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Kein Weg zurück

von Nerys

Kapitel 1

Kein Weg zurück


Mit einem unbestimmten Gefühl der Wehmut ließ Kathryn Janeway ihren Blick ein letztes Mal über die Brücke der Voyager schweifen, die jetzt völlig leer war. Die Crew hatte das Schiff längst verlassen und die Computersysteme waren heruntergefahren worden. So still hatte sie diesen Ort während der vergangenen sieben Jahre nie erlebt. Es war beinahe unheimlich. In Gedanken blickte sie auf diese lange Zeit zurück, die sie damit verbracht hatte, sich verzweifelt an den Wunsch und das Versprechen zu klammern, ihre Crew nach Hause zu führen. Das große Ziel war erreicht und man nannte sie, den Captain, der niemals aufgegeben hatte, eine Heldin. Langsam schritt sie zum vorderen Teil der Brücke und kam vor dem Kommandosessel zum Stehen. Wie von selbst berührte ihre Hand die Armlehne mit den eingelassenen Kontrollen, die nun ebenfalls ausgeschaltet waren. Schließlich setzte sie sich ein letztes Mal in diesen Stuhl und schloss die Augen. Warum, fragte sie sich zum wiederholten Male, fühlte sich das alles nicht so an, wie sie es sich ausgemalt hatte. Jeden Tag hatte der Gedanke an die Heimkehr sie angetrieben und dazu gebracht, selbst die widrigsten Situationen zu überstehen. Noch an diesem Abend würde sie sich nach Indiana begeben, zu dem Ort, an dem sie aufgewachsen war, und sie würde ihre Mutter und ihre Schwester wiedersehen. Darauf hatte sie so lange gewartet. Dennoch fühlte sie sich unvollständig, so als fehlte ein Teil ihres Herzens. Wann hatte sie angefangen diesen Haufen Metall und Elektronik als ihr Zuhause zu betrachten und die ihr unterstellte Crew als ihre Familie?
„Kathryn“, sagte eine vertraute Stimme.
Sie hob abrupt den Kopf und lauschte, unsicher, ob sie die Worte tatsächlich oder nur in der Welt ihrer Erinnerungen vernommen hatte. Doch da waren Schritte. Jemand ging gemächlich über die Brücke auf sie zu. Noch bevor sie ihn sah, erkannte sie den Rhythmus seiner Bewegungen. Chakotay lächelte ihr zu, als er neben ihr auf dem Sessel des Ersten Offiziers Platz nahm, wie er es so oft getan hatte. Doch seine dunklen Augen, die sie ansahen, sprachen eine andere Sprache.
„Ich wollte mich von ihr verabschieden“, bemerkte Janeway leise. „Es ist schon verrückt. Wir sind endlich zu Hause und ich denke daran, wie sehr mir dieses Schiff und das Leben darauf fehlen wird.“
„Ist es nicht. Mir geht es ähnlich.“ Er schloss die Augen, ganz wie sie es zuvor getan hatte, und erinnerte sich seinerseits an die Zeit, die hinter ihm lag. Dieses Schiff hatte ihm nichts weniger als einen ganz neuen Lebensweg beschert. Nach einem Moment sah er sie wieder an. „Ich hatte angenommen, du wärst schon zu deiner Familie aufgebrochen.“
„Bald“, sagte sie nur. „Und wohin zieht es dich jetzt?“
Chakotay zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Das hängt davon ab, wie die Sternenflotte über uns ehemaligen Maquis entscheiden wird.“
„Ich glaube nicht, dass sie anders können, als euch zu rehabilitieren.“ Janeway wandte sich von ihm ab, um auf den Hauptschirm zu starren, der wie alles andere dunkel und leer war.
„Wenigstens hoffe ich, dass sie meine Mannschaft in Frieden lassen, wenn ich als ihr Anführer ins Gefängnis gehe.“ Er folgte ihrem Blick gedankenverloren. „Dich werden sie sicherlich zum Admiral befördern, das hast du verdient.“
Abrupt drehte sie ihm den Kopf zu und sie sahen einander in die Augen. „Ich werde mich nicht belohnen lassen, wenn sie entscheiden, dich zu bestrafen. Ohne dich an meiner Seite hätte ich nicht bis zum Ende durchgehalten. Ich habe dir bisher nie dafür gedankt.“
„Das musst du nicht. Ich bin froh, dass wir es gemeinsam geschafft haben.“
Beide erhoben sich von ihren Plätzen und standen einander gegenüber. Nicht mehr als Captain und Commander, sondern als Freunde. Sie hob die Hand und er tat es ihr gleich. Ihre Handflächen berührten sich und sie verschränkten in einer vertrauten Geste die Finger ineinander.
„Danke für alles, Chakotay“, sagte sie leise zu ihm.
Er lächelte und diesmal spiegelte es sich in seinen Augen wieder. Gemeinsam durchquerten sie die Brücke, um an der Tür noch einmal stehen zu bleiben.
„Leb wohl, Schiff“, kommentierte er, während sie schweigend neben ihm stand. Er konnte die unterdrückte Feuchtigkeit in ihren Augen sehen und entschloss sich, schon vorzugehen, um ihr noch einen allerletzten Moment mit der Voyager zu lassen.
Schwermütig durchquerte sie die leeren Gänge, die vor kurzem noch voller Leben gewesen waren. Obwohl sie sich unbeschreiblich darauf freute, von ihrer Familie liebevoll willkommen geheißen zu werden, tat dieser Abschied mehr weh, als sie sich eingestehen wollte. Sie war nicht mehr dieselbe, die vor sieben Jahren die Erde verlassen hatte, um auf eine kurze Mission in die Badlands zu gehen. Das Leben, das sie damals geführt hatte, gab es nicht mehr. Ihre Familie und ihr Verlobter hatten sie für tot gehalten, getrauert und schließlich damit abgeschlossen. Mark war inzwischen verheiratet, das zu erfahren, hatte sie womöglich im ersten Moment getroffen, doch im nächsten bereits mit Zufriedenheit erfüllt. Sie war froh, dass er sein Glück gefunden hatte und sein Leben weiter lebte.

Das Zuhause ihrer Kindheit empfing Janeway mit jenem Gefühl der Wärme und Geborgenheit, das sie nie vergessen hatte. Sie stellte ihre prall gefüllte Reisetasche neben der Eingangstür ab, schlüpfte aus Stiefeln und Jacke, und schritt auf Socken durch den dunklen holzgetäfelten Flur. Aus dem Wohnzimmer hörte sie Stimmen. Die Luft war erfüllt vom Duft nach Tannennadeln und Gewürzen. Schon als sie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte es zu dieser Jahreszeit immer so gerochen. Sie atmete tief ein, ehe sie den Gang hinter sich ließ und den großen hell erleuchteten Raum betrat. Mehrere Personen saßen dort in der gemütlichen Couchecke. Auf dem Boden spielten Kinder und ein großer Hund schlief nahe des prasselnden Kamins auf einer weichen Decke. Aus einer anderen Tür, die zur Küche führte, kam Gretchen Janeway mit einem Tablett in den Händen, auf dem sich zwei Kannen und ein Teller voller Kekse befanden.
„Mama“, stieß Kathryn wie vom Donner gerührt hervor.
„Schwesterherz!“, rief Phoebe, die so stürmisch von der Couch aufsprang, dass sie beinahe den Beistelltisch umstieß.
Kathryn nahm ihrer Mutter das Tablett aus den zitternden Händen, stellte es auf dem leeren Esstisch ab und umarmte die kleinere zarte Frau liebevoll. Tränen, die sie vor Chakotay noch hinunter geschluckt hatte, liefen jetzt haltlos ihre Wangen hinab und auch Gretchen weinte vor Freude und Glück darüber, ihre erstgeborene Tochter wieder in die Arme schließen zu können. Als sie sich nach Minuten mit geröteten Gesichtern wieder voneinander lösten, wurde Kathryn von einem Wirbelwind mit roten Locken fast umgeworfen. Ihre kleine Schwester hatte sich kaum verändert. Sie musste sich die Freudentränen aus den Augen wischen, um wieder klar sehen zu können, wer noch gekommen war, um sie willkommen zu heißen. Mark umarmte sie innig. Sie war zutiefst überwältigt, vermochte kein Wort zu sagen. Der Hund war inzwischen aufgestanden und kam neugierig auf sie zu. Es handelte sich um einen schönen englischen Setter mit glänzendem rotbraunem Fell, der ihre Hand beschnüffelte, die sie ihm entgegen hielt.
„Bear“, sagte sie überrascht.
Mark schüttelte den Kopf. „Das ist Lily. Sie ist einer von Bears Welpen, weißt du.“
Kathryn ging vor der Hündin, die ihre Hand ableckte, in die Hocke und begann sie hinter den Ohren zu kraulen. Genau wie Bear einst legte Lily den Kopf schief und sah sie zufrieden aus ihren braunen Hundeaugen an.

Ich habe den Namen von Janeways Hundedame aus der Romanfassung von "Caretaker" übernommen.
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