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Stärker als die Angst

von Heidi Peake

Kapitel 1

Du drehst dich um und gehst,

doch erinnere dich daran,

dass wir strahlende Wesen waren,

leuchtende Wesen

für einen flüchtigen Augenblick in einem Traum.

(nach Marc Almond „Brilliant Creatures“)

„Er kommt nun herein, Sir“, Lieutenant Dax’ Stimme war konzentriert und ihre Augen überprüften die Anzeigen vor ihr, während ihre Hände über die Konsolen huschten, um den unsicheren Anflugweg des ankommenden Schiffs auszugleichen. „Du meine Güte, was für ein Stück Schrott!“

Captain Sisko erlaubte sich ein kleines Lächeln über die nicht protokollgerechte Bemerkung seines alten Freundes, bevor er die Aufmerksamkeit wieder dem Schirm zuwandte.

„Sieh zu, ob wir ihn am Pylon 6 andocken können ... ohne zu viel der Station dabei zu verlieren.“

„Man sollte meinen, sie würden etwas Stabileres verwenden, um ihre schmutzigen Jobs zu erledigen“, murmelte Dax, als sie rasch eine neue Korrektur eingab.

„Wir wissen noch nicht, ob an dieser Anschuldigung etwas Wahres ist, Lieutenant“, ermahnte Sisko sie freundlich.

Er hoffte, dass dies nicht der Fall war.

Vor wenigen Tagen hatten sie eine Nachricht aus dem veranischen System erhalten. Darin hatte man sie darüber informiert, dass sie Gastgeber für ein Schiff spielen durften, welches... nun, und das war der Punkt, an dem alles ein wenig verwirrend wurde. Es wurde befürchtet, dass der Frachter etwas von militärischer Wichtigkeit direkt ins Herzen des Gamma-Quadranten befördern sollte, der Code hatte sie jedoch im Unklaren darüber gelassen, ob es sich um militärische Ausrüstung, Personal oder Informationen handelte. Das hatte Deep Space Nine mit der undankbaren Aufgabe zurückgelassen, nach allem möglichen Ausschau halten zu müssen: Von einem getarnten Schiff bis hin zu einem Mikrochip. Die Sternenflotte war nur in einem Punkt deutlich gewesen: In Anbetracht des delikaten Verhältnisses mit dem Gamma-Quadranten durfte der Transport unter keinen Umständen hindurch gelassen werden.

Der gesamte Rest blieb Benjamin Sisko und seiner Crew überlassen; zum Beispiel die Beantwortung der Frage, wie sie den Frachter lange genug aufhalten sollten, um eine gründliche Untersuchung durchzuführen ohne den Verdacht des Piloten zu erregen.

„Constable Odo, machen Sie sich bereit.“ Sisko warf einen raschen Blick auf den Monitor. „Ich denke, es wird Ihnen nicht schwer fallen, dringende Reparaturen als Grund für die spezielle Aufmerksamkeit anzuführen.“

„Vorausgesetzt, es bleibt etwas zum Reparieren übrig, wenn wir dieses Schrott-Teil endlich angedockt haben“, fügte Dax zwischen zusammengebissenen Zähnen hinzu. Sie schlug auf ihren Kommunikator. „Hier spricht Deep Space Nine Flugleitung. Können Sie bitte Ihr Schiff stabilisieren, das Design unserer Station gefällt uns eigentlich so, wie es momentan ist. Vielen Dank!“

Es folgte ein Moment von statischem Rauschen, dann erwiderte eine leicht amüsierte Stimme: „Das ist stabil.“

Dax hob eine Augenbraue und tauschte einen flüchtigen Blick mit Sisko aus.

„Das klingt für mich nicht sehr veranisch, Sir“, bemerkte sie.

Sisko starrte das Intercom an, seine Stirn in leichte Falten gelegt. Nein, es klang absolut nicht veranisch, was nicht besonders überraschend war. Die wenigsten veranischen Schiffe wurden von einheimischen Piloten geflogen. Veranische Piloten besaßen einen viel zu gut ausgebildeten Überlebensinstinkt. Doch es kam ihm irgendetwas seltsam bekannt an dieser Stimme vor. Er trat hinter Dax und lehnte sich vor, um seinen Worten eine zusätzliche Betonung zu verleihen, als er den Kommunikationskanal erneut öffnete.

„Dies ist Deep Space Nine“, sagte er, indem er jede Silbe betonte. „Schiffe docken hier auf eine angemessene Weise an oder überhaupt nicht.“

Den Worten des Captains folgte eine derart lange Stille, dass sie für einen Moment glaubten, die Verbindung wäre zusammengebrochen. Als der Pilot schließlich antwortete, lag ein seltsamer Unterton in seiner Stimme.

„Es wird keine Probleme geben“, meinte er sanft. „Ich bin einen langen Weg geflogen, um hierher zu kommen.“

Einmal mehr tauschte Sisko einen Blick mit der Trill aus, doch diese hob nur die Schultern.

„Ein Mann mit einer gesunden Achtung vor Autorität, würde ich sagen.“ Sie grinste Sisko an, „vielleicht sollte ich mir die landen oder sterben Sie Vorgehensweise für die Zukunft ausleihen...“

„Untersteh dich.“ Sisko kehrte kopfschüttelnd zu seinem Platz zurück, nur um kurz darauf von dem Sicherheitschef kontaktiert zu werden.

„Captain, der Frachter ist sicher am Pylonen 6 angedockt.“ Auf dem Wort sicher lag eine zusätzliche Betonung, welche sowohl Sisko als auch Dax das Gesicht verziehen ließ. „Und“, fuhr Odo fort. „der Pilot möchte mit Ihnen sprechen, Sir.“

Sisko verdrehte seinen Augen zur Decke.

„Constable, bitte richten Sie unserem Freund auf die höflichste Weise aus, dass der Captain beschäftigt ist. Wenn also keine spezielle Beschwerde...“

„Ich habe dies schon erwähnt, Sir“, unterbrach ihn Odo. „Nur hat er nach Ihnen mit Namen gefragt, und er wusste nicht, dass Sie der Captain sind.“

Sisko wandte sein Gesicht zu Dax, seine Züge irgendwo zwischen manischem Grinsen und verzweifeltem Seufzen.

„Was hältst du davon, alter Mann?“ fragte er.

Sie antwortete mit einem spitzbübischen Lächeln. „Persönliche Einladungen“, seufzte sie träumerisch. „Lass nie eine ungeachtet verstreichen, sage ich. Du weißt nicht, wann die nächste deinen Weg kreuzen wird.“

Indem er der Trill seine Zähne zeigte, machte Sisko sich auf den Weg zum Turbolift. „Du hast Ops, Dax. Constable, sagen Sie unserem Piloten aus der Hölle, dass CAPTAIN Sisko auf dem Weg ist - und dass es besser wichtig ist.“

* * *

Seine Entrüstung trug ihn exakt einen Schritt aus dem Turbolift hinaus, bevor er wie angewurzelt stehen blieb, sich nur am Rande bewusst, dass ein reichlich dümmliches und unautoritäres Grinsen sich über seinem Gesicht ausbreitete.

„Nicht in einer Million Jahre...“

Zwei Sicherheitsoffiziere ragten über eine der seltsamsten Erscheinungen auf, die er in letzter Zeit gesehen hatte. Der Mann war klein und schlank, er wurde fast erschlagen von einer Kleidung, die ein wenig aussah wie die gesamten Teppichreste des letzten Jahres, und er war auf dem besten Weg, seine Bewacher um den Verstand zu reden. Immer noch verwendete er seine Hände in beängstigender Geschwindigkeit während er sprach, immer noch schien er niemals Luft holen zu müssen, immer noch lachte er nervös über nichts Spezielles. Er sah viel zu klein unter dem schweren Gewicht seines Mantels aus, viel zu jung für die Zeit, die vergangen war.

Der Mann warf einen flüchtigen Blick in Siskos Richtung, dann blieb er abrupt stehen, wie es zuvor der Captain getan hatte. Für einen Augenblick standen sie einfach nur da und starrten sich an, bis Odos höfliches Husten sie daran erinnerte, dass von ihnen unbemerkt die Zeit weiterging.

„Ich nehme an, Sie kennen diesen Mann, Captain?“ fragte der Constable.

Sisko schüttelte seinen Kopf, immer noch lächelnd.

„Ich wage zu behaupten, dass dies nicht der Fall ist“, entgegnete er, „doch den Jungen, den Jungen kannte ich sehr gut.“

Bevor ihm bewusst wurde, was er machte, hatte er die letzten Schritte zurückgelegt und verschluckte den viel kleineren Piloten fast in einer Umarmung. Er konnte die zögernde Erwiderung spüren, den sanften Druck von Armen auf seinem Rücken, die Versicherung, dass er nicht träumte.

„Marc, bist das wirklich du?“ Kopfschüttelnd trat er wieder zurück. „Du hast dich kein bisschen verändert!“

Der andere Mann hatte stets dieses scheue kleine Lächeln sein eigen genannt, begleitet von einem leichten Drehen des Kopfes, um direkten Augenkontakt zu vermeiden. So tat er es auch heute noch, als er ein beinahe verlegenes Grinsen in Richtung von Siskos linkem Fuß sandte.

„Es ist 20 Jahre her“, murmelte er. „Ich würde sagen, es hat ein paar Veränderungen gegeben.“

„Das mag sein. Aber du bist sicherlich nicht gewachsen seit damals.“

„Ich hatte mir vorgenommen, jedes Mal ein paar Zentimeter zu wachsen, wenn du zu Besuch kommen würdest.“ In der Stimme des Piloten lag eine leichte Schärfe, welche Sisko veranlasste, den Blick zu senken.

„Doch ich bin niemals gekommen“, bestätigte er leise. „Ich weiß. Du würdest mir nicht glauben, wie oft ich daran gedacht habe, doch die Vorlesungen haben mich beschäftigt gehalten, dann kam der erste richtige Einsatz... es schien immer so viel Zeit zu geben... später. Es ist verrückt, dass man stets erwartet, die Personen und Orte der Kindheit blieben in der Zeit stehen, während man sich selbst weiter entwickelt.“

Sisko wurde sich plötzlich bewusst, dass sie immer noch vor dem Turbolift im Pylonen 6 standen, umgeben von leicht amüsiertem Sicherheitspersonal.

„Lass uns diesen Leuten aus dem Weg gehen!“ verkündete er fröhlich, während er einen kurzen Blick auf Odos ungeduldiges Gesicht warf. „Ich muss sagen, dein Anflug hat hier ein paar Alarmsirenen ausgelöst. Wenn es dir nichts ausmacht, wäre es mir lieb, wenn meine Techniker dein Schiff unter die Lupe nehmen, bevor du etwas Dummes damit versuchst, wie zum Beispiel durch das Wurmloch zu fliegen.“

Zu lügen fühlte sich absolut falsch an, und für einen Augenblick war Sisko dankbar für die Gegenwart des Constable, die ihn an seine Pflichten erinnerte. Er scheuchte seinen Freund zum Turbolift. Es war nicht nötig, hier so lange herumzustehen, bis dieser realisierte, dass Sicherheitspersonal normalerweise nicht dazu qualifiziert war, Frachter zu reparieren.

„Was in aller Welt bringt dich hier her?“ fragte Sisko als sich die Türen des Lifts zu schließen begannen.

„Ich habe nach dir gesucht.“ Marc warf einen verwirrten Blick über seine Schulter, doch der Lift war schon auf dem Weg nach unten. „Ich habe die letzten 15 Jahre damit zugebracht, nach dir zu suchen.“

Sisko blickt überrascht auf. Als ihre Augen sich trafen, berührten ihn die widerstreitenden Gefühle von Schmerz, Furcht und Erwartung auf dem Gesicht seines Freundes tief. Er konnte den Blickkontakt nicht aufrechterhalten, also gab er vor, die Etagenanzeigen an der Wand zu studieren.

„Das... ist eine etwas seltsame Beschäftigung für eine so lange Zeit...“, murmelte er.

„Man kommt herum als Frachterpilot. Wo immer ich hin gelangte, habe ich mich umgesehen.“ Marc brach plötzlich in nervöses Gelächter aus. „Ich war so versessen darauf, dich nicht mit all den gebrochenen Versprechen davonkommen zu lassen...“

„Du warst zwölf, als ich zur Akademie ging“, erinnerte Sisko ihn sanft, schmerzlich bewusst, dass er niemals zurückgekehrt war, nicht bis es zu spät war...

„Zwölf ist ein sehr prägendes Alter, Ben.“ Unerwartet legte Marc seine Hand unter Siskos Kinn und zwang damit seinen Kopf wieder hinauf bis sich ihre Blicke erneut trafen. Er lächelte ein wenig. „Schau nicht so trüb. Eine Zeit lang bin ich ausgerastet, aber jetzt ist es okay.“

„Ich bin zurück gekommen“, verteidigte Sisko sich, der Versuchung widerstehend, seinen Kopf gegen die Hand des Freundes zu lehnen. „Als ich vom Tod deiner Mutter hörte... aber du warst schon fort.“

„Das war auch gut so.“ Marc zog seine Hand ruckartig fort. „Ich habe dir die Schuld gegeben. Eine Zeit lang habe ich dir die Schuld an allem gegeben.“

„Also hast du begonnen, nach mir zu suchen, um... was... mich zu verprügeln?“

Dieses Mal war es Marc, der beschloss, die Lifttüren zu betrachten. „Ich wollte dich einfach nur sehen“, murmelte er. „Ich wusste nicht, was ich fühlen oder tun würde.“

Das Zischen der sich öffnenden Turbolifttüren unterbrach die unangenehme Stille brutal.

Sisko senkte seinen Kopf, nicht willens, das Gespräch dadurch zu beenden, dass er in die Realität der Station hinaustrat, aber auch nicht fähig, dies nicht zu tun. Er wollte fragen, wie der Richtspruch ausgefallen war, und er erkannte, dass er Angst vor der Antwort hatte.

„Dein Quartier...“, begann er und hielt wieder inne. Hinter ihm ertönte ein leises Lachen.

„Ich habe so ziemlich das gesamte Universum nach dir abgesucht, Ben, und als ich deine Stimme vorhin über das Intercom hörte, wusste ich, dass es jede Minute davon wert gewesen war.“

In freudiger Überraschung wandte sich Sisko wieder um, nur um die Arme seines Freundes offen für eine erneute Umarmung zu finden. Mit erleichtertem Lachen hob er den kleinen Mann von den Füßen.

„Warum in drei Teufels Namen“, fragte er, als er ihn wieder absetzte, „hast du nicht einfach bei der Sternenflotte nachgefragt?“

Marc sah ihn mit echter Überraschung an. „Wo wäre denn da der Spaß geblieben?“

* * *

Dax hob eine fragende Augenbraue, als Captain Sisko auf die Ops zurückkehrte. Es war lange her, dass sie ein derartiges Grinsen auf seinem Gesicht gesehen hatte.

„Gutaussehend?“ fragte sie beiläufig, während sie vorgab, sich auf die Konsolen vor sich zu konzentrieren.

„Entschuldigung?“

„Ich fragte, ob er gutaussehend ist.“ Die Trill wandte sich zum Captain um und gab den Versuch auf, ihr Grinsen zu verbergen. „Ben, du siehst aus, als ob du gerade aus einem von Quarks Holoprogrammen kommen würdest.“

„Oh“, Sisko schüttelte seinen Kopf, doch das Lächeln wollte nicht weichen. „Dax... ich habe gerade eben den besten Jugendfreund, den ich jemals hatte, am allerletzten Ort in der Galaxis getroffen. Und er hat sich kein bisschen verändert!“ Er trat neben sie, so dass er mit ihr reden konnte, ohne die gesamte Ops mit in das Gespräch einzubeziehen. „Man hat uns die schrecklichen Zwillinge genannt, denn wenn man den einen sah, dann konnte man sicher sein, dass der andere nicht weit war. Was wir uns nicht alles ausgedacht haben, nur weil wir neugierig waren, wie die Leute reagieren würden!“

Dax grinste wissend. „Und wie haben sie reagiert?“

„Meist mit einem Schrei, und manchmal mit einem Anruf an unsere Eltern. Ich habe uns aus ein paar schlimmen Situationen herausreden müssen. Es war immer meine Schuld, weißt du, denn ich war der Ältere. Seine Ideen - aber meine Schuld.“ Er lächelte bei dieser Erinnerung. „Ich habe in diesen Tagen alles über Diplomatie gelernt“

„Nun, es sieht so aus, als ob ihm immer noch daran liegt, Probleme zu bekommen.“ Es schmerzte sie, Captain Sisko von dem wunderbaren Ort zurückzurufen, den er in seiner Erinnerung besuchte. Doch sie hatten sich immer noch um die Kleinigkeit der veranischen Botschaft zu kümmern. „Wir haben eine weitere Nachricht vom Oberkommando erhalten. Sie haben beschlossen, die Sache als höchste Priorität zu behandeln und wollen über jeden Schritt unterrichtet werden.“

Sisko runzelte die Stirn. „Ich kann ehrlich gesagt nicht glauben, dass er etwas damit zu tun hat.“ Um sich selbst gegen den zweifelnden Blick der Trill zu verteidigen, fügte er rasch hinzu: „Warum sollte er sich all den Ärger machen und meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Haben Odos Leute schon etwas gefunden?“

„Nein, Sir, sie haben bestätigt, dass keine weiteren Personen an Bord sind, also können wir militärisches Personal von unserer Liste der möglichen Vergehen streichen.“

„Sehr gut, sag ihnen, sie sollen mit der Suche fortfahren. Ich... werde besser einmal überprüfen, wie viel der Pilot über das Schiff weiß, mit dem er fliegt. Vielleicht wurde etwas ohne sein Wissen an Bord geschmuggelt...“

Er war schon auf halbem Weg zum Turbolift, als ihm aufging, dass seine Dienstzeit noch drei Stunden auf der Ops beinhaltete. Er blieb stehen und sah zu Dax hinüber.

„Äh.... Lieutenant Dax, würden Sie....“

Die Trill lachte nur und winkte ihn zum Lift. „Geh und erlebe deine Kindheit neu, Ben. Ich glaube, wir können für eine Weile alleine zurechtkommen.“

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