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Freund oder Feind (3)

von Emony

Kapitel 1

Historische Anmerkung 
Die folgende Geschichte spielt im Jahr 2371

Thomas Riker sah hinüber zu der Frau, der er seit einigen Tagen sein Leben zu verdanken hatte. Ihre Gesichtszüge waren angespannt, während sie die Flugkontrollen bediente und den Plasmastürmen der Badlands auszuweichen versuchte, als sie auf dem Rückweg zum Maquis-Stützpunkt in den Badlands von einem erstaunlich gut verlaufenen Waffenhandel mit den Klingonen waren. Unwillkürlich zupfte ein flüchtiges Lächeln an seinen Mundwinkeln.

Beim Maquis hatte er sich angewöhnt jeden Tag zu leben, als sei es sein letzter. Damit lag er nicht einmal so falsch. Sein Leben war bereits an einem seidenen Faden gehangen, als Ro Laren und einige andere Maquis in dem Arbeitslager aufgetaucht waren, in dem auch er ein Gefangener gewesen war.

Er hatte bereits mit seinem Leben abgeschlossen und sich gefragt, welcher Teufel ihn geritten hatte, als er um Begnadigung und ein Leben in einem der cardassianischen Arbeitslager gebeten hatte. Der Tod war ihm bereits nach wenigen Wochen in dieser Einrichtung wie eine Erlösung erschienen. Er hatte ihn sich sehnlich herbei gewünscht.

Die Cardassianer hatten es genossen, ihm – einem Mitglied des Maquis – das Leben möglichst schwer zu machen. Knochenarbeit und Folter, Einzelarrest und Nahrungsmittelentzug waren an der Tagesordnung gewesen.

„Was starren Sie mich so an?“, drang Ro Larens Stimme in seine Gedanken und holte Riker in die Gegenwart zurück.

Er schüttelte leicht den Kopf, um die Erinnerungen an seine Gefangenschaft loszuwerden. „Entschuldigen Sie, das war keine Absicht.“

„Sie haben gelächelt“, sagte Ro daraufhin und ließ nebenbei ihre Finger über die Konsole gleiten. „Anstatt in Gedanken versunken da zu sitzen, könnten Sie sich mal nützlich machen und mir helfen.“

„Was machen wir hier eigentlich? Ich dachte, wir fliegen direkt nach dem Treffen mit den Klingonen zurück zum Stützpunkt.“ Riker wandte sich seiner eigenen Konsole im Cockpit des kleinen Peregrine-Fighters zu und überprüfte die Koordinaten. „Wir sind vollkommen ab vom Kurs.“

Ro Laren seufzte ergeben. „Richtig. Ich möchte hier noch etwas erledigen, ehe wir zum Stützpunkt zurückfliegen.“

„Was ist so wichtig? Wir sollten zuerst die Waffen abliefern. Sie wissen genau, dass einige unserer Leute sie dringend erwarten.“

Unmittelbar vor ihnen entstand plötzlich ein Plasmawirbel, dem Ro mit einem geschickten Ausweichmanöver entgehen konnte. „Wenn Sie es genau wissen wollen, bin ich auf der Suche nach der ‚Val Jean‘.“

„Die ist zerstört worden, Ro. Das wissen Sie doch genau.“

„Es wurden keine Trümmer gefunden. Nur die Restsignatur einer Energiewelle. Soweit es mich betrifft, könnte die ‚Val Jean‘ vom Kurs abgekommen sein und manövrierunfähig irgendwo durch die Badlands treiben“, erwiderte sie ohne dabei den Blick von ihrer Konsole oder den Plasmastürmen abzuwenden. „Ich würde gerne selbst die letzten bekannten Koordinaten überprüfen, an denen die ‚Val Jean‘ verschwand.“

Für einen sehr langen Moment musterte Riker sie von der Seite. „Gab es jemanden an Bord, der Ihnen wichtig war?“

Ro schwieg und blickte umso verbissener zum Cockpitfenster hinaus, wo die rauen Stürme tobten.

„Ro?“ Ihr Schweigen weckte Rikers Neugierde.

Einen flüchtigen Augenblick löste Ro ihren Blick vom Fenster und sah Riker an. „Ihnen hab ich den Arsch doch auch gerettet, obwohl mich jeder für verrückt erklärt hat. Die anderen hatten Sie aufgegeben und versucht mich davon abzuhalten. Seien Sie also dankbar, dass ich so stur bin und meine Mitstreiter nicht einfach so aufgebe.“

„Ich bin dankbar und das wissen Sie auch. Ich weiß nur bis heute nicht, warum Sie das Risiko eingegangen sind.“

„Das sagte ich bereits, Thomas. Ich lasse niemanden zurück. Schon gar nicht in einem Arbeitslager der Cardassianer.“

„Gehen Sie immer solche Risiken für Fremde ein, nur weil sie zufällig den gleichen Kampf kämpfen?“

„Ich wusste nicht, dass Sie nicht er sind. Ich dachte Sie seien …“ Ro hielt inne und konzentrierte sich wieder auf die Anzeige der Sensoren. Die Scanner des kleinen Fighters waren nicht annähernd so präzise, wie bei den größeren Schiffen, die dem Maquis zur Verfügung standen. Aber da sie sich lediglich zu einem Waffenhandel mit den Klingonen treffen und dabei möglichst unauffällig sein sollte, hatte Kalita ihr lediglich einen Peregrine-Fighter überlassen.

„Jetzt wird mir Einiges klar. Sie glaubten William Riker sei in Gefangenschaft geraten. Sie wollten ihm das Leben retten.“

„Ich wäre es ihm schuldig gewesen. Er ließ mich gehen, als ich zum Maquis überlief.“ Dass sie außerdem eine gewisse Vergangenheit mit Will Riker verband, wollte sie Thomas allerdings nicht erzählen. Es kam der Bajoranerin manchmal so vor, als verliebe sie sich immer in die falschen Männer. Will Riker und Deanna Troi verband nach wie vor eine tiefe Zuneigung. Das hatte sie schnell bemerkt, auch wenn sie damals auf der Enterprise die vage Hoffnung gehabt hatte, dass er sich dennoch für sie entscheiden würde. Dass sie dann zum Maquis überlief hatte ihre Chancen allerdings endgültig zunichte gemacht. Und dann war da noch Chakotay, der mit Seska liiert war. Dennoch war Ro sich sicher, dass er ihre Gefühle erwiderte. Da war Etwas zwischen ihnen, schwer zu definieren und kaum greifbar, aber es war da.

Doch seit einigen Tagen war Chakotays Schiff, die ‚Val Jean‘, spurlos verschwunden und mit ihr vierundzwanzig weitere Maquis-Kämpfer. Nicht alle aus Chakotays Mannschaft waren ihr bekannt, aber doch einige und mit ein paar dieser Leute hatte sie sich sogar lose angefreundet.

Ro Laren wollte sich nicht einfach damit zufrieden geben, dass das Schiff spurlos verschwunden war. Sie konnte die ‘Val Jean’ nicht einfach aufgeben, sie konnte vor allem Chakotay nicht einfach so aufgeben.

„Er ließ Sie gehen … Interessant.“ Erneut musterte Thomas Riker sie von der Seite. „Da ich er bin – in gewisser Weise – kann ich Ihnen sagen, weshalb er sich vermutlich entschloss, Sie gehen zu lassen.“

„Sie mögen denselben Kern haben, Thomas, aber Sie sind nun mal nicht William Riker. Also maßen Sie sich nicht an, zu wissen, was er gedacht haben mag.“

„Er fand Sie attraktiv und bewunderte Ihre Courage“, ließ er Ro wissen, ohne auf ihre Worte einzugehen. „Hätte er sein Herz nicht schon vor Jahren an Deanna verloren, hätte er sich sicherlich in Sie verliebt. Deshalb ließ er Sie gehen.“

Ro war bemüht nicht weiter darüber nachzudenken. Wie kam es überhaupt, dass ihr Gespräch in eine derart private Richtung abdriftete? „Reden wir nicht mehr darüber, Thomas. Ich möchte nur die ‚Val Jean‘ finden. Wir sind auf jeden Mitstreiter angewiesen. Wir können es uns nicht erlauben die Leute im Stich zu lassen, die auf unserer Seite stehen.“

Ein Lichtsignal leuchtete auf Rikers Konsole auf. „Da ist etwas“, ließ er sich aufgeregt vernehmen. „Ein Schiff.“

„Klasse?“ In den Badlands war es schwer Freund und Feind auf Anhieb voneinander zu unterscheiden.

„Nova.“

„Ein Schiff der Föderation hier in den Badlands?“ Ro tauschte einen erstaunten Blick mit Riker. „Ob sie uns schon entdeckt haben?“

Rikers Finger huschten über die Konsole, während Ro Laren ihrerseits einen Kurswechsel eingab, um die Distanz zu ihrem Gegner zu erhöhen. „Wir hätten einfach gleich zum Stützpunkt zurückfliegen sollen.“

„Halten Sie die Klappe!“, fuhr Ro ihn unwirsch an. „Haben sie uns schon entdeckt?“

Riker nickte und ließ sich resignierend gegen die Sessellehne sinken. „Sie rufen uns.“

„Ignorieren. Wir müssen sie nur abschütteln. Wir sind manövrierfähiger und …“ Ein orangefarbener Lichtblitz durchzuckte die unwirtlichen Badlands und traf den Peregrine-Fighter, der daraufhin wie eine Nussschale auf rauer See hin und her geschleudert wurde. Nur mit Mühe gelang es Ro, wieder die Kontrolle über das kleine Schiff zu bekommen, ehe es in einen Plasmastrudel katapultiert wurde.

„Schilde runter auf 56%!“, rief Riker über den Lärm des Alarms hinweg. „Besser wir ergeben uns!“

Wenn es etwas gab, das diesen Riker von dem auf der Enterprise unterschied, dann war es die viel zu schnelle Kapitulation. Irgendwie fehlte Thomas Riker die Hartnäckigkeit, die sie an Will schätzte.

„Kommt nicht in Frage!“ Wut glomm in ihrem Blick auf, als sie Riker für einen Sekundenbruchteil fixierte, ehe sie hastig weitere Befehle in die Navigationskontrollen eingab. „Ich ergebe mich nicht. Wenn mich die Sternenflotte in die Finger bekommt, dann …“

„Landen Sie in Neuseeland“, zuckte Riker die Schultern. „Das ist besser als ein cardassianisches Arbeitslager.“

„Und dennoch keine Option!“, fuhr Ro ihn an. Was dachte er sich nur dabei dermaßen schnell die Flinte ins Korn zu werfen? Insgeheim verfluchte Ro Kalita dafür, dass diese ihr aufgetragen hatte ausgerechnet Riker mit zu dem Waffenhandel zu nehmen.

„Sie holen auf, Ro. Wir können nicht entkommen!“

Als wären die Badlands nicht schon aufgrund ihrer Gravitationsanomalien und Plasmastürme eine Herausforderung für jeden Steuermann, musste Ro nun auch alles aufbieten, um den Phaserschüssen des Sternenflottenraumschiffs auszuweichen. Dass Riker sie bei der Navigation nicht unterstützte, würde sie ihm noch schwer ankreiden. Anstatt ihr zu helfen, versuchte er sie zur Aufgabe zu überreden. Ros Zorn wuchs mit jeder verstreichenden Minute, in denen sie verfolgt wurden.

Plötzlich ging ein Ruck durch den Fighter, der zu einem akuten Halt kam. „Was haben Sie gemacht?“, verlangte Ro von Riker zu erfahren.

„Sie haben uns mit ihrem Traktorstrahl erwischt. Geben Sie endlich auf, Ro. Es ist vorbei.“ Rikers Stimme war inzwischen wieder ruhig. „Wir müssen hier nicht auf Leben und Tod kämpfen. Die Sternenflotte ist nicht unser Feind.“


„Aber auch nicht unser Verbündeter!“, brauste Ro auf und schlug zornig mit der Faust auf die Hauptkonsole. „Verdammt!“ Hätte sie nur nicht unbedingt nach Chakotay und der ‚Val Jean‘ suchen wollen. Nun war es ihre Schuld, dass der Maquis auf eine wichtige Waffenlieferung verzichten musste. Waffen, die nun von der Sternenflotte konfisziert werden würden.

Ihre Gedanken rasten fieberhaft, bis sie eine letzte Idee hatte, von der sie nicht sicher war, ob sie funktionieren würde. Es war gewagt, aber mit etwas Glück würden sie somit dem Traktorstrahl entkommen. Sie beachtete Riker nicht weiter, der neben ihr saß und auf sie einredete. Seine Stimme wurde zum Hintergrundgeräusch, ebenso wie der Alarm und das Ächzen der Außenhülle, als Ro bemüht war, den Fighter zu befreien.

Plötzlich traf etwas hart gegen ihre rechte Schläfe. Weißer Schmerz explodierte in ihrem Schädel und dann wurde alles um sie herum schwarz.

Thomas Riker neben ihr schüttelte bedauernd den Kopf. Er wusste, dass sie ihn irgendwann dafür büßen lassen würde. Er schob sich an ihrem bewusstlos im Sessel hängenden Körper vorbei und deaktivierte den Antrieb, ehe er einen Kommunikationskanal öffnete.

„Schiff der Nova-Klasse. Wir ergeben uns.“

„Verstanden“, drang eine weibliche Stimme aus den Lautsprechern. „Sind Sie verletzt?“

„Ich nicht, aber meine Partnerin.“

„Wir beamen Sie direkt auf die Krankenstation. Halten Sie sich bereit.“

Riker seufzte, dann nickte er, auch wenn es niemand sehen konnte. Dafür wird sie mich irgendwann umbringen.

ENDE

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