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Stärker als die Angst

von Heidi Peake

Kapitel 3

„Wir werden ihn nicht länger hier halten können.“ Das Bedauern in Captain Siskos Stimme war unüberhörbar, und Dax musste nicht fragen, um zu wissen, dass nicht das Versagen ihres momentanen Auftrags der Grund dafür war.

Sie hatten zwei Tage damit zugebracht, jeden Zentimeter des Frachters zu durchsuchen ohne das geringste Zeichen von Waffen oder manipulierten Daten finden zu können. Nicht einmal der Flugrekorder war abgesichert gewesen. Das System war einfach nicht hochentwickelt genug, um irgendwelche versteckten Tiefen aufzuweisen.

In diesen beiden Tagen hatte Sisko jede freie Sekunde mit seinem Freund zugebracht und die Auswirkung, die dies auf seinen Gemütszustand hatte, war beinahe ein Wunder. Die einzigen Dämpfer in seiner Freude waren die ständigen und immer häufiger werdenden dringenden Nachrichten von der Sternenflotte.

„Ich habe gehört, dass der Pilot ein Freund von Ihnen ist“, erwiderte gerade der Admiral auf Siskos Bericht hin.

Die Augen des Captains verengten sich. „Das beeinflusst nicht meine Handlungen. Ich habe bedingungsloses Vertrauen in die Fähigkeiten meines Sicherheitschefs, und wenn dessen Leute nichts auf dem Schiff finden können...“

„... dann ist auch nichts an Bord“, stimmte der Admiral zu. „Wenn ich mich recht an den Zustand von veranischen Schiffen erinnere, dann kann ich nicht behaupten, dass mich das überraschen würde. Jedoch haben wir die Nachricht erhalten, dass das, was wir suchen, strategische Informationen höchster Priorität sind. Ein Datenchip ist alles, was es dazu benötigt. Sehr kleine Dinger, klein genug um herumgetragen zu werden... am Körper.“

Sisko schwieg, während er über die Implikation der Worte des Admirals nachdachte. Das Bild der Ankunft seines Freundes weigerte sich, seine Gedanken zu verlassen. ‘Lagen von Teppich. Sehr funktionell.’ Stumm verfluchte er seine eigene Naivität. Mit dieser Verkleidung hätte man einen gesamten Computer von Bord schmuggeln können, ohne dass es jemand bemerkt hätte.

Ein Teil von ihm kämpfte jedoch immer noch vehement gegen die Anschuldigungen an. Er wollte nicht glauben, dass sein Freund willentlich einen illegalen Transport annehmen würde. Es verursachte ihm körperliche Schmerzen, etwas anderes zu denken. Dennoch, die Sternenflotte war sich sicher, dass ihnen kein Fehler unterlaufen war.

„Ich werde veranlassen, dass seine Kabine und seine Person sofort untersucht werden“, entgegnete er schließlich, „doch wenn wir nichts finden, müssen wir ihn gehen lassen.“

„Sie werden etwas finden müssen, Captain. Die Sicherheit dieses Quadranten hängt davon ab.“

Sisko salutierte, als der Admiral sich verabschiedete, dann fluchte er unterdrückt. „Verdammt, wo befindet sich unser kleiner Freund im Augenblick?“

„Er ist immer noch auf der Promenade mit Jake“, informierte Dax ihn. Sie lächelte in dem Versuch, Siskos Stimmung zu heben. „Sicherlich spielen sie wieder irgendwelche gehirnfordernden Spiele.“

Es funktionierte beinahe. Sisko seufzte mit einem schwachen Lächeln. „Jake wird ziemlich gut darin. Ich fürchte den Tag, an dem er wieder auf mich als Partner zurückgreifen muss...“, er verstummte.

„Sie verstehen sich gut“, bemerkte Dax ruhig.

„Natürlich tun sie das. Es sind beides Kinder.“ Er schüttelte den Kopf in dem Versuch, die Müdigkeit abzuwerfen, die ihn plötzlich zu überkommen drohte. „Ich glaube nicht, dass ich jemals so jung war, wie die beiden es jetzt sind. Verantwortung ist auch nicht das, was es einmal war!“

„Vielleicht“, die Trill studierte ihre Anzeigen, ihr Gesicht undurchschaubar. „Doch jeden Morgen, wenn du aufstehst, weißt du, weswegen du es tust. Und für wen.“

Er betrachtete sie einen Moment, dann berührte er seinen Kommunikator. „Constable Odo! Ich möchte, dass Sie eine gründliche Suche von Marcs Kabine und Person ansetzen, verfolgen sie seine Schritte über die vorangegangenen Tage. Wir suchen nun nach Informationen, möglicherweise Datenchips... doch ich muss zuerst mit ihm sprechen. Wir haben wenig Chance, eine solche Suche ohne sein Wissen durchzuführen, nicht wahr?“

* * *


Sie waren immer noch auf der Promenade, wenn sie auch nicht mehr spielten. Jake unterhielt nun mit einer Geschichte, anscheinend über Quarks Bar, welche Marc in rascher Abwechslung zweifeln und lachen ließ.

Sisko fand sich wieder einmal als Beobachter aus der Ferne. Er konnte nicht zulassen, dass seine persönlichen Gefühle oder Wünsche seiner Arbeit im Weg standen. Doch während er nun seinen Sohn und seinen alten Freund beobachtete, wie sie spielten, sprachen und Witze rissen, fühlte er einen Frieden, den er seit Jennifers Tod nicht mehr gekannt hatte. Er wollte das nicht verlieren, nicht um Jakes willen, der sich so offensichtlich mit Marc angefreundet hatte, nicht um seiner selbst willen.

Das Leben gab einem nicht oft eine Chance, vergangene Fehler zu berichtigen, und jede Faser in seinem Körper kämpfte dagegen an, diejenige zu zerstören, die ihm gegeben worden war - durch ein Misstrauen, welches von außen an sie heran getragen wurde. Es gab keinerlei Zweifel an Marcs Unschuld, es konnte keine geben.

Mit einem letzten tiefen Atemzug unterbrach er eine Vorstellung von Jake, die verdächtig nach einer Imitation von Major Kira aussah.

„Solltest du nicht irgendwelche Hausaufgaben machen, junger Mann?“ fragte er mit einem unterdrückten Lächeln.

Jake rümpfte seine Nase. „Ich habe kaum etwas... Dad...“

„Das mag sein, aber es wird spät“, er fuhr seinem Sohn durch das kurzgeschnittene Haar und drückte ihn damit ein wenig in Richtung des Turboliftes. „Wir haben hier Erwachsenenangelegenheiten zu besprechen.“

Er blickte dem Jungen nach, wie dieser davon schlenderte. Dann seufzte er, ohne seinen Freund anzusehen. „Ich muss mit dir sprechen.“

Da er keine Antwort erhielt, musste er sich schließlich doch umdrehen. Marc blickte ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Erwartung an. Keine Sorge, kein Misstrauen, kein Verrat. Sisko nahm sich ein Herz. „Du hast vielleicht schon bemerkt, dass die Reparaturen an deinem Schiff reichlich lange brauchen.“

In Marcs Zügen war eine subtile Veränderung zu erkennen. Er schien... erleichtert?

„Könnte das damit zusammenhängen, dass es sich um Sicherheitspersonal handelt, welches diese Aufgabe ausführt?“, fragte er beiläufig.

Sisko hob eine Augenbraue. „Wir glauben hier an weitgefächerte Fertigkeiten“, witzelte er, dann wurde er wieder ernst. „Wir... bevor du angedockt hast, haben wir eine Warnung erhalten, dass dein Schiff verbotenes Material in den Gammaquadranten zu schmuggeln versuche.“ Nun da es endlich ausgesprochen war, fühlte er sich erleichtert, aber auch ein wenig dumm. Wenn er die zerbrechliche Figur seines Freundes betrachtete, mit diesen lächelnden Augen, diesem offenen Blick, dann erschien es eine so absurde Anschuldigung.

Marc schien eher belustigt als besorgt. „Ich habe keine Ladung“, bemerkte er.

„Ich weiß. Ich bin mir sicher, dass das alles ein Missverständnis ist, doch ich habe die Anweisungen, jede Möglichkeit zu überprüfen.“ Sisko betrachtete wieder seine Füße. „Da dein Schiff sauber ist wie dein Gewissen, bleibt nur noch die Möglichkeit, dass du etwas mit dir herausgenommen hast... oder es immer noch trägst.“

Zu seiner Überraschung begann Marc zu lachen. „Ich nehme an, dass ich dann also nicht beschuldigt werde, cardassianische Landminen zu schmuggeln.“ Er legte eine Hand auf Siskos Schulter und schüttelte ihn sanft. „Hör auf, dich zu quälen, Ben. Du bist der Kommandant dieser Station. Du muss deinen Job erledigen.“ Er machte eine vage Geste mit seiner freien Hand. „Lass deine Leute mein Quartier auseinandernehmen, das ist mir recht. Es wäre eine perfekte Ausrede für ein Abendessen, meinst du nicht? Um den Offizieren aus dem Weg zu gehen?“ Er zwinkerte ihm verschwörerisch zu, „Ich hoffe, du musst bei der Durchsuchung nicht anwesend sein.“

Sisko schüttelte den Kopf, ein wenig verwirrt. „Ähem... nein, nicht wirklich...“

„Großartig. Dann bei dir. Bei mir könnte es ein wenig... überfüllt sein!“ Er war schon dabei zu gehen, als ihm ein Gedanke kam. Mit einem teuflischen Grinsen wandte er sich noch einmal zu Sisko um. „Meinst du, ich sollte nackt kommen? Nur um sicher zu gehen, dass ich nichts schmuggle...“

Siskos Antwort bestand aus einem schmerzlichen Lächeln. „Ich fürchte, dazu gibt es keinen Anlass. Constable Odo wird sicher stellen, dass du dein Quartier nicht ohne eine gründliche Durchsuchung verlässt.“

* * *


Sisko konnte nicht verhindern, dass er Erleichterung fühlte, als Marc vollständig angezogen in seinem Quartier erschien: Wenn es etwas gab, was ihm die letzten paar Tage versichert hatten, dann dies, dass sein Freund die Grenzen nicht notwendigerweise dort zog, wo es andere Leute taten.

Wie erwartet hatte Odo seine Aufgabe sehr ernst genommen und ihn gute 20 Minuten gescannt, bevor ihm erlaubt worden war zu gehen.

Natürlich hatten sie nichts gefunden.

Obwohl sich Sisko einredete, dass die Kabinendurchsuchung ebenfalls negative Resultate liefern würde, hatte er Jake davon überzeugt, dass diese Nacht eine gute war, um Nog bei einem Projekt zu helfen. Er wollte nicht, dass sein Sohn hier war, wenn das Resultat hereinkam. Er war nicht einmal sicher, ob er selbst dann hier sein wollte.

20 Jahre waren eine lange Zeit. Wie viel konnte er denn überhaupt über den Mann wissen, der ihm nun gegenüber am Tisch saß?

Marc hatte sein Glas in einem fröhliche Toast erhoben. Diese Geste hatte er eingebettet in seine haarsträubende Erzählung über die Begegnung mit einer klingonischen Grenzkontrolle, mit welcher er gerade Sisko unterhielt.

Es gab so wenig Unterschied zwischen dem Mann, der hier ein Erlebnis erzählte, was ihm gut das Leben hätte kosten können, und dem Jungen, der sich so viele Jahre zuvor Geschichten von wagemutigen Schiffen zwischen den Sternen ausgedacht hatte, mit leuchtenden Augen und delikaten Händen, die jedes Wort mit komplizierten Gesten untermalten.

Mit einiger Verwunderung wurde es Sisko bewusst, dass sie beide ihre Träume verwirklicht hatten, wenn auch auf verschiedenen Wegen. Ein Teil von ihm beneidete Marc für den Weg, den dieser eingeschlagen hatte. Wenn nur nicht diese hoffnungslose Traurigkeit gewesen wäre, die er hinter den aufgeregten Worten ausmachen konnte. Es war ihm klar, dass Marc nicht so sehr sprach, um ihn zu unterhalten, sondern, um sich selbst davon abzuhalten, den Folgen seiner Wahl ins Auge zu sehen.

Er war nicht glücklich.

Er war müde, erschreckend müde.

Und er hatte Angst.

Was immer die Natur seines letzten Vertrages war, er war begierig darauf, ihn hinter sich zu bringen. Mehr als alles, das die Sternenflotte hätte sagen können, war es dieser Umstand, der Sisko davon abhielt, vollständig an die Unschuld seines Freundes zu glauben. Irgendetwas bedrückte diesen zutiefst. Er spürte den übermächtigen Drang, ihn zu umarmen, ihm zu versichern, dass alles sich zum Guten wenden würde, dass er ihn dieses Mal nicht verließ.

„Du bist schön, wenn du so lächelst.“ Marcs Worte rissen ihn aus seinen Gedanken, „Wenn ich auch wage zu sagen, dass es ein Anzeichen davon ist, dass du mir nicht mehr zuhörst.“ Mit einem amüsierten Grinsen spießte er einen Pilz auf seiner Gabel auf. „Wo bist du im Moment, Ben?“

„Irgendwo, wo du dir keine Sorgen mehr machen musst“, antwortete der Captain ruhig.

Marc schien ein wenig überrascht. „Ich mache mir keine Sorgen!“ Dann senkte er die Augen. „Zur Hölle, ja, ich mache mir Sorgen. Ich hoffe beinahe, dass deine Leute etwas finden werden, damit du eine Ausrede hast, mich nicht gehen zu lassen.“ Er blickte mit einem scheuen Lächeln auf. „Ich habe ein paar dumme Dinge in meinem Leben gemacht, doch ich habe niemals versucht, mit einem veranischen Frachter durch ein Wurmloch zu springen. Ich bete zu Gott, dass die Sternenflotteningenieure so gut sind wie ihr Ruf.“

Die beiden Männer lächelten sich einen Augenblick an, keiner von ihnen gewillt, das zu sagen, was er sagen wollte, jeder darauf wartend, dass der andere zuerst das Schweigen brach.

„Ich habe das mit deiner Frau gehört“, bemerkte Marc schließlich, während er wieder seine Serviette betrachtete. „wie... wie war sie?“

Sisko war ein wenig überrascht über die Wendung in ihrem Gespräch.

„Sie war eine Heilige“, erklärte er knapp.

Marc sah auf, beinahe in Panik. „Es tut mir leid, Ben. Ich wollte nicht... ich meine... ich hätte nicht...“ Seine Hand fuchtelte in einer hilflosen Geste.

Mit einem Lächeln hielt der Captain sie fest. „Hey, es ist in Ordnung! Es ist sieben Jahre her, dass sie gestorben ist! Du wühlst nicht gerade in frischen Wunden.“ Er zwang Marcs Hand zurück auf den Tisch, erlaubte den Fingern seines Freundes, sich mit seinen eigenen zu verflechten.

„Aber du sprichst nie über sie“, bemerkte Marc leise.

Sisko seufzte. „Das tue ich nicht, da hast du recht.“ Vorsichtig zog er seine Hand zurück und konzentrierte sich wieder auf seinen Teller. „Es ist schwierig... Ich bin damit fertig geworden, dass sie gestorben ist, ich glaube wirklich, dass ich das bin. Es ist die Art, wie es geschehen ist, die ich niemals werde akzeptieren können.“ Er schwieg für ein paar Sekunden, während er eine Karotte von einer Seite des Tellers auf die andere schob. „Wir hatten so wenig Zeit zusammen. In einem Moment war sie da, voller Verständnis und Gelächter und kleiner Geheimnisse, die ich mit der Zeit erkunden wollte - und in der nächsten Minute war sie fort. Nun ist nichts mehr zurückgeblieben.“

„Da ist immer noch Jake.“

Sisko lachte leise und hob seine Augen wieder. Marc beobachtete ihn mit gelinder Sorge.

„Ja“, gestand er lächelnd, „da ist Jake. Dem Himmel sei Dank. Er hat viel von Jennifer. Sie war wunderschön und intelligent und sehr mitfühlend... Er möchte Schriftsteller werden, wusstest du das? Er möchte nichts mit dem Sternenflotten-Kram zu tun haben.“ Überrascht stellte er fest, dass er beinahe Kram durch Blödsinn ersetzt hätte.

Marc erwiderte sein Lächeln, offensichtlich erleichtert von der Veränderung in Siskos Stimmung. „Es gab eine Zeit, da hast du dir selbst auch Geschichten ausgedacht.“

„Das mache ich immer noch.“ Sisko lehnte sich verschwörerisch nach vorne. „Du solltest mich hören, wenn ich versuche, um irgendwelche langweiligen Pflichten herumzukommen.“

Sie stimmten in ein Lachen ein, für den Moment zumindest waren die dunklen Gedanken von Tod und Verlust und die Sorgen der Suche verbannt. Sie erfreuten sich einfach an ihrer Gesellschaft. Schließlich erhob Sisko sich, um die Teller abzuräumen.

„Wie ist es mit Dessert?“ fragte er fröhlich.

Er bekam keine Antwort. Er stellte die Teller ab und kehrte vom Replikator zurück. „Was ist das? Erzähl mir nicht, du bist keine Naschkatze mehr!“ Als er auf der Höhe von Marcs Stuhl war, drehte sein Freund sich plötzlich um und streckte den Arm aus, um Sisko am Weitergehen zu hindern. „Komm mit mir, Ben“, wisperte er, beinahe flehentlich.

Seine Worte berührten Sisko tief. Mit äußerster Behutsamkeit löste er die Hand von seiner Hüfte und kniete sich neben den Stuhl nieder. Marc mied angestrengt seinen Blick.

„Du weißt, dass ich das nicht kann“, erwiderte der Offizier sanft. „Die Sternenflotte hat eine große Verantwortung...“

„Du schuldest der Sternenflotte nichts mehr.“ Der Ärger in Marcs Stimme überraschte Sisko. „Du hast ihnen deine besten Jahre gegeben. Du hast ihnen das Leben deiner Frau geopfert und beinahe auch das deines Sohnes.“

Die Worte trafen Sisko wie ein physischer Schlag. Er sprang auf, versuchte vom Stuhl fort zu kommen, doch Marc ließ seine Hand nicht los. „Sag mir, wie viel mehr du ihnen noch zu schulden gedenkst, Ben?“

„Du weißt nicht, was du sagst! Diese Dinge geschehen...“

„Diese Dinge geschehen, wenn die Sternenflotte dich überall dort postiert, wo es ihnen gerade passt. Haben sie Jennifer oder Jake gefragt, ob das die Art war, wie sie leben wollten?“

„Marc! Du bist unvernünftig!“ Der Griff um seine Hand hatte sich beinahe schmerzhaft verstärkt.

„Ich bin nicht unvernünftig. Du hast recht, du hast dich verändert. Da ist ein Teil von dir, Ben, der wundervoll vibrierend und lebendig ist, und sie haben es beinahe geschafft, ihn vollständig zu begraben. Es tut mir weh, dich so zu sehen, wenn ich weiß, dass du irgendwo immer noch rennst, dass du dich irgendwo nicht die Bohne um Anweisungen scherst, die keinen Sinn machen!“ Langsam, sehr langsam, ließ er Siskos Hand los.

Der Captain war von diesem Ausbruch zu verwirrt, um zu wissen, wie er reagieren sollte, so trat er einfach wieder an den Stuhl heran und strich seinem Freund ein paar lose Strähnen aus der Stirn, einzig von dem Wunsch getrieben, den Schmerz in dessen Augen zu lindern.

„Ich weiß, dass ich den Ben vor der Sternenflotte nicht zurückhaben kann“, fuhr Marc schließlich ruhiger fort. „Aber vielleicht einen Ben nach der Sternenflotte?“ Er versuchte ein kleines Lachen. Es funktionierte beinahe. „Es ist möglich, verstehst du. Ich habe von Leuten gehört, die aus der Flotte ausgetreten sind und lebten!“

Sisko erwiderte das Lächeln. „Marc, so sehr ich dich liebe, ich würde niemals in einem veranischen Frachter durch das Wurmloch fliegen, nicht einmal für dich“, sagte er scherzhaft. „Doch du weißt, wo ich zu finden bin. Du bist jederzeit willkommen hier, warum bist du also so besessen von der Idee, dass ich mit dir komme?“

Als er die Frage schließlich beantwortete, war Marcs Stimme so sanft, dass sie kaum zu hören war. „Weil ich dich ebenfalls liebe.“

Es gab keinen Zweifel daran, wie er es meinte.

Sisko stand da, seine Hand auf dem Kopf des jüngeren Mannes, das Lächeln immer noch auf seinem Gesicht, weil er sich noch nicht entschieden hatte, wohin er es sonst hätte schieben sollen - und langsam sanken die Worten des Freundes in Siskos Bewusstsein.

Er hätte verwirrt sein sollen.

Er hätte schockiert sein sollen.

Er hätte... zumindest in irgendeiner Weise reagieren sollen.

Stattdessen stand er einfach nur da, und alles, was er denken konnte, war, wie gut es sich anfühlte, wieder bei ihm zu sein, wie nett es war, diese Worte zu hören.

Es war ihm schwach bewusst, dass Marc erneut seine Hand genommen hatte, und die Finger seine Handfläche sanft massierten. Ohne nachzudenken schloss er seine Finger, um diejenigen des anderen Mannes. Dann brach sich die Realität endlich ihren Weg zu ihm durch. „Ich... denke nicht, dass das eine so gute Idee ist“, stotterte er, dennoch ließ er die Hand nicht los.

Marc blickte einen Augenblick zu ihm auf, ein scheues Lächeln stahl sich über seine Züge. „Die interessantesten Dinge im Leben sind meist keine so guten Ideen.“

Hundert Gedanken jagten sich selbst in Siskos Bewusstsein: Dass die Zimmerdurchsuchung zu lange dauerte, dass er ihn würde durch das Wurmloch fliegen lassen müssen, wenn nichts gefunden wurde, dass er immer noch nicht wusste, welche Art von Fracht Marc überhaupt bei sich haben sollte, dass das wahre Schmugglerschiff sich vielleicht direkt vor ihrer Nase auf den Wurmlochsprung vorbereitete, und dass Jake jede Minute zurück sein konnte... und sah...

Er hatte einen kleinen Schritt vom Stuhl zurück getan, was hieß, dass Marc entweder die Hand loslassen oder aufstehen musste. Er stand auf. Zu seinem Erstaunen fühlte Sisko Erleichterung darüber. Er starrte auf die kleine, blasse Hand in seiner eigenen, fühlte die Wärme des anderen Körpers, auch wenn sie sich nicht berührten.

Nicht wirklich.

Noch nicht.

Später würde er sich selbst zu überzeugen versuchen, dass es Marc war, der die Umarmung begonnen hatte.

„Ich kann nicht“, murmelte er, als seine Arme sich um den Rücken des anderen Mannes schlossen, seine Hände streichelten das dünne Material, spürten das Zittern. Er grub sein Gesicht in Marcs Nacken, als dieser die Umarmung leidenschaftlich erwiderte, die Hände fest gegen Siskos Rücken, seine Hüften gepresst. „Ich kann nicht.“

Und dann ging der Türmelder.

Und dann piepte der Kommunikator.

Als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten, drückte Sisko sich von Marcs Körper fort, berührte den Kommunikator in derselben Bewegung. Sein „Ja, bitte“ war Antwort sowohl auf das Interkom als auch auf den Türmelder.

„Hi Dad, Nog war...“ Jake verschluckte den Rest des Satzes, als er wieder einmal mit einer seltsamen Szene konfrontiert wurde. Marc hatte sich hastig von der Tür fort gedreht. Er stand ein wenig vornüber gebeugt und schien tief erschüttert. Captain Sisko befand sich in der Mitte des Raumes und blickte in die Luft, als ob er auf die Stimme Gottes warten würde.

„Hier spricht Constable Odo“, erklang die Stimme Gottes, und löste so zumindest eines der Rätsel, „Wir haben unsere Suche abgeschlossen. Wie erwartet haben wir nichts gefunden. Ich werde meine Ergebnisse an das Sternenflottenkommando senden, aber es wäre besser, wenn Sie sie ebenfalls abzeichnen würden, Captain.“

„Verstanden.“

Sisko sah seinen Sohn an. Er schien ebenfalls verlegen. „Hallo Jake, habt ihr alles erledigen können?“

Er wartete die Antwort nicht einmal ab, bevor er sich langsam zu Marc umwandte, der mittlerweile wieder ein wenig Haltung zurück erlangt hatte. Die beiden Männer tauschten einen schmerzlichen Blick aus.

„Das ist eine gute Nachricht“, sagte Sisko ohne große Überzeugung. „Nun steht deinem Abflug nichts mehr im Weg.“

Marc nickte gedankenverloren. „Ja, gute Neuigkeiten. Ich nehme an, du musst jetzt gehen...“

„Nur... Routine.“

„Ich werde dich später sehen.“

Sisko nickte kurz, schenkte seinem Sohn ein rasches Lächeln und stürmte dann beinahe aus dem Raum. Erst im Korridor gestattete er, dass das Zittern die Kontrolle über seinen Körper übernahm.
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