TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Der letzte Kurier

von Martina Strobelt

Prolog

Die Wahrheit lebt
im Geist
(Cardassianische Weisheit)


Die Story spielt kurz nach dem Beitritt Cardassias zum Dominion


Kein Stern erhellte die Schwärze der Nacht. Der matte Schein der Leuchtkerze war so abgeblendet worden, dass er kaum mehr als die Hände der Frau erhellte - und das, was sie darin hielt. Mit zitternden Fingern strich sie über die raue Oberfläche des Gegenstandes, den sie soeben dem Sand der Wüste entnommen hatte, in dem er seit Jahrhunderten geruht hatte. Weder Ehrfurcht noch Angst waren es, die sie erbeben ließen. Sie war keine Träumerin. Das Alter eines Fundes beeindruckte sie nur insoweit, als es zugleich eine Steigerung seines Wertes bei den potentiellen Käufern bedeutete. Und Angst war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Nicht wenn sie erfolgreich sein wollte. Wobei die Betonung nach ihren privaten Wertemaßstäben insbesondere auf der letzen Silbe lag.

Ein unerwartetes Geräusch in ihrem Rücken ließ sie innehalten und lauschend den Kopf zur Seite neigen. Es klang wie Schritte, langsam, schleppend näherten sie sich ihrer Position.

Rasch löschte sie das Licht und duckte sich tief in den Sand. Ihre Hand tastete zum Phaser in ihrem Gürtel. Sie überzeugte sich, dass der Regler auf Betäubung eingestellt war. Mochte sie es auch mit der Wahrheit nicht immer genau nehmen und keinen Respekt vor den Kulturgütern fremder Völker haben, gab es doch Grenzen. Sie hatte noch niemals getötet. Und daran sollte sich hier und jetzt nichts ändern.

Die Silhouette eines Mannes löste sich aus der Dunkelheit. An der Art wie er sich bewegte erkannte sie, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Trotzdem richtete sie die Mündung ihrer Waffe auf ihn. Es konnte eine Falle sein. Sie wollte kein Risiko eingehen. Doch bevor sie abdrücken konnte, war er bereits zu Boden gestürzt, wo er reglos liegenblieb. Zuerst dachte sie, er wäre tot. Dann vernahm sie seinen Atem. Stoßweise, rasselnd.

Die Frau zögerte. Sie beabsichtigte nicht, nun, da sie hatte, weswegen sie gekommen war, länger als nötig auf diesem Planeten zu bleiben. Grabräuber waren auf Cardassia ebenso unbeliebt wie anderswo in der Galaxis. Sie schwebte in Gefahr, in jeder Sekunde, die sie hier war. Da konnte und wollte sie sich nicht mit Dingen belasten, die sie nicht betrafen. Was gingen sie die Probleme anderer an? Aber da war das Röcheln des Mannes.

Schließlich siegte ihr Gewissen. Dieser Unbekannte schien dringend Hilfe zu benötigen. Sie konnte ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Auch wenn sie ihn insgeheim dafür verfluchte.

Die Frau steckte ihren Phaser weg und kroch zu der zusammengekrümmten Gestalt. So behutsam wie möglich rollte sie den Mann auf den Rücken. Überrascht starrte sie seine glatten Züge an. Sie hatte einen Cardassianer erwartet. Oder vielleicht einen Vorta, auf die man seit dem Beitritt Cardassias zum Dominion hier überall traf, aber gewiss keinen...

Bajoraner!

Sie sah keine äußeren Verletzungen. Vermutlich war er irgendwo dort draußen in der Wüste von einem giftigen Reptil gebissen worden. Wofür die fleckige Verfärbung seiner Haut und der kalte Schweiß sprachen, mit dem sie überzogen war. Die Frau war keine Ärztin. Aber man musste nichts von Medizin verstehen, um zu erkennen, dass der Mann im Sterben lag.

Sein flackernder Blick ging durch sie hindurch. Sie wusste nicht, ob er ihre Anwesenheit überhaupt bemerkte. Plötzlich zuckte seine Hand nach oben und krallte sich in den Stoff ihrer Jacke.

„Die Wahrheit!“ stieß er unerwartet heftig hervor. „Miramar!“

„Was meinen Sie damit?“ fragte sie. Doch er schien sie nicht zu hören.

„Miramar“, flüsterte er. „Die Wahrheit... lebt im... Geist... sie müssen es... erfahren...“

„Wer? - Wer muss es erfahren? - Und was?“

Seine Finger gaben ihre Kleidung frei. „Miramar... die... Wahrheit... lebt...“

Ein Beben durchlief seinen Körper. Dann war es vorbei.

Mit gemischten Gefühlen betrachtete die Frau den Toten. Einerseits empfand sie Mitleid. Sie hatte ihn nicht gekannt. Aber niemand verdiente es, auf diese Weise zu sterben. Andererseits war sie erleichtert, dass es ihr erspart geblieben war, sich mit diesem Fremden zu belasten. Auch ohne ihn würde es schon schwierig genug werden, Cardassia unentdeckt wieder zu verlassen.

Die Frau stand auf und wollte sich abwenden, als ihr Blick auf den Spaten fiel, mit dem sie den Schatz, den sie gesucht und gefunden hatte, aus dem Sand gegraben hatte. Die Zeit lief ihr davon. Doch der Wüstenboden war weich. Es würde nicht allzu lange dauern, ein Grab auszuheben. Sie war nicht abergläubisch. Aber der Tod zählte zu den wenigen Dingen, vor denen sie Respekt hatte.

Mit einem Seufzen nahm sie den Spaten und fing an zu graben.
Rezensionen