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Gesichter des Krieges

von Martina Bernsdorf

Prolog

Sonnenwinde bewegten sanft die farbigen Nebel des Sternensystems.

Ausläufer von Gravitationsfeldern schickten kleine Partikel von Sternenstaub und Asteroiden auf ihre einsame Reise durch die Dunkelheit des Alls. Auf Bahnen, die nur den Gesetzen des Weltalls unterworfen waren, der Unberechenbarkeit von Sonneneruptionen, Sternenwinden und kaum merklichen Gravitationsverschiebungen von weit entfernt explodierenden Supernovas.

Alles bewegte sich im All auf diesen, meist für das menschliche Auge nicht fassbaren Bahnen.

Alles, auch die Metallsplitter, die sich zwischen den Gesteinsbrocken eines vor Jahrmillionen explodierten Sternes einordneten.

Alles, auch die jetzt noch funkensprühenden Einzelteile der Schiffwracks, die sich aber bald in diesem dunkeln und kalten Tanz zwischen den Sternen einfinden würden.

Alles, auch die gefrorenen Körper und Körperteile, von Eissplittern überzogen, mit blicklosen Augen die in die Ewigkeit starrten.

All dies trieb zwischen den Gesteinsbrocken und dem feinen Sternenstaub, folgte der unhörbaren Musik zwischen den Sternen, trieb im Tanz von Gesetzen, die weit außerhalb unbedeutender Kriege standen, weit außerhalb von vergänglichen Leben und eisigen Toden im All.

Lichtblitze umzuckten die Defiant, entluden sich zischend an den Schilden oder verloren sich wirkungslos in der Dunkelheit zwischen den Sternen.

Benjamin Sisko hielt sich an den Armlehnen des Kommandosessels fest. „Ausweichmanöver Delta 1.“

Ensign Nog an der Steuerkonsole reagierte sofort, und die Defiant entging nur um Haaresbreite dem Disruptorfeuer eines schweren Jem´Hadar-Zerstörers.

„Feuer!“ Sisko ignorierte das wilde Beben der Defiant unter seinen Füßen und sprang auf die Beine. „Feuer!“

Kira an der Waffenkonsole brauchte den zweiten Befehl nicht, ihre Fingerspitzen tanzten über der Schaltkonsole, und die Waffensysteme der Defiant entluden blitzend ihre tödliche Fracht.

Das Jem`Hardar-Schiff vor ihnen zerplatzte in einem Aufschwall destruktiver Energie, und die Defiant bäumte sich wild auf, als sie in den Feuerwall des zerstörten Schiffes geriet. Computerkonsolen explodierten, und Schadensmeldungen häuften sich.

Sisko schloß geblendet die Augen, als einer der romulanischen Warbirds unter dem Feuer der Jem´Hadar und Cardassianer von Disruptorstrahlen durchlöchert wurde und brennend und ausglühend in die Dunkelheit des Alls davon trieb.

Klingonische Birds of Prey flogen an ihnen vorbei, warfen sich in das glühende und tödliche Herz der Schlacht. Helden wurden binnen Sekunden geboren und starben ebenso schnell. Schiffswracks taumelten ihrer Zerstörung entgegen und kollidierten mit anderen Schiffen, Freund und Feind schmolzen in diesem Tiegel der Zerstörung zusammen.

„Angriffsmanöver Beta 3!“ Sisko ignorierte das Chaos, das auf der Brücke der Defiant tobte, auch wogte, zerstörte Computerkonsolen glimmten noch, und verletzte Mannschaftsmitglieder lagen auf dem Boden. Es war keine Zeit, über sie nachzudenken, sie auch nur anzusehen. Sisko wusste, dass er sich nicht davon ablenken lassen durfte, wer da auf dem Boden lag, von wem der Gestank nach verbranntem Fleisch stammte. Es würde später Zeit sein, die Verwundeten zu versorgen und die Toten zu begraben, es würde später Zeit sein zu trauern, wenn man noch trauern konnte.

Die Defiant flog durch die Höllenglut explodierender Raumschiffe in das Zentrum der Schlacht.

„Die USS Lexus ist vernichtet worden!“

Dax an der taktischen Konsole hielt sich fest, während die Defiant unter dem feindlichen Feuer erbebte. Wut und Zorn lag in ihrer Stimme. Sisko fragte sich dumpf, wieviele der Leute auf der Lexus sie gekannt hatte, wieviel er selbst gekannt hatte.

Die Lexus hatte unter Captain Vollers´ Kommando gestanden.

Vollers mit seinen dummen Scherzen auf der Akademie. Vollers, mit dem er zusammen durch die Bars gezogen war. Vollers, der bei der Party zu Jakes Geburt dessen kleine Faust, die sich um seinen Finger geballt hatte, angesehen hatte und mit einem Lachen prophezeit hatte, dass Jake mal ein besserer Baseballspieler werden würde als sein Vater.

Sisko schloss für einen Sekundenbruchteil die Augen. Noch ein Name mehr auf den Gefallenenlisten, noch ein Freund mehr, gestorben im Feindesfeuer von Cardassianern und Jem´Hadar.

„Wir nehmen uns das Jem`Hadar-Flaggschiff vor!“ Siskos Stimme übertönte den Lärm auf der Brücke, und er sah, wie Dax grimmig nickte, die gleiche Wut, die er selbst fühlte, war in ihren Augen zu lesen.

Sisko blickte sich auf der Brücke um, las in den Augen der Brückencrew den gleichen Zorn, denselben glühenden Wunsch nach Rache, danach, dieses Jem`Hadar-Schiff explodieren zu sehen, sie dorthin zurückzujagen, wo sie hingehörten.

„Major, feuern Sie nach eigenem Ermessen!“ Sisko bezweifelte nicht, dass Kira besser agieren konnte, wenn sie nicht auf seine Befehle warten musste.

Sie war eine Kriegerin, sie hatte den unfehlbaren Instinkt, wann man die Auslöser der Waffensysteme drücken musste, um den Feind zu vernichten. In ihren Augen brannte das Feuer all jener, die sich in Kampf verloren hatten, sie alle hatten sich willig in die Hände dieses Feuers begeben. Es war gut, und Sisko beschwor die Glut in seinem Herzen, denn nur so würden sie siegen. Nur wenn sie Zweifel und Angst hinter sich ließen.

Es würde später Zeit sein zu trauern, es würde später Zeit sein, um die Dämonen, die man nun beschwor, wieder zu bannen. Jetzt waren sie im Krieg, und es zählte nur das Überleben und der Sieg über den Feind.

Wenn sie versagten, würde das Dominion den Alphaquadranten erobern und nach ihren abartigen Vorstellungen neu ordnen.

Diese neue Ordnung würde den Tod der Freiheit bedeuten.

Würde den Tod für jene bedeuten, die nicht gewillt waren, nach den strikten Regeln der Gestaltenwandler zu leben.

Würde den Tod für all jene bedeuten, die sich nicht unter dieser Diktatur beugen würden.

Jeder Einsatz war es wert, dies zu verhindern.

„Unsere Schilde sind auf 20 Prozent gesunken.“

Dax warnende Stimme klang in Siskos Ohr, während die Defiant auf den schweren Jem´Hadar-Kreuzer zuflog, verschwindend klein gegenüber diesem mächtigen Raumschiff.

„Wir halten am Angriffsmanöver fest, leiten Sie die Energie aus allen verfügbaren Systemen ab, auch von der Lebenserhaltung, wenn nötig.“

Die Defiant flog dicht über die Außenhaut des Jem´Hadar-Kreuzers, glühte in dem Feuer ihrer Verteidigungswaffen auf und beschoss ihrerseits das Raumschiff. Die Phaser stanzten Löcher in die metallene Haut des Jem`Hadar-Kreuzers, lösten kleine Explosionen aus, aber noch war der Kreuzer nicht außer Gefecht gesetzt.

„Dichter ran an die Antriebsgondeln!“

Sisko sprang von seinem erhöhten Kommandositz und trat hinter Kira an die Waffenkonsole. Er hielt sich an der Rückenlehne ihres Sessels fest und blickte mit brennenden Augen über ihre Schulter.

„Wie viele Photonentorpedos haben wir noch, Kira?“

Die Bajoranerin rief die Informationen mit der linken Hand ab, während sie mit der rechten Hand weiterhin die Auslöser der Waffensysteme betätigte und neue Zielerfassungsdaten eingab.

„Drei, Captain!“ Sie hob nur einen Sekundenbruchteil den Kopf und blickte Sisko in die Augen, ehe sie sich wieder auf die Konsole konzentrierte. Sie hatte in seinen Augen gesehen, was sie gehofft und gleichzeitig befürchtet hatte. Er wollte dieses feindliche Raumschiff brennen sehen, und dafür war er bereit, ihre letzten Waffen einzusetzen, egal, was danach kam. Ein Teil von ihr war auf seiner Seite, teilte seine Entscheidung, während ein anderer Teil von ihr versuchte, sich gegen das Feuer der Schlacht zu stemmen, versuchte Sisko zu warnen.
„Setzen Sie die Torpedos ein, Major!“ Sisko taumelte, als ein weiterer Feindestreffer die Defiant erschütterte.

„Ja, Sir!“ Kira hatte die Zielerfassung bereits auf die Koordinaten eingestellt und ließ die letzten Photonentorpedos auf dieses Ziel zurasen.

Die Torpedos schlugen aus kürzester Distanz auf dem Jem`Hadar-Raumschiff ein, trafen die Antriebsgondel, in einem Feuerblitz glühte der Antrieb aus, und die Feuerwalze setzte sich von der Gondel aus über das ganze Jem`Hadar-Flaggschiff fort.

„Ausweichmanöver!“ Sisko krallte sich an Kiras Sessel fest, während die Defiant sich in der Vernichtungswelle des Jem´Hadar-Kreuzers drehte und mit der Welle weg glitt. Das kleine Raumschiff wurde schwer erschüttert, Metall kreischte ohrenbetäubend, die Außenhülle der Defiant verbeulte sich unter der Energie. Metall, Legierungen und Farbe schmolzen und schwärzten sich in der Feuerwalze. Mit einer letzten Erschütterung glitt die Defiant wieder in ruhigeren Raum.

„Ja! Brenne!“ Nog an der Steuerkonsole sprach nur aus, was den meisten auf der Brücke durch den Kopf ging. Sie beobachteten, wie das riesige Jem`Hadar-Schiff vollends zerplatzte und die Wrackstücke brennend auseinanderbrachen.

Jubel erklang unter der Besatzung der Defiant, und Sisko ließ sich zufrieden in seinen Kommandosessel fallen.

„Die Jem´Hadar und Cardassianer ziehen sich zurück, Sir!“ Dax Stimme war von Triumph erfüllt.

Seit Tagen kämpften sie hier in diesem kleinen System gegen die Jem´Hadar und Cardassianer, und das erste Mal, seit sie sich in diesem System in den Kampf verbissen hatten, zog sich die Dominionflotte zurück.

Erneut jubelte die Brückencrew der Defiant, sie hatten alle lang auf diesen Moment gewartet, endlich zu sehen, wie sich die Raumschiffe des Feindes aus diesem System zurückzogen.

Es war nur ein unbedeutendes System, mit wenigen Klasse M-Planeten und kleineren Monden, die allesamt von keinerlei strategischer Bedeutung waren. Aber dies war egal, dies war bisher vom Dominion eroberter Raum gewesen, und jetzt hatten die Kampfverbände von Förderation, Klingonen und Romulanern den Feind zurückgetrieben.

„Sir, es scheint so, als würden sich die Jem´Hadar und Cardassianer wieder neu formieren. Im äußeren Quadranten unserer Sensorenüberwachung.“ Nogs Stimme ließ den Jubel verstummen.

Sisko biss die Zähne zusammen. „Wie ist der Zustand der Defiant?“

Mit grimmigem Blick ließ er die Schadensmeldungen über sich ergehen, ehe er einen Blick zu Dax und Kira warf. Sie waren seine erfahrensten Offiziere auf der Brücke der Defiant, und sie waren seine Freundinnen. Ihrer Einschätzung würde er sich, wenn nötig, beugen.

Dax warf einen Blick auf den Sichtschirm, wo klingonische Schiffe der Vor´Cha Klasse an ihnen vorbeischwirrten, dem Feind, der erneut auf das System zuhielt, entgegen. Irgendwo an Bord solch eines Bird of Prey war Worf. Sie wünschte sich, ihr Mann wäre mit ihr hier auf der Defiant, könnte die Entscheidung mit tragen, die sie zu fällen hatten.

„Unsere Schilde sind auf fünfzehn Prozent gesunken, Sir. Wir können selbst das Niveau nur mit Hilfsenergie aus allen verfügbaren Systemen halten. Ein oder zwei direkte Treffer eines Jem´Hadar-Schlachtschiffes oder eines Cardassianers, und wir sind Geschichte. Wir müssen uns zurückziehen.“

Dax hoffte, dass Worf verstehen würde, warum die Defiant nicht weiter den Kampf bestritt, für einen Klingonen war es ehrenhafter, den Tod in der Schlacht zu finden als sich daraus zurückzuziehen.

„Wir verfügen nur noch über wenig Energie auf den Waffensystemen, und die letzten Photonentorpedos haben wir benutzt, um das Flaggschiff zu zerstören. Es ist besser, sich zurückzuziehen und später den Kampf wieder aufzunehmen.“ Auch Kira war anzuhören, dass sie diese Entscheidung nicht gerne fällte.

„Mr. Nog, setzen Sie Kurs zum nächsten Sammelpunkt.“

„Ja, Sir.“ Nog gab den Kurs ein und blickte mit Erschrecken auf die Anzeigen, die ihm die Sensoren übermittelten. Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen, nicht in die Ferengihocke zu fallen und die Hände um seine überdimensionalen Ohren zu schlingen.
„Jem´Hadar! Sie fallen uns in den Rücken!“

Sisko sprang aus seinem Sessel und war mit einem einzigen langen Schritt neben Nog und überprüfte die Anzeigen. Ihr Kurs führte sie genau in eine Angriffswelle der Jem´Hadar. Während sie gekämpft hatten, musste sich ein Teil der Dominionflotte abgespalten und das Gebiet umflogen haben, um sie von einer unerwarteten Seite aus anzugreifen.

„Ausweichmanöver!“ Sisko sah, wie die Disruptorblitze der Jem`Hadar auf sie zuschossen, wie sich die Energie auf den Schilden entlud, wie die Schilde mit einem letzten Aufflackern verloschen und der nächste Blitz direkt auf die Brücke zuschoss.

Es war als blicke er in das Antlitz der Hölle, in den feurigen Fingerzeig des Todes.
Er wusste, dass sie verloren waren.

Sisko schloss die Augen, ehe die verheerende Energie die Defiant traf und sie in die Dunkelheit schleuderte, in das Vergessen.
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