte den verdutzten Captain damit mitten im Satz. Sie schien kurz nachzudenken. „Sie sind Captain Jonathan Archer.“

Er blickte sie verblüfft an. Die Sternenflottenoffizierin neben ihr hob bewundernd die Augenbrauen, woraufhin die andere lediglich mit den Schultern zuckte. „Ich lese das Zeug, das du mir gibst.“ Dann wandte sie sich wieder dem Neuankömmling zu. „Sie waren an der Föderationsgründung maßgeblich beteiligt.“

„War ich das?“ Archers Verblüffung wollte nicht weichen.

„Und wenn ich hinzufügen darf“, bemerkte Dax mit frechem Glitzern in den Augen, „für Ihr Alter haben Sie sich recht gut gehalten.“

Diese Bemerkung brachte dem Captain einen Schulterschlag seines lachende Chefingenieurs ein und Dax eine missbilligend hochgezogene Augenbraue T’Pols.

Archer schüttelte lächelnd den Kopf. Diese Wissenschaftsoffizierin war wahrlich in keinster Weise mit seiner eigenen zu vergleichen. Er stellte nacheinander seine Leute vor.

„Normalerweise würden wir Ihnen zuerst Gästequartiere zuweisen und Ihnen die Möglichkeit geben, sich frisch zu machen“, erklärte Major Kira schließlich mit leichtem Bedauern, „doch in diesem besonderen Fall hat Captain Sisko gebeten, dass wir uns zuerst zu einer Besprechung einfinden.“

„Das ist auch ganz in meinem Sinn“, bestätigte Archer.

„Wenn Sie uns bitte folgen würden.“ Die beiden Offizierinnen der Raumstation machten sich auf den Weg den endlos scheinenden Korridor entlang.

Während sie ihnen folgten, stieß Tucker Archer leicht mit dem Ellbogen an, sein Blick wurde magisch von dem runden Hintern in der rostbrauen Uniform angezogen. „Wow, ist die Kleine niedlich“, flüsterte er.

„Trip, das hier ist zwar keine Erstkontakt-Situation“, raunte Archer ihm gespielt streng zu, „doch ich hätte dennoch gerne ein vorbildliches Verhalten meiner Offiziere.“

Das ungehaltene Räuspern hinter ihnen machte ihnen ein weiteres Mal klar, dass vulkanische Ohren weit besser hören konnten als terranische.

* * *


Benjamin Sisko stand mit hinter dem Rücken verschränkten Händen vor dem Aussichtsfenster in der Offiziersmesse. Um den Tisch, welcher den Offizieren von Deep Space Nine zu größeren Besprechungen diente, saßen seine versammelten Senior-Offiziere und die vier Neuankömmlinge aus der Vergangenheit.

„Es fällt mir schwer, das zu glauben“, gestand er schließlich, als er sich wieder den Anwesenden zuwandte.

„Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Captain Sisko“, ließ sich T’Pol vernehmen.

Dax deutete auf den großen Monitor an einer Schmalseite des Raums. „Alle Scans unserer Sensoren ebenso wie Design und verwendetes Material des Shuttles untermauern das, was Captain Archer uns erzählt hat.“

„Ich weiß, wie das klingt“, Archer warf der Vulkanierin einen kurzen Seitenblick zu. „Ich habe es bisher nicht einmal geschafft, meine eigene Wissenschaftsoffizierin zu überzeugen – und das, obwohl sie dieses Mal mit uns in der Zeit gereist ist.“

Sisko hob die Hände, ein rasches Lächeln zuckte über seine Züge. „Oh nein, Captain Archer, ich wollte keinesfalls mein Misstrauen ausdrücken. Ich möchte nicht daran zweifeln, dass Sie derjenige sind, der Sie uns berichtet haben zu sein. Es ist nur“, das entschuldigende Lächeln kehrte für einen Moment zurück, „es fällt mir einfach schwer, es zu glauben.“

Kira versicherte sich mit einem Blick zu ihrem Kommandanten, dass sie das Wort ergreifen durfte. „Dieser Daniels hat Sie also hierher geschickt, weil Sie irgendjemanden oder irgendetwas hier auf Deep Space Nine finden sollen, der oder das aus der Zukunft stammt, und den oder das Sie dann zurückschicken sollen?“

Archer nickte. Aus dem Mund einer Unbeteiligten klang es in der Tat reichlich verworren. „Mehr konnte er uns leider nicht mitteilen, weil er selbst wieder in seine Zeit zurückkehren musste. Wir nehmen an, dass er Ihre Station meinte, da wir hier wieder aus der temporalen Verschiebung ausgetreten sind. Explizit gesagt hat er es nicht.“

„Das ist nicht sehr hilfreich.“ Sisko ließ sich wieder auf seinen Sessel am Besprechungstisch fallen. „Warum bricht er dann ein Tabu und setzt Sie einer Zukunft aus, von der Sie überhaupt nichts wissen dürfen?“ Der dunkelhäutige Kommandant schüttelte ungläubig den Kopf.

„Oh, er wirkte irgendwie genervt und hatte offensichtlich keine Lust, schon wieder jemanden neues von seiner Rechtschaffenheit zu überzeugen.“ Alle Augen wandten sich dem Chefingenieur der Enterprise zu. Der lächelte gewinnend. „Ist doch wahr! Unseren Captain hat er schon ein paar Mal in der Zeit herum geschickt, der hat bereits sowas wie Routine darin.“

„Äh, danke für die Erklärung, Trip.“ Archer bedachte seinen Freund mit einem leicht irritierten Blick. „Im Prinzip war das tatsächlich die einzige Erklärung, die Daniels uns in der knappen Zeit gegeben hat“, bestätigte er seinen Commander, „Er sprach desweiteren davon, dass er unsere Erinnerungen an die Ereignisse hier wieder löschen wird.“

„Nun gut.“ Sisko trommelte nachdenklich mit den Fingern auf der Tischplatte, dann ruckte sein Kopf in Richtung seines Chefmediziners. „Dr. Bashir, gibt es DNA-Daten der ersten Besatzung der Enterprise NX-01?“

„Ich werde das nachprüfen“, entgegnete der Angesprochene. „Sicherlich nicht von allen Crewmitgliedern. Doch ich kann mir gut vorstellen, dass zumindest die medizinischen Akten von Captain Archer noch existieren.“

„Sehr gut.“ Sisko wandte sich an den Captain der Enterprise. „Nehmen Sie es mir nicht übel, Captain Archer, doch ich würde mich gerne noch ein wenig mehr von Ihrer Identität überzeugen.“

„Ich nehme Ihnen das nicht übel, Captain Sisko.“ Er nickte. „Ich würde an Ihrer Stelle ganz genau so handeln. Natürlich stehe ich Ihrem Doktor jederzeit für medizinische Tests zur Verfügung.“

„Okay“, machte Sisko gedehnt. Er ließ seinen Blick über die versammelten Offiziere aus Gegenwart und Vergangenheit gleiten. Dann rang er sich zu einer inneren Entscheidung durch. Er erhob sich. Dieses Mal blieb das Lächeln auf seinen Zügen stehen. „Captain Archer, Subcommander T’Pol, Commander Tucker, Ensign Sato: ich möchte Sie herzlich Willkommen auf Deep Space Nine heißen. Ich hoffe, dass Ihre Mission uns die Zeit geben wird, uns ein wenig näher kennenzulernen.“ Seine Augen funkelten. „Es geschieht nicht oft, dass man die Gelegenheit erhält, Auge in Auge mit der eigenen Geschichte zu stehen.“

* * *


Sisko hatte darauf bestanden, dass zwei seiner eigenen Offiziere die Mission der Enterprise-Crew begleiteten. Auf diese Weise war er immer auf dem Laufenden, was in den Eingeweiden seiner Station vor sich ging. Lieutenant Commander Dax war aufgrund ihrer wissenschaftlichen Kenntnisse die erste Wahl – und auch aufgrund der Tatsache, dass die Trill sich am allerwenigsten von logischen Ungereimtheiten aus der Ruhe bringen ließ. Da die vermutete temporale Gefahr an diesem Ort nicht nur die Sternenflotte, sondern auch Bajor bedrohte, hatte Sisko Major Kira als zweite Begleiterin der Besucher aus der Vergangenheit abkommandiert.

Offensichtlich befand sich die Station im Augenblick nicht in irgendeiner imminenten Gefahr, daher war Dax‘ Vorschlag, sich erst einmal zu einem gemütlichen Essen und Kennenlernen in der Bar zusammenzusetzen, von allen anderen mit Freude angenommen worden, von T’Pol mit billigender Zurückhaltung. Dr. Bashir und Chief O’Brien gesellten sich hinzu, nach Aussage des Arztes, um das Gleichgewicht der Geschlechter zu wahren.

Als die Gruppe der Trill durch den Verbindungskorridor aus dem Habitatring folgte und auf die Promenade hinaus trat, blieb die Crew der Enterprise erst einmal wie angewurzelt stehen.

Sato ließ ihre Augen von rechts nach links wandern, dann wieder zurück und versuchte die Vielfalt an Kulturen aufzunehmen, welche ihrem frühabendlichen Treiben im Herz der Station nachging. „Wie sollen wir hier denn jemanden ausfindig machen, der nicht hier her gehört?“ stieß sie überwältigt hervor.

Auch Archer zeigte sich beeindruckt. Begeistert wandte er sich an seine Wissenschaftsoffizierin. „T’Pol, das kann entstehen, wenn wir alle zusammen arbeiten. Es hat einen Sinn, und wir werden das schaffen.“ Da er im Gesicht der Vulkanierin nicht den Enthusiasmus widergespiegelt fand, den er im Moment verspürte, schenkte er seine Aufmerksamkeit den Stationsoffizieren. In den Mienen der beiden Frauen konnte er erkennen, dass diese seine Gefühle verstanden und nachvollziehen konnten.

Kira lachte ihn offen an. „Es ist wirklich etwas Großes, das Sie geholfen haben zu erschaffen.“

Ich.“ Archers Blick folgte einer Gruppe Vulkanier, die sich untereinander diskutierend wie selbstverständlich zwischen den anderen Rassen bewegten, dann wanderten seine Augen mit einigen lautstarken Klingonen wieder in die andere Richtung zurück. Auf seinem Gesicht machte sich ein Ausdruck breit, der frappierend an denjenigen eines Kindes unter dem Weihnachtsbaum erinnerte.

Tucker neigte sich zu den beiden Wissenschaftsoffizierinnen und raunte ihnen zu. „Haben wir ein Glück, dass wir uns wohl an nichts mehr von dem hier erinnern werden, sonst müssten wir den Captain in Zukunft mit Ihre Majestät ansprechen.“

Dax lachte auf.

T’Pol musterte Tucker befremdet. „Darf ich Sie daran erinnern, dass auf Terra schon seit langem keine Monarchie mehr existiert?“

Der Commander hatte nicht vor, sich seinen Spaß verderben zu lassen. Er winkte lediglich ab. „Geschenkt, T’Pol.“

Dax deutete derweil auf einen Eingang auf der anderen Seite der belebten Promenade. „Lassen Sie uns ins Quark’s gehen. Da können wir bei einem Gläschen und etwas zu Essen unsere Lebensweisheiten austauschen.“

In der Bar rückten sie zwei Tische aneinander, damit alle Platz hatten. Quark hatte wesentlich weniger Probleme als Captain Sisko mit der Erklärung der Herkunft ihrer neuen Gäste. Ihm war es reichlich gleichgültig, aus welchen Dimensionslöchern Personen krochen, solange sie als potentielle neue Kunden seiner Einrichtung fungierten. In dieser Hinsicht lebte der Ferengi die vielzitierten föderalen Ideale der Offenheit und Toleranz vorbildlich. Er ließ es sich auch nicht nehmen, den Gästen einen, wenn auch kleinen, 24.-Jahrhundert-Begrüßungscocktail auf Kosten des Hauses zu offerieren.

Die Offiziere setzten sich so in Grüppchen zusammen, dass kleinere Gespräche untereinander geführt werden konnten. Dr. Bashir ließ sich, natürlich aus rein professioneller Neugierde, neben T’Pol nieder. Zu seiner Freude stellte er fest, dass die gut gebaute Vulkanierin tatsächlich ein großes Interesse an medizinischen Themen zeigte. O’Brien, Sato, Tucker und Dax fanden sich rasch im Bereich der Weiterentwicklung der Universalübersetzer wieder.

Das ließ Captain Archer damit zurück, sich interessiert in der Bar umzusehen. „Sind das alles hier Mitglieder der Föderation?“ wollte er wissen.

„Nein, nur etwa ein Drittel der Rassen. Wir befinden uns nicht in föderalem Raum“, erklärte Kira. „Im Moment besteht die Vereinigte Föderation der Planeten aus 147 Planeten und an die 1000 Kolonien“, sie schenkte Dax einen triumphierenden Blick. Den gesamten letzten Abend hatte sie sich in den Bildbandstick der Föderation vertieft, den die Trill ihr gegeben hatte, „Wenn mein Volk mit seinem Antrag durchkommt, wird Bajor Mitgliedsplanet Nummer 148.“

„Sie gehören gar nicht zur Föderation?“ Archer hatte sein Glas halb erhoben, es vor lauter Faszination bisher aber nicht geschafft, daraus zu trinken.

Kira drehte ihren eigenen Drink auf dem Tisch. Sie fühlte sich seltsam wohl in der Gegenwart der Besucher aus der Vergangenheit. Ihnen haftete eine gewisse naive Neugierde an, welche die Bajoranerin augenblicklich an die Wahrheit ihrer etwas abenteuerlichen Geschichte hatte glauben lassen. „Deep Space Nine gehört Bajor“, erklärte sie nicht ohne Stolz, „meine Regierung hat die Station unter das Protektorat der Sternenflotte gestellt. Wir befinden uns hier am Rand des Himmelstempels, einem einzigartigen Platz in der Galaxis.“

„Der Himmelstempel?“ Archer lächelte über diesen Euphemismus. Mit erhobenen Augenbrauen blickte er die Bajoranerin an.

Kira erwiderte das Lächeln. „Meine wenig spirituell veranlagten Kollegen nennen es das einzig stabile Wurmloch im bekannten Universum.“ In ihren dunklen Augen blitzte nun ein Hauch von religiösem Eifer. „Aber warum ist es stabil? Weil es die Heimstatt der Götter meines Volkes ist. Unsere Propheten wachen über den Zugang zum Gamma-Quadranten und über den bajoranischen Sektor.“

Das Lächeln auf Archers Zügen vertiefte sich, die Leidenschaft, mit welcher die Bajoranerin sprach, machte sie ausgesprochen attraktiv. Er hob sein Glas nun endlich vollständig an. „Auf Ihre Götter, Major Kira.“

Sie erwiderte den Toast. „Auf die Propheten.“

Sie alle waren in angeregte Gespräche vertieft, als Dr. Bashirs Kommunikator piepte. Der derzeit diensthabende Arzt benötigte die Anwesenheit des Chefmediziners. Die halbherzigen Versuche Bashirs, den wie auch immer gearteten Notfall an das Bereitschafspersonal zu delegieren, schlugen fehl. Mit einer reuevollen entschuldigenden Grimasse erhob er sich. „Das ist der Preis des Genies“, erklärte er mit einem Schulterzucken in die Runde, „immer im Dienst.“

„Ich weiß, wie sich das anfühlt“, rief Tucker ihm lachend hinterher.

Mit einem Blick auf den Chronometer beschlossen die anderen ebenfalls, dass es nun an der Zeit für einen Aufbruch sei. Es war spät, die Müdigkeit setzte bei den meisten ein, und morgen wartete ein arbeitsreicher Tag auf sie. Sie beschlossen, sich um 0700 im Replimat zu treffen, um ihr weiteres Vorgehen bei einem gemeinsamen Frühstück zu besprechen.

Als Dax und Kira der Enterprise-Crew Gästequartiere zugewiesen und ihnen die Funktion der Replikatoren und der Schallduschen erklärt hatten, fanden sich die beiden Frauen auf dem in dieser Phase der Stationsnacht dämmrig beleuchteten Korridor wieder. Gemeinsam schlenderten sie in Richtung ihrer eigenen Quartiere und ließen jede für sich den Abend noch einmal Revue passieren.

„Ich habe den Eindruck, du hast dich heute tatsächlich einmal gut unterhalten“, bemerkte Dax schließlich von der Seite. „Du lächelst.“

Kira nickte, dann zuckte sie mit den Schultern. „Die Leute sind mir irgendwie sympathisch. Ihre Begeisterung für das, was wir täglich als gegeben hinnehmen, ist ansteckend.“

Die Trill stieß ihr freundschaftlich den Ellbogen in die Seite, bis Kira aufblickte. Dax deutete auf ihren Nasenrücken und hob vielsagend die Augenbrauen.

Die Bajoranerin verdrehte seufzend die Augen, dann gestand sie jedoch: „Ja, ich finde ihn attraktiv.“

Der erneute Ellbogenstoß war um einiges stärker, doch er kam von Herzen. „Ich fasse es nicht, es gibt tatsächlich noch Hoffnung für Kira Nerys!“ erklärte sie enthusiastisch den schweigenden Wänden.

* * *


Dr. Bashir starrte auf die Datenreihen, die über den Monitor in der Diagnose-Einheit abliefen, dann starrte er auf den stark transpirierenden Ensign Wu Baihu, welcher unter den Scannern auf dem Bett lag.

Ihm wurde klar, dass er eine weitere schlaflose Nacht vor sich hatte.
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