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Die Einsamkeit des Herzens

von Martina Bernsdorf

Kapitel 1

Bunte Lichter spiegelten sich auf dem rotierenden Rad, und es fing mit seinen Lichtreflexionen die Blicke der Spieler ein, die sich um das Daborad drängten. Eine schlanke Hand hob sich, elegant, verführerisch in ihrem Schwung, und zog die Aufmerksamkeit auf sich.

Leeta setzte ein strahlendes Lächeln auf, drehte erneut das Rad und bewegte sich dabei leicht und grazil. Sie wusste, dass sich das enge Seidentop um ihre vollen Brüste spannte, wenn sie das tat, und bemerkte, wie sich die Blicke der meisten männlichen Spieler unwillkürlich darauf richteten, statt auf den Dabotisch. Leeta ließ in ihrem Lächeln eine Spur Triumph aufblitzen, Quark schätzte solche Ablenkung der Spieler. Es war kein Zufall, dass an den Dabotischen Dabomädchen das Rad drehten und keiner der angestellten Ferengi. Wer hätte sich schon von krummen Zähnen und riesigen Ohren ablenken lassen? Eine Frau, in enger Kleidung und mit der Anmut einer Tänzerin, die durchaus auch eine erotische Ausstrahlung besaß, war da viel besser geeignet!

„Dabo!“ Leetas Stimme klang hell und klar im Raum, und ein allgemeiner Jubel brach kurz am Tisch aus, aber der Gewinn des Mannes war kleiner ausgefallen, als er sich gedacht hatte. Er verwünschte kurz die Tatsache, dass er sich von den Dabomädchen hatte ablenken lassen und somit versäumt hatte, mehr zu setzen. Aber das Lächeln der jungen Bajoranerin, das ganz speziell ihm zu gelten schien, ließ ihn seinen Zorn gleich wieder vergessen.

Leeta lächelte, sie hatte Talent zu diesem Job, und sogar ein ausgesprochener Geizkragen wie Quark musste dies mit Latinum veredeln. Natürlich versuchte er sie immer zu betrügen, aber Leeta passte sehr genau auf, wenn Quark ihren Lohn auszahlte, und nahm dann keine Sekunde ihren Blick von seinen flinken Fingern. In solchen Momenten hätten Bomben auf DS9 explodieren können, und Leeta hätte sich dennoch in ihrer Aufmerksamkeit nicht ablenken lassen. Es war immer eine kleine Freude zuzusehen, wie Quark mit jedem Streifen Latinum, das er ihr ausbezahlte, bleicher wurde, zu schwitzen anfing und ein Gesicht machte, als würde er gute Freunde verlieren und nicht Geld. Nun ja, er war ein Ferengi, und vermutlich war jeder Streifen Latinum einer seiner Freunde!

Die Menge um das Daborad zerstreute sich. Es war vor Schichtbeginn, und erfahrungsgemäß leerte sich die Bar für eine kurze Zeit, um sich dann mit einem neuen Besucherstrom zu füllen.

Leeta erlaubte sich, die wenigen Besucher zu beobachten, die nun noch in die Bar strömten. Dies war ein geheimer Zeitvertreib von ihr zwischen den Spielen. Sie fragte sich dann, woher die Besucher wohl kamen, welche Abenteuer sie schon erlebt hatten und ob sie glücklich waren oder unglücklich. Ihr Blick schweifte zu Morn, der wie festgewachsen auf seinem Platz am Tresen saß und aus seinen kleinen Äuglein ebenso wie sie die Besucher beobachtete.

Leeta bemerkte die Frau, die langsam in die Bar trat, sie blieb kurz am Eingang stehen, so als überlege sie, ob sie vollends eintreten sollte oder gleich wieder umkehren. Leeta beugte sich neugierig ein wenig mehr über den Dabotisch und stützte sich auf den Handgelenken ab. Erinnerungen schienen die Frau zögern zu lassen, ehe sie die Schultern straffte und dann endgültig die Bar betrat.

Quark hob kurz einen Augenwulst und registrierte somit die neue Kundin.

Leeta beobachte, wie die Frau sich einen der Tische aussuchte, die am meisten im Schatten lagen und von denen aus man einen guten Blick über die Bar hatte, ohne selbst gleich gesehen zu werden.

Das war interessant! Leeta beschloss, kurz zur Bar zu schlendern, um dabei einen genaueren Blick auf die Frau werfen zu können. Auf halbem Weg zur Bar kam Leeta nahe an dem Tisch vorbei, an den sich die Frau gesetzt hatte. Sie schenkte der Frau ein Lächeln, welches halbherzig erwidert wurde.

Leeta ging bis zum Bartresen und ließ sich neben Morn auf einem Stuhl nieder. Nachdenklich runzelte sie die Stirn, es war relativ selten, dass Trill die Station besuchten. Die Trill kam ihr sogar vage bekannt vor, sie hatte ein gutes Personengedächtnis und das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben. Einer der Ferengi nahm die Bestellung der Trill auf, und Leeta beugte sich über den Tresen zu Quark. Wenn jemand ein gutes Gedächtnis für ausgesprochen schöne Frauen hatte, dann er.

„Wer ist sie?“

Quark sah kurz von seiner Inventurliste auf, das romulanische Ale ging schon wieder aus, und da es illegal war, würde die Beschaffung sämtliche seiner Talente erfordern! Dass Odo seine Gestalt nicht mehr verändern konnte, war ihm wie ein unschätzbarer Vorteil erschienen, aber inzwischen wusste er leider, dass die Wachsamkeit des Sicherheitschefs dadurch nicht gelitten hatte. Er ließ einen Blick zu dem Tisch schweifen, an dem die Frau saß, es schien, als hätte sie sich mit den Schatten verschmolzen, anscheinend wollte sie allein sein und vor allem nicht gesehen werden. Quark schnalzte kurz mit der Zunge. „Lenara Kahn! Sie ist vor ungefähr einem Jahr mal auf der Station gewesen, ging um ein Forschungsprojekt mit dem Wurmloch!“ Quark wedelte mit der Hand, um deutlich zu machen, wie wenig ihn so was interessierte.

„Sie war mit Commander Dax einige Male hier, sie kennen sich wohl noch aus früheren Zeiten.“ Quark ließ ein Grinsen aufblitzen und zwinkerte. „Es heißt, sie wäre die Exfrau von Dax.“

Leeta und Morn warfen gleichzeitig einen Blick über die Schulter zu der einsamen Frau.

„Oh, das klingt traurig.“ Leeta fand es immer traurig, wenn Liebesgeschichten auseinandergingen.

Quark hob die Schultern und zuckte sie geringschätzig. „Es bringt keinen Profit, zu heiraten!“

Leeta schürzte die Lippen, Ferengi waren geradezu schrecklich unromantisch. Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, das hieß, die meisten Ferengi. Sie dachte an Rom und seine unbeholfenen, aber herzigen Versuche von Romantik. Zwar hatte sie beinahe einen Herzschlag bekommen, als sie einen Becher frischer Rohrmaden auf ihrem Nachttisch fand, zumal sich diese noch ausgesprochen munter vor ihrem vermeintlichen Schicksal zu retten versuchten, aber allein der Gedanke zählte. Leeta seufzte kurz und stützte den Kopf auf ihre Hand.

„Ah, da kommt ja Commander Dax.“ Quark blickte zu den Holosuiten hoch, wo Dax und Worf sichtlich ramponiert die Treppe herunter humpelten.

Quark seufzte übertrieben. „Ich könnte wetten, dass wieder einige Blutflecken auf dem Holodeck kleben. Verstehe einer die Klingonen!“ Er verdrehte demonstrativ die Augen, grinste dann jedoch eine Spur verklärt, als er an Grilka dachte. Sie hatte ihm zwar einen schmerzhaften Aufenthalt in der medizinischen Abteilung verschafft, aber das, was sie mit ihm angestellt hatte, war es das wert gewesen!

Leeta beobachtete, wie Dax und Worf, sich gegenseitig stützend, die Treppe bewältigten. In den blauen Augen von Dax glitzerte ein äußerst zufriedener Ausdruck, und auch Worf sah nicht so grimmig aus wie sonst. Eine Platzwunde über Worfs Stirn hatte Blut über sein Gesicht laufen lassen, und Leeta schauderte sichtlich. Sie konnte nicht verstehen, was Jadzia Dax daran finden konnte.

Sie sah, wie an dem Tisch im Schatten Lenara aufstand, als sie Dax bemerkte, und einen Schritt auf sie zuging. Dax stand mit dem Rücken zu ihr und nahm daher die Trill nicht wahr.

Dax fuhr sich prüfend mit der Zunge über ihre vollen Lippen und ertastete dabei die aufgebissene Stelle, was ihr dennoch ein Lächeln entlockte. Der arme Julian würde mal wieder die Augen verdrehen, wenn sie in die medizinische Abteilung humpelten. Dieser Gedanke ließ ihr schelmisches Lächeln noch ein Stück in die Breite wachsen, sie nickte Leeta zu, die jedoch ein wenig abgelenkt an ihrer linken Schulter vorbeistarrte.

Leeta sah, wie Lenara die Hand im Schatten ausstreckte, kurz so verharrte, ihre Hand musterte und dann sinken ließ.

Dax drehte sich um, Leetas Blick folgend, aber Lenara war schon wieder in die Umarmung der Schatten geflüchtet, und sie sah nur undeutlich jemanden an einem Tisch sitzen. Dax hob leicht die Schultern und bereute dies sofort, ihr Schlüsselbein schien etwas abgekommen zu haben. Sie klopfte Worf auf die Schulter, was diesem ein Brummen entlockte, das wohl nur jemand, der Klingonen sehr gut kannte, als Zufriedenheit und nicht als Drohung interpretieren konnte, und hinkte zusammen mit ihm aus der Bar.

* * * * *


Leeta sah, wie die Trill am Tisch die Hände vor das Gesicht geschlagen hatte, und rutschte vom Hocker, um langsam zu dem Tisch zu gehen. Sie wusste nicht, ob es richtig war, die Frau jetzt zu stören, aber gleichzeitig drängte es sie einfach danach, sie zu trösten. Sie wusste sehr genau, wie weh es tat, wenn man jemanden liebte, der dieses Gefühl nicht oder nicht mehr erwiderte. Sie versteckte hinter ihrem Lächeln und ihrer naiven Art einiges, von dem sie nicht wollte, dass es jemand erfuhr.

Leeta näherte sich langsam dem Tisch, und unsicher ließ sie ihre Finger über die Lehne des Stuhles wandern, während sie sah, wie sich die Schultern der Trill unter lautlosen Schluchzern hoben.

„Kann ich etwas für Sie tun?“ Leeta fühlte sich unbeholfen bei dieser Frage, konnte man für jemanden etwas tun, der sich so fühlte?

Die Trill sah erschrocken auf, sie hatte Leeta nicht bemerkt. Tränen glitzerten auf ihren hohen Wangenknochen. Ihre blaugrauen Augen schienen durch die Tränen noch intensiver in der Farbe.

„Nein.“ Lenaras Stimme zitterte, und sie deutete auf ihren unberührten Drink. „Ich habe noch, danke.“

Leeta lachte leise und eine Spur unsicher. „Nein, ich bin keine Kellnerin.“ Sie bemerkte, dass ihre Finger noch immer nervös über die Rückenlehne des Stuhles wanderten, und stellte diese Bewegung ein. „Mein Name ist Leeta, ich bediene eines der Daboräder.“

Lenara wirkte ein wenig irritiert und musterte die junge, hübsche Bajoranerin. „Mir ist nicht nach Spielen zumute“, erklärte sie.

„Natürlich...“ Leeta fühlte sich reichlich dumm, sie rückte den Stuhl zurück und nahm ungefragt Platz.

„Ich weiß, was Sie fühlen.“ Leetas Stimme zitterte eine kleine Spur unter der Erinnerung an ihre erste Liebe, an das Gefühl, als sie herausgefunden hatte, dass er nie so gefühlt hatte wie sie, dass sie nur benutzt worden war und dann auf grausamste Art weggeworfen. Sie erinnerte sich an jede Träne, jede Sekunde des Schmerzes, an die Leere, die ihr Herz umfangen hatte. An die Einsamkeit des Herzens, welche sie so viele Jahre verspürt hatte, und selbst ihre Liebschaften, die sie später eingegangen war, der süße Julian und andere, waren nie gänzlich in der Lage gewesen, dieses Gefühl aus ihrem Herzen zu vertreiben.

Lenara Kahn starrte in die dunkelbraunen, sanften Augen ihres Gegenübers, las darin einen alten Schmerz, den die junge Frau sonst wohl so gut unter einem Lächeln zu verbergen vermochte.

„Ja, ich glaube, Sie wissen es wirklich.“ Lenara wischte sich mit einer trotzigen Geste über die Augen. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ Lenara lachte bitter. „Das ist ein terranisches Sprichwort, leider ist es nur zu wahr!“

Sie blickte unsicher in Leetas dunkle Augen. „Ich bin selbst schuld, vor einem Jahr hatte ich mein Glück in Händen und habe es fallenlassen, konnte mich den Konsequenzen nicht stellen. Es waren so weitreichende Dinge, so viel hing daran, und ich konnte keine Entscheidung treffen, ich hatte Angst, ich hatte auch Angst, mich in Jadzia Dax zu verlieren, deshalb bin ich davongerannt.“ Lenara dachte an ihren Bruder, ihre Arbeit, die strengen Gesetze ihrer Heimatwelt. Dax und ihre Liebe verstießen gegen all die Traditionen, all die ungeschriebenen Gesetze der Trillheimatwelt. Sie hatte die Strafe, die Verbannung gefürchtet, nicht dass sie ein Leben im Exil mit Dax nicht sogar reizvoll gefunden hätte, aber der Tod, der endgültige Tod, den hatte sie gefürchtet, fürchtete ihn noch. Trill, die nicht ihre vorherigen Leben loslassen konnten, die eine Liebesbeziehung mit einem Trill eingingen, der bereits in einem vorherigen Wirt eine Liebesbeziehung zu einem hatte, wurden hart bestraft. Exil, Verachtung, all dies waren nur winzige Splitter davon, Dinge, die vielleicht weh taten, aber die Weigerung, einen neuen Wirt zu bekommen, wenn der Tod sich näherte, war mehr als ein Splitter, es war die Vernichtung eines Trillsymbionten, es war der Tod einer ganzen Linie von Erinnerungen und Wissen. Es war, als würde man damit jeden Vorwirt nachträglich zum Tode verurteilen, kein neuer Wirt würde die Erinnerungen, das Wissen in sich aufnehmen, kein neues Leben, nur Tod. Dax war bereit gewesen, dies alles zu riskieren, war bereit gewesen, jedes Tabu zu verletzen, war bereit, den Tod in Kauf zu nehmen, den endgültigen, um mit ihr zu leben, um sie zu lieben.

Lenara fühlte, wie sich ihre Augen wieder mit Tränen füllten, sie konnte sich noch an Dax´ Tränen erinnern, daran, dass sie ihr voll bitterem Schmerz und Pein gesagt hatte, wenn sie sie wirklich lieben würde, könnte sie nicht gehen. Aber Lenara war gegangen, mehr als das, sie war davongerannt, vor diesem Gefühl, von dem sie fürchtete, dass es sie verschlingen würde. Von ihrer Angst vor all den Dingen, die das mit sich brachte, Angst vor dem Tod, aber auch genauso Angst vor dem Leben. Dax hatte mit Tränen in ihren wundervoll dunkelblauen Augen gesagt, dass, wenn sie gehen würde, sie auch nie wieder zurückkommen würde und sie das genau wüßte. Nun, sie hatte sich getäuscht.

„Aber Sie sind zurückgekehrt!“ Leeta blickte sie voller Mitleid an, und es war ein Gefühl, welches nichts von Überlegenheit in sich trug, sondern echtes Mitgefühl.

Lenara blickte auf ihre Hände, die sie krampfhaft ineinander verschränkt hatte, und löste nun die Finger mit bewusster Willensanstrengung.

„Ja, aber zu spät.“ Lenara dachte an die Zeit auf Trill, sie hatte sich in ihre Arbeit gestürzt, hatte gedacht, darin könne sie Erlösung vor diesen Gefühlen finden, die an ihr nagten, die ihre Seele zum Bluten brachten, aber es war umsonst. Nichts vermochte ihre Erinnerung an Dax und die Gefühle, die sie in ihr wieder erweckt hatte, auszulöschen. Nicht die Umarmung hübscher Männer, die vielleicht ihr Bett wärmen konnten, aber nicht ihre Seele. Nicht die Liebe ihres Bruders, der sie beschützen wollte, aber sie nicht verstand, weder ihren Schmerz noch ihre Sehnsucht. Nicht die Arbeit, die all ihren Reiz, all ihre Faszination verloren hatte. Nicht mal die Sterne, die sie immer nur an Dax´ Augen und das Leuchten darin erinnerten, als sie sich geküßt hatten.

Lenara konnte sich an den Schmerz erinnern, als sie Torias Dax verloren hatte, es war der Schmerz von Nilani Kahn, aber dennoch ein Teil ihrer Erinnerung. Doch dieser Schmerz wog nicht so schwer, wie der von Lenara Kahn, es war nicht die Erinnerung an Torias gewesen, die sie anzog, es waren nicht Torias´ Arme gewesen, die sie an sich drückten, und es waren auch nicht Torias´ Lippen gewesen, die sie auf ihren spürte - sondern Jadzia. Jadzia Dax, die ihr in vielem näher gewesen war, als Torias je Nilani nahe war.

Ihr Leben auf Trill war ohne Licht gewesen, sie hatte das Gefühl gehabt, nichts Schönes mehr sehen zu können, die Sonne wärmte mit ihren Strahlen nicht mehr, das Grün der Wälder war fahl, der Duft der Blumen schwach. Und so hatte sie am Ende dieses langen Kampfes sich ihren Gefühlen ergeben, hatte ihren Bruder, ihre Arbeit, die Trillgesetze, alles, was ihr je wichtig gewesen war, zurückgelassen. Nur um festzustellen, dass Dax jemand anderen gefunden hatte und sie zu spät gekommen war.

„Sind Sie sicher?“ Leeta hatte sich selbst schon gefragt, was Jadzia mit Worf verband, es schien eine merkwürdige Liebesbeziehung zu sein, und das lag nicht nur daran, dass sie oft reichlich zerschlagen aus einer Holosuite kamen.

Lenara sah Leeta groß an, ein wenig Hoffnung schlich in ihre Augen, ehe sie dieses Gefühl in sich tötete. Sie war zu spät gekommen, daran konnte sie nichts mehr ändern.

„Sie liebt den Klingonen, oder etwa nicht? Es war wohl nicht zu übersehen.“ Lenara haßte das Zittern ihrer Hände, auf die sie starrte, während sie das aussprach.

„Ich weiß es nicht, ich denke, das weiß nur Jadzia selbst. Sie sollten mit ihr reden, Lenara!“

Lenara schüttelte den Kopf. „Nein, was würde das noch bringen? Sie hat gesagt, ich würde nie mehr zurückkehren. Eigentlich hat sie mir keine Chance gegeben, oder? Ich habe sie in dem Moment verloren, als ich durch die Luftschleuse trat und sie alleinließ.“

Leeta sah die Tränen, die sich in Lenaras dichten Wimpern fingen und dann auf den Tisch tropften.

„Vielleicht auch nicht. Was Jadzia wirklich fühlt, kann ich nicht wissen - und Sie auch nicht, Lenara! Vielleicht gibt sie Ihnen wirklich keine Chance mehr, vielleicht haben Sie sie verloren, aber wissen werden Sie das erst, wenn Sie mit Dax reden.“

Lenara starrte die junge Bajoranerin an, die plötzlich so ernsthaft wirkte, nicht das hübsche Püppchen ohne viel Geist, das man sich gewöhnlich unter einem Dabomädchen vorstellte. Sondern eine junge Frau, die sehr wohl wusste, was es bedeutete, zu lieben und diese Liebe zu verlieren. Jemand, der mit ihr fühlte. Es war ein seltsames Gefühl, es verband sie, es war, als hätte die Bajoranerin die Hand ausgestreckt und Lenara sie ergriffen.

„Sie wollen mir helfen, Leeta, und das ist sehr freundlich, aber es gibt keine Hilfe! In Kürze bricht ein Expeditionsschiff in den Gammaquadranten auf, sie hätten Bedarf an einer Wissenschaftlerin, ich werde an Bord sein.“

Leeta öffnete den Mund, aber Lenara hob die Hand. „Nein, es gibt keinen Weg, Leeta! Was soll ich denn tun? Jadzia ist glücklich, soll ich das zerstören? Soll ich so egoistisch sein und in ihr Leben einbrechen, wie ein Sommersturm auf Trill, in dessen Zerstörungssog so viel vernichtet wird? Wie kann ich sie erneut verletzen?“

„Vielleicht wäre es keine Verletzung, und vielleicht wäre es ein Sturm, den sie lieben würde!“ Leeta wusste, dass sie sich trotz ihrer eigenen Erfahrungen noch immer nach Romantik sehnte, danach, dass es jemand anderem gelang, sein Liebesglück zu finden, wenn es ihr selbst schon nicht vergönnt gewesen war.

Ihre Gedanken drifteten zu dem jungen Widerstandskämpfer, zu der Wärme in seinen Augen, seine Lippen, seine Berührungen, dem Gefühl, von ihm geliebt zu werden, aber sie erinnerte sich auch an die Verachtung, die am Ende in seinen Augen geglitzert hatte, und dieser Schmerz würde nie vergehen, aber sie hatte gelernt, damit zu leben, sie hatte gelernt, dennoch zu lächeln.

Lenara griff nach Leetas Hand und drückte sie dankbar. „Es ist sehr lieb, Leeta, aber es ist vorbei! Ich hätte es wissen müssen, vielleicht bin ich nur hierhergekommen, um es zu sehen, um diesen Schmerz zu erleben.“

Als sie Dax und Worf zusammen gesehen hatte, war ihre Seele in kleine Stücke zersprungen, war der Schmerz einen Augenblick so gewaltig gewesen, dass sie nicht wusste, ob sie das überstehen könnte. Sie hatte das Gefühl gehabt, in einen bodenlosen Abgrund zu starren, und das Erschreckende war, dass sie sich einige Sekunden lang gewünscht hätte, in diesen Abgrund zu springen, sich vollständig in diesen Schmerz zu flüchten, um nie mehr aus diesem Gefühl herauszufinden. Sie hatte den dunklen Kuß der Selbstzerstörung wahrgenommen, wie ein Hauch von Winter in einem Sommersturm. Es war besser, sie ging, floh von hier, erneut, aber diesmal ohne Hoffnung darauf, dass sie zurückkehren könnte und Dax auf sie warten würde.

„Sie sind entschlossen, Lenara?“

Die Trill nickte, in ihren Augen war Schmerz, aber auch der Wille, dies zu leben, weiterzumachen, egal, wie weh es tat.

Leeta hatte das Gefühl, sich selbst darin wiederzufinden.

„Sie sollten Dax zumindest einen Brief schreiben. Werden Sie das tun, Lenara?“

Leeta bemerkte, wie sich die Bar wieder füllte, und spürte auch Quarks mißbilligenden Blick im Rücken, es wurde Zeit, an das Daborad zurückzukehren.

Lenara nickte langsam. „Ich werde es versuchen.“ Sie bemerkte den Ferengi, der bereits mit energischem Schritt auf sie zukam. „Sie müssen zurück zu Ihrem Daborad, ehe Sie Schwierigkeiten bekommen.“

Leeta stand auf und winkte Quark kurz zu. „Ich lasse Ihnen Briefpapier und einen Füllfeder bringen, Computerpads sind für so etwas nicht geeignet.“

Lenara nickte dankbar, aber sie wusste nicht, was sie schreiben sollte. Gab es Worte, um das auszudrücken, was ihre Seele zu sprengen drohte? Gab es Worte, die die Zeit zurückdrehen konnten? Konnte man seine Fehler wieder gutmachen? Lenara Kahn bezweifelte es.
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