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Beim siebten Morgengrauen

von Martina Strobelt

Kapitel 1

Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.
(Bajoranische Weisheit)

Kira rannte. Hinter sich hörte sie die Rufe ihrer Verfolger, die sehr siegesgewiss klangen. Als die Bajoranerin die nächste Biegung des Weges erreichte, entdeckte sie auch den Grund dafür. Kira kannte sich in dieser Gegend aus. Nur noch wenige Meter, dann wurde diese Anhöhe durch eine tiefe Schlucht durchbrochen, über die eine schmale Hängebrücke führte. Die Bajoranerin hatte vorgehabt, den schwankenden Holzsteg so schnell wie möglich zu überqueren und auf der anderen Seite zu kappen, im günstigsten Fall gerade in dem Moment, wenn die Cardassianer sich darauf befanden.

Es war kein schlechter Plan, er hatte nur einen Nachteil. Jemand anderes war ihr bei der Ausführung offenbar zuvorgekommen, die Brücke war nicht mehr da.

Kira stieß einen herzhaften Fluch aus. Heute schien nicht ihr Tag zu sein. Erst war sie dieser verdammten Patrouille in die Arme gelaufen und nun dies.

Für einen kurzen Moment spielte sie mit dem Gedanken, das Messer aus ihrem Stiefelschaft zu ziehen. Aber welchen Sinn hatte es, sich einem Kampf zu stellen, den sie unmöglich gewinnen konnte? Die Soldaten waren zu siebt und allesamt schwer bewaffnet. Gegen diese Übermacht hatte sie nicht den Hauch einer Chance.

Kira verspürte nicht die geringste Lust, hier auf dieser Lichtung für nichts und wieder nichts zu sterben, oder, was zweifellos noch schlimmer wäre, den Cardassianern gar lebend in die Hände zu fallen. Daher ließ sie schweren Herzens das Messer an seinem Platz und suchte fieberhaft nach irgendwelchen Fluchtmöglichkeiten.

Nur leider waren diese im Augenblick mehr als begrenzt. In ihrem Rücken eine Horde cardassianischer Soldaten und vor ihr nichts als ein bodenloser Abgrund.

Entschlossen packte Kira die Überreste der zerstörten Brücke. Sie zwang sich, nicht darüber nachzudenken, wie tief sie fallen und welche Knochen sie sich - ganz abgesehen von ihrem Genick - dann brechen würde, wenn die Cardassianer, was zu befürchten stand, auf die Idee kommen sollten, die letzten Verankerungen zu lösen. Es gab nur diesen einen Weg und sie gehörte nicht zu den Leuten, die sich über Dinge den Kopf zerbrachen, die sie ohnehin nicht ändern konnten.

Die Wutschreie der Soldaten begleiteten die Bajoranerin, als sie nun so eilig wie es die zerfransten Stricke und zerbrochenen Bretter der zerstörten Brücke zuließen, abwärts zu klettern begann.

Wie erwartet machten die Cardassianer keine Anstalten, ihr zu folgen. Warum sollten sie sich in Gefahr begeben abzustürzen, wenn sie die Sache genauso gut auch von der Sicherheit des festen Bodens der Anhöhe aus erledigen konnten?

Der Anführer der Patrouille beugte sich über den Rand der Klippe.

„Du kleines Miststück entgehst uns nicht! Komm sofort wieder hoch, sonst schneiden wir die Seile durch und du bis schneller bei deinen Propheten, als dir lieb ist! - Wie du willst", fuhr er fort, als Kira stattdessen ihr Tempo in die entgegengesetzte Richtung steigerte. „Los, verhelft der bajoranischen Schlampe zu einem freien Flug!“

Kira hielt sich nicht damit auf, den Cardassianer über seine Abstammung aufzuklären. Das unangenehme Rucken, das die Stricke unter ihren Fingern durchlief, warnte sie, dass sie keine Zeit für eine solche Unterhaltung hatte.

Der Boden unter ihr war noch einige Meter entfernt, als sich die Verankerung der Brücke unter einem gezielten Phaserschuß in Rauch auflöste.

Verzweifelt griff Kira nach einigen freihängenden Wurzeln, suchte nach Unebenheiten in der Felswand, an die sie sich klammern konnte. Doch da war nichts.

Gegen ihren Willen stieß die Bajoranerin einen lauten Entsetzensschrei aus, während sie nun den Bäumen unter ihr entgegenfiel.

Das letzte, was Kira Nerys bewusst wahrnahm, war das unheilverkündende Krachen, mit dem sie mitten in ein Gewirr von Ästen stürzte, dann wurde es Nacht um sie.

* * *


Aislinn liebte den Wald und nutzte jede sich bietende Gelegenheit, zwischen den hohen, dunklen Stämmen entlang zu wandern. Sie dankte den Propheten, dass sie als Tochter eines Heilers, der für seine Kunst wildwachsende Kräuter benötigte, stets einen Grund hatte, die Enge der dörflichen Gemeinschaft gegen den Duft von Nadeln und Harz einzutauschen.

Und diesmal hatte sie sogar einen besonders guten. Es kam nicht oft vor, dass ein Vedek das Dorf besuchte. Deshalb wollte man ein kleines Fest veranstalten, dessen Höhepunkt ein Abendessen im Haus ihres Vaters sein sollte. Ihre Aufgabe bestand darin, jene Kräuter zu sammeln, die einem echten Hasperat seine besondere Würze verliehen.

Gerade hatte Aislinn das, was sie suchte, neben einem Lamar-Busch entdeckt, als sie ein Geräusch aufschrecken ließ. Erschrocken sprang sie zurück, um wenig später überrascht auf den Körper einer jungen Frau zu starren, die scheinbar aus dem Nichts mitten vor ihre Füße gefallen war.

Doch ihre Verblüffung dauerte nur wenige Sekunden an, dann hatte sie sich wieder gefasst. Die Bajoranerin vor ihr auf dem Boden stammte nicht aus dem Dorf, was Aislinn vermuten ließ, dass sie zum Widerstand gehörte. Offenbar war sie von der Klippe gestürzt.

Die Unbekannte blutete aus mehreren Wunden, die sie sich beim Aufprall zugezogen hatte, und wahrscheinlich war mehr als nur einer ihrer Knochen gebrochen. Aber das leichte Heben und Senken ihres Brustkorbes bewies, dass sie zumindest noch lebte.

Allerdings, sie in ihrem jetzigen Zustand zu bewegen ...

Aislinn zögerte, dann schob sie den Gedanken an die damit verbundene Gefahr beiseite. Diese Freiheitskämpferin hatte sich bestimmt nicht freiwillig entschlossen, den direkten Weg nach unten zu nehmen. Die Tochter des Heilers musterte die blassen Züge der Bewusstlosen. Jemand wie diese Frau zog es mit Sicherheit vor, beim Transport in ein Versteck zu sterben, anstatt von einem cardassianischen Suchtrupp gefunden zu werden.

Aislinn rief sich alles ins Gedächtnis, was ihr Vater sie über den Umgang mit Verletzten gelehrt hatte, bevor sie sich bückte, vorsichtig zupackte und die Unbekannte unter Aufbietung all ihrer Kraft anhob.

Während sie die bewusstlose Widerstandskämpferin nun mehr über den weichen Waldboden schleifte, denn trug, schickte Aislinn ein stummes Gebet zu den Propheten, dass die Verletzte diese grobe Behandlung überstehen würde - und verfluchte zum ersten Mal in ihrem Leben die Tatsache, dass ihre innere Stärke größer war als ihre Körperkraft.

* * *


Der Vedek war noch ziemlich jung für sein hohes geistliches Amt, doch das störte weder ihn, noch die Menge, die sich in einer Mischung aus Begeisterung und Ehrfurcht um ihn drängte. Bareil wusste nicht genau, wie viele Kinder er in der knappen halben Stunde, die er sich nun hier in diesem Dorf befand, gesegnet hatte. Aber er vermutete, dass mehr als ein Elternpaar der Ansicht gewesen war, dass man in diesen schlimmen Zeiten gar nicht genug Schutz von den Propheten erhalten konnte. Und wer war er, dass er das Recht hatte, all die besorgten Mütter und Väter darauf hinzuweisen, dass ihr Sprössling bereits an der Reihe gewesen war. Außerdem liebte er kleine Kinder sehr und die Wiederholung der Prozedur machte ihm genauso viel Freude wie den glücklichen Eltern.

Etwas abseits stand ein hochgewachsener Bajoraner, dessen würdevollen Zügen eine gewisse Alterslosigkeit anhaftete, dessen ergraute Schläfen jedoch zeigten, dass er die Mitte seines Lebens bereits überschritten hatte. Der rechte Arm des Mannes lag auf der Schulter eines jungen Mädchens, dessen Gesicht vor Aufregung glühte.

„Der Vedek wird wirklich bei uns essen, Vater?“

„Ja, Rulan.“ Liebevoll strich er ihr eine Strähne ihres langen schwarzen Haares aus der Stirn.

„Und dann wirst du mit ihm über meine Bitte reden?“

„Nun“, er lächelte. „Ich glaube, dass du alt genug bist, um ihn selbst zu fragen. Schließlich wollen wir bei Vedek Bareil nicht den Eindruck erwecken, dass es nicht deine eigene Entscheidung ist, in sein Kloster einzutreten.“

Rulan nickte, ohne den Geistlichen vor sich aus den Augen zu lassen. Seit sie denken konnte, hatte sie davon geträumt, ihr Leben den Propheten zu weihen. Mochte Aislinn eines Tages in die Fußstapfen ihres Vaters treten und eine Heilerin werden. Ihr selbst war ein anderer Weg bestimmt, das hatte sie schon immer gewusst. Wie immer, wenn sie an ihre ältere Schwester dachte, fühlte Rulan wie eine Welle der Zuneigung ihr Bewusstsein durchflutete. Nach dem Tod ihrer Mutter vor fünf Jahren war es Aislinn gewesen, die sich um ihre jüngeren Geschwister gekümmert hatte. Dakar Jaron war ein begnadeter Heiler, doch die Sorge für seine Kinder hatte er stets seiner Frau überlassen und ohne seine älteste Tochter wäre er vermutlich am Schmerz zugrunde gegangen und die Familie zerbrochen. Andererseits, war sie das nicht ohnehin...

Ihre zwei Brüder hatten sich vor drei Jahren dem Widerstand angeschlossen. Dakar Jaron hatte den Hass seiner Söhne verstanden, ihren Wunsch für Bajors Freiheit zu kämpfen. Doch für ihn als Heiler war es unvorstellbar, eine Waffe in die Hand zu nehmen. Jedes Leben war für ihn heilig, sogar das eines Cardassianers. Seine Söhne hatten das nie begriffen und im Streit das Haus verlassen. Niemand wusste, was aus ihnen geworden war.

Aus den Augenwinkeln bemerkte Rulan, wie ihre Schwester mit eiligen Schritten den Platz überquerte und zu ihnen trat, ohne dem Geistlichen und den um ihn versammelten Dorfbewohnern auch nur die geringste Beachtung zu schenken.

„Wo bist du so lange gewesen Aislinn?“ Dakar warf seiner ältesten Tochter einen tadelnden Blick zu.

„Du musst mich begleiten, Vater!“ Ihre Stimme klang ruhig, aber ein leichtes Zittern verriet ihm, dass ihre Gelassenheit nur äußerlich war.

„Aislinn, was ...“

„Für Erklärungen ist jetzt keine Zeit! Bitte komm, ich werde dir alles unterwegs erzählen!“

Ihre dunklen Augen versicherten ihm stumm, wie wichtig ihr Anliegen war, baten ihn, keine unnötigen Fragen zu stellen.

„Du bleibst hier, Rulan“, wandte sich Dakar nach kurzer Überlegung an seine andere Tochter, die das Gespräch mit wachsener Sorge verfolgt hatte. „Falls jemandem unsere Abwesenheit auffällt, dann sag ihm, dass wir mit der Vorbereitung des Festmahls beschäftigt sind und ...

Der Heiler erhielt keine Gelegenheit, seinen Satz zu beenden.

Von einer Sekunde zur nächsten tauchten mehrere cardassianische Soldaten auf, und dann fauchten auch schon Phaserschüsse über den Platz und verwandelten ihn in einen Ort des Chaos an dem Männer, Frauen und Kinder schreiend durcheinander rannten, von dem verzweifelten Bestreben getrieben, sich in Sicherheit zu bringen.

Einzig der Vedek war ungeachtet der Gefahr stehengeblieben und forderte die Cardassianer laut auf, das Feuer einzustellen.

„Geht in Deckung!“ rief Dakar seinen Töchtern zu, ehe er vorschnellte, den Geistlichen zu Boden riss und sich schützend über ihn warf.

Plötzlich war alles vorbei. Die Schüsse hatten aufgehört und mit ihnen auch die Schreie.

Die geisterhafte Stille, die dem Lärm folgte, jagte dem Heiler einen Schauer über den Rücken. Vorsichtig rollte er sich vom Körper des Vedeks und ließ seinen Blick über den Platz schweifen. Um ihn herum lagen die anderen Dorfbewohner genau wie er auf der Erde. Doch wider Erwarten schienen alle noch am Leben und unverletzt zu sein.

„Nun schaut euch dieses feige, bajoranische Pack an!“ schnaubte einer der Cardassianer, den seine Rangabzeichen als Hauptmann auswiesen. Er versetzte einem jungen Bauern, der unweit von ihm mit schreckgeweiteten Augen halb hinter einem umgestürzten Tisch kauerte, einen verächtlichen Tritt. „Los, hoch mit dir! - Ihr andern auch, macht schon! - Treibt sie alle hier am Brunnen zusammen!“ befahl er seinen Leuten.

Binnen weniger Minuten hatten die Soldaten dieser Anweisung Folge geleistet.

Bareil musste nicht in die vor Angst erstarrten Mienen der Dorfbewohner sehen, um ihre Furcht zu erkennen. Sie lag wie ein kalter Hauch über einem jeden hier.

„Wir sind auf der Suche nach einer Terroristin.“ Der Hauptmann ließ seinen Blick langsam über die blassen Gesichter der Bajoraner gleiten. „Sie ist hier ganz in der Nähe von den Klippen gestürzt, eigentlich hätte sie das nicht überleben dürfen ...“ Er machte eine kleine Pause, ehe er fortfuhr: „Nur, dass wir leider ihre Leiche nicht finden konnten. Damit steht fest, dass sie nicht tot ist. Allerdings ist es doch recht unwahrscheinlich, dass sie nach einem Sturz aus dieser Höhe noch in der Lage war, aus eigener Kraft zu fliehen. Jemand muss ihr geholfen haben und dieser jemand stammt hier aus diesem Dorf.“

Dakar trat einen Schritt vor. „Woher wollen Sie das wissen?“

Einer der Soldaten richtete die Mündung seines Phaser auf den Heiler. „Soll ich ihn erschießen, Hauptmann Satok?“

Sein Vorgesetzter winkte ab. „Später vielleicht. - Du bist reichlich unverschämt", wandte er sich an Dakar. „Aber ich habe heute meinen großzügigen Tag, daher will ich deine Frage beantworten. Die Terroristin war allein, denn ihre Kameraden hätten ihr mit Sicherheit eher geholfen. Dieses Dorf hier ist weit und breit das einzige in der Gegend. Das lässt nur den logischen Schluss zu, dass es jemand von hier gewesen sein muss, kannst du mir folgen? - Gar nicht so dumm für einen Bajoraner“, bemerkte er lachend, als der Heiler schwieg. „Schön, dass wir uns in diesem Punkt einig sind. Nun, du verstehst hoffentlich, dass ich keine Lust verspüre, mit leeren Händen in die Garnison zurückzukehren - schon gar nicht nach diesem mühseligen Abstieg. Also, wer auch immer dieser Terroristin Unterschlupf gewährt hat, dem rate ich dringend, sie mir unverzüglich auszuliefern! Wer weiß, unter Umständen bin ich dann sogar so großmütig, diesen Vorfall zu vergessen und dem Betreffenden sein Leben zu schenken. Nun, was ist?“

Die Dorfbewohner schwiegen. Was sollten sie erwidern, wenn sie doch von nichts wussten ...

Dakar und Rulan tauschten einen verstohlenen Blick. Längst ahnten beide, wer der gesuchten Freiheitskämpferin geholfen hatte. Im stummen Einverständnis vermieden sie es, Aislinn anzusehen, aus Sorge, sich und damit auch sie zu verraten.

Aislinn dachte an die rothaarige Rebellin, deren Überleben hier auf dem Spiel stand und konzentrierte sich darauf, einen möglichst unbeteiligten Eindruck zu machen.

Satoks Züge hatten sich verfinstert. „Also gut, ihr habt es nicht anders gewollt! Von nun an gerechnet werde ich alle halbe Stunde einen von euch dreckigen Bajoranern exekutieren lassen! Solange, bis ihr mir die Terroristin übergebt!“

„Das dürfen Sie nicht!“ Ohne sich dessen bewusst zu sein, legte Dakar seine Arme um Rulans Schultern. Eine Geste des Schutzes, die dem Cardassianer nicht entging.

„Ist das deine Tochter?“

Der Heiler zuckte zusammen, was Satok ein grausames Lachen entlockte. „Dachte ich es mir doch. Pech für dich, aber ich kann unverschämte Bajoraner einfach nicht ausstehen!“

Auf einen knappen Wink ihres Vorgesetzten stießen zwei Soldaten Dakar brutal beiseite. Während einer der beiden drohend seinen Phaser auf den Heiler richtete, zwang der andere Rulan auf die Knie.

Mit einer lässigen Bewegung zog der Hauptmann seine Waffe, legte die Mündung unter das Kinn der blassen Bajoranerin und hob ihren Kopf leicht an.

„Bei genauerer Betrachtung ist es fast ein wenig schade um dich.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem anzüglichen Grinsen. „Vielleicht sollte ich lieber einen von den anderen erschießen und für dich eine bessere Verwendung finden. Was meinst du, hm?“

Begleitet von den Pfiffen seiner Männer, beugte sich der Cardassianer zu Rulan herunter. Sein heißer Atem streife ihre Wange, als er die Mündung seines Phasers beinahe spielerisch von ihrem Kinn zum Ausschnitt ihres Kleides gleiten ließ.

Dakar hatte noch nie seine Hand gegen ein anderes Lebewesen erhoben, doch nun spannte er alle Muskeln, bereit, sich in einem Akt der Verzweiflung auf den Soldaten zu stürzen, der ihn mit seiner Waffe bedrohte. Ehe er dazu kam, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, erklang plötzlich ein sanftes, doch sehr energisches „Halt!“

Schlagartig wandte Satok seine Aufmerksamkeit von dem Mädchen und richtete sie auf den jungen Bajoraner in der roten Robe, der es gewagt hatte, in diesem Ton mit ihm zu reden.

„Wie bitte?“

Bareil wich dem Blick des Cardassianers nicht aus. „Diese Leute haben nichts getan. Mit welchem Recht behandeln Sie sie so?“

„Mit welchem Recht?“, der Hauptmann drehte sich zu seinen Männern um. „Habt ihr das gehört? Nun mit dem des Stärkeren würde ich vermuten“, fuhr er unter dem Gelächter der übrigen Soldaten fort. „Habt Ihr etwas dagegen einzuwenden, Vedek?“

Bareil ignorierte den Hohn ebenso wie die versteckte Drohung. „Allerdings! Dieses Mädchen da“, der Geistliche zögerte kurz, dann entschied er, dass die Propheten ihm in dieser Situation eine Notlüge sicher vergeben würden. „Ist eine Novizin meines Ordens.“

„Tatsächlich?“

„Ja, und wenn Kai Opaka von diesem Vorfall erfährt, dann wird sie sich offiziell bei Ihrem Vorgesetzten beschweren!“

„Nun, wenn das so ist.“ Der Hauptmann trat so dicht an den Vedek heran, dass er ihn fast berührte. „Dann sollte ich vielleicht besser dafür sorgen, dass es ihr niemand verrät, oder?“

Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge, als Satok nun seinen Phaser hob und dem Geistlichen die Mündung an die Brust presste.

„Sie irren sich, wenn Sie glauben, dass die Kai meinen Tod ohne Protest hinnimmt!“

„Ach ja?“ Der Cardassianer lachte. „Ohne Beweise dürfte es ihr schwerfallen, mich für dein Verschwinden verantwortlich zu machen. Aber wenn ich es so recht bedenke, wäre ich in der Tat ein Narr, dich einfach so zu erschießen. Nein, mir kommt da eine bessere Idee, eine viel bessere.“

* * *


Feurige Nebel, die sie einhüllten - Schüsse - gellende Schreie - Schmerzen, die jeden Winkel ihres Bewusstseins ausfüllten - Klauen, die nach ihr griffen ...

Ruckartig riss Kira ihre Lider auf. Ihr Blick fiel auf raue Felswände, eine steinerne Decke. Offenbar befand sie sich in einer Höhle ...

Vorsichtig drehte die Bajoranerin ihren Kopf, versuchte sich zu orientieren, während unaufhörlich grässliche Schmerzwellen durch ihren Körper jagten.

Wie war sie hierhergekommen ...

Kira spannte ihre Muskeln, doch es gelang ihr nicht, auch nur einen von ihnen gezielt zu bewegen oder gar, sich aufzurichten.

Jemand musste sie an diesen Ort gebracht haben ...

Die Bajoranerin zwang sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Vermutlich war die eine oder andere Rippe gebrochen und sie wollte ihren Brustkorb nicht durch eine überflüssige Verkrampfung zusätzlich belasten.

Hätten die Cardassianer sie gefunden, wäre sie bereits tot ...

Noch nie zuvor hatte Kira sich derart hilflos gefühlt. Ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehören und nur noch aus Schmerzen zu bestehen.

Es mussten Bajoraner gewesen sein ...

Kira klammerte sich an diese Hoffnung, die einzige, die sie hatte. Es gab keine andere logische Erklärung dafür, dass sie überhaupt noch lebte.

Blieb nur die Frage offen, wie lange noch ...

Die Bajoranerin versuchte erneut vergeblich einen Arm oder ein Bein zu bewegen, dann gab sie auf. Es hatte keinen Sinn. Kira war niemand, der sich über das eigene Schicksal Illusionen machte. In ihrem schwerverletzten Zustand hatte sie allein nicht den Hauch einer Chance. Kira schickte ein stummes Gebet zu den Propheten, dass derjenige, der sie hierher gebracht hatte, über ausreichende medizinische Kenntnisse verfügte und rechtzeitig genug zurückkommen würde, um zu verhindern, dass sie starb.

Dann schloss sie die Augen wieder und wartete...
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