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Das Sterben des Lichts

von Nerys

Die Rückkehr

Kapitel 1

Persönliches Computerlogbuch, Captain Kira Nerys - Sternzeit 55201.7

Es ist vorbei. Lieutenant Jaral und ich haben den Verdächtigen letzte Nacht gegen fünfundzwanzighundert im Habitatring gestellt. Sein Name ist Eldan Sabo. In der Zeit des Widerstandes waren wir Kampfgefährten. Bei seiner Verhaftung wirkte er geistig sehr verwirrt und ich bin nicht sicher, ob er mich ebenfalls wiedererkannte. Sein irrlichternder Blick strahlte etwas aus, das ich nur als bedrohlich zu bezeichnen vermag. Das medizinische Gutachten durch Doktor Bashir bestätigt seine Unzurechnungsfähigkeit. Trotz dieses Umstandes schockiert mich die Grausamkeit, mit der Eldan seine Opfer hingerichtet hat. Er will in den großen dunkelhaarigen Männern, bei denen es sich um zwei Bajoraner, einen Menschen und einen Vulkanier handelte, Cardassianer gesehen haben. Man fand alle innerhalb von zehn Tagen mit durchgeschnittener Kehle. Die Tatwaffe ist ein cardassianischer Militärdolch, bei dem es sich um eine Kriegsbeute Eldans handeln dürfte. Die Soldaten tragen diese kompakten und hinterhältigen Waffen, deren Griff dem mythologischen Galor nachempfunden ist, als eine Art Symbol. Obwohl die Besatzung seit Jahren zu Ende ist und wir Frieden haben, scheint die Gewalt, die sein Leben geprägt hat, sein pagh vollkommen vergiftet zu haben. Schon damals waren seine Methoden äußerst zweifelhaft und standen denen der Cardassianer um nichts nach. Doch im Krieg neigt man nicht dazu, viel zu hinterfragen. Zur weiteren Untersuchung des Falles wird er nach Bajor überstellt. Ich bin sehr stolz auf meine Offiziere, die in dieser Sache wirklich hervorragende Arbeit geleistet haben.
Nun erhoffe ich mir ein wenig Ruhe, obwohl mich die Jahre, die ich auf Deep Space Nine meinen Dienst versehe, gelehrt haben sollten, dass es hier niemals wirklich ruhig ist. Die Fastenzeit steht bevor. Julian rät mir dringend davon ab, meine Ernährung während der Schwangerschaft zu sehr umzustellen. Ich beginne daher vorerst mit dem Verzicht auf alles was ausschließlich dem Genuss dient. Bei meinem morgendlichen Raktajino fällt mir das allerdings besonders schwer, da mich dieses Kind latent auszulaugen scheint. Die natürliche Folge einer Interspeziesschwangerschaft sagt Julian. Ich habe noch nicht einmal die Hälfte hinter mir und zähle die Tage bis es endlich vorbei ist. Warum musste ich mich ausgerechnet auf einen Menschen einlassen? Bisher konnte ich mich aufgrund der dringlichen Suche nach Eldan nicht damit befassen, aber nun holt mich die Tatsache ein, dass der besagte Mensch in Kürze auf der Station eintreffen wird. Im Computer ist die Ankunft der Mercury, die nach zwei Monaten aus dem Gamma-Quadranten zurückkehrt, für den heutigen Tag um sechzehnhundert Bordzeit vorgemerkt. Ich bin nicht sicher, ob ich Hector Maze wieder begegnen will. Es war nur eine einzige Nacht, in der die Propheten uns zusammengeführt hatten. Die Wahrheit ist, dass dieses Kind, dessen Leben mit dem Beginn des neuen Jahres anfing, nicht aus Liebe entstand. Es ist ein Produkt der rein körperlichen Begierde. Ich habe den Eindruck, dass die Propheten ein perfides Spiel mit mir treiben.


Mit einem Tastendruck beendete Kira die Aufzeichnung und nippte an ihrem ungesüßten Ingwertee. Sie warf einen Blick auf den Chronometer, der kurz vor fünfzehndreißig zeigte. Die Mercury sollte planmäßig in einer halben Stunde die Station erreichen. Bis dahin beschäftigte sie sich mit den Nachwirkungen der Taten Eldans. In zwei Tagen wurde ein vulkanisches Forschungsschiff erwartet, das den Leichnam des ermordeten Gelehrten Telek in die Heimat überführen sollte. Die beiden toten Bajoraner würden schon in Kürze mit demselben Shuttle zurückgebracht wie Eldan selbst. Damit würde der Mensch als letzter in einer von Julians Kryokammern verbleiben. Der große drahtige Mann namens Damien Chandler diente erst seit knapp einem Jahr an Bord der Station. Kira hatte seine Eltern, die auf der Erde lebten, von seinem Tod unterrichten müssen. Eine scheußliche Aufgabe, selten war ihr ein Gespräch derart schwer gefallen. Die geschockten Gesichter der beiden Eheleute hatten sich in ihrem Geist eingebrannt. Sie konnte sich nicht mehr länger auf die Berichte konzentrieren, die auf ihrem Tisch warteten, und der Rest des Tees war längst kalt. Mit geschlossenen Augen versuchte sie gleichmäßig und entspannt zu atmen, um den meditativen Zustand zu erreichen, der ihren Körper und ihren Geist wieder zur Ruhe kommen ließ. Das Zirpen des Kommunikators drang wie jäher Sturm in bewegungsloser Luft durch den Schleier der Meditation und brachte die Bajoranerin abrupt in die Wirklichkeit zurück. Sie richtete sich in ihrem Sessel auf und tippte auf das Kommgerät, um das Gespräch anzunehmen.
„Dax an Kira“, erlang die helle Stimme des Wissenschaftsoffiziers.
„Ich höre, Ezri“, antwortete sie mit einem verwirrten Blick auf den Chronometer, der zehn vor sechzehhundert zeigte.
Knapp und doch mit hörbarer Aufregung in der Stimme überbrachte die quirlige junge Frau ihre Botschaft. „Die Mercury hat soeben überpünktlich das Wurmloch verlassen und wird in wenigen Minuten an der ihr zugewiesenen Pylone andocken. Captain Nor’Darash bittet dich, sie umgehend dort zu treffen. Näheres hat sie nicht mitgeteilt, sie meinte nur, die Angelegenheit dulde keinen Aufschub.“
„Gut, ich bin auf dem Weg“, entgegnete Kira mit hochgezogener Braue und erhob sich bereits von ihrem Platz, während sie mit einem Tippen auf den Kommunikator den Kanal schloss.
Die Mercury lag sicher an der zugewiesenen Pylone, als die Kommandantin den Andockring erreichte. Der schnelle Schritt schien das Baby aufgeweckt zu haben. Sie legte die Hand auf die nicht mehr zu verbergende Rundung ihres Bauches, während sie beobachtete, wie die große kreisförmige Schleusenpforte langsam beiseite glitt. Dahinter kam der kurze Korridor zum Vorschein, an dessen Ende das Raumschiff verankert war. Captain Nor‘Darash, einer Andorianerin mittleren Alters, war sie bisher nur einmal vor dem Aufbruch der Mercury in den Gamma-Quadranten begegnet. Sie fragte sich, was die andere Kommandantin von ihr wollen mochte, das so dringend war, dass es nicht über Interkom erläutert werden konnte. Dann sah sie die hochgewachsene Frau mit der auffälligen kobaltblauen Haut und dem strengen schneeweißen Haarknoten, aus dem die beiden Antennen kerzengerade hervorragten. Nur die empfindsamen Spitzen zuckten unruhig. Soweit sie über die andorianische Körpersprache Bescheid wusste, war das ein Zeichen von Aufregung. Nor‘Darash kam in Begleitung zweier Sicherheitsoffiziere und eines weiteren Mannes, der sich verwirrt umsah, als vermochte er kaum zu begreifen, was ihm seine Augen offenbarten. Gebannt starrte Kira in das vertraute dunkle Gesicht, in dem sich das Erkennen regte, als sich ihre Blicke trafen. Er lächelte sie an und ihr war, als fiele sie in einen jener Träume, die vor drei Jahren oft, doch mit der Zeit immer seltener zu ihr gekommen waren. Erst als er ihre Hände in die seinen nahm und sie die pulsierende Wärme des Lebens spürte, war sie bereit an die Wahrheit dessen zu glauben, was sie sah.
„Abgesandter“, brachte sie ehrfurchtsvoll hervor.
„Captain“, erwiderte er mit dem für ihn so bezeichnenden schalkhaften Lächeln. „Mir scheint, ich habe einiges verpasst.“
Die Bajoranerin nickte, immer noch verblüfft ob der Surrealität der Situation. „Drei Jahre und zwei Monate, um genau zu sein.“
„Lineare Zeit, daran muss ich mich erst wieder gewöhnen, fürchte ich. Ein Tag oder ein ganzes Leben, für die Propheten spielt das keine Rolle.“ Sein Blick schien für einen Moment an einen Ort zu reichen, der weit jenseits des humanoiden Begreifens lag. Dann erfasste er erneut die rothaarige Frau ihm gegenüber und seine schwarzen Augen blitzten amüsiert über ihre offensichtliche Verwirrung. „Trotzdem bin ich immer noch der gleiche Benjamin Sisko wie vor drei Jahren, Nerys. Ich mag nicht mehr Ihr kommandierender Offizier sein, aber ich bin immer noch Ihr Freund. Auf dem Weg zur Krankenstation können Sie mir einen ersten Eindruck davon geben, was ich verpasst habe.“
„Krankenstation?“, wiederholte sie fragend.
Sein Lächeln wuchs in die Breite. „Nun ja, ich nahm an, Sie würden darauf bestehen, dass mich der gute Doktor Bashir durchcheckt. An Ihrer Stelle täte ich das jedenfalls.“
Kira war so irritiert, dass sie ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte, und nur ein Nicken zustande brachte. Erst jetzt fiel ihr ein, dass der andorianische Captain immer noch mit den beiden Sicherheitsoffizieren in ein paar Schritten Entfernung wartete. Sie bat Nor’Darash um eine Unterredung, ehe sie an Siskos Seite den Turbolift ansteuerte, der sie zum Promenadendeck bringen würde. Trotz des Durcheinanders, das dort für gewöhnlich herrschte, dauerte es nicht sehr lange, bis die ersten Bajoraner erkannten, dass der Abgesandte von den Propheten zurückgekehrt war. Sisko kam nicht umhin, ein paar Worte an die sich ehrfürchtig um ihn scharenden Gläubigen zu richten, wobei seine tiefe volltönende Stimme eine für seinen impulsiven Charakter ungewöhnliche Gelassenheit offenbarte.

Gemeinsam mit Nor’Darash stand Kira im Büro des Stationsarztes, während Bashir im Hauptbereich der Krankenstation damit beschäftigt war, den überraschenden Gast jedem Scan zu unterziehen, der ihm einfiel. Die Antennen der Andorianerin waren aufmerksam nach vorne gerichtet.
„Der Flug unterschied sich nicht von unserer ersten Reise durch das Wurmloch vor zwei Monaten. Alle Werte waren völlig normal“, sagte sie mit ruhiger Professionalität. „Es blieben noch rund dreißig Sekunden bis zum Wiedereintritt in den normalen Raum, als die Brücke auf einmal von diesem warmen Leuchten erfüllt wurde. Es war ein weiches Licht, hell, aber nicht blendend. Bevor ich noch einen Befehl zu geben vermochte, war alles wieder vorbei und Benjamin Sisko stand da. Die Sensoren hatten jedoch nichts Ungewöhnliches aufgezeichnet. Wenn Sie möchten, lasse ich meinen Wissenschaftsoffizier unser Sensorlogbuch überspielen, damit Sie eigene Untersuchungen durchführen können.“
„Das würde ich begrüßen. Ich möchte, dass Lieutenant Dax sich die Daten ansieht“, erwiderte Kira nachdenklich. Sie beneidete Nor’Darash um dieses Erlebnis. Auch wenn sie während der Zusammenarbeit mit Sisko gelernt hatte, ihren Glauben zurückzustellen, so vermochte sie sich dem, was ihr von Kindesbeinen an vermittelt worden war, nicht ganz zu entziehen.
Mit langen Schritten betrat Julian Bashir das Büro. Durch die offene Tür hinter ihm konnte die Bajoranerin einen flüchtigen Blick auf das Biobett erhaschen, auf welchem Sisko aufrecht mit herab baumelnden Beinen saß. Bei ihm stand sein Sohn Jake, der die Hoffnung, seinen Vater eines Tages wieder zu sehen, nie ganz aufgegeben hatte. Im Gesicht des Arztes spiegelte sich jener Enthusiasmus wieder, mit dem er stets an jedes medizinische Rätsel heranging. Aufgeregt wedelte er mit dem Tricorder vor der Nase seiner Vorgesetzten, die ihn mit einer gewissen Ungeduld taxierte.
„Siskos Werte entsprechen ziemlich genau denen seiner letzten jährlichen Untersuchung“, begann er. „Es ist, als hätte es die vergangenen drei Jahre für ihn nicht gegeben. Der einzige Unterschied liegt in der ungewöhnlich hohen neuralen Aktivität. Das ist überaus interessant! Die Werte gleichen denen, die ich damals während seines pagh’tem’fars, wie Sie es nennen, bei ihm gemessen habe. Diesmal scheint ihm das jedoch nicht zu schaden und soweit ich es beurteilen kann, erfreut er sich bester Gesundheit. Er ist nur sehr verwirrt. Ich habe ihm ein wenig Ruhe verordnet, Jake wird ihn erst einmal mit in sein Quartier nehmen.“
Kira nickte zufrieden. Obwohl sie überzeugt davon war, dass die Veränderungen, die Sisko in den Händen der Propheten erfahren hatte, mit Tricordern nicht messbar waren, ahnte sie, dass sich das Sternenflottenkommando nicht mit dieser Einstellung zufrieden geben würde. Ehe sie zusammen mit dem andorianischen Captain die Krankenstation verließ, beauftragte sie den Arzt damit, die gesammelten Daten eingehenden Tests zu unterziehen. Während Nor’Darash den Turboift zum Andockring nahm, begab sich Kira wieder auf die Ops, wo sie bereits erwartet wurde. Sie wies Dax an, sich um das Überspielen des Sensorlogbuchs der Mercury zu kümmern und teilte ihrem Ersten Offizier Nicolai Kalinin in wenigen Worten die Neuigkeiten mit. Der bärbeißige Russe zog skeptisch seine buschigen Brauen zusammen. Sie wusste genau, dass es ihm auch nach drei Jahren noch schwer fiel, anzuerkennen, dass das Wurmloch und die darin lebenden Geschöpfe Geheimnisse umgaben, die sich mit den Methoden der Wissenschaft nicht ergründen ließen. Für sie selbst war die Balance zwischen ihrem Glauben als Bajoranerin und den nüchtern wissenschaftlichen Ansichten der Sternenflotte beinahe zu einem Drahtseilakt geworden, seit sie die Uniform eines Captains trug. Sie brauchte keine Geräte, um in ihrem Inneren zu spüren, dass die Propheten nicht ohne Grund eben jenen Moment gewählt hatten, um den Abgesandten wieder zurück nach Bajor zu entsenden.
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