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First Day

von Martina Bernsdorf

Kapitel 1

Scherben knirschten unter ihren Stiefelsohlen, Major Kira Nerys blickte nachdenklich auf die glitzernden Stückchen, die willkürlich über den Boden verteilt waren und im matten Licht funkelten.

Es war ein seltsam hübscher Anblick, inmitten all der Zerstörung. Kira hob den Blick wieder und ließ ihn über die Promenade schweifen. Ein Teil des Decks lag im Dunkel und verbarg die Verwüstungen, die dort sicherlich warteten, gnädig vor ihren Augen.

Der Rest des Decks war mit Scherben, abgebrochenen Wandverkleidungen und unregelmäßig über den Wänden verteilten Phaserspuren verunstaltet.

Anscheinend hatten die Cardassianer auf Terok Nor eine rauschende Abschiedsparty gegeben, deren einziger Sinn und Zweck war, möglichst viel zu vernichten, bevor es den Bajoranern in die Hände fallen konnte.

Angesichts des schnellen Abzuges war das Ausmaß an Vernichtung fast schon eine Spur von Bewunderung wert. Sie hatten rasch und effektiv gearbeitet, nur dass Kiras Bewunderung dafür von Zynismus und Hass gefärbt war.

Eine heruntergerissene Plasmaleitung verteilte funkensprühende Blitze über das Deck und das grelle Licht ließ kleine Schmerzexplosionen in Kiras Gehirn stattfinden.

Sie ignorierte den Kopfschmerz geflissentlich, es war nicht nötig, dass der kleine Einsatztrupp, den ihr die provisorische Regierung zugestanden hatte, mitbekam, dass ihr kommandierender Offizier an den übelsten Nachwirkungen eines Katers litt - auch wenn die meisten dieses Gefühl wohl teilten.

Kira schloss für einige Sekunden die Augen, ihre Leute mochten dies vielleicht als meditative Sammlung angesichts der Vernichtung deuten, aber es war die Rückbesinnung auf die letzten zwei Tage.

Wie hatte dieses berauschende, wunderbare Gefühl des Sieges, der gewonnenen Freiheit, so schnell schwinden können? Seit die Cardassianer ihren Abzug begonnen und innerhalb von nur 35 Stunden vollzogen hatten - waren nur zwei Tage vergangen.

Kira meinte, noch den Jubel der Bajoraner in ihren Ohren zu vernehmen, obwohl diese Erinnerung nun seltsam schal war. Sie erinnerte sich an die wildfremden Leute, die sich umarmt hatten wie alte Freunde - die zusammen durch die Straßen getanzt waren, ihre Freiheit feiernd.

Das Gefühl der Einheit, ein Teil von allen Bajoranern zu sein, war in diesem Moment sehr stark gewesen und Kira hätte sich nie vorstellen können, dass es dann so schnell verschwand.

Ganz Bajor hatte die Freiheit gefeiert, Wein und andere Getränke waren in Strömen geflossen und trübten nun die Erinnerungen. Die Ernüchterung war sehr schnell gekommen - in einem fremden Bett, von dem sie nicht wusste, wie sie hineingelangt war - und den Anblick eines hübschen, jungen Mannes, der sich an ihren Namen genauso wenig erinnerte, wie sie sich an seinen.

Nicht, dass sie das weiter gestört hätte, nur das Gefühl der Peinlichkeit, das sich in ihr Herz schlich, war unangenehm. Sie hatte das gemeinsame Frühstück, das der junge Mann sichtlich verlegen anbot, abgelehnt und sich in die Einsatzzentrale des militärischen Kommandostabes begeben.

Als sie durch die Straßen der Stadt ging, die an jeder Ecke und jedem Haus Spuren der cardassianischen Besatzung zu tragen schien, war ihr bewusst geworden, dass der Krieg vielleicht vorbei war, aber man die Verluste noch lange zählen würde.

Kira öffnete die Augen wieder und hob die Schultern, der Stoff der roten Uniform eines Majors kratzte an ihrem Hals. Sie widerstand der Versuchung, den Finger in den Kragen zu stecken, niemand sollte merken, wie eng und unangenehm ihr diese Uniform vorkam.

Sie teilte den technischen Stab ihres Einsatzkommandos dazu ab, die Energieversorgung des Lebenserhaltungssystems zu gewährleisten, und schickte bis auf zwei Mann den Rest auf Erkundung der Station und Lage aus.

Nachdenklich blickte sie den Bajoranern in Uniform nach, die sich so bewegten, wie sie es seit Jahren gewohnt waren, leicht geduckt, mit einen Angriff rechnend - Soldaten im Kriegsgebiet. Kira runzelte die Stirn, warum hatte sie angenommen, es könne anders sein? Dies war eine Station der Cardassianer! Terok Nor, wo man so viele ihrer Landsleute geschunden hatte, in der Erzveredelung bluten ließ und für die geringsten Vergehen exekutierte - dies war Kriegsgebiet!

Kiras Hand legte sich unwillkürlich auf ihren Phaser, es wäre dumm anzunehmen, die Cardassianer hätten nicht manch unliebsame Überraschung hinterlassen.

Laute Stimmen voller Zorn und Wut, die über das Promenadendeck hallten, lenkten Kiras Schritte in diese Richtung. Es war egal wo sie anfing. Bis die Föderation kam, um Bajor zu helfen, und dieser Gedanke war von Ironie und grenzenloser Wut erfüllt, war dies ihre Station.
Nicht, dass sie sich um dieses Kommando gerissen hätte, es war viel mehr Anzeichen dafür, dass die Freiheit ganz und gar nicht den Geschmack hatte, den Kira angenommen hatte.

Im Kommandostab war alles in heller Aufregung gewesen, Generäle und Widerstandsgruppen, die noch Tage vorher Seite an Seite gekämpft hatten, stritten sich um Titel und Zuständigkeiten - der bittere Vorgeschmack des Chaos, das noch folgen sollte.

Kira hatte ihre Meinung über dieses kleinliche Kompetenzgerangel lautstark und wenig schmeichelhaft für die Beteiligten von sich gegeben. Die Folge war, dass sie sich nur wenige Stunden später an Bord eines Shuttles, der sie nach Terok Nor brachte, wiederfand.
Terok Nor oder Deep Space Nine, wie man die Station umbenannt hatte, und beide Namen ließen Kiras Temperament überschäumen. Der erste Namen wegen der Erinnerung an die Cardassianer, aber der jetzige Namen ärgerte sie fast noch mehr.

Deep Space Nine - kein bajoranischer Name, sondern die Verbeugung der provisorischen Regierung vor der Föderation. DS9 - das war Starfleet, nicht Bajor.

Mochte die provisorische Regierung, die Kiras Geschmack nach viel zu instabil war, lange behaupten, dass Starfleet nur zum Schutz von Bajors Grenzen und um Hilfestellung bei der Verwaltung der Station zu bieten, gerufen worden war.

Hatte sie dafür seit ihrem zwölften Lebensjahr gekämpft? Dass sie diese Station aufrecht erhielt, bis die neuen Herren sie in Besitz nahmen?

Auf Bajor tobten bereits heftige Debatten um die Hinzuziehung Starfleets - die zu noch größeren Sprüngen zwischen den einzelnen Parteien führten.

Radikalere Widerstandsgruppen hatten angekündigt, Starfleet als Feind zu betrachten, als neue Besatzungsmacht. Kira war geneigt, ihnen zuzustimmen - sie brauchten kein Starfleet. Vielleicht war sie am falschen Ort, sie sollte auf Bajor sein, um sich auf die richtige Seite zu stellen.

Nur war es inzwischen so schwierig geworden zu ergründen, welche Seite die richtige war.
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