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Rhazaghan (2)

von Gunni Dreher

Kapitel 1

Der Mann von der Sicherheit hatte Mühe, seine Überraschung zu verbergen.
"Unglaublich, was in letzter Zeit so alles auf die Station kommt." raunte er seinem Kollegen zu, der den Wachdienst mit ihm teilte. "Nun sieh dir den an!"
Ihre Aufmerksamkeit galt einem hochgewachsenen Mann, der soeben in den Gang eingebogen war und sich auf sie zubewegte. Bei dem Aussehen handelte es sich mit Sicherheit um keinen Angehörigen der Sternenflotte. Diese pflegten selbst in der Freizeit keine enganliegenden, aus gefärbtem Leder bestehenden Kleidungsstücke zu tragen, es sei denn, man war vielleicht dabei, ein ausgefallenes Holoprogramm aufzusuchen. Zudem hätte die dunkelrote Haarmähne, die dem Ankömmling über Schultern und einen Teil des Rückens fiel, selbst bei dem gutmütigsten Vorgesetzten einen Tobsuchtsanfall ausgelöst. Am meisten verblüffte den Wächter jedoch das Geschöpf, das den Mann wie selbstverständlich begleitete.
Als der Fremde zwei Schritte vor ihnen noch immer keinerlei Anstalten machte, stehenzubleiben, hob der Wachmann die Hand und hielt ihn an.
"Entschuldigen Sie, Sir! Ich weiß nicht, ob Sie einen Termin beim Admiral haben, aber mit diesem Tier kommen Sie hier nicht rein." Er warf einen mißtrauischen Seitenblick auf die orangebraune, mit einer lebhaften Streifenzeichnung versehene Kreatur und glaubte sich erinnern zu können, so etwas schon einmal hinter dickem Panzerglas gesehen zu haben.
"Den Bestimmungen nach hätten Sie Ihr Haustier noch nicht einmal auf die Station bringen dürfen." erklärte er.
Der Ankömmling richtete sich zu beunruhigender Größe auf und warf dem Wächter einen eisigen Blick zu. Sein Gesicht verdunkelte sich.
"Es handelt sich nicht um mein Haustier!" erwiderte er mit mühsam beherrschter Stimme. "Dies ist meine Gefährtin!"
Im nächsten Augenblick öffneten sich zischend die Türflügel hinter den Sicherheitsleuten und Admiral Hagman trat in den Durchgang.
"Tarkin von den Vari!" begrüßte er den Mann liebenswürdig und lächelte. "Ich freue mich, daß Sie meiner Einladung gefolgt sind."
Er bemerkte die düstere Miene seines Gastes und senkte den Blick auf das gestreifte Geschöpf.
"Oh, verzeihen Sie, Aslari! Ich hatte Sie eben nicht bemerkt. Ich hoffe, Sie können mir diesen uncharmanten Fehler verzeihen."
"Bitte machen Sie sich keine Gedanken, Admiral!" erwiderte jenes mit einer weichen weiblichen Stimme. "Es ist ein durchaus erwünschter Effekt der Krallenluum, nicht aufzufallen."
Tarkin verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ihr Wachmann machte mich soeben darauf aufmerksam, daß es nicht erlaubt wäre, Haustiere auf die Station mitzunehmen."
Hagmans Gesicht fuhr zu seinem Adjutanten herum, der hinter ihm erschienen war.
"Wer ist für die Unterrichtung der Wachen zuständig?" fragte er in einem Tonfall, der für den Betreffenden nichts Gutes erahnen ließ.
Sein Untergebener lief rot an.
"Ich kümmere mich darum, Sir!"
"Dafür wäre ich Ihnen in der Tat dankbar." erwiderte der Admiral verärgert. "Es ist unverzeihlich, daß meine Gäste gekränkt werden, nur weil man es nicht für nötig hielt, die Wachleute hinreichend zu informieren."
Er wandte sich an seine Besucher.
"Bitte verzeihen Sie vielmals! Wenn ich Sie hereinbitten darf?"
Als beide der Einladung gefolgt waren und das Besprechungszimmer betreten hatten, ließ sich Aslari ohne Umstände in der Mitte des Raumes nieder. Tarkin dagegen legte die wenigen Schritte zu der breiten Fensterreihe zurück, hinter der kalt die Sterne glänzten. Er stützte sich mit vorgestreckten Armen auf den breiten Rahmen und wandte seinen Kopf leicht nach rechts, als erwarte er von dort etwas.
"Entschuldigen Sie bitte, Admiral! Aber ich habe nur selten Gelegenheit, die Narhamak zwischen den Sternen zu beobachten."
Hagman öffnete eine Karaffe mit saurianischem Brandy, der ausschließlich für Besucher reserviert war und lächelte verständnisvoll.
"Sie brauchen sich deshalb nicht zu entschuldigen. Ich erinnere mich, daß ich während meiner Zeit als Captain jede Gelegenheit nutzte, mein Schiff von außen zu sehen. Wenn man etliche Wochen im Inneren einer solchen Konstruktion gelebt hat, neigt man dazu, es zu vergessen, welch einen atemberaubenden Anblick sie eigentlich bietet. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?"
Tarkin sah noch immer abwartend nach draußen.
"Wenn Sie an Bord der Station gutes Wasser haben... Da ist sie!"
Von der rechten Fensterseite aus rückte ein stattliches Schiff mit dem Aussehen eines Raubvogels ins Blickfeld. Tarkin verfolgte es aufmerksam mit den Augen.
Admiral Hagman wandte sich Aslari zu.
"Wie ist es mit Ihnen? Möchten Sie etwas trinken?"
Das gestreifte Geschöpf blinzelte. "Ich bevorzuge ebenfalls Wasser, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Wenn Sie vielleicht ein möglichst breites Trinkgefäß für mich hätten?"
Der Admiral verschloß die Karaffe wieder und sah mit einer gewissen Verlegenheit zu seinem Untergebenen. Dieser reagierte sofort dienstbeflissen.
"Ich werde das Nötige aus der Bar besorgen, Sir! Wenn Sie einen Augenblick warten wollen?"
Er begab sich zur Tür. Aslari sah ihm nach.
"Wenn es zu viel Mühe macht, könnte ich auch wechseln. Ihr Adjutant hätte nicht extra meinetwegen den Raum verlassen müssen."
"Aber ich bitte Sie! Das macht keine Umstände. Die Bar liegt lediglich ein Stockwerk über uns. Sie werden sehen, er wird gleich zurück sein."
In der Tat hatte der Mann kurz darauf das Gewünschte gebracht, was den Admiral in die Lage versetzte, seine Gäste bedienen zu können. Tarkin beobachtete verdrossen die Kohlendioxidbläschen, die in seinem Glas aufstiegen. Als er zu Aslari sah, die im Begriff war, sich über eine flache Schale zu beugen, erwiderte sie seinen Blick und zwinkerte. Daraufhin stellte er mit einem Seufzer sein Glas ab.
"Ich hoffe doch, Sie hatten einen problemlosen Herflug." bemerkte Hagman.
Tarkin sah auf. "Wir mußten keine Angriffe durch cardassianische oder Jem´Hadar-Schiffe abwehren, wenn Sie das meinen." antwortete er. "Bisher ist es ohnehin erstaunlich ruhig in unserem Sektor. In der Nähe von Rhazaghan hat sich noch kein Feindschiff blicken lassen."
"Ich fürchte, ich muß Ihnen mitteilen, daß sich das wahrscheinlich bald ändern wird." seufzte der Admiral. "Wie Sie wissen, läuft der Krieg nicht gut für die Föderation. In letzter Zeit haben wir schwere Verluste an Leben und Schiffen hinnehmen müssen, dabei war der kürzliche Fall von Betazed sowie einiger anderer Planeten ein besonders harter Schlag. Dadurch ist nun ein Korridor entstanden, der etliche Welten, darunter auch Ihre, in den unmittelbaren Gefahrenbereich rückt. Die Sternenflotte sieht sich aber momentan kaum in der Lage, ihre Präsenz in diesem Sektor zu verstärken. Offen gestanden sind wir froh, daß gerade Ihr Planet mit seinen Dilithiumvorkommen eine starke Flotte zu seiner Verteidigung unterhält. Aus diesem Grund würden wir gern die Bitte an Rhazaghan richten, einige Schiffe einzusetzen, um einen Teil des Sektors zu schützen."
Tarkin wirkte nicht uninteressiert.
"Ich habe für diese Bitte durchaus Verständnis, Admiral! Ich bin selbst der Ansicht, daß es gefährlich ist, sich auf die unmittelbare Verteidigung des Planeten zu beschränken. Leider werden voraussichtlich die Clanführer anderer Ansicht sein. Es wird ihnen nicht gefallen, Rhazaghan teilweise zu entblößen, daher fürchte ich, daß ich Ihnen ihre Antwort bereits voraussagen kann."
"Ich habe gehört, daß Ihr Planet Schiffe besitzt, die bisher noch nicht zur Verwendung kamen." bemerkte der Admiral hoffnungsvoll.
Tarkin zog die Brauen hoch.
"Die schlafenden Schiffe? Sie schlagen vor, die schlafenden Schiffe zum Einsatz zu bringen? Ich fürchte, das ist unmöglich. Sie waren von jeher als Reserve für im Kampf beschädigte Sternschwingen gedacht. Wir wären überhaupt nicht in der Lage, zusätzliche Schiffe zu bemannen. Wie Sie wissen, ist unsere Bevölkerungszahl verglichen mit der der meisten anderen Föderationsplaneten recht klein. Hinzu kommt, daß ein Teil von uns ständig mit der Versorgung der übrigen beschäftigt ist."
Tarkin erhob sich und begann im Raum auf und ab zu gehen, während Aslari ihm mit den Augen folgte.
"Als wir seinerzeit bei der Schlacht von Rhazaghan die Cardassianer vertrieben, waren die fünf Schiffe, die wir besaßen, noch stark bemannt. Wir hatten mit Entermanövern von Seiten der Cardassianer gerechnet und außerdem haben wir damals noch nicht so viel den Schiffen selbst überlassen können. Mittlerweile fliegen wir nur noch mit Minimalbesatzungen. Als wir seinerzeit unsere Clanschwester vermißten, entschlossen wir uns, alle drei Vari-Schiffe für die Suche einzusetzen. Wir gingen mit so geringer Mannschaftsstärke an Bord, wie es nur irgend möglich war, dennoch mußten wir bei den Nachbarclans um Hilfe bei der Versorgung der Zurückgebliebenen bitten. Sie sehen also, es ist uns einfach nicht möglich, noch weitere Schiffe in Betrieb zu nehmen."
Er blieb stehen und sah Hagman offen an.
"Es sei denn, die Sternenflotte schickt uns Leute, die wir dafür ausbilden können."
Der Admiral schüttelte niedergeschlagen den Kopf.
"Ich würde Ihnen diesen Wunsch gern erfüllen, aber bei der augenblicklichen Situation können wir nirgendwo Personal entbehren. Ich sagte Ihnen ja schon, daß unsere Verluste in der letzten Zeit außerordentlich hoch gewesen sind. Irgendwo Leute abzuziehen, ist absolut unmöglich."
Tarkin schwieg und tauschte nachdenklich einen Blick mit Aslari, die aufrecht und mit gespitzten Ohren dasaß. Dann trat ein unternehmungslustiges Funkeln in seine Augen.
"Wie ich gehört habe, hat die Föderation seit kurzer Zeit einen neuen Verbündeten."
Hagman runzelte die Stirn.
"Sie reden von den Romulanern?"
"So ist es! Wie wäre es, sie um Unterstützung in dieser Sache zu bitten? Sie haben immerhin ein Interesse daran, daß das Dominion und die Cardassianer in erster Linie auf Föderationsgebiet beschäftigt gehalten werden. Sie müßten für diesen Einsatz noch nicht einmal ihre Schiffe riskieren. Das einzige was wir benötigten, sind Leute."
Der Admiral überlegte einen Moment.
"Mir leuchten Ihre Argumente durchaus ein. Zudem habe ich eine vage Vorstellung, an wen speziell Sie wahrscheinlich denken. Ich kann nach den Vorkommnissen in der Neutralen Zone durchaus verstehen, daß Sie zu manchen Romulanern ein gewisses Vertrauen entwickelt haben. Dennoch muß ich Sie warnen: Die romulanischen Oberkommandierenden werden mit Sicherheit auch mit Spionagetätigkeit beauftragte Leute zu Ihnen schicken."
Der Rhazaghaner lächelte, und seine Augen wurden schmal.
"Sollen Sie! Das einzige, was die bei uns in Erfahrung bringen werden, ist, wie man eine Sternschwinge fliegt."
Der Admiral zögerte noch etwas. Dann gab er sich einen Ruck.
"Nun gut!" Er erhob sich. "Vielleicht wäre das in der Tat die Lösung unseres Problems. Sollten Sie die Clanführer Ihres Planeten für diesen Plan gewinnen können, so wird sich das Oberkommando der Sternenflotte unverzüglich an die romulanische Regierung mit der Bitte um Unterstützung wenden."
Tarkin nickte. "Abgemacht! In Kürze wird eine Clanführerversammlung stattfinden, dort werde ich das Anliegen der Föderation unterbreiten. Sollte es auf Zustimmung stoßen, werden Sie von uns hören."
Als die Rhazaghaner beim Verlassen des Raumes die Wachen passierten, streckte Tarkin wie beiläufig die Hand aus und strich Aslari liebevoll über das Fell. Sie reagierte darauf, indem sie sanft den Kopf an seinem Bein rieb. Die beiden Sicherheitsleute beobachteten sprachlos den Austausch der Zärtlichkeiten, um den beiden anschließend nachzusehen, bis sie um die Ecke bogen und außer Sicht gerieten.
Während sie gemeinsam dem Gang folgten, warf Aslari von der Seite einen prüfenden Blick hinauf in das Gesicht ihres Gefährten. Wie sie vermutet hatte, zeigte es noch immer einen Hauch von Übermut.
"Hältst du es für richtig, eine solche Entscheidung auf dieser Basis zu treffen?" fragte sie leise.
Tarkin sah zu ihr herunter und legte scheinbar erstaunt den Kopf zur Seite.
"Es hat dich sehr geärgert, daß du damals an Bord der Narhamak keine Gelegenheit mehr hattest, dich mit ihm zu messen, nicht wahr?" fuhr sie fort. "Und da hast du dir gedacht, wenn es schon keine Möglichkeit für dich gibt, zu ihm zu gelangen, so könnte man ihn vielleicht kommen lassen, habe ich recht?"
Er sah sie vergnügt an.
"Mag sein! Aber wir sind uns doch beide darüber einig, daß Rhazaghan Hilfe benötigen wird. Und die haben wir zugesagt bekommen, oder nicht?"
Auf dieses Argument hin fiel Aslari keine Erwiderung mehr ein.
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