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Vari und Numa (3)

von Gunni Dreher

PROLOG

PROLOG

Tybrang sprang auf, stürzte aus seinem Quartier und rannte den Gang entlang. Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, die langsame Grundform zu verlassen und in die Zahnluum zu gehen, unterdrückte den Impuls jedoch, als er nur mit Mühe einer größeren Gruppe ausweichen konnte, die ihm entgegenkam. Es herrschte ohnehin genug Chaos um ihn her.
Im nächsten Gang geriet er in einen regelrechten Pulk, und während er sich einen Weg durch das Gedränge bahnte, glaubte er bereits den ersten Rauchgeruch wahrzunehmen. Rings um ihn erklang das Gewirr erschrockener Stimmen, in einiger Entfernung schrie jemand, und über allem lag der markerschütternde Ton der Alarmsirenen.
Kurz darauf hatte er das Gewühl hinter sich gelassen, und nun endlich war es ihm möglich, Tempo zu entwickeln. Mit raumgreifenden Schritten rannte er seinem Ziel zu, als ihn plötzlich das Gesicht eines Entgegenkommenden stutzen ließ. Dann erkannte er weitere Details der Szene und plötzlich wußte er, daß hinter der nächsten Biegung die kampfbereite Aryshtin stand, die sich leicht umwenden würde, um ihm einen kurzen Blick zuzuwerfen. Dann würde sie sich erneut auf die Geräusche konzentrieren, die den Gang heraufkamen.
"Hör auf!" fuhr ihm durch den Kopf. "Du träumst!"
Im nächsten Moment schoß er auf seinem Lager hoch und starrte in vertrautes Dunkel. Ein paarmal atmete er tief durch, dann lehnte er sich an die kalte Wand und wartete, bis sich sein Herzschlag beruhigt hatte.
Er wußte aus Erfahrung, daß es keinen Sinn hatte, sich sofort wieder auszustrecken und auf Schlaf zu warten, daher erhob er sich und tastete sich routiniert an der Wand des Stollens entlang. Bereits nach zwei Biegungen schimmerte ihm das erste Licht des Wachfeuers entgegen.
Kurz darauf langte er bei Raiji und Zelar an, die ihm zunickten und es kommentarlos zur Kenntnis nahmen, daß er in den Lagergang einbog, wenig später mit einem ihrer kostbaren Talglichter zurückkam und es in Brand setzte. Dann kehrte er zu seinem Schlafbereich zurück.
Dort angekommen, griff er zu seinem kleinen Pergamentvorrat, kniete vor der Schieferplatte nieder, die ihm als Schreibtisch diente und begann zu schreiben.

Clanführer Tybrang, im Jahr der Neugründung des Clans, am einhundertundsiebzehnten Tag.

Die Einrichtung des Habitates macht weiter Fortschritte. Versuche mit getrockneten Fleischstreifen haben gezeigt, daß sich allem Anschein nach das Tote Ende als Vorratslager eignet. Wir werden nun damit beginnen, nach unseren Möglichkeiten Lebensmittel haltbar zu machen und dorthin zu schaffen. Zwar ist es schade, daß wir noch immer kein Salz gefunden haben, doch ich bin zuversichtlich, daß es uns gelingen wird, den Winter zu überstehen, selbst wenn das Wild teilweise oder sogar ganz abwandern sollte.
Wir haben angefangen, das Habitat durch Felle abzuteilen, was den Aufenthalt in seinem Inneren wesentlich angenehmer macht. Tatsächlich ist inzwischen kaum noch etwas von der bisher allgegenwärtigen leichten Zugluft zu spüren. Es ist ohnehin nur nötig, einen verschwindend kleinen Teil der Stollen einzurichten, so wenige, wie wir sind.
Natürlich ist es nicht leicht für den Clan, sich an diese Behausung zu gewöhnen. Rhazaghaner sollten nicht wie Kralips leben müssen. Dennoch sind wir froh und dankbar, daß wir es bis zu diesem Ort geschafft haben und hoffen, hier vor einer Entdeckung sicher zu sein. Vielleicht gestattet uns das neue Clangebiet eine bescheidene Zukunft. Zumindest ist es in der Lage, uns zu ernähren. Allmählich beginnen sogar die ersten von uns, wieder wirkliche Freude an der Jagd zu entwickeln.

Tybrang hielt im Schreiben inne. Es war naheliegend, an Tarkin zu denken, und die Erinnerung schnürte ihm die Kehle zu. Es gab nichts, was ihm das Gefühl nehmen konnte, sich wie ein Verräter verhalten zu haben. Manchmal fragte er sich ernsthaft, ob er sich selbst irgendwann würde verzeihen können.
Tarkin! Eine Welle des Kummers stieg in ihm auf. Tarkin, Nirrit, Aslari und die anderen; es war schwer, an sie alle zurückzudenken.
Er seufzte und versuchte, sich erneut auf seine Chronik zu konzentrieren, mußte jedoch feststellen, daß der Beerensaft in dem hohlen, angespitzten Ästchen, das ihm als Schreibgerät diente, begonnen hatte zu trocknen. Vielleicht hatte auch ein Fruchthäutchen oder irgendwelche Schmutzpartikel die Öffnung verstopft. Ihre Methode, die schwarzrote Flüssigkeit durch Sand hindurch zu filtern, mußte eventuell noch etwas verbessert werden.
Er blies das Röhrchen mehrmals kräftig durch und tauchte es erneut ein. Danach bereitete der Tintenfluß keine Schwierigkeiten mehr und Tybrang nahm seinen Bericht wieder auf.

Zwar läßt nichts darauf schließen, daß unsere Spur entdeckt wurde, doch wir erforschen unsere neue Umgebung nur mit Vorsicht. Bisher jagen wir ausschließlich in kleinen Trupps und vermeiden alles, was Aufmerksamkeit erregen könnte. Außerdem scheint es mir ratsam, den nächtlichen Wachdienst bis auf weiteres aufrecht zu erhalten.
Sorgen bereitet uns nach wie vor die ärztliche Versorgung. Jeden Tag sind die Sachkundigeren von uns in der Zahnluum unterwegs und untersuchen das Gebiet auf medizinisch wirksame Pflanzen, dabei konnten bereits erste Erfolge verzeichnet werden. Entdeckt wurden unter anderem ein Pilz und eine Alge, die jeweils fiebersenkende Substanzen enthalten, ein schleimlösendes Mittel in einer Grasart, und, was besonders erfreulich ist, Baumrinde mit einem Antiseptikum. Bedauerlich ist allerdings, daß sich kein Arzt unter uns befindet, und obwohl wir versuchen, unsere Kenntnisse so gut es geht zu ergänzen, wird es wahrscheinlich Jahrhunderte dauern, bis das Wissen des Clans wieder seinen alten Stand erreicht hat.

An dieser Stelle legte Tybrang sein Schreibhölzchen beiseite und gab den letzten Schriftzeichen Gelegenheit zu trocknen. Dann öffnete er das Fellbündel mit den früheren Berichten und fügte die neue Seite hinzu, um daraufhin das Päckchen sorgsam wieder zu verschnüren. Erst dann kehrte er zu seiner Schlafstätte zurück, hüllte sich in mehrere Felle und sank nach einer gewissen Zeit des Nachdenkens erneut in Schlaf.
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