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Die Quadratur des Kreises

von Martina Strobelt

Kapitel 1

Der Weg zum Glück liegt darin, nicht nach Dingen zu streben,
die man nicht aus eigener Kraft erlangen kann




Die Raumstation Deep Space Nine war nur schwach beleuchtet. Nach der Zeiteinteilung, die das Leben ihrer Bewohner beherrschte, war es mitten in der Nacht, und die meisten an Bord schliefen, aber nicht alle.

„Das hättest du nicht tun dürfen, Bruder!“

„Ach nein, weshalb denn nicht?“ fragte Quark ohne von dem Stapel goldgepressten Latinums auf der Theke aufzusehen, den er gerade zählte.

„Nun, weil ... weil ...“

„... es unfair ist, seine Gäste zu betrügen ...?!“

„Ganz richtig, es ist ...“

„ ... das gute Recht eines Kasinobesitzers, dem Glück gelegentlich etwas nachzuhelfen. Aber vielleicht hast du gar nicht so unrecht, Rom. Niemand verliert gerne, und unzufriedene Kunden sind schlecht fürs Geschäft. Du willst also, dass es an meinen Dabo-Tischen ehrlich zugeht, ja? Gut, wenn dir so viel daran liegt, bin ich einverstanden.“

„Wirklich?“

„Aber ja, wer bin ich, dass ich meinem eigenen Bruder eine Bitte abschlagen könnte. - Die zu erwartenden Verluste werde ich natürlich von deinem Gehalt abziehen.“

„Bruder!“

„Was vermutlich gar nicht ausreichen wird, aber ... wer ist da?“ unterbrach Quark sich selbst, als plötzlich aus dem Dunkel des Kasinos leises Gelächter erklang. „Sie..?!“ entfuhr es ihm, als die Gestalt eines Mannes in einer Sternenflottenuniform langsam aus dem Schatten trat.

„Köstlich, ganz köstlich.“ Q fegte achtlos den Stapel Latinum zu Boden, bevor er sich mit einer nachlässigen Bewegung mitten auf die Theke setzte. „Ihr Ferengis seid zweifellos eine recht unterentwickelte Rasse, aber im Gegensatz zu den humorlosen Menschen seid ihr gelegentlich wenigstens amüsant.“

„Was wollen Sie?“ fragte Quark während er sich bückte, um sein Gold wieder aufzusammeln.

„Nun ...“

... der unerwartete Besucher hob seine rechte Hand leicht an, worauf der Barren Latinum, nach dem der Ferengi gerade greifen wollte, sich mit einem kleinen Puff in Rauch auflöste...

„... was will man schon in einem Spielkasino ...“

... Puff ... Puff ... Puff ... vor Quarks entsetzten Augen verschwand ein Latinum-Barren nach dem anderen. „Hören Sie auf damit!“ kreischte er.

„... spielen natürlich, was denn sonst. Sie enttäuschen mich, Quark ...“

... Puff ... Puff ... Puff ...

„ ... ich hätte Sie für weniger begriffsstutzig gehalten.“

Mit glasigem Blick starrte der Ferengi auf die kleinen violetten Wölkchen, die mittlerweile zu hunderten im ganzen Raum verteilt umher schwebten, und die einmal seine Tageseinnahmen gewesen waren.

„Aufhören!“ ächzte er verzweifelt. „Ich tue alles, was Sie verlangen - einfach alles - aber hören Sie auf damit - bitte!“

„Womit? - Ach so, damit.“ Eine knappe Handbewegung Q’s und die kleinen violetten Wölkchen lösten sich in einen Regen von Latinum-Barren auf, die leise klirrend zu Boden fielen.

„Wo waren wir gerade stehen geblieben ...?“

Q machte eine kunstvolle Pause, während er mit einem halb belustigten und halb verächtlichen Lächeln zusah, wie Quark so hastig sein Gold zusammenraffte, als befürchtete er jeden Moment, erneut wieder ins Leere zu greifen.

„... Ach ja richtig, der Grund meines Hierseins. Nun, wie ich bereits sagte, die Freude am Spiel ist es, die mich veranlasst hat, Sie aufzusuchen.“

„Ich wusste gar nicht, dass Sie sich etwas aus Dabo machen.“

„Dabo? - Meinen Sie etwa jenes primitive Spiel, bei dem Sie Ihre Gäste zu betrügen pflegen?“

„Ich betrüge niemanden“, erklärte Quark würdevoll. „Ich bin ...“

„ ... ein kleiner Gauner, der sich damit brüstet, Menschen, Bajoraner, Klingonen und andere von ebenso minderbemittelter Intelligenz auszutricksen, so als ob dies eine besondere Leistung wäre. Aber was kann man von einer so unterentwickelten Rasse wie den Ferengis schon anderes erwarten, einer Rasse, bei der das Gehirn in einem frühen Stadium der Evolution entschieden hat, die Ohren von nun an alleine weiter wachsen zu lassen. Nun, wie dem auch sei ...“, winkte er Quarks ehrlich empörtes Aufbegehren angesichts der Beleidigung der Ferengis im Allgemeinen und seiner persönlichen Kränkung im Besonderen ab.

„... ich bin nicht hier, um mit Ihnen über die geistigen und körperlichen Mängel der Ferengis zu diskutieren. Diese dürften Ihnen selbst ja wohl hinreichend bekannt sein. Aber falls es Sie tröstet, Sie stehen intellektuell immer noch weit über den Klingonen, was zugegebenermaßen nicht allzu schwer ist, aber immerhin ...“

„Was wollen Sie, Q ...?!“

„Hat Ihnen niemand beigebracht, dass es unhöflich ist, einem anderen ins Wort zu fallen? Sie sollten mal einige Zeit unter dem Kommando Captain Picards dienen, der würde Sie Disziplin lehren. Wenn er auch sonst keine nennenswerten Fähigkeiten besitzt, aber als Franzose weiß er zumindest was sich gehört, meistens jedenfalls. Gelegentlich kann er zwar auch erstaunlich ungastlich sein, aber das mache ich ihm nicht zum Vorwurf, schließlich ist er letztlich eben doch nur ein Mensch, mit all den Fehlern und Schwächen, die diese Rasse eben ausmachen.“

„Was wollen Sie?“ wiederholte Quark.

„Nun, um es in einer für Sie verständlichen Weise auszudrücken, ich bin hier, um Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.“

„Vorhin sagten Sie, dass Sie spielen wollten ...?!“

„Was auf dasselbe hinausläuft, ganz wie man es betrachtet. Ist nicht jedes Geschäft im Grunde genommen nichts weiter als ein Spiel, bei dem die eine Seite gewinnt und die andere verliert?“

„Sie haben mich und mein Volk beleidigt! Mit Ihnen mache ich keine Geschäfte!“

„Auch nicht, wenn es dabei um viel Latinum geht, um sehr viel ...?“

„Die Ehre eines Ferengis ist nicht käuflich ... was verstehen Sie unter sehr viel?“

„Mehr als Sie sich in Ihren kühnsten Träumen vorstellen können.“

„Also ich kann mir eine Menge vorstellen, in dem Punkt verfüge ich über ein Maß an Phantasie, das Sie sich nicht vorstellen können.“

„Schön, dann wären wir uns ja einig.“

„Einig? Worüber?“

„Darüber, dass Sie dies hier“, die Entität griff in die Luft, um innerhalb des Bruchteils einer Sekunde einen schimmernden Gegenstand in der Hand zu halten, „ ... haben wollen.“

Irritiert starrte Quark auf das seltsam geformte Gebilde. „Was ist das? Wie viel ist das wert? Kann man es essen, trinken, oder vielleicht ...“, er grinste anzüglich. „anderweitig verwenden?“

„Nun“, Q gab sich den Anschein, kurz nachzudenken, „letzteres trifft es wohl am ehesten“, meinte er dann, „das hängt ganz allein von Ihnen ab.“

„Von mir ..?“

„Ganz recht, von Ihnen.“ Die Entität hielt dem Ferengi den schillernden Gegenstand unter die Nase. „Es heißt die Quadratur des Kreises, ich habe es von einer weit entfernten Welt mitgebracht, als kleines Andenken sozusagen. Wer es sein eigen nennt, dem hilft es, alle seine Wünsche zu erfüllen. Geld, Macht, Frauen, nichts ist unmöglich ...“

„Eine Art Talisman also, ein Glücksbringer, so wie das taurianische Federamulett, das Julian Bashir immer in der Tasche trägt, wenn er Dabo spielt ...“

... und das ihm auch nicht hilft …

Quark machte sich keine Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. „Ich bin Geschäftsmann, ich glaube nicht an Glück, es sei denn, ich helfe ihm etwas nach, aber dafür brauche ich keinen Talisman. Behalten Sie Ihr kleines Andenken, solche angeblichen Glücksbringer bekomme ich ständig angeboten, ich bin nicht interessiert.“

„Woran sind Sie nicht interessiert?“

Erschrocken fuhr der Ferengi herum. In der geöffneten Tür des Kasinos stand Major Kira. Rom, dieser Idiot, wie oft hatte er ihm schon gesagt, dass er die Tür nach dem letzten Gast verriegeln sollte. Was immer die Major hier auch wollte, er würde Rom jeden finanziellen Schaden, den er erleiden sollte, vom Gehalt abziehen, plus Schmerzensgeld natürlich ...

„Nun Quark, was ist, hat es Ihnen die Sprache verschlagen?“ Die Bajoranerin runzelte die Stirn, ein Zeichen, dass sie anfing, die Geduld zu verlieren.

Der Ferengi zuckte mit den Achseln, es war eines der wenigen Male in seinem Leben, dass er sich keinerlei Schuld bewusst war. „Warum fragen Sie nicht ihn?“ Er deutete auf Q, der nach wie vor auf der Theke saß und die Beine baumeln ließ.

Die Falte auf Kiras Stirn nahm bedrohliche Ausmaße an. „Wen..?“

„Na ihn!“ Quark wedelte erneut in Q’s Richtung.

„Vorsicht, Quark!“ Kiras Stimme hatte einen Klang angenommen, der dem Ferengi gar nicht gefiel. So hörte die Bajoranerin sich gewöhnlich an, wenn sie kurz davor stand, ihm und seinen Ohren in ebenso schmerzhafter wie unmissverständlicher Art und Weise klarzumachen, was sie von ihm hielt. Instinktiv wich er einige Schritte zurück.

„Also wirklich, Major, ich weiß gar nicht, was Sie von mir wollen. Das erinnert mich daran, dass ich noch viel zu tun habe, sehr viel sogar. Warum führen Sie beide das Gespräch also nicht einfach ohne mich fort und ich ...“

„Schluss damit!“ Ohne Vorwarnung sprang Kira vor und schlug Q ihre geballte Faust mitten ins lächelnde Gesicht ...

... oder besser durch sein lächelndes Gesicht ...

Vor Quarks erstaunten Augen drang die Rechte der Major oberhalb der Nasenwurzel in den Kopf der Entität, durchquerte Q’s Körper und krachte mit solcher Wucht auf den Tresen, dass die umher stehenden Gläser unter der Erschütterung klirrten.

„Ich habe weder Zeit noch Lust für Ihre Spielchen, Quark!“

Der Ferengi starrte stumm auf Kiras Hand, die jetzt flach auf der Theke und zugleich an einer Stelle der Entität lag, wo die Bajoranerin sie normalerweise nur hingelegt hätte, um Q mit dem Messer, das sie stets im Stiefel trug, ein gewisses Körperteil abzuschneiden.

Q schnalzte bewundernd mit der Zunge. „Oh la la, was für ein heißblütiges Temperament. Verraten Sie mir, Quark, ist die gute Nerys immer so stürmisch?“

„Ja“, erwiderte der Ferengi automatisch.

„Ja, was ..?!“ Kiras Finger begannen einen Trommelwirbel auf der Theke.

„Ich ...ich ...“, stotterte der Ferengi, durch das ebenso bizarre wie auch durchaus anregende Geschehen, dessen er gerade Zeuge wurde, abgelenkt.

Q kicherte leise. „Aber, aber meine Liebe, nicht doch, ich bin schrecklich kitzlig...autsch! - Also wirklich, das geht jetzt aber zu weit!“

Der Trommelwirbel hatte die Stärke eines Hagels erreicht, was Q veranlasste, seinen Platz zu wechseln. Mit einem bedauernden Seufzen rutsche er durch die aufgebrachte Bajoranerin hindurch, deren Wut nunmehr einen Grad erreicht hatte, der Quark von früheren Zusammenstößen noch in mehr als unangenehmer Erinnerung war.

Der Ferengi zwang sich, seinen Blick von Q zu lösen, der nun hinter Kira stand und ihre Uniform mit einer lässigen Handbewegung erst in ein tiefausgeschnittenes Abendkleid, dann in die Arbeitsbekleidung eines Dabo-Mädchens und schließlich in irgendein Nichts aus Perlen und sparsamen Stofffetzen verwandelte ... sehr sparsamen um genau zu sein.

Normalerweise hätte Quark den Anblick von so viel glatter bajoranischer Haut sehr genossen, wären da nicht zwei bajoranische Fäuste gewesen, die bedrohlich nahe vor seiner Nase - schlimmer noch vor seinen Ohren - herumfuchtelten.

„Ich hatte einen harten Tag“, fauchte die Major. „Also wenn Sie keinen Wert auf eine nähere Bekanntschaft mit einem meiner Stiefel legen, dann ...“

Der Ferengi hielt sich nicht damit auf, Kira darauf hinzuweisen, dass sie gar keine Stiefel mehr trug. Offensichtlich war die Bajoranerin sich dieser Tatsache Dank Q gar nicht bewusst und hätte eine entsprechende Bemerkung seinerseits vermutlich falsch verstanden.

„Glauben Sie mir, Major, es gibt keinen Grund, sich aufzuregen. Es ist nur so, dass jemand versucht hat mir einen Talisman ...“

Er brach ab, als ihm einfiel, dass die berechtigte Möglichkeit bestand, dass Kira Q’s angeblichen Glücksbringer ebenso wenig sehen konnte wie Q selbst.

„Talisman ...?!“

Quark spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Dort links von ihm lag das schimmernde Gebilde, vor Kiras Blick mit einer großen Flasche Tarak-Wein abgeschirmt, die er vorhin blitzschnell davor geschoben hatte. Eine reine Reflexhandlung, für die er sich nun insgeheim verfluchte.

Zögernd streckte er seine Hand aus ... nicht auszudenken, was die Bajoranerin mit ihm und seinen Ohren anfangen würde, wenn sie glauben sollte, dass er sie auf den Arm nahm ... und schob die Flasche zur Seite.

Der Ausdruck ihres Gesichtes ließ eine Welle der Erleichterung durch sein Bewusstsein schwappen. Was immer Kira dort sah, den Göttern des Handels sei Dank, sie sah etwas ...

„Was, bei den Propheten, ist das, Quark?“

„Was immer es auch ist, Major, ich schwöre, dass ich absolut unschuldig bin!“

Bei allen Göttern des Handels, wenn sie wütend war, war sie noch unwiderstehlicher als sonst. Was für eine Frau, warum nur verschwendete sie all das herrliche Temperament darauf, ihn zu verabscheuen, völlig unverständlich, wo er doch so ein schöner Ferengi war, wenn sie doch einmal, nur ein einziges Mal ...

„Sie sind niemals unschuldig“, unterbrach Kiras Stimme erbarmungslos diesen überaus angenehmen Gedankengang. „Sie wissen nicht einmal wie man dieses Wort buchstabiert. Nun gut, ich weiß zwar nicht, was das hier ist, aber ich finde es heraus.“ Ihre Finger schlossen sich um den Talisman. Mit einem Ruck wandte sie sich zum Gehen - und erstarrte mitten in der Bewegung ...

Quark verschluckte seinen empörten Protest ob so viel obrigkeitlicher Willkür, als die Bajoranerin sich nun wieder zu ihm umdrehte. Sein Blick irrte unruhig zwischen dem schillernden Gebilde in ihrer Hand und ihrem Gesicht hin und her. Spielten ihm seine Sinne einen Streich oder waren ihre Züge wirklich weicher geworden. Sie verharrte kurz, bevor sie langsam auf ihn ...

... zu schwebte..?!

Anders konnte man die Art, wie die Major sich auf ihn zubewegte, bei bestem Willen nicht bezeichnen, die absolut nichts mit dem militärischen Gang zu tun hatte, mit dem sie üblicherweise durch die Station marschierte.

Quarks Blick klebte förmlich an Kiras Hüfte, die so aufreizend hin und her schwang, dass jedes Dabo-Mädchen vor Neid erblasst wäre. Die Bajoranerin trug nun wieder ihre Uniform und der knappe Schnitt des eng anliegenden Stoffes betonte ihre Kurven in einer Weise, die Quarks Blut in Wallung brachte. Seine Zunge fühlte sich inzwischen genauso trocken an wie sein Hals. Bei allen Göttern des Handels, er liebte Frauen in Uniform ...

Jetzt begann die Major, mit ihrer Linken die Knöpfe ihrer Jacke zu öffnen, ganz lasziv. In den Tiefen ihrer schwarzen Augen glomm ein Funke, der den Puls des Ferengis in Höhen jagte, die ihn befürchten ließen, dass die Ärmel seiner Jacke jeden Moment unter dem Druck reißen könnten.

Sieh dich vor, wisperte eine kleine misstrauische Stimme in seinem Kopf, vergiss nicht, das dort ist Major Kira, was immer sie da tut, sie tut es nicht ohne Grund ...

Quark pflegte seinen Instinkten zu vertrauen - und diese rieten ihm, seine Ohren schleunigst vor der linken Hand der Bajoranerin in Sicherheit zu bringen, die nun, da alle Knöpfe ihrer Jacke offen waren, fast spielerisch nach ihm griff.

Doch wie mächtig der gesunde Überlebenstrieb eines Ferengis auch war - es gab Dinge, die stärker waren als er - wie zum Beispiel Kiras volle Lippen, die sich nun von einem gehauchten Oh Quark begleitet in sein rechtes Ohr gruben und zärtlich daran knabberten.

Wenn dies hier ein Traum sein sollte, so entschied der Ferengi sich, ihn gründlich auszukosten, bevor er wach wurde. Durch ihr leises Kichern an seinem Ohr ermutigt begann er, an dem dünnen Hemd zu nesteln, das die Bajoranerin unter ihrer Uniformjacke trug ...

„Major Kira!“

Quark zuckte zusammen. Über die Schulter der Bajoranerin konnte er die Gestalt Odos in der Tür erkennen. Bei allen Göttern des Handels, er hätte auf seine Instinkte hören sollen.

„Hören, Sie Odo“, stammelte der Ferengi, während er versuchte, sich aus Kiras Armen zu winden, „ es ... es ... ist nicht so wie Sie denken ... ich ...“

„Nehmen Sie Ihre Hände von Major Kira!“ befahl der Sicherheitschef der Station. „Und zwar sofort, sonst ...“

„Was sonst?“ Die Bajoranerin ließ Quark los, der angesichts der unverhohlenen Drohung mit einem gewimmerten „Bitte glauben Sie mir, es ist nicht meine Schuld!“ zu Boden sackte.

Doch Odos Aufmerksamkeit galt nicht dem jammernden Ferengi, sondern Kira, die ihm einen bösen Blick zuwarf.

„Merken Sie nicht, dass Sie stören, Odo?!“ fauchte sie.

„Offensichtlich“, war alles, was dem Sicherheitschef einfiel. Seine Gedanken wirbelten umher. Das alles hier ergab keinerlei Sinn. Und Kiras offene Uniformjacke war auch nicht gerade dazu angetan die Lage zu vereinfachen. Er räusperte sich. „Bitte ziehen Sie sich wieder an, Major. Und dann werden wir beide gehen.“

„Hier geht nur einer, Odo“, widersprach sie kühl. „Und dieser eine sind Sie!“

Quark war nicht minder verblüfft als der Wandler. Er fürchtete den Sicherheitschef, doch er wäre kein Ferengi gewesen, wenn er diese ebenso unerwartete wie unverhoffte Gelegenheit nicht ausgenutzt hätte. Er erhob sich, trat neben Kira und legte ihr mit einer besitzergreifenden Geste die Hand um die Taille, was sie mit einem schmachtenden Seufzer quittierte. Derart beflügelt reckte der Ferengi sein Kinn in einer, wie er glaubte, energischen Weise vor.

„Sie haben es gehört, Constable“, sagte er würdevoll. „Also verlassen Sie meine Bar, bevor ich mich bei Commander Sisko über Sie beschwere.“

„Nicht ohne Major Kira!“

„Es ist ihr Wunsch zu bleiben - und Sie wollen sich doch wohl keiner Freiheitsberaubung schuldig machen, indem Sie sie gegen ihren Willen mitnehmen?!“

Odo zögerte kurz, dann strafften sich seine Schultern. „Oh doch, ich will. In ihrem eigenen Interesse werde ich Major Kira in Schutzhaft nehmen - und ich rate Ihnen, sich mir besser nicht in den Weg zu stellen!“

„Lass dich nicht einschüchtern“, gurrte Kira. „Er blufft nur.“

Quark hätte ihrer einschmeichelnden Stimme nur zu gerne Glauben geschenkt, aber seine Instinkte und der Blick des Sicherheitschefs sagten ihm, dass es Odo ernst meinte - sehr ernst sogar. Und was nützte alles Oo-mox, wenn man keine Ohren mehr hatte, um es zu genießen?

Der Ferengi nahm seine Hände so schnell von der Bajoranerin, als hätte sie sich unter seinem Griff in glühendes Eisen verwandelt.

„Bei meiner Ehre als Ferengi, es liegt mir fern, mich mit Ihnen zu streiten, Constable, also bitte, es besteht kein Grund, sich aufzuregen.“

Ohne auf Kiras empörten Aufschrei zu achten, versetzte Quark ihr einen kleinen Schubs, der sie geradewegs in Odos Arme katapultierte.

„Sie verdammter Mistkerl!“ kreischte die Major, wobei nicht sicher war, wen von den beiden Männern sie damit meinte - den Constable, der die Bajoranerin, die sich wie eine Furie gebärdete, eisern festhielt - oder den Ferengi, der es vorzog, sich nach einem letzten bedauernden Blick auf Kira vor dem Zorn in den Augen des Sicherheitschefs unter die Theke zu flüchten.

„Es ist nicht meine Schuld“, wiederholte er schwach.

„Das hoffe ich, Quark.“ Odo wich in letzter Sekunde einem für seine Wange bestimmten Hieb der tobenden Bajoranerin aus. „Für Sie!“

* * *


Odo ließ die reglose Gestalt auf der Liege nicht aus den Augen. Je weiter er sich mit Kira von der Bar entfernt hatte, desto energischer hatte sie ihrem Wunsch Ausdruck verliehen, in Quarks Arme zurückzukehren. Da sie sich geweigert hatte, selbst zu gehen, hatte er sie tragen müssen, und er dachte mit Entsetzen an das Bild, das er mit der kreischenden Bajoranerin über der Schulter auf dem Promenadendeck geboten haben musste.

In der medizinischen Abteilung war es einzig Julian Bashirs Eingreifen zu verdanken gewesen, dass Kira nicht entwischte und nebenbei die Einrichtung der Krankenstation zu Kleinholz verarbeitete. Sein heldenhafter Einsatz hatte dem jungen Arzt zu einer geprellten Rippe und einem blauen Auge verholfen. Angesichts der Tatsache, dass die Bajoranerin dem Mediziner weitere Schläge für den Fall angedroht hatte, dass er versuchen sollte, sie zu untersuchen, war ihm schließlich nichts weiter übrig geblieben, als ihr ein Sedativ zu geben.

Nachdem Odo Captain Sisko, der sich mit der Defiant auf einer Mission auf Riegel IV befand, über Interkom von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt hatte, war er geradewegs auf die Krankenstation zurückgekehrt.

„Was ist mit ihr los, Doktor“, fragte er, ohne seinen Blick von der besinnungslosen Kira abzuwenden. Sollte Quark für das hier verantwortlich sein, würde er ihn zur Rechenschaft ziehen ...

Bashir zuckte mit den Achseln. „Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich meinen, dass es sich um einen besonders schlimmen Rausch handelt ...“

„Doktor!“

„Schon gut, ich weiß, dass es nicht zu Major Kiras Gewohnheiten gehört, sich zu betrinken - und dann ausgerechnet Quark..?! Nein, es muss etwas anderes sein, vielleicht ein Virus, oder eine bewusstseinsverändernde Droge.“

Odos Miene hatte sich zusehends verfinstert. „Eine Droge?“

„Ich sagte vielleicht, Constable“, korrigierte Julian ruhig. „Genaueres wissen wir erst, wenn meine Untersuchungen abgeschlossen sind. Bis es soweit ist, schlage ich vor, dass Sie in Ihr Büro zurückkehren - und zwar ohne vorher im Quark’s vorbeizuschauen und die Ohren des Besitzers zu verknoten. Keine Sorge, ich werde Sie sofort informieren, wenn das Ergebnis meiner Tests vorliegt.“

„Soll das etwa heißen, dass Sie mich zum Verlassen der Krankenstation auffordern?“

„Ja, ich denke, es heißt genau das. - Odo, Ihre Freundschaft für Major Kira in allen Ehren, aber für den Moment zumindest können Sie Ihr nicht helfen und ich kann besser arbeiten, wenn Sie nicht jeden meiner Handgriffe mit Argusaugen verfolgen, also bitte!“

„Wie Sie wünschen, Doktor“, sagte der Sicherheitschef steif. „Es liegt mir fern, Sie zu behindern. - Aber ob ich auf dem Weg zu meinem Büro unserem gemeinsam Freund Quark einen Besuch abstatte oder nicht, das müssen Sie schon mir überlassen.“

Damit wandte Odo sich zum gehen, als sein Blick plötzlich auf ein schimmerndes Gebilde fiel, das auf einer der medizinischen Konsolen lag. „Was ist das?“

„Keine Ahnung. Major Kira hielt es in der Hand, als Sie sie vorhin hereinbrachten.“

„Unmöglich, das wäre mir aufgefallen.“

„Odo, es ist ein sehr kleiner Gegenstand, und sie hatte ihre Faust fest darum verkrampft. Ich selbst habe es erst gemerkt, dass sie dieses Ding da bei sich hatte, als die Wirkung des Sedativs einsetzte und es infolge der Lockerung ihrer Muskeln zu Boden fiel.“

„Könnte dieser Gegenstand da die Ursache für Major Kiras ungewöhnliches Verhalten sein?“

„Unwahrscheinlich. Als ich ihn aufhob, bin ich damit in Berührung gekommen, wenn auf der Oberfläche ein Kontaktgift gewesen wäre, hätte es längst gewirkt. Zur Sicherheit habe ich verschiedene Scans durchgeführt. Keine Anzeichen von Strahlung, keine unbekannten chemischen Verbindungen oder Bakterien - nichts. Wenn Sie mich fragen, dann handelt es sich vermutlich um einen Kunstgegenstand aus dem Gammaquadranten.“

„Schmuggelgut?“

„Dies herauszufinden ist Ihre Aufgabe, Odo, meine ist es, herauszufinden, was Major Kira fehlt, also bitte ...!“

„Schon gut, Doktor, ich gehe - und das hier“, die Hand des Wandlers schloss sich um das schillernde Gebilde, „nehme ich mit.“
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