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Asche 12 - Asche zu Asche ...

von Gabi

Kapitel 1

„Selten stiegen Engel auf den Thron, seltener herunter.“
(Schiller, Die Verschwörung des Fiesco zu Genua)




Shakaar Serina strich ihrem Mann über die Haare. Der Bajoraner lächelte träge in dem schwebenden Zustand zwischen Schlafen und Wachen, in welchem es keine Wünsche, keine Sehnsüchte und keine Bedürfnisse mehr gab, nur Zufriedenheit. Die Hand der Cardassianerin berührte die allmählich ergrauenden Schläfen des Mannes, während dieser seinen Kopf drehte, um sich an ihre Schulter zu schmiegen. Ihre Finger strichen über seinen Hals, sein Schlüsselbein, um schließlich auf seiner Brust zu verweilen. Ein warmer Film von Feuchtigkeit überzog die Haut des Mannes. Serina liebte den schwachen, markanten Geruch der von der ungeschuppten, weichen Haut ausging. Sie liebte das verstärkte Heben und Senken seines Brustkorbes, sie liebte es, wie er seinen Arm über ihren Oberkörper legte, so als wollte er auch im Schlaf sichergehen, dass niemand sie ihm fortnehmen konnte.

Ein leichtes Lächeln überzog das erschöpfte Gesicht der Cardassianerin. Es war müßig, darüber nachzusinnen, was sie an ihm liebte. In manchen Augenblicken glaubte sie fast, dass es nichts gab, das sie an ihm nicht liebte. Jetzt war einer dieser Augenblicke. Diese Erkenntnis war schön und furchteinflößend zugleich. Sich zu sehr an eine andere Person zu klammern war selten ratsam, Serina war sich darüber im Klaren. Dennoch glaubte sie manchmal, dass sie ohne Edon nicht mehr existieren konnte. In einem allzu realen Sinn war dies nicht einmal verkehrt. Als Verräterin an ihrem Volk und dessen Werten hatte sie auf Cardassia keine wirkliche Chance, nicht einmal jetzt, wo so viel im Umbruch war. Und wer würde sie auf Bajor mit offenen Armen aufnehmen, wenn sie ohne den Rückhalt Shakaars kam? Nein, in jenem Augenblick, in welchem sie sich für den Bajoraner entschieden hatte, hatte sie sich die Akzeptanz zweier Welten verspielt. Ein Verhältnis mit einem gewöhnlichen Bürger hätte ihr sicherlich auch auf Bajor eine gewisse Zugehörigkeit gegeben, doch sie hatte den Premierminister verführt.

Gedankenverloren massierten ihre Fingerspitzen seine Brust. Ein zufriedenes Brummen antwortete ihr, als Shakaar sich gegen ihre Hand drängte.

Das Lächeln auf Serinas Zügen wurde intensiver. Sie beugte ihren Nacken, um Shakaars Stirn zu küssen. Er dehnte seinen Kopf zurück, so dass sich ihrer beider Lippen trafen. Seufzend gab sie sich der Liebkosung hin. Seine Zunge war so geschickt und so vielversprechend. Serina wollte alles von ihm – und noch mehr. Sie kannte Edons Befürchtungen, doch sie träumte davon, mit ihm Kinder zu haben. Warum sollten es nicht sie sein, die die Einstellung Mischlingskindern gegenüber änderten? Jemand musste anfangen, wer sonst, wenn nicht sie beide?
Da er ihr die Verhütung überlassen hatte, hatte sie die Initiative ergriffen. Jetzt musste sie nur noch den Mut finden, es ihm zu gestehen, bevor es sichtbar wurde.

* * *


Sie fand ihn wie erhofft im Replimaten, wo er vor einem unberührten Frühstück saß und Löcher in die Luft starrte. Einen Moment blieb Kira im Eingang stehen und betrachtete die Gestalt des dunkelhaarigen Mannes. Er wirkte recht verloren und schwermütig. Sie würde jede Wette eingehen, dass er sofort wieder seine joviale Miene aufsetzte und demonstrative Unbeschwertheit an den Tag legen würde, wenn er sie sah. Diese Maske war ihm bereits so sehr ins Blut übergegangen, dass sie automatisch aufsprang, wenn er mit anderen Personen in Kontakt kam. Lediglich im Umgang mit Jeremiah schien Bareil er selbst zu sein.

Kira seufzte schwach. Nein, sie vertraute ihm nicht, so viel war klar. Doch sie konnte spüren, wie ihre Abwehrmauer anfing zu bröckeln. Sie hatte Vedek Bareil für seine Sanftmut, seine unglaubliche innere Stärke und seinen unerschütterlichen Glauben an die Propheten und an Bajor geliebt. Das alles waren Eigenschaften, die dieser Bareil Antos nicht besaß. Doch sie konnte nicht leugnen, dass sie auch den äußerlichen Attributen des attraktiven Vedeks erlegen war.

Mit einem Schulterzucken stieß sie sich vom Pfeiler ab und betrat das Selbstbedienungs-Restaurant. Wie erwartet veränderte sich augenblicklich der Gesichtsausdruck auf Bareils Gesicht, als er sie bemerkte.

„Nerys!“ Er hob seinen Arm, um sie überflüssigerweise auf sich aufmerksam zu machen. In seinen Augen flammte die kleine Hoffnung, dass sie sich vielleicht zu ihm setzen würde. Dieses Mal hatte sie nicht vor, ihn zu enttäuschen.

Sie trat an den Replikator, orderte ihr Frühstück und nahm dann an seinem Tisch Platz.

„Nerys, wie fühlst du dich?“ überfiel er sie sogleich mit der Frage nach gestern Nacht. Nach wie vor hatte der Bajoraner nicht die geringste Ahnung, was eigentlich geschehen war, und wovor er Kira angeblich gerettet hatte.

Kira schob das Früchtebrötchen auf ihrem Teller hin und her und beobachtete, wie es mit den Mobaschnitzen kollidierte. „Ich wollte mit dir über gestern Nacht reden …“

„Ich weiß“, unterbrach Bareil sie sogleich und schenkte ihr diesen falsch fröhlichen Blick, von dem sie genau wusste, dass er so nicht fühlte. „Es war ein Versehen und ich werde keinem davon erzählen …“

Sie runzelte die Stirn, was in eine weitere Vertiefung ihrer Nasenrippen führte. „Es ist doch gar nichts geschehen …?“

„Auch das werde ich natürlich niemandem sagen …“

„Antos!“ Sie griff über die Tischplatte und hielt seinen Arm fest, der wie stets seine Worte ausholend unterstrich. In dieser Hinsicht ähnelte er frappierend Ezri Dax. „Halt den Mund! Ich möchte mit dir reden.“

„Mund halten … okay.“ Er blickte sie mit scheuer Erwartung aus diesen großen Hämatit-Augen an. Am liebsten hätte sie sich hinübergebeugt und ihn geküsst. Fast verwarf sie den Gedanken wieder, wegen dem sie ihn hatte sprechen wollen. Doch ihre Furcht vor einer Wiederholung des gestrigen Abends war stärker als ihr Ärger über Bareils andauernde Manipulationsversuche.

„Ich bin gestern Abend überfallen worden“, gestand sie ihm so leise, dass die Nachbartische es nicht mitbekamen. „Wie und warum erklär ich dir später …“ mit einer gewissen Erleichterung registrierte sie, dass sein Blick ernst wurde. „Es ist so, dass das jederzeit wieder passieren kann und ich …“, sie zögerte. Wollte sie ihn das wirklich fragen? Sie kam sich ausgesprochen seltsam dabei vor, „… Ich wollte dich bitten, ob du die Nächte in meinem Quartier verbringen könntest …? Nicht in meinem Bett, nicht in meinem Schlafzimmer, aber ich habe eine bequeme Couch“, beeilte sie sich hinzuzufügen, als sie seinen Blick bemerkte. Und um ihm sofort klar zu machen, dass er beileibe nicht ihre erste Wahl gewesen war, fügte sie hinzu: „Dax kann ich nicht fragen, sie möchte nachts natürlich lieber bei Dr. Bashir sein. Benteen ist ausgeschlossen, weil ich ihr die Ursache des Problems nicht begreiflich machen könnte. Ich könnte jemanden von der Sicherheit über Nacht in mein Quartier beordern, aber …“, sie schüttelte ein wenig den Kopf, „damit käme ich mir noch seltsamer vor …“

„… als mit mir in der Nähe.“ Das begeisterte Glitzern in seinen Augen machte ihr deutlich, dass es nicht die vernünftigste ihrer Ideen gewesen war. Die Versuchung, in welche sie ihn und sich selbst damit brachte, war enorm. Doch im Vergleich zu der Gefahr, dass der pah wraith sie bei seinem nächsten Besuch vollständig übermannte, schwanden alle ihre Bedenken.

„Ich werde ein ganz lieber Wachhund sein“, versprach der dunkelhaarige Mann begeistert. Die Melancholie, welche sie bei ihm zuvor beobachtet hatte, war wie weggeblasen.

Ihr war klar, dass sie sich auf abendfüllende Diskussionen über angemessenen Abstand und Privatsphäre einstellen konnte, doch irgendwie freute sie sich darauf.

Colonel Kira!“ Der Kommunikator erwachte zum Leben. Sie tippte sich auf die Brust und beantwortete den Ruf, während Bareil die Unterbrechung eher mit missbilligendem Stirnrunzeln quittierte.

Wir haben einen medizinischen Notfall. Eine Stichwunde.

„Ich bin auf dem Weg. Kira, Ende.“ Sie erhob sich. Bevor sie den Tisch verließ, reichte sie noch einmal nach Bareils Arm und drückte ihn kurz. „Wir sehen uns später.“

Der Mann blickte ihr nach und spürte, wie sein Herz heftiger schlug.

* * *


„Was ist passiert?“ Kira erreichte die Krankenstation zeitgleich mit Commander Benteen. Die Türen zum Operationsbereich waren geschlossen. In der Diagnose konnten sie eine bajoranische Krankenschwester erkennen, die dort die kleinere Verletzung eines Technikers behandelte. Im Eingangsbereich vor den Forschungsstationen standen Lieutenant Nog und Lieutenant Sito. Die Bajoranerin wirkte sehr bleich um die Nase.

„Colonel!“ Der Ferengi nahm augenblicklich Haltung an. „Mein Onkel hat die Sicherheit informiert, weil er keine Reaktion aus dem Quartier einer Terranerin namens Vash erhielt. Wie sich herausstellte, war der Frau eine schwere Bauchwunde zugefügt worden – mit einem Messer.“ Nog wandte den Kopf kurzzeitig zu den geschlossenen Türen. „Dr. Bashir führt gerade eine Not-Operation durch.“

Kira nickte. „Wie steht es um die Frau?“

„Wir wissen es nicht, Colonel. Sie wirkte sehr leblos, als wir sie fanden – wenn ich das hinzufügen darf.“

„Haben Sie einen Anhaltspunkt auf den Täter?“ verlangte Commander Benteen zu wissen.

„Ich habe meine Leute angewiesen, das Quartier zu scannen. Ich selbst werde gleich die Dateien der Stationsüberwachung überprüfen.“

„Gut, machen Sie sich an die Arbeit.“ Kira blickte den Sicherheitschef streng an. „Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie auch Quark in die Mangel nehmen? Es wäre nicht das erste Mal, dass der Täter die Tat meldet, um von sich abzulenken.“

„Natürlich, Colonel!“ Nog salutierte beinahe. „Meine Pflicht für die Stationssicherheit steht über familiären Dingen – besonders, wenn sie meinen Onkel betreffen.“

Kira nickte abermals. Sie wusste, dass es nicht sehr fair war, ihren Sicherheitschef immer wieder mit seinem Onkel zu konfrontieren. Er hatte in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass ihm seine Verantwortung der Sternenflotte gegenüber wichtiger war als alles andere. Zu Kiras eigener Scham ertappte sie sich jedoch dabei, dass sie dann und wann dennoch Bedenken überkamen.

„Commander, bleiben Sie bitte hier und halten Sie mich auf dem Laufenden, was den Zustand der Patientin betrifft.“

Sie wandte sich ab, um Lieutenant Nog zur Krankenstation hinaus zu folgen. Hinter sich hörte sie Schritte.

„Colonel!“

Sito Jaxa war ihr gefolgt. „Colonel, ich bitte um die Erlaubnis, ebenfalls bleiben zu dürfen.“ Auf Kiras fragenden Ausdruck hin, erklärte sie: „Ich habe über zwei Jahre lang mit Vash zusammen gearbeitet, bevor ich nach Bajor zurück kam.“

„In Ordnung“, erlaubte die Kommandantin. „Ich werde Lieutenant Nog Bescheid geben.“


* * *


Immer wieder blickte sie auf, um aus dem Fenster zu sehen. Serina saß in ihrem Büro im Komplex des bajoranischen Wirtschaftsministeriums und las die Frachtberichte, die vor ihr auf dem Bildschirm abrollten. Nur zu gerne ließ sie sich von den Sonnenstrahlen ablenken, welche auf dem Fensterbrett tanzten. Sie wagte es noch nicht, das Fenster längere Zeit zu öffnen, doch die mildere Frühlingsluft hatte unaufhaltsam den Winter abgelöst. Als Cardassianerin fühlte sie sich in einem wesentlich wärmeren Klima als dem bajoranischen wohl. Allein dadurch, dass sie einen Teil ihrer Kindheit auf Bajor zugebracht hatte, konnte sie den Winter hier ertragen. Lieben würde sie ihn jedoch nie.

Sie hatte die Berichte auf ein Padd geladen und ihren Sessel so unter das Fenster geschoben, dass die Frühlingssonne ihr Gesicht traf, während sie las. Leider trafen die Strahlen auf diese Weise auch den Bildschirm des Padds und erschwerten das Lesen. Sie zuckte mit den Schultern, während sie weiterhin die Sonne genoss – einen Preis musste man immer zahlen.

Ein Klopfen an ihrer offenstehenden Tür ließ sie von der Arbeit aufblicken. Geblendet durch die Sonnenstrahlen, die auf ihrem Padd reflektierten, war alles, was sie im ersten Moment ausmachen konnte, eine gesichtslose Silhouette im Türrahmen.

Als sie schließlich die Gesichtszüge ihres Besuchers erkennen konnte, entglitt das Padd ihren Fingern. Das helle Klappern, mit welchem das Instrument auf dem Boden auftraf, half nicht, um sie aus der Starre zu reißen. Wie eine leblose Puppe saß sie im Sessel und starrte zur Tür, einzig in ihren Augen zeigte sich aufkeimende Panik.

„Hallo Serina. Ich bin froh zu sehen, dass es dir gut geht.“ Gul Tirek löste sich aus dem Türrahmen und betrat das Büro.

Wie fixiert folgten ihre Augen seiner Bewegung, während sich der Rest ihrer Gestalt immer noch nicht regte.

Er lebte! Katalyas Vater war am Leben. Ehrliche Freude über diesen Umstand lag im Widerstreit mit all den negativen Implikationen, die das für sie haben würde. Nicht nur, dass sie der angesehenen Familie Tirek eine Erbin vorenthalten hatte, sie hatte ihren Mann aufs Tiefste dadurch gedemütigt, dass sie sich wieder gebunden hatte, an einen Bajoraner, obwohl er noch lebte. Katalyas Entführung erschien in einem ganz neuen Licht ...

„Du lebst“, war für den Moment alles, was sie hervorbringen konnte.

Er setzte sich unaufgefordert in den Sessel vor Serinas Schreibtisch. „Es sieht ganz so aus. Wie ich sehe, kommt das etwas ungelegen für dich ...“ Seine Stimme war nicht rügend, es lag beinahe etwas wie Traurigkeit in ihr.

„Ich ...“ Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie auf diese vollkommen überraschende Situation reagieren sollte. Sie hatte kein militärisches Training hinter sich, war fern der cardassianischen Heimatwelt aufgewachsen – ihr fehlte die Fähigkeit vieler ihrer Landsleute, jeder Situation überlegen zu begegnen.

Gul Tirek nahm eines der Padds zur Hand, welche auf ihrem Arbeitstisch lagen, und überflog die Zeilen, ohne sie wirklich wahrzunehmen. „Da du anscheinend deine Schwierigkeiten damit hast, dich in der Gegenwart deines Ehemanns adäquat zu artikulieren, werde ich reden.“ Wieder war es keine Rüge, lediglich eine Feststellung.

„Ja, ich lebe noch. Ich hatte das Glück, zum Zeitpunkt der heimtückischen Abschlachtung durch das Dominion“, seine Stimme drückte deutlich aus, was er nun von den Mächten hielt, mit denen er paktiert hatte, um Cardassia wieder zu seiner früheren Größe zu bringen, „an Bord meines Schiffes zu sein. Das Aufbrechen unserer Flotte vor Prime, sowie der Verlust eines Großteils unseres Informationssystems durch die Bombardierung haben so viel Chaos über unser stolzes Volk gebracht, dass in den Wirrungen mein Name auf den vorläufigen Gefallenenlisten erschien.“ Er hielt inne, um sie nachdenklich zu mustern. „Was dich dazu veranlasst hat, diesen Fehler zu begehen.“

Dadurch, dass er ruhig und langsam gesprochen hatte, hatte er ihr die Zeit gegeben, sich endlich wieder zu fassen. Als sie nun redete, zitterte ihre Stimme zwar noch, doch sie konnte wieder klar denken. „Was ich getan habe, ist unter diesen Umständen unentschuldbar – doch es war kein Fehler.“

Er hob den Kopf nur wenig, forderte sie damit auf zu erklären, was sie meinte. „Ich habe Cardassia vor eineinhalb Jahren verlassen ...“ Sie bückte sich, um nach dem fallengelassenen Padd zu suchen, und ihm damit nicht in die Augen sehen zu müssen. Eine wahre Cardassianerin würde nie den Blickkontakt brechen. Doch sie wusste, dass sie keine wahre Cardassianerin mehr war, wahrscheinlich nie gewesen war, „weil ich nicht damit einverstanden war, in welche Richtung wir uns durch den Einfluss des Dominions entwickelten.“ Mit dem Datenträger in der Hand richtete sie sich langsam wieder auf. Sie zwang sich dazu, ihn anzusehen. Sein Blick ruhte immer noch gefasst und interessiert auf ihr. „Ich konnte deinen Traum eines neuen Cardassia nicht teilen. Ich wollte nicht, dass Katalya in einer Gesellschaft aufwächst, deren oberste Tugend die Kriegsführung ist ...“

„... Du wolltest nach Bajor, um deinen Liebhaber davor zu warnen, was wir vielleicht mit seinem Planeten anstellen könnten ...“

„Nein, nein, ich wusste nicht, dass er noch lebte, dass er in die Politik gegangen war, dass er ...“ Sie versuchte das, was in ihr vorging, in ihre Mimik zu legen. Eine bajoranische Geste, die an dem Disziplin gewohnten Cardassianer verloren war. „Ich hatte nicht vor, unsere Verbindung zu hintergehen ...“ Sie stockte. Es gab keine Möglichkeit, dem Gul zu erklären, welche Gefühle sie zu ihren Schritten veranlasst hatten. Die Art und Weise, wie sie reagiert hatte, war in der cardassianischen Gesellschaft einfach nicht vorgesehen und daher auch nicht verständlich zu machen. Dennoch versuchte sie es: „Kurz nachdem ich auf Bajor angekommen war, geriet ein Konvoi, in dem ich mitfuhr, in einen Hinterhalt. Ich wurde bei dem Schusswechsel so unglücklich verletzt, dass ich lange Zeit in einem Krankenhaus zubringen musste. Shakaar Edon hat Katalya während dieser Zeit bei sich aufgenommen und sie mit Liebe und Respekt behandelt. Danach ... ich konnte nicht mehr zurückkehren ..."

„Ich verlange keinen Dank von dir, dafür, dass ich mich deiner angenommen habe, als dich deine Familie verstoßen hat, als du keine würdevolle Zukunft in unserer Gesellschaft mehr hättest finden können, nachdem du dich mit dem Bajoraner eingelassen hast. Ich habe dich um deiner selbst willen geschätzt, und ich hatte gehofft, dass diese unselige Episode deiner Jugend zuzuschreiben war, dem Umstand, dass du im gefährdenden Einflussbereich des wenig zivilisierten Bajor aufgewachsen bist. Ich habe dir ein Zuhause gegeben, eine neue Familie, einen würdigen Namen, eine Zukunft und eine gesunde Tochter.“ Er bewegte die Finger der rechten Hand nur leicht und gebot ihr damit zu schweigen. „Doch auch dafür erwarte ich keinen Dank von dir. Was ich jedoch erwarte“, er erhob sich nun aus dem Sessel und trat einen Schritt auf sie zu. Unwillkürlich rutschte Serina in ihrem eigenen Sessel nach hinten, als er seine Hände zu beiden Seiten auf den Lehnen platzierte und ihr direkt ins Gesicht sah, „ist, dass du dich jetzt in dieser dunklen Stunde auf deine Pflichten deinem Volk gegenüber besinnst.“ Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem ihren entfernt. Sie hatte vergessen gehabt, wie gut er aussah, wie glücklich sie sich damals geschätzt hatte, dass ein Gul seines Ansehens sie, die Befleckte, zu seiner Frau machte. Nach wie vor spiegelten sich keine Gefühlsregungen in seiner Miene. „Es ist lobenswert, dass du dich für die Versorgung Cardassias einsetzt. Das macht mir klar, dass du dich nicht gänzlich abgewendet hast. Ich kann dir verzeihen, dass du unserem Volk damals den Rücken zugewandt hast. Ich kann dir auch verzeihen, dass du in der Annahme, dass ich tot sei, dich einem anderen verbunden hast – selbst wenn er einer minderwertigen Rasse angehört. Du hast es nicht besser gewusst.

Doch nun, da du die Wahrheit kennst, erwarte ich von dir, dass du deinen Beitrag zum Fortbestehen unserer Kultur leistest. Katalya muss zu ihrer wahren Familie zurückkehren, sie ist noch nicht zu alt, um mit dem mentalen Training zu beginnen. Und du bist jung und stark, dein genetischer Hintergrund ist ausgezeichnet. Ich werde dich trotz der von dir begangenen Fehler zur Mutter meiner weiteren Kinder nehmen.“

Serina starrte ihn an. Ihr war klar, dass der Gul ihr gegenüber nach cardassianischen Maßstäben mehr als großzügig war. Jedes cardassianische Recht stand auf der Seite ihres ersten Mannes.

Sie wusste, dass ihre eigenen Motive vor allem von Egoismus geprägt waren. Doch sie konnte nicht anders, sie konnte sich nicht einem Schicksal hingeben, nur weil ihre Kultur das von ihr verlangte. Nicht für ihren Mann und nicht für Cardassia.

„Es geht nicht ...“

Gul Tirek richtete sich auf. Für einen kurzen Moment lag etwas wie Schreck in seinen Augen. „Du hast doch kein Kind mit diesem Bajoraner, du hast doch nicht die Blutlinie verwässert?“

Sie zögerte einen Moment zu lange, bevor sie den Kopf schüttelte. Der Mann kniff die Augen zusammen.

„Es ist alles so unvorbereitet. Ich weiß nicht, was ich denken und tun soll.“ Sie blickte ihn an, bemüht, so viel Gefasstheit in ihre Haltung zu legen, wie er sicherlich von ihr erwartete. „Ich bitte dich, mich über alles nachdenken zu lassen. Können wir uns in zwei Tagen wieder treffen? Bis dahin sehe ich klarer und habe alles verdaut.“

Er neigte leicht seinen Kopf. „Wenn es für dich so leichter ist, die richtige Entscheidung für dein Volk und dein Gewissen zu treffen.“

Beide wussten genau, dass es für Serina keine Möglichkeit gab, ihm zu entkommen.
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