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Sommerblut

von Martina Bernsdorf

Kapitel 1

Wie viele Möglichkeiten gab es, einen Plasmakonverter zu verfluchen? Shakaar rieb sich leicht über den Nasenrücken, um damit den aufziehenden Kopfschmerz zu vertreiben. Er blickte auf die Stiefel, die aus der engen Maschinenröhre lugten, und lauschte den vielfältigen Flüchen, die gedämpft an sein Ohr drangen.

Kiras rechter Fuß wippte in einem wilden Rhythmus, Shakaar fühlte sich an eine Raubkatze erinnert, die zornig mit dem Schwanz peitschte, ehe sie einen angriff. Er war sich sicher, dass Kira nicht weit davon entfernt war, jemanden anzufallen - und da er allein mit ihr in diesem Gleiter festsaß, berauschte ihn diese Aussicht nicht gerade. Kiras Temperament war eine Eigenschaft, die er sehr mochte, aber in den Fokus ihrer Wut zu geraten, entsprach nicht seinen Wünschen - er hing am Leben.

Kira rutschte aus der engen Maschinenröhre. Über ihren elegant gerippten Nasenrücken zog sich ein schwarzer Schmutzstreifen. In ihren nachtschwarzen Augen tobten geradezu Gewitterstürme. Shakaar wappnete sich gegen die Schimpftirade, die unwillkürlich folgen würde.

„Als Erster Minister hättest du Anspruch auf einen Starfleetgleiter gehabt, Edon!“ In ihrer Stimme war nur zu deutlich der Vorwurf zu hören. Sie hielt ihm beinahe triumphierend - mit einem unausgesprochenen habe ich es mir doch gedacht - eine verschmorte Plasmaspule unter die Nase.

„Es schien mir geeigneter, mit einem bajoranischen Gleiter zum Sommerfest zu fliegen.“ Shakaar wollte die eher konservativen Farmer der nördlichen Halbinsel nicht unbedingt vor den Kopf stoßen.

Kira konnte seinen Gedankengang zwar nachvollziehen, aber es ärgerte sie dennoch. Sie drehte die zerstörte Plasmaspule zwischen den rußverschmierten Fingern.

„Den Wartungsoffizier des Geschwaders werde ich zwingen, dieses Ding zu essen!“

Shakaar lächelte leicht, er hoffte, der Mann hatte einen guten Magen, denn Kira neigte dazu, solche Schwüre einzuhalten. Shakaar nahm sogar an, dass er bereit war, dem Kerl Essig und Öl zu der Plasmaspule zu liefern! Sie hätten beide die Schlampigkeit der Wartungsmannschaft mit dem Leben bezahlen können. Nur weil Kira eine ausgezeichnete Pilotin war, hatte sie den Gleiter unbeschadet notlanden können, als die gesamte Elektronik zusammengebrochen war.

„Wie sieht es mit der Kommunikationsanlage aus?“ Kiras Stimme war zu entnehmen, dass sie mit keiner guten Nachricht rechnete.

Shakaar schüttelte den Kopf, mehr Antwort brauchte Kira nicht.

„Was jetzt, warten wir auf eine Rettungsmannschaft?“

Shakaar hörte das kleine Mitschwingen von Unwillen in diesen Worten. Es war nicht Kiras Art, auf Rettung zu warten. Er hoffte, dass sie nicht bereute, seiner Bitte, ihn auf das Fest zu begleiten, entsprochen zu haben.

„Ich kenne diese Gegend, etwa drei Meilen südlich von hier gibt es eine kleine Siedlung. Von dort könnten wir einen Gleiter anfordern. Ich habe mich nicht wochenlang mit dieser Rede herumgequält, um sie dann nicht zu halten.“

Kira musterte Shakaar, in seinen blauen Augen, in die eine Spur rauchgrau vermischt war, war zu lesen, dass er diese Aufgaben eines Ersten Ministers verabscheute. Shakaar war nie ein Mann des Wortes gewesen, es gefiel ihm besser, Dinge in die Hand zu nehmen. Für einen ehemaligen Widerstandsführer war er sehr ruhig und zurückhaltend. Keiner jener, die ihr Maul aufrissen und lautstark Forderungen stellten. Doch wenn er etwas sagte, hörte man ihm zu.

Sie verspürte einen leichten Anflug von Gewissensbissen. Bei ihrer letzten Begegnung war Shakaar noch ein Farmer gewesen. Zufrieden mit der Aussicht, sich den Rest seines Lebens nur noch um sein Land zu kümmern. Sie war mit wehenden Fahnen in sein Leben gerauscht und hatte ihm einen Teil seines inneren Friedens entrissen. Es war kein Trost, dass Shakaar einen wunderbaren Minister abgab. Sie wusste, dass er sich nach dieser Aufgabe nicht gesehnt hatte.

Kira warf die verschmorte Plasmaspule achtlos in eine Ecke des Gleiters und starrte nach draußen - es regnete. Die Aussichten, bei Regen drei Meilen querfeldein zu gehen, waren nicht unbedingt dazu geeignet, sie aufzuheitern.

„Ist das dein Ernst, Edon?“ Ihr Zweifel war deutlich herauszuhören.

Der ehemalige Widerstandsführer hob eine Augenbraue.

„Hat das Leben auf einer Raumstation dich empfindlich gegen etwas Regen gemacht?“ Sein Tonfall war neckisch, und er lachte, als er sah, wie Kira unwillkürlich angriffslustig das Kinn vor reckte.

„Gehen wir!“

* * *


Zwei Meilen weiter, total durchnässt, frierend und stinkwütend, wünschte sich Kira, sie hätte sich von Shakaar nicht so bereitwillig manipulieren lassen. Sie hatte ja genau gewusst, dass er sie mit seinen Worten aufziehen wollte. Doch die Aussicht, darauf zu warten, dass man sie fand, hatte so gar nicht ihrem Wesen entsprochen.

Kira wartete, bis Shakaar zu ihr aufschloss, und stampfte dann in die Pfütze unter ihrem Stiefel, so dass der Matsch Shakaars Hosenbein durchweichte. Sie schenkte ihm ein gemeines Grinsen und stapfte weiter. So etwas nannte sich Sommer! Kira schielte auf ihre Nase, die Regentropfen rannen daran herab und tropften auf den Boden. Vermutlich sah sie aus wie eine gewaschene Katze. Sie zupfte missmutig an den nassen Haarsträhnen, die an ihrer Stirn klebten. Shakaar wirkte mit seinem nassen Haarschopf und seiner hochgewachsenen Statur wie ein Bär, der beim Fischfang in den Fluss gefallen war. Dieser Gedankengang hatte etwas Erheiterndes, sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

* * *


„Bist du dir sicher, dass es diese Siedlung gibt?“ Kira trat von einem Bein auf das andere. Es war viel zu kalt für die Jahreszeit, und wenn der Regen nicht bald nachließ, würde die Ernte sehr schlecht ausfallen. Sie hätte Shakaar ein anderes Wetter für seine Sommerfestrede als Erster Minister gewünscht. Doch vor allem wünschte sie sich, in der aufziehenden Dunkelheit endlich Lichter auszumachen.

Shakaar hob leicht die breiten Schultern. In seinem Gesicht konnte Kira lesen, dass er sich nicht mehr ganz sicher war, ob sie den richtigen Weg eingeschlagen hatten. Sie fragte sich, ob es ein Gesetz dagegen gab, den Ersten Minister Bajors in einer Regenpfütze zu ertränken?

„Wir haben früher oft im Freien übernachtet, Nerys.“ Shakaar legte seinen durchweichten Arm um ihre Schulter.

Kira sah ihn mit einem schiefen Blick von unten her an. „Entschuldigung, ich habe vergessen, wie schön es war, in Schlammpfützen zu übernachten, sich eine Lungenentzündung zu holen und den Hintern abzufrieren!“

Shakaar lachte und zog Kira in eine bärenartige Umarmung. Sie knuffte ihm in die Rippen und gemeinsam stapften sie weiter durch den Regen.

Es war schon fast dunkel, als sie den Wald verließen. Die weitläufige Ebene, welche sich vor ihnen erstreckte, war karg. Im Zwielicht der hereinziehenden Nacht schien alles in den verschiedensten trostlosen Abstufungen von Grau zu verschwimmen.

„Eine Hütte“, Shakaar deutete mit dem Zeigefinger auf einen dunkleren Klecks in dem verwaschenen Grau. Kira kniff die Augen zusammen, Shakaar hatte immer über ein erstaunliches Sehvermögen verfügt.

Wenig später hatten sie die Hütte erreicht, es war nur ein kleines Bauernhaus, welches schon lange verlassen wirkte. Doch es versprach zumindest eine Nacht mit einem Dach über dem Kopf. Der Regen hatte zwar aufgehört, aber es war zu kühl, um trocken zu werden.

Shakaar drückte die Türe auf und zog den Kopf ein, um sich nicht den Schädel zu stoßen. Er tat das mit der unbewussten Eleganz eines Mannes, der gewohnt war, mit seiner überdurchschnittlichen Körpergröße umzugehen.

Es war nur eine primitive Hütte, aber den beiden durchweichten Bajoranern kam es wie ein Geschenk der Propheten vor. Kira entzündete eine der Lampen, die mit einem leichten Gespinst von Spinnweben umhüllt auf dem wackligen Tisch stand.

„Unter dem Vordach habe ich einen Holzstapel gesehen.“ Shakaar ging wieder nach draußen. Er betrachte den Holzstapel, genug Holz, um für eine angenehm warme Nacht zu sorgen, vorausgesetzt er fand eine Axt.

„Suchst du das?“ Kira ließ die Axt, die sie in der Hütte gefunden hatte, schwingen.

Shakaar legte leicht den Kopf schief und musterte sie mit einem Lächeln. Er legte einen Holzscheit auf den Hackklotz und sah zu, wie Kira die Axt in einem perfekten Bogen schwang und das Holz spaltete. Er wusste, dass es sinnlos gewesen wäre, Kira anzubieten, das Holzhacken zu übernehmen.

„Wessen Kopf war das?“ Shakaar stapelte die Scheite auf seinem Arm. Kira hob leicht eine Augenbraue.

„Der des Wartungsoffiziers.“

Shakaar nickte. „Möge er in Frieden ruhen.“

Kira spaltete noch ein Holz.

„Und das war der Erste Minister“, erklärte sie mit hinreißend schelmischem Lächeln.

Shakaar griff sich mit der freien Hand ans Herz und deutete ein Taumeln an. Ihr Lachen war etwas, das Shakaar sehr vermisst hatte. In den Jahren des Widerstandes waren sie sich sehr nahe gestanden. Er konnte sich noch gut an das zwölfjährige Mädchen erinnern, in dessen nachtschwarzen Augen so viel Wut und Schmerz zu lesen gewesen war. So wenig Kindheit, soviel Kampf. Er hatte immer versucht, ihr ein Freund zu sein und sie nicht zu weit in ihren Hass auf die Cardassianer abrutschen zu lassen. Es war schmerzhaft gewesen, dass sie sich nach der Befreiung von den Cardassianern so aus den Augen verloren hatten.
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