TrekNation

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Von Goldfischen und Gorillas

von Heidi Peake

Kapitel 1

Kai Winn war weder für ihre übermäßige Geduld bekannt, noch für ihre grenzenlose Bescheidenheit - und beide Umstände bescherten ihr eine profunde Befriedigung. Mit dem Titel Kai kamen diverse Privilegien, und sie hatte schon vor langer Zeit beschlossen, diese in gesamtem Ausmaß zu genießen. Eines dieser Privilegien war es, von Untergebenen absolute Aufmerksamkeit und Ehrfurcht zu fordern - und zu erhalten.

Etwas in der Art wie seine Augen in alle Richtungen abzuschweifen schienen, nur um dann einen Punkt einige Meter hinter ihrem Kopf zu fixieren, und dem leichten Zucken in seinem Mundwinkel, sagten ihr, dass sie von dem Mann auf dem Monitor im Augenblick keines von beiden erhielt.

Es verärgerte sie besonders, weil sie ihn für diese Nachricht ausgewählt hatte, gerade weil sie es liebte, ihn seinen Respekt zollen zu sehen. Sie verengte ihre Augen, lehnte sich ein wenig vor und flötete: „Vedek Bareil, geht Ihnen irgendetwas durch den Kopf?“

Bareil focht einen kurzen aber aussichtslosen Kampf gegen die aufkommende Röte in seinen Wangen. Sein Kopf war nicht wirklich der Körperteil, der ihn im Augenblick beschäftigte. In der Tat versuchte er seine Aufmerksamkeit sehr wohl auf Kai Winn zu konzentrieren. Er atmete tief durch und sandte ein stummes Dankgebet an die Propheten, welches die Tatsache betraf, dass das Sichtfeld der Übertragungen nur begrenzt war.

„Es ist ein leichter Anflug von... Erkältung, denke ich“, murmelte er. Die plötzliche heftige Armbewegung hinter seinem Rücken hätte seine Worte Lügen gestraft, selbst wenn sie überzeugend geklungen hätten.

Während ihr Lächeln nur leicht ins Wanken geriet, streckte Kai Winn ihren Hals, um einen Blick auf den Raum hinter dem Vedek werfen zu können.

Diese Geste entging Bareil nicht und er bewegte sich elegant zur Seite, indem er vorgab, einen Schluck Wasser aus einem Glas neben dem Bildschirm zu nehmen. Er gab Winn damit einen guten Ausblick auf den leeren Hintergrund.

Er konnte es sich leisten, so großzügig zu sein, denn hinter ihm war nicht das Problem.

Unter ihm war es schon eher.

Unter ihm lag Major Kira Nerys über dem Bett mit wenig mehr an ihrem Körper als einem strategisch platzierten Stück Laken, einem lasziven Lächeln - und einem klingonischen Zeremonienstab. Der Stab besaß ein gepolstertes Ende, welches ein lautes, aber nicht zu störendes Geräusch machte, wenn es mit dem Boden in Berührung kam. Es wurde verwendet, um bei offiziellen Treffen die Aufmerksamkeit auf die Ankunft wichtiger Gäste zu lenken. In wahrer Klingonenart war das andere Ende mit etlichen scharfen Klingen in einfallsreichen Winkeln dekoriert, welche verwendet werden konnten, um die Hälse der Gäste zu durchtrennen, sollte sich deren Wichtigkeit plötzlich als irrelevant erweisen. Kira hatte darauf bestanden, den Stab aus dem Übungsbereich mitzubringen, weil er so ein praktischer Gegenstand sei.

Im Augenblick benutzte sie ihn dazu, um die Robe des Vedek von Zeit zu Zeit zu heben. Er hatte diese in Eile über seinen Körper geworfen, als der Ruf der Kai eingetroffen war. Kira berührte mit dem Stab zärtlich seinen nackten Hintern.

Er sollte dankbar sein, dachte er bei sich, während es ihm schließlich gelang, die Kai mit etwas ähnlichem wie einem ernsthaften Lächeln zu beruhigen, dass Kira beschlossen hatte, das gepolsterte Ende zu verwenden.

„Verstehen Sie die Schwere der Angelegenheit, Vedek?“

Bareil neigte seinen Kopf in Respekt. „Ich verstehe, Eure Eminenz. Ich fühle mich geehrt, dass Ihr mich dafür auserwählt habt, diese wichtige Aufgabe zu erfüllen. Ich werde bis Mittag nach Bajor zurückkehren, um Eure Anweisungen entgegenzunehmen.“

Die Kai seufzte, zufrieden eine Antwort zu erhalten. „Das werden Sie. Die Propheten werden Sie führen.“ Die Weise, in der sie jede Silbe betonte, ließ es beinahe nach einer Drohung klingen.

Mit gesenktem Kopf wartete Bareil verzweifelt auf das schwache Geräusch, welches das Ende der Übertragung anzeigte. Als es schließlich zu hören war, gab er ein lautes Stöhnen von sich, das mit einer leichten Erkältung nur sehr schwer zu erklären gewesen wäre. „Nerys, nimm diesen Stab fort. Augenblicklich!“

„Ich fühle mich geehrt, dass Ihr mich auserwählt habt...“, äffte sie seine Stimme nach, während sie den Stab neben sich auf die Matratze warf. „Du fühlst dich geehrt! Du hast Urlaub, verdammt, Antos! Warum findet diese Frau immer ehrenvolle Aufgaben für dich, wenn du zufällig ein paar Tage frei hast?“

Der Vedek wandte sich um, lächelnd über ihre Verärgerung. Er beugte sich über ihr Gesicht, welches Dolche nach ihm zu werfen schien, dann drehte er seinen Kopf so, dass Kira auf dem Kopf stand. Er küsste sie auf die Nasenspitze.

„Genaugenommen hat Kai Winn eine ganze Schublade gefüllt mit solchen Aufgaben, die sie jedes Mal öffnet, wenn ich dich besuchen komme.“

Kira verzog ihre Lippen. „Damit bist du wahrscheinlich näher an der Wahrheit als du vermutest.“ Sie konnte ihren Ärger nicht aufrecht erhalten, nicht, wenn Bareils Gesicht sie aus einem Winkel heraus anlächelte, der normale anatomische und gravitatorische Überlegungen unmöglich machte. „Was ist denn an diesen Bergen überhaupt so wichtig?“ wollte sie stattdessen wissen.

Ein schwaches Stirnrunzeln huschte über Bareils Züge, als er sie sanft beiseiteschob, um Platz neben ihr zu finden. „Das ist es eben. Sie sind tatsächlich wichtig.“ Er nahm ihre Hand und begann damit, jeden einzelnen ihrer Finger mit großer Konzentration zu massieren. „Jahre vor der Besetzung gab es eine Spaltung im Orden. Vedek Karem hatte etwas entdeckt, von dem er überzeugt war, dass es sich um eine der Tränen der Propheten handelte. Es war ein Objekt von ähnlicher Form, aber wesentlich kleiner, und niemand konnte dessen Funktion herausfinden. Dennoch bestand der Vedek darauf, dass es zu ihm mit der Stimme der Propheten sprach. Es gab einen ziemlichen Aufruhr. Er und eine kleine Gruppe seiner Gefolgsleute gingen mit dem Objekt in die Zarai-Berge. Es wird nicht oft darüber gesprochen, denn die Spaltung, die das verursachte, war tief und nicht alle Beteiligten handelten ... besonnen.“

Kira erhob sich auf einen Ellbogen, ihr Blick immer noch ein wenig verwirrt.

„Und was sollst du jetzt tun?“

Bareil lächelte sie hilflos an. „Ich bin mir nicht sicher, Nerys. Geschehnisse lassen einige Leute denken, dass Vedek Karem vielleicht doch recht hatte, dass das Objekt in der Tat auf eine Weise mit den Propheten verbunden war. Ich denke, meine Hauptaufgabe wird es sein, herauszufinden, ob es die Besetzung überstand und es zurückzubringen, damit es entsprechend untersucht werden kann. Die Zarai-Berge sind seit der Besetzung nicht weiter erforscht worden... es kann sein, dass sogar noch Gefolgsleute von Karem existieren.“ Mit einem Seufzen erhob er sich vom Bett und trat wieder an den Bildschirm. „Es ist eine würdige Aufgabe, wenn ich auch darin übereinstimme, dass der Zeitpunkt etwas sorgfältiger hätte gewählt werden können.“

„Was für Geschehnisse? Warum sind sie plötzlich wieder an der Sache interessiert?“ Kiras Stimme wurde durch das Geräusch der Laken teilweise überdeckt.

Bareil nahm einen weiteren Schluck aus dem Wasserglas. „Sie haben Karems Tagebuch in einem alten Flügel des Klosters gefunden. Unter den Dingen, von denen er behauptete, dass die Propheten sie ihm kundgetan hätten, war auch die Tatsache, dass eine Rasse von Echsen erscheinen und 50 Jahre Dunkelheit über Bajor bringen würde.“ Er konnte hören, wie Kira scharf den Atem einsog. „Das war etwa 20 Jahre bevor der erste Cardassianer seinen Fuß auf Bajor setzte.“

In der Stille, die seinen Worten folgte, begann er, mit seinen Fingern durch das Haar zu kämmen, um sich wieder eine angemessene Erscheinung zu verleihen.

Er hörte ein sanftes Flüstern vom Bett. „Antos, was machst du da?“

Mit einem kurzen Blick über seine Schulter erklärte er: „Ich mache mich fertig, ich muss mittags zurück auf Bajor sein.“

„Du hast nichts davon gesagt, ob es früher oder später Mittag werden würde...“

„Nerys, bitte, die Kai wartet...“

„Ich ebenfalls....“

„Je schneller ich gehe, desto schneller kann ich zurück...“, er erstarrte mitten in der Bewegung. Hinter sich hörte er Kira leise kichern.

„Hast du dich umentschieden?“ fragte sie unschuldig.

Der Vedek senkte seine Hand sehr langsam und nickte mit dem Kopf. „Ich glaube, mich daran zu erinnern, dass ich später Mittag sagte“, murmelte er.

„Gut!“

Kira schlug die Decke zurück, die sie über ihren nackten Körper gezogen und mit welcher sie den Zeremonienstab verborgen hatte, der sich nun wieder mit dem Hintern des Vedek beschäftigte.

Dieses Mal benutzte sie das scharfe Ende.

* * *


Kira Nerys saß brütend an einem Tisch in Quark‘s, halbherzig damit beschäftigt, dem Ferengi giftige Blicke zuzuwerfen, wann immer dieser es wagte, sich ihr zu sehr zu nähern.

Zu sehr war für den Moment in etwa definiert durch die Länge der Bar geteilt durch zwei. Der Ferengi hatte damit begonnen, das Servieren der Drinks in jener Hälfte, die zu Kiras Hälfte der Bar geworden war, Rom oder den Dabo-Mädchen zu überlassen, während er sich um die andere Hälfte kümmerte.

Major Kira wartete auf Jadzia Dax, - und Quark ebenfalls. Kira griff niemals jemanden tätlich an, wenn sie sich in der Gesellschaft der Trill befand.

Zumindest bisher noch nicht.

Als Dax die Bar ein paar Augenblicke später betrat, sank Quarks Herz. Mord lag in ihren Augen und herannahendes Desaster in ihrem Schritt. Sie marschierte direkt auf Kiras Tisch zu, wobei sie beinahe Rom umrannte, der sie begrüßen wollte. Die beiden Ferengi tauschten einen raschen Blick und beschlossen, dass heute Nacht Überlegungen des Profits nicht mehr auf Tisch vier angewendet werden würden. Das einzige, was einem Ferengi mehr wert war als Profit, war sein Leben.

Dax zog den freien Stuhl Kira gegenüber beiseite und ließ sich schwer darauf fallen. Kira hob eine Augenbraue und für einen Moment saßen die beiden Frauen einfach nur da und starrten einander in Untergangsstimmung an.

„Okay, Jadzia“, sagte Kira schließlich. „Wie schlimm war es?“

“Wie schlimm ist schlimm?“ Dax wandte sich um und winkte ein Dabo-Mädchen heran, um eine ziemlich große Bestellung aufzugeben, dann faltete sie ihre Hände auf dem Tisch und seufzte tief. „Es begann eigentlich ziemlich gut.“

Der Grund, warum Dax mit Kira hatte sprechen wollen, hatte etwas mit einer Verabredung zu tun, welche sie die Nacht zuvor mit einem ziemlich gutaussehenden Frachterpiloten gehabt hatte. Den Großteil des Tages hatte sie damit zugebracht, Kiras Meinung zu Kleidung und Drinks zu erfragen, und im Allgemeinen aufgeregt zu sein. Aber als sie heute Morgen Ops betreten hatte, hatte sogar Commander Sisko einen Schritt beiseite getan.

„Er hat mir Blumen gebracht“, Dax’ Hand beschrieb die Größe des Straußes in der Luft, recht großzügig, wie Kira vermutete. „Er machte mir Komplimente zu meinem Kleid, er bemerkte sogar mein Haar! Welcher Mann registriert heutzutage denn noch die Frisur einer Frau?“

Kira lächelte, Dax konnte Dinge mit ihren Haaren anstellen, die nicht einmal ein Blinder hätte ignorieren können.

„Wir hatten ein wunderbares Abendessen.“

„Und...“

„Er war höflich, fürsorglich, er sagte all die richtigen Dinge, seine Manieren waren ausgezeichnet! Und er konnte seine Augen nicht von mir nehmen.“

„So...?“

„Und dann, als wir zurück zu meinem Quartier gingen, tat er es! Oh Nerys, es war grässlich!“

„Was passierte?“

„Er nahm meine Hand und küsste sie...“

„Und?“

„Und dann sagte er: Du weißt, Jadzia Dax, ich respektiere dich wirklich!“

Mit einer Stimme stöhnten die beiden Frauen auf, doch aus sehr verschiedenen Gründen.

„Jadzia!“ Kira musste den Impuls laut zu lachen unterdrücken. „Es sind schon wesentlich schlimmere Dinge passiert!“

„Nein, nicht mir!“ Aber auch die Trill konnte nicht mehr länger ein Grinsen zurückhalten. „Zumindest nicht in letzter Zeit.“

Die beiden Frauen kicherten einen Moment lang, was ihnen einen sehr überraschten Blick von dem Dabo-Mädchen einbrachte, welches sich ihrem Tisch eher zögernd mit den Drinks genähert hatte.

„Was hast du also zu ihm gesagt?“ wollte Kira wissen.

Dax hob ihr Glas in stummem Salut und nahm einen tiefen Schluck. „Ich sagte, dass mich sein Respekt nicht interessierte, ich wolle nur seinen Körper.“

Kira verschluckte sich beinahe an ihrem Getränk.

Dax grinste triumphierend. „Du hättest sein Gesicht sehen sollen!“

„Du wirst dir da einen ziemlichen Ruf einhandeln.“

„Darauf kannst du Gift nehmen! Ich brauche einen Mann!“

Ermutigt durch das Gelächter hatte sich Quark in Richtung ihres Tisches gewagt. Ein geschäftiges Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht bei den letzten Worten der Trill. Die beiden Offizierinnen tauschten einen kurzen Blick aus, dann wandten sie sich wie eine Person zu dem Ferengi um und bedachten ihn mit eisiger Verachtung. Mit einem Wimmern zog er sich in die Sicherheit seiner Theke zurück.

„Du willst also einen Mann, der dich nicht respektiert?“ fragte Kira grinsend.

„Ja! Nein! Nun... er kann mich ja hinterher respektieren.“ Dax legte eine Hand auf diejenige von Kira und lächelte sie offen an. „Zumindest habe ich dich zum Lachen gebracht. Wie macht sich Bareil im Augenblick?“

„Du kannst ihn nicht haben!“

„Keine Gefälligkeiten für eine alte Freundin?“

„Nein, absolut nein! Es ist schlimm genug, dass ich ihn mit Winn teilen muss, wie es aussieht.“ Kira seufzte und erwiderte das Lächeln ihrer Freundin. „Ich weiß es nicht. Ich habe seit drei Tagen nichts mehr von ihm gehört. Das letzte, was ich mitbekommen habe, ist, dass er und seine riesige, große Sicherheitstruppe bestehend aus zwei Prylaren die Berge erreicht haben. Es gibt dort keine Straßen, keine Häuser. Niemand hat sich darum bemüht herauszufinden, ob die Cardassianer diese Ecke von Bajor überhaupt verlassen haben. Und wegen der wichtigen religiösen Bedeutung dieser Expedition besteht Kai Winn darauf, dass nur eine minimale Anzahl von Leuten Bareil begleitet. Nur Angehörige des Ordens. Hast du eine Vorstellung davon, wie viel Überlebenstraining du in einem Kloster beigebracht bekommst?“ Sie seufzte erneut, „Manches Mal frage ich mich, warum Winn Antos nicht einfach von einem Balkon stößt und die Sache damit erledigt.“

„Nun, wenn es dort so verlassen ist, werden sie ihre Probleme haben, Botschaften zu senden...“

„Sie haben ihre Kommunikatoren!“

„Vielleicht haben sie die Mönche gefunden, von denen du mir erzählt hast, und diese glauben, dass Kommunikatoren den Frieden der Propheten stören könnten...“ Die Trill hob ihre Hände verteidigend, als Kira ihr einen vernichtenden Blick schenkte. „Was ich versuche zu sagen, ist, dass es einige Möglichkeiten gibt, die wahrscheinlicher sind als dass alle drei von einem Erdrutsch erwischt worden sind.“

„Ich weiß“, Kiras Schultern senkten sich, und sie nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Glas. „Es ist nur so frustrierend. Sie sollten jetzt schon auf ihrem Weg zurück sein. Die ganze Angelegenheit hätte nur eine Woche dauern sollen.“

„Hast du versucht, mit der Kai zu reden?“

„Reden? Jadzia, wenn ich das Gesicht von dieser Frau sehe, dann ist das einzige, was mir in den Sinn kommt, danach zu spucken! Ich schwöre dir, wenn Antos irgendetwas passiert ist, dann...“

„Lt. Dax?“ Der junge Sternenflotten Fähnrich war schon eine Zeit lang in der Nähe des Tisches gestanden, darauf wartend, dass eine Pause in der Unterhaltung entstand. Als er bemerkte, dass Major Kira dabei war, sich in einen ihrer berühmten Ausbrüche zu reden, beschloss er, dass der letzte mögliche Moment gerade vorbeigezogen war. Indem er sehr nahe hinter Dax stand und damit außerhalb von Kiras Reichweite, vollbrachte er das schwierige Unterfangen, die Bajoranerin zu unterbrechen.

Beide Frauen wandten sich um und sahen ihn überrascht an.

„Verzeihen Sie die Unterbrechung, Lieutenant. Aber... eine Botschaft erreichte uns für Sie, gerade nachdem Sie Ihren Dienst beendet hatten. Ich... ich wusste nicht, wo ich Sie finden konnte.“

„Eine Botschaft?“ Dax hob eine Augenbraue und betrachtete das leicht verknitterte Stück Papier in der Hand des jungen Mannes. Es war leicht verknittert, weil er nervös mit den Fingern spielte, während er versuchte, Kiras Blick zu meiden. „Auf Papier?“

„Es war... codiert... von Bajor... mit einem Kurier...“

Dax beendete die Pein des Fähnrichs, indem sie das Papier aus seinen Fingern fischte.

„Vielen Dank“, sagte sie, während sie lächelnd registrierte, dass der Mann sich verneigt hatte und aus der Bar gestürmt war, bevor sie ihren Satz zu Ende hätte bringen können. In der nahen Zukunft musste sie etwas gegen den Ruf ihrer Freundin unternehmen...

„Codierte Botschaft, hey?“ Kira grinste.

„Vielleicht ist sie von meiner Verabredung, und er erzählt mir, dass er mich immer noch respektiert...“ Dax faltete das Papier auf und las es, während sie mit Kira sprach. Sie verstummte und ein irritierter Ausdruck schlich sich auf ihre Züge. „Es stammt von einem Mann, der sich Prylar Borin nennt“, sagte sie.

Kira grapschte nach dem Papierstück, bevor sie realisierte, was sie tat.

„Borin ist einer der Männer, die Antos begleiten“, erklärte sie, während ihre Augen über die Zeilen flogen. „Was bei den Propheten soll das?“

„Ich weiß es nicht, ich hatte nicht die Chance, es zu lesen...“, bemerkte die Trill vorsichtig.

Mit einem verlegenen Lächeln gab Kira ihr das Papier zurück. „Sie fragen nach deiner Hilfe“, erklärte sie. Unter normalen Umständen wäre der Unglauben in Kiras Stimme eine Beleidigung für Dax gewesen, aber im Augenblick drückte er einfach nur ihre eigenen Gefühle aus.

„Meine Hilfe?“ Sie begann den Brief laut in einer stenographischen Weise zu lesen. „Entdeckten magnetische Komponente, die Kommunikatoren unterbricht... blablabla - senden mit einem Kurier... blabla ... würde Ihre Hilfe als Expertin in Kommunikation und Transmitter... blabla... Vedek Bareil grüßt Major Kira.... Sie wollen wirklich, dass ich komme und ihnen helfe... Wie seltsam.“ Sie blickte zu Kira auf. „Aber immerhin hast du jetzt eine Erklärung für ihr Schweigen. Sie haben sich selbst in magnetischen Fels eingegraben! Typisch Priester!“

„Jadzia, das gefällt mir nicht. Wenn sie einen Kurier mit einem Papier zurücksenden können, dann können sie auch einen Kurier mit einer aufgezeichneten Botschaft zurücksenden.“

Dax schwieg. Der Gedanke war ihr ebenfalls gekommen. Schließlich steckte sie das Papier ein und stand auf.

„Was wirst du machen?“ fragte Kira.

Dax schenkte ihr ein Lächeln. „Was glaubst du? Ich werde Benjamin aufsuchen und ihn um ein paar Tage Urlaub für zwei seiner Senior-Offiziere fragen. Ich bin sicher, er wird erfreut darüber sein.“

* * *


Erfreut war nicht unbedingt das richtige Wort, aber mit dem Ausblick konfrontiert, dass Dax schmollte und Kira sich tagelang Sorgen um Bareil machte, war Sisko zu dem Entschluss gekommen, dass DS9 sehr gut ohne die beiden für ein paar Tage auskommen würde.Er würde es jedenfalls.

Nun standen sie in der Bar eines Raumhafens in der bajoranischen Hauptstadt und mussten allmählich erkennen, dass die Zarai-Berge nicht gerade das beliebteste Ziel unter den Shuttle-Piloten darstellten. Diejenigen, die wenigstens wussten, wo sie zu finden waren, entschuldigten sich mit den Schwierigkeiten, die durch die hohe magnetische Strahlung verursacht wurden. Sie konnte eine verheerende Wirkung auf die Konsolen der leichten Transporter ausüben, welche für den planetaren Transport benutzt wurden.

Dieser Teil der Mitteilung des Kuriers schien also zu stimmen.

Die dritthäufigste Entschuldigung, die sie nach „Ich weiß nicht, wo das ist, Ma’am“ und „Ich möchte mein Schiff nicht riskieren, Ma’am“ zu hören bekamen, war „warum nehmen Sie nicht eines ihrer neumodischen Sternenflotten-Gefährte für die Aufgabe, die sind viel besser ausgestattet.“

Dax begann die Tatsache zu bedauern, dass sie sich nicht umgezogen hatte, in dem fehlgeleiteten Glauben, dass ein wenig Sternenflotten-Präsenz sie rascher zu ihrem Ziel bringen würde. Es schien, dass die Meinung über die Sternenflotte auf Bajor weniger vorteilhaft war als die Regierung sie glauben machen wollte.

Sie kehrte zur Bar zurück, wo Kira es mit ein paar weiteren Kandidaten versucht hatte, und griff nach dem Glas, das dort wartete, um einen tiefen Schluck zu nehmen.

„Zur Hölle! Wenn uns jemand ein Pferd anbietet, würde ich hin reiten“, fluchte sie.

Kira blickte sie mit einem peinlich berührten Lächeln an, welches sie irritierte. Dann entdeckte Dax, dass Kira eigentlich nicht sie anblickte, sondern einen Punkt etwas hinter ihr, was sie nur noch mehr irritierte. Sie war gerade dabei, sich umzuwenden, als eine Hand auf ihre Schulter fiel.

„Ich verstehe es ja, dass Sie Ladys ein wenig verzweifelt werden, aber das ist kein Grund, mein Bier zu stehlen.“

Dax betrachtete das Glas in ihrer Hand, dann Kira, welche an der Bar lehnte und hinter deren Arm sie die Form von zwei Gläsern ausmachen konnte. Dann wandte sie sich schließlich im Griff des Mannes um.

„Sag an, schöner Mann, hast du irgendwelche Pläne für heute Nacht?“ fragte sie mit einem einzigartig entwaffnenden Lächeln.

Der bajoranische Pilot hinter ihr war einiges jünger und kleiner als sein starker Griff und seine Stimme hätten vermuten lassen. Er zog seine Hand zurück und stotterte etwas über Trinken, während ihm das Blut in den Kopf schoss.

Dax ließ ein erleichtertes Seufzen hören.

„Ich sage Ihnen was“, erklärte sie, als sie das Glas wieder auf die Bar zurückstellte. „Ich ersetze es Ihnen und bestelle Ihnen noch eines, wenn Sie uns zu den Zarai-Bergen bringen.“ Als er nicht sofort reagierte, fügte sie hinzu: „Wenn Sie nett sind, gebe ich Ihnen vielleicht sogar einen Gute-Nacht-Kuss.“

Der Pilot schaffte es, etwas an Kontrolle zurückzubekommen.

„Nun, das ist ein Angebot! Was wollen zwei liebliche Ladys wie Sie in diesen langweiligen Felsen?“ fragte er.

„Wir haben gehört, dass dort wirklich aufregender Magnetismus vor sich gehen soll“, erklärte Kira mit einem süßen Lächeln.

„Ja“, stimmte Dax zu, als sie es irgendwie schaffte, noch großäugiger als Kira zu wirken, „und wir haben gehört, dass das hübsche Dinge mit den Shuttle-Kontrollen anstellt.“ Sie hatte ihre Stimme angehoben, so dass all die mutigen Piloten in der Bar ihren Austausch mitbekamen.

„Hübscher Magnetismus, ey?“ Der junge Pilot blickte sein Glas nachdenklich an. „es wäre tragisch, dort draußen mit zwei so außergewöhnlichen Ladys eine Bruchlandung zu machen.“

„Tragisch“, echote Kira, während sie einen kurzen Blick mit der Trill tauschte, welcher die Unterhaltung sichtlich Spaß machte.

„Grausam“, sagte diese. „mit nichts anderem zu tun, als den Himmel anzustarren...“

„Sie haben Ihren Piloten, Ma’am. Für einen Drink und einen Gute-Nacht-Kuss bin ich der Ihre.“ Die Augen des jungen Bajoraners hielten den Blick von Dax in einer Weise gefangen, die Kira so allmählich Sorgen machte.

„Mögest Du leben, um deine Worte zu bereuen“, murmelte sie, bevor sie den Arm ihrer Freundin packte. „Okay, dann lasst uns gehen. Es wird spät und wir wollen doch nicht zu viel von dem spektakulären Magnetismus verpassen.“
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